Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 24. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4098 19. Wahlperiode 28.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Hessel, Markus Herbrand, Christian Dürr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3775 – Entwicklungsinvestitionsgesetz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, hat am 9. Juli 2018 im „Handelsblatt“ ein Entwicklungsinvestitionsgesetz angekündigt, wonach künftig Verluste aus in afrikanischen Entwicklungsländern gelegenen Betriebstätten hierzulande steuerlich verrechnet werden können. Zudem sollten Rücklagen für Investitionen in Afrika steuerlich begünstigt werden. 1. Welches Bundesministerium hat die Federführung für die Erstellung des am 9. Juli 2018 angekündigten Entwicklungsinvestitionsgesetzes übernommen bzw. soll diese übernehmen? 2. Welche Position vertritt das Bundesministerium der Finanzen zum Vorschlag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), künftig Verluste aus Betriebstätten in Entwicklungsländern steuerlich verrechnen zu können? 3. Welche Position vertritt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zum Vorschlag des BMZ, künftig Verluste aus Betriebstätten in Entwicklungsländern steuerlich verrechnen zu können? 4. Oder besteht zu den Fragen 2 und 3 bereits eine ressortabgestimmte Position der Bundesregierung, und wenn ja, wie lautet diese? Die Fragen 1 bis 4 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet. Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, besonders die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung Afrikas zu unterstützen. Die verstärkte Mobilisierung privater Investitionen in Entwicklungsländern kann wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung und damit zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen beitragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4098 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesregierung wird in diesem Kontext mit enger parlamentarischer Begleitung die Erarbeitung eines Entwicklungsinvestitionsgesetzes für die Förderung von nachhaltigen privaten Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern prüfen. Die Federführung für die Erstellung eines möglichen Entwicklungsinvestitionsgesetzes wird im Rahmen dieses Prozesses zu bestimmen sein. Im Rahmen der Prüfung möglicher Maßnahmen können auch Erfahrungen aus der Vergangenheit (Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern vom 23. Dezember 1963, anwendbar bis 31. Dezember 1981) sowie Erkenntnisse von Studien einfließen, die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. sowie im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH von PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellt wurden. Mögliche Maßnahmen umfassen laut diesen Vorarbeiten insbesondere die Verrechnung von Verlusten aus Betriebsstätten in Entwicklungsländern, die steuerliche Begünstigung von Rücklagen für Investitionen in Entwicklungsländern sowie die Tarifbegünstigung bei Einkommens- und Körperschaftssteuer für ausländische Einkünfte. Eine Bewertung dieser oder weiterer möglicher Maßnahmen wird im Wege der vereinbarten Prüfung erfolgen. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass direkte Förderungen von Entwicklungsländern (außerhalb des Steuerrechts) in der Regel zielgenauer sind. 5. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung bei einer generellen Verlustverrechnungsmöglichkeit aus Betriebstätten in Entwicklungsländern bzgl. anderer Verhandlungsziele (z. B. Informationsaustausch, Todesstrafenklausel )? Bei den Zielen, die die Bundesregierung mit dem steuerlichen Informationsaustausch und der damit einhergehenden Sicherungsklausel im Verhältnis zu Staaten, deren Rechtssystem die Todesstrafe kennt, verfolgt, handelt es sich um übergeordnete Ziele der Bundesregierung, die im Sinne eines konsistenten Handelns auch in anderen geeigneten Zusammenhängen zu berücksichtigen sind. 6. Welche afrikanischen Länder werden von der Bundesregierung im Hinblick auf die avisierte Regelung zu den Betriebstätten als steuerlich zu privilegierende Entwicklungsländer eingestuft? 7. Nach welchen Kriterien werden die steuerlich zu privilegierende Entwicklungsländer ausgewählt? Die Fragen 6 und 7 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet. Im Rahmen der vereinbarten Prüfung wird zu bestimmen sein, auf welche Länder mögliche Maßnahmen eines Entwicklungsinvestitionsgesetzes angewendet werden könnten. Dies betrifft auch die möglichen Kriterien für die Auswahl der Länder . 8. Wird das Auswärtige Amt in diese Beratungen einbezogen? Das Auswärtige Amt wird seine außenpolitische Kompetenz in die Beratungen einbringen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4098 9. Soll nach den Plänen der Bundesregierung diese steuerliche Sondervorschrift perspektivisch auch auf andere Entwicklungsländer aus anderen Regionen erweitert werden? Auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 4 sowie 6 und 7 wird verwiesen. 10. Wie wird sich das Steueraufkommen nach Schätzung der Bundesregierung verändern, sollte die vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geforderte Vorschrift eingeführt werden? Laut einer Studie, die im Juni 2016 vom ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erstellt wurde, würde sich das Körperschaftsteueraufkommen in Deutschland bei einer Steuerreduktion um einen Prozentpunkt bei Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern (ohne China) um etwa 14 bis 21 Mio. Euro reduzieren. Darüber hinaus gehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 11. Führt die Vorschrift nach Einschätzung der Bundesregierung dazu, dass in der Tendenz mehr Kapital in die Entwicklungsländer fließt? Wenn ja, hat die Bundesregierung hierzu Schätzungen erstellt, erstellen lassen oder kann sie auf andere Quellen in dieser Frage zurückgreifen? Laut der in der Antwort zu Frage 10 genannten Studie des ifo Instituts – Leibniz- Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. würde eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes um einen Prozentpunkt zu einer Generierung zusätzlicher ausländischer Direktinvestitionen in Schwellen- und Entwicklungsländer im Umfang von 660 bis 1 980 Mio. Euro führen. Zugleich bedarf es einer vertieften Überprüfung, inwieweit das Ausmaß der in der Studie errechneten Generierung zusätzlicher ausländischer Direktinvestitionen belastbar ist. Darüber hinaus gehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung von Sonderabschreibungen für Rücklagen für Investitionen in Afrika? Auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 4 wird verwiesen. Im Übrigen gibt es „Sonderabschreibungen für Rücklagen“ in dieser Form nicht. Vielmehr sind die in der Frage 12 offenbar gemeinten Rücklagen für Investitionen in Afrika ein bilanzrechtliches Instrument, mit dem ein an sich steuerpflichtiger Gewinn eines Unternehmens zunächst von der Besteuerung ausgenommen wird und mit dem auch nur das inländische Unternehmen und nicht das betreffende Entwicklungsland begünstigt wird. 13. Plant die Bundesregierung die Einführung von Sonderabschreibungen für Rücklagen für Investitionen in Afrika? Wenn ja, gibt es schon Pläne bezüglich der Ausgestaltung? Auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 4 sowie 6, 7 und 12 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4098 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Wie viele Doppelbesteuerungsabkommen gibt es derzeit mit Afrikanischen Staaten, und wie viele (davon) werden momentan (neu) verhandelt? Bisher bestehen Doppelbesteuerungsabkommen mit 13 afrikanischen Staaten. Davon werden zurzeit mit 4 afrikanischen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen revidiert. Darüber hinaus laufen Verhandlungen mit 6 afrikanischen Staaten zu erstmaligen Doppelbesteuerungsabkommen. 15. Wie viele der Doppelbesteuerungsabkommen mit afrikanischen Staaten beruhen auf der Freistellungs- und wie viele auf der Anrechnungsmethode (bitte auflisten)? In 12 der 13 Doppelbesteuerungsabkommen mit afrikanischen Staaten (Ägypten, Algerien, Elfenbeinküste, Ghana, Kenia, Liberia, Marokko, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika, Tunesien) vermeidet Deutschland als Wohnsitzstaat die Doppelbesteuerung sowohl durch die Freistellungsmethode als auch durch die Anrechnungsmethode. In Abhängigkeit von der Einkunftsart wird dabei entweder die Anrechnungs- oder die Freistellungsmethode angewendet. In Doppelbesteuerungsabkommen mit Vertragsstaaten, in denen eine Besteuerung der vom Abkommen erfassten Einkünfte nicht oder nur in einem geringem Umfang stattfindet, verwendet Deutschland zur Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung ausschließlich die Anrechnungsmethode. Dies wurde bisher bei afrikanischen Staaten mit Mauritius vereinbart. 16. Wie viele Doppelbesteuerungsabkommen will die Bundesregierung in dieser Legislatur (neu) verhandeln bzw. damit anfangen diese zu verhandeln (bitte auflisten)? Die Bundesregierung verhandelt in dieser Legislaturperiode mindestens 6 Doppelbesteuerungsabkommen mit afrikanischen Staaten (Angola, Äthiopien, Botswana , Nigeria, Ruanda und Senegal) neu. Verhandlungen mit weiteren afrikanischen Staaten sind geplant, aber derzeit vom jeweiligen afrikanischen Staat noch nicht bestätigt. 17. Ist bei den Neuverhandlungen die Freistellungs- oder die Anrechnungsmethode Verhandlungsgrundlage? Neuverhandlungen erfolgen grundsätzlich auf der Basis der deutschen Verhandlungsgrundlage , die zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Deutschland als Wohnsitzstaat eine Kombination von Freistellungs- und Anrechnungsmethode vorsieht. Falls erforderlich, wird Deutschland zur Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung ausschließlich die Anrechnungsmethode vorschlagen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4098 18. Wie beurteilt die Bundesregierung, alternativ zu der von Bundesminister Dr. Gerd Müller vorgeschlagenen steuerlichen Verrechenbarkeit von Verlusten deutscher Unternehmen in afrikanischen Betriebsstätten, ergänzend zu den bestehenden Investitionsförderungs- und Schutzverträgen die Einrichtung eines Risikokapitalfonds, um insbesondere in Deutschland ansässigen kleinen und mittleren Unternehmen einen einfacheren und unbürokratischeren Zugang zu Kapital für Investitionen in afrikanische Betriebsstätten zu ermöglichen? Risikokapital- bzw. Private Equity- oder Venture Capital-Fonds erscheinen als ein grundsätzlich geeignetes Instrument zur Einbindung von Privatkapital bei der Unternehmensfinanzierung in afrikanischen Ländern, insbesondere im Rahmen des G20 Compact with Africa. Zum Beispiel ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) / Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) bereits an einer Reihe von Fonds beteiligt, die in afrikanische kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) investieren. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 4 verwiesen. 19. Gilt die Annahme des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, unternehmerische Risiken gerade in der Anfangsphase absichern zu wollen, aus Sicht der Bundesregierung auch in anderen unterstützenswerten Bereichen? Die Bundesregierung verfügt über verschiedene Instrumente, unternehmerische Risiken in der Anfangsphase abzusichern. Wirtschaftspolitische Instrumente sollten grundsätzlich so ausgerichtet sein, dass die Unternehmen ein angemessenes Risiko selbst tragen. Dies ist aus Sicht der Bundesregierung Voraussetzung für die Entwicklung einer funktionierenden Privatwirtschaft. 20. Ließe sich der in Frage 17 genannte Gedanke aus Sicht der Bundesregierung auch auf eine so genannte Venture Capital-Gesetzgebung übertragen, die generell unternehmerische Risiken in der Anfangsphase angemessen berücksichtigen möchte? Antwort auf Frage 20 in der Annahme, dass sie sich auf den in Frage 18 genannten Gedanken der Einrichtung eines Risikokapitalfonds bezieht: Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde die Notwendigkeit eines sogenannten „Venture-Capital-Gesetzes“ ausführlich geprüft. Ein Bedarf für ein umfassendes „Venture-Capital-Gesetz“ wurde nicht festgestellt. Es wurden jedoch seitens des Gesetzgebers und der Bundesregierung viele Einzelmaßnahmen veranlasst, um den Venture-Capital-Standort zu stärken und den Bedürfnissen der Branche zu genügen (u. a. Ausweitung des INVEST-Programms, Auflegung von coparion , der ERP/EIF-Wachstumsfazilität sowie des High-Tech Gründerfonds III). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333