Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren und Frauen vom 31. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4123 19. Wahlperiode 03.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Dr. Petra Sitte, Doris Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3811 – Die Situation der Straßenkinder in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Berlin ist nach wie vor einer der größten Hotspots für Straßenkinder aus ganz Deutschland. Parks oder verlassene Häuser gehören genauso zu den Anlaufpunkten der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen wie die altbekannten Treffpunkte (Bahnhof Zoo oder der Alexanderplatz). Die Suche nach Anonymität und sozialen Kontakten zugleich zieht die Straßenkinder in die Großstädte wie Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt oder Stuttgart, ein großer Teil stammt aus ländlichen Regionen (vgl. Deutsches Jugendinstitut: Straßenjugendliche in Deutschland. Forschungsergebnisse und Empfehlungen, S. 13). Aber auch das Ruhrgebiet mit Schwerpunkte in Essen, Braunschweig oder Düsseldorf sind als Kristallisationspunkte zu nennen, wie das Bündnis für Straßenkinder den Fragestellern mitteilte. Auf dem Land befinden sich im Gegensatz zu den großen Städten kaum bzw. weniger spezialisierte Hilfeangebote für Kinder und Jugendliche. Laut der sich noch im Entwicklungsstatus befindenden App Mokli existieren in Berlin 29 Streetworker-Anlaufstellen, im Vergleich dazu sind es in ganz Mecklenburg nur drei Anlaufstellen. Zwölf der 14 Schlafmöglichkeiten in ganz Bayern befinden sich in München oder Nürnberg (vgl. https://mokli-help.de/#/). Eine einheitliche Definition des Begriffes „Straßenkinder“ gibt es nicht. Auf keinen Fall darf und kann die Situation der Straßenkinder in Deutschland mit der Situation von Straßenkindern in bspw. südamerikanischen Ländern verglichen werden (vgl. für eine Übersicht Manfred Liebel, in: Soziale Arbeit, Nr. 4/2000, S. 122 bis 130). Der Begriff wurde bereits kontrovers diskutiert, hat jedoch in der öffentlichen sowie in der fachlichen Debatte eine lange Tradition. In Fachkreisen wird häufig auch von entkoppelten Jugendlichen (disconnected youth) gesprochen. Das Deutsche Jugendinstitut e. V. (DJI) nutzt in seiner neuen Studie den Begriff Straßenjugendliche (Deutsches Jugendinstitut: Straßenjugendliche in Deutschland. Forschungsergebnisse und Empfehlungen, S. 7). Ob sich diese neue Bezeichnung Straßenjugendliche im Diskurs durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Das DJI versteht unter Straßenjugendlichen Kinder , Jugendliche und junge Erwachsene bis zum Alter von 27 Jahren. Sie leben auf der Straße, haben keinen festen Wohnsitz, halten sich für eine nicht vorher- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sehbare Zeit abseits ihres gemeldeten Wohnsitzes (Familie oder Jugendhilfeeinrichtungen ) und beispielsweise bei Freunden (Sofa-Hopper) auf oder leben in zeitlich begrenzten Notunterkünften. Charakteristisch sei, dass sie zwischen verschiedenen Anlaufpunkten wechseln. Die Fragesteller nutzen in dieser Kleinen Anfrage den Begriff Straßenkinder. In ihrem Armuts- und Reichtumsbericht von 2005 (Bundestagsdrucksache 15/5015) ging die Bundesregierung noch von 5 000 bis 7 000 Straßenkindern in Deutschland aus (Szeneschätzungen aus „Kinder und Jugendliche auf der Straße“ von 1998). Seit dem 13. Kinder und Jugendbericht, in welchem die vage Schätzung von „Off-Road-Kids“ mit 2 000 bis 9 000 Straßenkindern zitiert wird, sind den Fragestellern keine weiteren Zahlen seitens der Bundesregierung bekannt (Bundestagsdrucksache 16/12860). Das Thema scheint für die Bundesregierung keine besondere Relevanz zu haben . Nachdem der Diskurs über die Situation der Straßenkinder in Deutschland in den 90er Jahren von verschiedenen Akteuren aufgegriffen wurde (vgl. ISA – Institut für soziale Arbeit e. V. –: Lebensort Straße; Münster 1996), ist er im Laufe der letzten 25 Jahre wieder weitgehend aus der öffentlichen Debatte verschwunden . Auch im Deutschen Bundestag wurde das Thema seit Beginn der 1990er Jahre nur in zwei Schriftlichen Fragen und einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2962) angesprochen. Laut der rechtlichen Grundlagen in Deutschland dürfte es eigentlich keine obdachlosen Jugendlichen geben, denn Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz durch die Jugendämter in Obhut zu nehmen. Doch die Praxis ist eine andere: Nicht wenige Jugendämter sind durch Unterfinanzierung oder Personalmangel stellenweise überfordert und können ihren gesetzlichen Aufgaben nicht überall in gebotenem Maße nachkommen (vgl. u. a. Kathinka Beckmann: Berufliche Realität im Jugendamt: ASD in strukturellen Zwängen, www.strassenkinderreport.de/index.php?goto= 332&user_name), und andersherum meiden aber auch betroffene Jugendliche die Jugendämter. Jede, jeder Einzelne, die bzw. der auf der Straße landet, hat ihre bzw. seine Gründe für das Leben auf der Straße. Diese Gründe wurden seit dem ersten Bundeskongress der Straßenkinder 2014 auf bisher drei Straßenkinderkonferenzen thematisiert. Mehrere hundert Straßenkinder aus ganz Deutschland haben Forderungen aufgestellt, vertieft oder ergänzt und an die Politik (die jeweiligen amtierenden Bundesministerinnen für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig und Dr. Katarina Barley) übergeben (siehe u. a. www. strassenkinderkongress.de/archiv/, www.momo-voice.de/). Im September dieses Jahres wird die 4. Bundeskonferenz der Straßenkinder in Berlin stattfinden und sich mit Themen wie öffentlichem Raum oder bezahlbarem Wohnraum auseinandersetzen , welcher gerade in den Großstädten knapp geworden ist (www. momo-voice.de/). Die Ursachen, warum Kinder und Jugendliche ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße suchen, sind verschieden. Bei der Mehrheit der Fälle kann nicht ein einzelner Faktor als Erklärung herangezogen werden, sondern das Auftreten mehrerer Faktoren. Den meisten Straßenkindern gemeinsam ist, dass sie in ihrer Familie negativen Erlebnissen ausgesetzt waren und die örtliche Kinder- und Jugendhilfe nicht in der Lage war, durch ihre Angebote ein Abrutschen in ein Straßenmilieu zu vermeiden. Viele von ihnen waren mit materieller Armut, familiärer Gewalterfahrung, Missbrauch oder Vernachlässigung konfrontiert. Das Bündnis für Straßenkinder bemängelt zudem unzureichende präventive Angebote wie Streetwork, mangelnde Therapieangebote, z. B. für Geflüchtete oder Jugendliche, die aus dem Elternhaus bzw. Einrichtungen abhauen. Einige haben sich aufgrund dieser Erfahrungen und scheinbarer Alternativlosigkeit von sich aus dafür entschieden, ein Leben auf der Straße zu führen. Demgegenüber stehen die Fälle, in denen Kinder und Jugendliche von ihren Eltern auf die Straße gesetzt werden. (vgl. Silvia Perdoni: Letzte Station Straße, www.berliner- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4123 zeitung.de/berlin/jugendliche-obdachlose-ein-kampf-gegen-die-zeit-30922360, www.zeit.de/gesellschaft/familie/2014-05/obdachlose-jugendliche). Andere wiederum verlassen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, in denen sie gegen ihren Willen untergebracht worden sind. Oder die Einrichtungen können nicht adäquat auf die Bedürfnisse der jungen Menschen eingehen, sei es aus personellen , finanziellen oder konzeptionellen Gründen (vgl. www.berliner-zeitung. de/berlin/jugendliche-obdachlose-ein-kampf-gegen-die-zeit-30922360). Daneben sind die Jugendlichen anzutreffen, die zwar noch bei ihren Eltern leben, aber so viel wie möglich auf die Straße fliehen und zum Teil Tage und Wochen nicht nach Hause zurückkehren (vgl. www.waz.de/staedte/essen/jugendlicheberichten -von-ihrem-leben-auf-der-strasse-id10029480.html, www.strassen kinderreport.de/index.php?user_name=&goto=209#ursachen). Die Straßenszene ist für die meisten Betroffenen ein attraktiver Anlaufpunkt, da sie dort auf Altersgenossen mit ähnlichen Erfahrungen treffen. Dies verbindet und viele Straßenkinder berichten, dass sich auf der Straße eine Art Ersatzfamilie für sie entwickelt hat (vgl. www.zeit.de/gesellschaft/familie/2014-05/ obdachlose-jugendliche/seite-2). Der Zusammenhalt zwischen den Straßenkindern wird auch dadurch verstärkt, dass sie mit einer Kriminalisierung durch Polizei und Justiz konfrontiert sind. Die Vertreibung der Jugendlichen aus öffentlichen Räumen (Bahnhöfen, Innenstadtlagen, Einkaufszentren) ist zu einer gängigen Praxis der Ordnungspolitik geworden. Doch auch innerhalb der Peergroup können sie Gewalt bis hin zu sexuellen Missbrauch erleben. Hinzu kommen mitunter vielfältige Suchtprobleme durch den Konsum von Drogen und Alkohol. Des Weiteren müssen minderjährige Jugendliche durch das Aufenthaltsbestimmungsrecht (§ 1631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) fürchten, dass sie, wenn sie von der Polizei aufgegriffen werden, gegen ihren Willen zu ihren Familien oder in Jugendhilfeeinrichtungen gebracht werden. In Extremfällen kann es nach § 1631b BGB sogar zum Freiheitsentzug kommen und die Betroffenen in geschlossenen Einrichtungen oder in der Psychiatrie untergebracht werden. Die Methoden der geschlossenen Unterbringung sind aus Sicht der Fragesteller äußerst kritisch zu betrachten, da der dort ausgeübte Zwang aus Sicht der Fragesteller im Widerspruch zu einem menschenwürdigen Ansatz steht, dem die Jugendhilfe qua Gesetz verpflichtet ist. Die Jugendlichen werden damit einem permanenten Verfolgungsdruck ausgesetzt . Sie werden in erster Linie als Täter wahrgenommen. Dadurch wird wenig thematisiert, dass sie häufig aus der Not heraus handeln. Dabei sollte nach Wahrnehmung der Betroffenen ihre Unterstützung statt Sanktionierung im Vordergrund stehen (vgl. Ideen und Forderungskatalog des 1. Bundeskongresses der Straßenkinder, www.strassenkinderkongress.de/archiv). Diese Art der Ordnungspolitik erschwert auch die Arbeit der Jugendsozialarbeit. Die Jugendlichen suchen sich immer wieder neue Räume, um sich diesen ordnungspolitischen Instrumenten zu entziehen, und werden damit auch für die Fachkräfte der Jugendsozialarbeit schwieriger zu erreichen. Erschwerend ist, wenn aufgrund negativer Erfahrungen mit der Jugendhilfe kein Vertrauen seitens der Jugendlichen mehr zu den Angeboten der Jugendhilfe besteht, also zu jenen Angeboten, die ihnen eigentlich das Leben erleichtern und Zukunftsoptionen anbieten sollten (vgl. auch www.berliner-zeitung.de/berlin/ jugendliche-obdachlose-ein-kampf-gegen-die-zeit-30922360). Der § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII – Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung ) sorgt zudem dafür, dass sich Streetworker bei ihrer Arbeit schnell auf rechtlich dünnes Eis begeben. Weitere Hürden kommen dazu: Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern wird kein Zeugnisverweigerungsrecht bei Strafverfahren gegen ihre Klienten eingeräumt mit der Folge, vor Gericht über die ihnen anvertrauten Jugendlichen aussagen zu müssen. Wie ein Rechtsgutachten von Peter Schruth/Titus Simon „Strafprozessualer Reformbedarf des Zeugnis- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode verweigerungsrechts in der Sozialen Arbeit“ zeigt, erschwert das eingeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht so zusätzlich den vertrauensvollen Umgang mit den Jugendlichen (vgl. https://gangway.de/sozialarbeiterinnen-vorgericht -i-zeugnisverweigerungsrecht). Aber auch das Ausscheiden aus der Jugendhilfe (sog. Careleaver) z. B. mit der Vollendung des 18. Lebensjahres und einer Nichtgewährung oder unzureichenden Gewährung von Anschlusshilfen nach § 41 SGB VIII kann direkt oder indirekt zur Wohnungslosigkeit führen. Der Wechsel der behördlichen Zuständigkeiten zum Jobcenter oder Arbeitsamt sowie den damit einhergehenden hohen Anforderungen und möglichen Sanktionen können Überforderungen auslösen, die umso dramatischer werden, wenn keine sichere Unterkunft mehr zur Verfügung steht (vgl. www.deutschlandfunk.de/care-leaver-der-schwierige-weg-indie -selbst-staendigkeit.1148.de.html?dram:article_id=281428). Besonders trifft der Ausstieg aus dem Jugendhilfesystem die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Daher fordern zahlreiche Akteure ein Umschwenken zu dem so genannten Housing First-Modell. Dies ist ein aus den USA stammender Ansatz, nach dem wohnungslose Menschen von Beginn an eigenen Wohnraum erhalten und dort bedarfsgerechte Unterstützungsangebote vorfinden. In einem Evaluationskonzept des Projektes „Home Support – Unterstützung für dein Zuhause“ in Hamburg wird die Vielseitigkeit des Unterstützungsbedarfs von wohnungslosen Jugendlichen deutlich beschrieben. „Während Jugendliche und junge Erwachsene, die aus intakten Familien stammen, auf ihr familiäres und auch soziales Netzwerk in dieser vulnerablen Zeit zurückgreifen können, trifft dies auf Care Leaver häufig nicht zu, für die eine Jugendhilfemaßnahme in vielen Fällen mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres abrupt endet. Sie sind überproportional von Armut betroffen und werden in der Gesellschaft oft (und anders als Kinder in Armut, die Mitgefühl auslösen) als drogenabhängig, gewalttätig oder kriminell wahrgenommen bzw. stigmatisiert“ (Prof. Dr. Harald Ansen, Prof. Dr. Simon Güntner, Henning Kiani: Home Support – Unterstützung für Dein Zuhause, Evaluationsbericht . HAW Hamburg 2017. S. 4 www.esf-hamburg.de/contentblob/9670348/ 713014913826510549cffbb7426f671f/data/65062-home-support-%E2%80%93- evaluationsbericht-download.pdf). Gerade hier zeigt sich der Studie zufolge, „dass die Realisierung von Sozialleistungsansprüchen einen breiten Raum einnimmt . Auch in der Befragung der Teilnehmenden wurden häufig Schwierigkeiten in der Erledigung administrativer Aufgaben und negative Erfahrungen im Umgang mit Ämtern und Behörden angeführt. Dies deutet auf Zugangsbarrieren zum System der sozialen Sicherung, abweisendes Verhalten und Anspruchsverwehrung , falsche und mangelhafte Beratung seitens der Leistungsträger sowie Informationslücken, fehlende bürokratische Kompetenzen und persönliche Verunsicherung der jungen Menschen im Umgang mit Behörden hin“ (ebenda S. 12). Wenig hilfreich sind nach Ansicht der Fragesteller die besonders rigiden Sanktionsvorschriften für unter 25-Jährige im Hartz-IV-Gesetz, da Hilfeleistungen komplett sanktioniert werden können, womit Wohnungslosigkeit gefördert wird. Diese Sanktionen treffen und berücksichtigen nicht die individuelle Lebens- und Notsituation der Jugendlichen (vgl. www.taz.de/!91296, 11. April 2012). Vom 28. bis 30. September 2018 wird die 4. Bundeskonferenz der Straßenkinder in Berlin stattfinden. Im Vorfeld stellt sich die Frage, welche Konzepte die Bundesregierung entwickelt hat bzw. vor hat zu entwickeln, um betroffenen Jugendlichen bessere Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. Zuletzt wurden am 12. Juni 2017 der damals amtierenden Bundesministerin für Familie Senioren , Frauen und Jugend Dr. Katarina Barley die Vorschläge der 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder übergeben. Hierzu wird eine beteiligte Jugendliche Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4123 wie folgt zitiert: „Doch nach zwei Bundeskongressen und der zugesagten Hilfe der früheren Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig ist nichts passiert. Der versprochene Dialog ist ausgeblieben.“ (www.momo-voice.de/broschuere/ ministerin/). Insofern stellt sich auch die Frage, wie die Bundesregierung die Vorschläge der Betroffenen bewertet. 1. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „Straßenkinder“ (bitte detailliert ausführen und hierbei Alter, Wohnsituation sowie sonstige Kriterien benennen )? Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Der 13. Kinder- und Jugendbericht versteht unter dem Begriff „Straßenkinder “ Kinder, Jugendliche und junge Heranwachsende, die auf der Straße leben, auch wenn sie über einen offiziellen Wohnsitz verfügen. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die neu eingeführte Definition von Straßenjugendlichen des Deutschen Jugendinstitutes? Wird die Bundesregierung diese Definition übernehmen (bitte jeweils detailliert begründen)? Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) legt den Begriff „Straßenkinder“ in der Untersuchung von Carolin Hoch „Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des Phänomens“1 weiter aus, indem es auch junge Menschen einbezieht , die „zwar eine Meldeadresse haben, sich aber auf unvorhersehbare Zeit abseits ihres gemeldeten Wohnorts (Familie oder Jugendhilfeeinrichtung) aufhalten und somit faktisch wohnungslos sind“ (S. 13 f.). Unabhängig von der Definition ist es wichtig, dass jungen Menschen in prekären Wohnsituationen geholfen wird, das Leben auf der Straße zu beenden oder eine drohende Wohnungs- oder Obdachlosigkeit abzuwenden. 3. Wie viele Straßenkinder leben derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland (wenn möglich bitte nach Geschlecht und den Altersstufen unter 14 Jahren, 14 bis 17 Jahre, 18 bis 21 Jahre, 22 bis 24 Jahre, 25 bis 26 Jahre aufschlüsseln)? Wie hat sich die Entwicklung der Straßenkinder nach Kenntnis der Bundesregierung zahlenmäßig seit 1990 entwickelt (wenn möglich bitte nach Geschlecht und den Altersstufen unter 14 Jahren, 14 bis 17 Jahre, 18 bis 21 Jahre, 22 bis 24 Jahre, 25 bis 26 Jahre aufschlüsseln)? 4. Durch wen und auf welcher Grundlage wurden diese Zahlen ermittelt? 5. Wann wurden zuletzt offizielle Zahlen zur Thematik „Straßenkinder“ von der Bundesregierung erhoben? 1 vgl. Deutsches Jugendinstitut, Carolin Hoch „Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des Phänomens“, Endbericht – zentrale Ergebnisse der 2. Projektphase, München; 2017 www.dji.de/ueber-uns/projekte/projekte/strassenjugendliche-in-deutschland. html; Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung nach der Erstellung des Armuts - und Reichtumsberichts von 2005 bzw. des dreizehnten Kinder- und Jugendberichts von 2009 auf die Erhebung von Zahlen zu Straßenkindern verzichtet (bitte begründen)? Plant die Bundesregierung, mit einer detaillierteren Erfassung des Phänomens Straßenkinder diese Entscheidung zu korrigieren, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 3 bis 6 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen aktuell keine amtlichen Daten über die Zahl der Wohnungslosen – und damit auch zur Zahl von sog. Straßenkindern – vor. Für die Erhebung entsprechender Daten sind in erster Linie die Länder zuständig. Das für die Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Dialog zwischen Bund und Ländern initiiert, um die Möglichkeiten einer bundeseinheitlichen Statistik zu prüfen und so mehr gesicherte Erkenntnisse über Art und Umfang von Wohnungslosigkeit erzielen zu können. 7. Welche sozialen Ursachen sieht die Bundesregierung in der Existenz des Phänomens von Straßenjugendlichen? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu der gleichlautenden Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/3114, verwiesen. 8. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die soziale Lage in den Herkunftsfamilien von Straßenkindern, wie z. B. Armutslagen? 9. Hat die Bundesregierung Kenntnis über familiäre Erfahrungen Betroffener bezüglich Vernachlässigungen, Misshandlungen oder Missbrauch? Welche Erkenntnisse bezüglich geschlechtsspezifischer Betroffenheit liegen der Bundesregierung vor? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Straßenkinder und –jugendliche stammen überwiegend aus belasteten Familien und haben ihr Zuhause häufig auf Grund von Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch verlassen. Die Straßensozialarbeit versucht vorrangig, sie in betreute Wohngruppen zu integrieren und aus dem schädigenden Umfeld der Straße herauszulösen sowie eine Rückkehr dorthin zu verhindern. Valide Erkenntnisse zur geschlechtsspezifischen Betroffenheit liegen der Bundes-regierung nicht vor. 10. Welche regionalen Schwerpunkte bezüglich öffentlich in Erscheinung tretender Straßenjugendlicher sind der Bundesregierung bekannt? Welche Strategien werden nach Kenntnis der Bundesregierung von den Verantwortlichen vor Ort gewählt, um mit den Jugendlichen umzugehen (bitte nach ordnungs- und sicherheitspolitischen sowie Jugendhilfemaßnahmen unterscheiden)? Gibt es Einrichtungen, die ausschließlich für Jungen bzw. Mädchen vorgehalten werden, und wenn ja, welche sind das? Hilfen für junge Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, werden nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch geleistet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4123 Aufgrund der Kompetenzordnung des Grundgesetzes sind die Länder für die Umsetzung des Gesetzes zuständig. Der Bundesregierung sind einzelne Träger und Initiativen bekannt. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 13 bis 15 verwiesen. 11. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung auch zunehmend Jugendliche aus anderen europäischen Staaten in der hiesigen Straßenkinderszene anzutreffen , und wenn ja, gibt es hier bestimmte Schwerpunkte? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 12. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung auch zunehmend Jugendliche unter 27 Jahren mit einem Antrag auf Asyl, subsidiären Schutz, dem Status „unbegleitet minderjährig“ oder ehemalige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der hiesigen Straßenkinderszene anzutreffen, und wenn ja, welche Gründe sieht hier die Bundesregierung für dieses Phänomen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine validen Daten vor. 13. Welche Projekte fördert die Bundesregierung in Bezug auf die Situation der Straßenkinder in Deutschland seit 2014 oder plant sie zukünftig zu fördern? In den Jahren 2015 und 2016 förderte das Bundesministerium für Familie, Senioren , Frauen und Jugend (BMFSFJ) erstmals 4 Modellprojekte für Straßenkinder und -jugendliche mit einem Fördervolumen von insgesamt 400 000 Euro aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes: - Aufbau des Modelabels „People“ (Karuna e. V.) - „Integration des Fernschulsystems in die überregionale Straßensozialarbeit für Straßenkinder und Ausreißer in Deutschland“ (Off Road Kids) - „Theaterprojekt mit Straßenjugendlichen“ (KuB Kontakt- und Beratungsstelle Berliner Jugendclub e. V.) - „StreetWorkstatt“ (Straßenkinder e. V.). a) Welche Projekte fördert die Bundesregierung aktuell oder in Zukunft (bitte detailliert ausführen)? b) Wer führte bzw. führt diese Projekte aus? Die Fragen 13a und 13b werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten. Aktuell werden über den Innovationsfonds im Kinder- und Jugendplan des Bundes drei Vorhaben in Leipzig, Köln und im Geestland finanziert, die mit partizipativen Ansätzen neue Formen der Zusammenarbeit mit jungen Menschen, die von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit betroffen sind, erproben: - Jugendhilfe Köln e. V., Köln, „Art_ists Kunst von der Straße“ - Die Schleuse e. V., Geestland, „Ambulante Betreuung junger Menschen nach dem Jugendgerichtsgesetz § 10 ff“ - Jugendhaus Leipzig, e. V., Leipzig, „‘Fundamente schaffen‘- LeipzigerJugend Wohnen“ Darüber hinaus wird die Dokumentation der 4. Bundeskonferenz der Straßenkinder über den Karuna e. V. in 2018 finanziert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) In welchem Zeitraum werden die Projekte durchgeführt, und welche Kosten entstehen dadurch? - Jugendhilfe Köln e. V., Köln, „Art_ists Kunst von der Straße“ Laufzeit: 1. Juli 2017 – 31. Juli 2019 Gesamtbewilligung 94 000,00 Euro - Die Schleuse e. V., Geestland, „Ambulante Betreuung junger Menschen nach dem Jugendgerichtsgesetz § 10 ff“ Laufzeit: 1. Mai 2017 – 30. April 2019 Gesamtbewilligung 94 800,00 Euro - Jugendhaus Leipzig, e. V., Leipzig, „‘Fundamente schaffen‘- LeipzigerJugend Wohnen“ Laufzeit: 1. Mai 2017 – 30. September 2019 Gesamtbewilligung 75 308,00 Euro - Dokumentation der 4. Bundeskonferenz der Straßenkinder in 2018 Laufzeit: 28. September 2018 – 30. September 2018 Gesamtbewilligung 7 000,00 Euro d) Liegen der Bundesregierung Ergebnisse dieser Projekte vor? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Sind Ergebnisse dieser Projekte bereits umgesetzt worden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die Projekte und die wissenschaftliche Begleitung durch das DJI sind noch nicht abgeschlossen; daher liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Erkenntnisse vor. e) Welche Hilfsprojekte vorwiegend für Straßenkinder auf dem Land bzw. zur Bekämpfung der Ursachen für das Phänomen obdachlose Jugendliche auf dem Land fördert die Bundesregierung? Ein Projekt aus dem Innovationsfonds (Die Schleuse e. V., Geestland) wird im ländlichen Raum erprobt und unter diesem Gesichtspunkt durch die wissenschaftliche Begleitung evaluiert. Da das Vorhaben noch nicht abgeschlossen ist, liegen noch keine Erkenntnisse vor. 14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über konkrete Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe für wohnungslose Jugendliche? Über die in der Antwort zu Frage 13 genannten Vorhaben hinaus sind der Bundesregierung folgende Vereine bekannt: - KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not International e. V., Berlin , Hausotterstr. 49, 13409 Berlin - Off Road Kids, Schabelweg 4-6, 78073 Bad Dürrheim - Straßenkinder e. V., Hohensaatener Str. 20, 12679 Berlin - KONTAKT UND BERATUNGSSTELLE/KUB, Fasanenstr. 91 10623 Berlin. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4123 15. Welche Hilfsprojekte für Straßenjugendliche in Deutschland sind der Bundesregierung darüber hinaus bekannt, und welche hiervon sind vorwiegend für Straßenjugendliche in ländlichen Regionen gedacht? Das Vorhaben des Vereins „Die Schleuse e. V., Geestland, „Ambulante Betreuung junger Menschen nach dem Jugendgerichtsgesetz § 10 ff“ befasst sich mit dem Thema Straßenjugendliche im ländlichen Raum. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 16. Welche Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe sind der Bundesregierung bekannt und geeignet, um Kinder- und Jugendliche vorbeugend vor einem Abrutschen in die Straßenszene zu schützen? Welche Bedeutung haben hier nach Einschätzung der Bundesregierung Methoden einer Gemeinwesensarbeit (z. B. Mobile Jugendarbeit, Straßensozialarbeit , offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit) verbunden mit einer Sozialraumanalyse im Vergleich zu Einzelfallhilfen nach § 27 ff. SGB VIII (bitte detailliert ausführen)? Welche Bedeutung kommt hierbei Jugendverbänden zu? Die besondere Lebenssituation und die spezifischen Gründe, die Kinder und Jugendliche in die Wohnungs- oder Obdachlosigkeit treiben, erfordern gerade im präventiven Bereich das gesamte Spektrum der Leistungsangebote der Kinderund Jugendhilfe. Auch können insbesondere die präventiven Maßnahmen des Bundeskinderschutzgesetzes helfen. Die lokalen Kinderschutznetzwerke sind wichtige Anlaufstellen, die die rechtssichere Zusammenarbeit aller im Kinderschutz beteiligten Akteure befördern und Unterstützung vor Ort anbieten. Darüber hinaus leisten Hilfen zur Erziehung (§§ 27-35 SGB VIII), Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII) und Hilfen für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII) ebenfalls präventive Unterstützung. Insbesondere die Unterbringung und Betreuung in der Jugendhilfe über das 18. Lebensjahr hinaus kann Obdachlosigkeit verhindern. Gemeinwesensorientierte Angebote, die sich gerade in sozialen Brennpunkten entwickelt haben, spielen für präventive Hilfen eine besondere Rolle. Häufig wird Jugendarbeit als Teil eines Quartierkonzepts oder Sozialraumkonzepts in den jeweiligen Kommunen angeboten. Die aufsuchenden Angebote der mobilen Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit stellen einen wichtigen Zugang zur Zielgruppe dar. Neben den Jugendämtern vor Ort und den freien Trägern der Jugendhilfe, die für die Straßenkinder und -jugendlichen verantwortlich sind und entsprechende Hilfsangebote vorhalten, gibt es in Deutschland auch überregional arbeitende Hilfsorganisationen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2005 stationär in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform untergebracht? a) Wie viele Kinder und Jugendliche, ausgenommen minderjährige Geflüchtete , wurden seit 2005 stationär in einem Heim oder eine sonstigen betreuten Wohnform untergebracht (wenn möglich bitte jährlich nach den Altersstufen unter 12 Jahren, 12 bis 14 Jahre, 15 bis 17 Jahre, 18 bis 21 Jahre und 21 bis 25 Jahre sowie Geschlecht aufschlüsseln)? b) Wie viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete wurden seit 2005 stationär in einem Heim oder eine sonstige betreute Wohnform untergebracht (wenn möglich bitte jährlich nach den Altersstufen unter 12 Jahren, 12 bis 14 Jahre, 15 bis 17 Jahre, 18 bis 21 Jahre und 21 bis 25 Jahre sowie Geschlecht aufschlüsseln)? c) Wie lange sind die Kinder, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen durchschnittlich stationär in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Unterkunft untergebracht? d) Wie bewertet die Bundesregierung die Zahlen? Die Datengrundlagen zu den Fragen 17a bis 17c finden sich in den beigefügten Anlagen 1 und 2. Ergänzende Anmerkungen zu den Fragen 17a bis 17d: Da nicht eindeutig ist, ob die Frage nur auf Hilfen zur Erziehung gemäß §§ 27 bis 25 SGB VIII abzielt oder auch Eingliederungshilfen gemäß § 35a SGB VIII gemeint sind, weisen die Auswertungen zwei Tabellen aus: Eine Tabelle mit stationären Hilfen zur Erziehung (§ 34 und § 27 Absatz 2 stationär) sowie eine weitere Tabelle mit Hilfen gemäß § 35a, die „in einer Einrichtung über Tag und Nacht“ geleistet werden. Eine differenzierte Darstellung der Fälle, in den Hilfen zur Erziehung für Kinder und Jugendliche, ausgenommen minderjährige Geflüchtete, und für unbegleitete minderjährige Geflüchtete ist bislang über die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH-Statistik) nicht möglich. Erst ab der Erhebung 2017 (Berichtsjahr 2017) sieht der Erhebungsbogen der KJH-Statistik ein Merkmal für Hilfen für unbegleitet nach Deutschland eingereiste ausländische Kinder und Jugendliche vor. Betrachtet wird daher der Zeitraum zwischen 2008 und 2016. Hintergrund ist, dass mit der Datenerhebung 2007 die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik zu dem Teilbereich „Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige“ grundlegend modifiziert worden ist. Die Daten für die Erhebungsjahre 2005 und 2006 sind daher mit den späteren Jahrgängen nicht vergleichbar. So wurden nicht nur Merkmale verändert, auch die stationären Hilfen (Hilfen gemäß § 27 SGB VIII ohne Verbindung gemäß §§ 28 bis 35 SGB VIII) sowie die Eingliederungshilfen für junge Menschen mit einer (drohenden) seelischen Behinderung (§ 35a SGB VIII) wurden erst ab dem Jahr 2007 erfasst. Da Daten im ersten Umstellungsjahr – in diesem Fall das Jahr 2007 –hinsichtlich der Datenqualität und Vollständigkeit nicht valide sind, werden sie nicht berücksichtigt. Bei den Altersgruppen ist über die durch das Statistische Bundesamt veröffentlichten Tabellen keine weitere Differenzierung der Altersgruppe der 21- bis unter 27-Jährigen möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/4123 Im Jahr 2016 gewährten die kommunalen Jugendämter 89 Prozent bzw. 30 121 mehr Hilfen (einschließlich der Hilfen für junge Volljährige) in stationärer Unterbringung gemäß §§ 27 Absatz 2 SGB VIII (stationär) und § 34 SGB VIII als noch im Jahr 2008. Damit sind diese Hilfen überproportional zu der Gesamtentwicklung der Hilfen zur Erziehung (ohne die Erziehungsberatung) gestiegen. Zum Vergleich: In allen über den Allgemeinen Sozialen Dienst organisierten neu begonnenen Hilfen zur Erziehung zusammen hat sich die Anzahl der jungen Menschen im gleichen Zeitraum um 56 549 bzw. 29 Prozent erhöht. Während im Zeitraum zwischen 2008 und 2013 die Entwicklung der stationären Unterbringungen relativ konstant ausfällt – die jährlichen Wachstumsquoten bewegen sich hier in einem Korridor zwischen 2 Prozent und 5 Prozent – hat die Wachstumsdynamik seit 2014 stark zugenommen. Das gilt insbesondere für die Zeiträume zwischen 2014 und 2015 (+23 Prozent) und 2015 und 2016 (+25 Prozent ). Überproportional gestiegen sind in den letzten beiden Erhebungsjahren vor allem die Hilfen für die Altersgruppe der männlichen Adressaten im Alter von 15 bis unter 18 Jahren (zu Beginn der Hilfe) sowie zuletzt auch für die Altersgruppe der jungen Volljährigen. So hat sich die Zahl der begonnenen Hilfen für männliche 15- bis unter 18-Jährige zwischen 2014 und 2015 von knapp 9 700 auf 18 800 fast verdoppelt. 2016 stieg die Zahl noch einmal auf etwa 26 700 Hilfen an. Zwischen 2015 und 2016 hat sich außerdem die Anzahl der jungen Männer zwischen 18 und unter 27 Jahren von ca. 3 200 auf zuletzt 6 600 verdoppelt. Auch mit Blick auf den Migrationshintergrund zeichnet sich folgende Entwicklung seit 2014 ab: Während sich die Anzahl der männlichen Adressaten, die zuhause hauptsächlich nicht Deutsch sprechen, zwischen 2008 und 2013 in einem Korridor von 18 000 und 21 000 Hilfen bewegte, ist die Anzahl bis 2016 auf 45 724 Hilfen angestiegen. Damit wurden im Jahr 2016 46 Prozent der begonnenen stationären Hilfen zur Erziehung für männliche Adressaten mit Migrationshintergrund gewährt. Diese Entwicklungen gehen vor allem auf die Unterbringung unbegleiteter, vor allem männlicher minderjähriger Geflüchteter in stationären Einrichtungen zurück . Ein besonders hoher Anstieg der Fallzahlen bei den männlichen jungen Volljährigen in der stationären Unterbringung verweist zudem darauf, dass junge Geflüchtete mit Vollendung des 18. Lebensjahrs zumindest teilweise weiterhin im Hilfesystem verbleiben (ausführliche Analysen dazu vgl. Fendrich/Pothmann /Tabel 2018: Monitor Hilfen zur Erziehung 2018, Dortmund 2018). Auch die Verkürzung der durchschnittlichen Dauer der stationären Unterbringung zwischen 2008 und 2016 von 21 auf 17 Monate dürfte überwiegend auf die besondere Situation der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen (UMA) bzw. ehemals UMA zurückzuführen sein. Indizien dafür sind die überproportionalen Reduzierungen, die in den Jahren ab 2014, in der Altersgruppe der (am Ende der Hilfe) 15- bis unter 21-Jährigen sowie bei Adressaten mit Migrationshintergrund auftreten. Für diese Gruppe fallen die Hilfen womöglich aufgrund ihres überdurchschnittlichen Alters bei Beginn der Hilfe – UMA sind meist im Alter zwischen 16 und unter 18 Jahren während das Durchschnittsalter eines Adressaten der Heimerziehung bei 15 Jahren liegt (vgl. ebd.) – kürzer aus. In der Altersgruppe der am Ende der Hilfe bis unter 15-Jährigen ist hingegen die durchschnittliche Hilfedauer von 2008 bis 2016 um jeweils 2 Monate gestiegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Für die stationären Eingliederungshilfen gemäß § 35a SGB VIII sind vergleichbare Entwicklungen – das gilt auch für die Dauer – nicht zu identifizieren, zumal das Fallzahlenvolumen hier mit 5 705 Hilfen deutlich geringer ausfällt. Die jährlichen Steigerungsquoten zwischen 2014 und 2016 fallen vergleichsweise moderater aus als bei den Hilfen zur Erziehung (+4 Prozent und 6 Prozent). 18. Wie viele Jugendhilfemaßnahmen in stationären Einrichtungen wie einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2005 beendet (wenn möglich bitte jährlich nach Alter der Jugendlichen, „planmäßigem Ende“ in Prozent und „nicht planmäßigem Ende“ absolut und in Relation aufschlüsseln)? Die Datengrundlage nebst Anmerkungen findet sich in der beigefügten Anlage 3. Zur gesonderten Auswertung der Hilfen nach § 35a SGB VIII, zum betrachteten Zeitraum und zu den Altersgruppen wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 19. Welche Gründe sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2005 ausschlaggebend für außerplanmäßige Beendigungen von stationären Unterbringungen (wenn möglich bitte jährlich nach den Altersstufen unter 12 Jahren , 12 bis 14 Jahre, 15 bis 18 Jahre, 18 bis 21 Jahre, 22 bis 25 Jahre sowie Geschlecht aufschlüsseln)? In der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik zu dem Teilbereich "Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige" werden die Gründe, die für außerplanmäßige Beendigungen ausschlaggebend waren, nicht erfasst. 20. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen von Jugendhilfemaßnahmen seit 2005 in Einrichtungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland untergebracht (bitte jährlich nach den Altersstufen unter 12 Jahren, 12 bis 14 Jahre, 15 bis 18 Jahre, 18 bis 21 Jahre, 22 bis 25 Jahre, planmäßigem Ende und unplanmäßigem Ende der Maßnahmen in absolut sowie relativen Zahlen sowie Geschlecht aufschlüsseln )? Die Datengrundlage findet sich in der beigefügten Anlage 4. Zur gesonderten Auswertung der Hilfen nach § 35a SGB VIII, zum betrachteten Zeitraum und zu den Altersgruppen wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Eine Auswertung dieser Angaben nach planmäßigem und unplanmäßigem Ende der Maßnahmen ist über die durch das Statistische Bundesamt veröffentlichten Tabellen hinaus nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/4123 21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vertreibung und Kriminalisierung von Straßenkindern aus öffentlichen Räumen, und plant die Bundesregierung Maßnahmen zu ergreifen, um der Kriminalisierung der betroffenen Jugendlichen wirkungsvoll entgegenzutreten (bitte detailliert ausführen und begründen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Für die Räumung von öffentlichen Plätzen sind die kommunalen Ordnungsbehörden bzw. die Polizei zuständig. 22. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Studie: Peter Schruth/Titus Simon: Strafprozessualer Reformbedarf des Zeugnisverweigerungsrechts in der Sozialen Arbeit? Wie bewertet die Bundesregierung die Studie? Sind Schritte zu einer Ausweitung der Zeugnisverweigerungsrechte für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter geplant, und wenn nein, warum nicht (bitte jeweils detailliert ausführen und begründen)? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von der genannten Studie. Mit der Frage der Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter mit Blick auf die Opferberatung hat sich die Bundesregierung im Jahr 2012 ausführlich befasst. Damals haben sich alle Länder gegen die Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Opferhelfer/Sozialarbeiter ausgesprochen . 23. Wie beurteilt die Bundesregierung die medizinische Versorgung von Straßenkindern ? Plant die Bundesregierung konkrete Maßnahmen, um den betroffenen Jugendlichen den Zugang zur medizinischen Versorgung zu verbessern (bitte detailliert ausführen und begründen)? 24. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung bezüglich chronischer Krankheiten und sexuell übertragbarer Infektionen bei Straßenkindern vor, und welche Schlussfolgerungen und Maßnahmen schließt sie daraus? Die Fragen 23 und 24 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den gleichlautenden Fragen 16 und 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagdrucksache 18/3114, verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Wie viele Jugendliche waren nach Kenntnis der Bundesregierung von einer Komplettkürzung ihres Arbeitslosengelds II nach § 31a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) betroffen (bitte jährlich seit 2014 nach Geschlecht, den Altersstufen 15 bis 17 Jahre sowie 18 bis 25 Jahre aufschlüsseln )? Im Jahresdurchschnitt 2017 waren 3 500 Jugendliche im Alter von 15 bis unter 25 Jahren als vollsanktionierte erwerbsfähige Leistungsberechtigte in der Grundsicherung für Arbeitsuchende registriert. Bei vollsanktionierten Leistungsberechtigten übersteigt die Höhe des Sanktionsbetrages die Höhe des laufenden Leistungsanspruchs , so dass es zu einer kompletten Leistungskürzung kommt. Die Angaben für die Jahre 2014 bis 2017 in der Unterscheidung nach Geschlecht und Altersstufen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. 26. Wie viele Jugendliche sind nach Kenntnis der Bundesregierung als Folge einer Komplettkürzung ihres Arbeitslosengelds II nach § 31a Absatz 2 SGB II obdachlos geworden (bitte jährlich seit 2014 nach Geschlecht, den Altersstufen 15 bis 17 Jahre sowie 18 bis 25 Jahre aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 27. Hält die Bundesregierung die verschärften Hartz-IV-Sanktionen für unter 25-Jährige vor dem beschriebenen Hintergrund für sinnvoll und zielführend (bitte detailliert ausführen und begründen)? Die aufgeworfene Frage wurde für die geltende Rechtslage bereits mit der Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Frage 94 des Abgeordneten Sven Lehmann auf Bundestagsdrucksache 19/2083, S. 60, beantwortet. Hierauf wird Bezug genommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/4123 28. Sind der Bundesregierung vermehrte Schwierigkeiten und Risiken für so genannte Care Leaver (Jugendliche nach Austritt aus der Jugendhilfe) bekannt, und wenn ja, welche (bitte detailliert ausführen)? 29. Sind der Bundesregierung vermehrte Schwierigkeiten und Risiken für unbegleitete minderjährige Geflüchtete als Care Leaver bekannt, und wenn ja, welche (bitte detailliert ausführen)? Die Fragen 28 und 29 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Um mehr über die Lebenslagen von Care Leavern zu erfahren, fördert das BMFSFJ aktuell das Projekt „Care Leaver Statistics“, in dem ein Überblick über alle statistischen Erhebungen und Paneluntersuchungen erarbeitet wird, die in Deutschland Auskunft über die Situation von Care Leaver geben können. Anhand dieses Datenreports werden in einem zweiten Schritt Fachexperten und -expertinnen Vorschläge erarbeiten, wie die Datenlage verbessert werden kann. Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode haben CDU, CSU und SPD vereinbart, die Kinder- und Jugendhilfe weiterzuentwickeln und dabei den Kinderschutz und die Unterstützung von Familien zu verbessern. Im Vorfeld der Gesetzesinitiative wird ein breiter Dialog mit Akteuren aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe und den Ländern und Kommunen geführt werden. Darüber hinaus werden Erfahrungen von Beteiligten und Betroffenen mit der Kinder- und Jugendhilfe sowie Familiengerichtsbarkeit gesammelt und systematisch ausgewertet. Die Auswertung wird mit Blick auf systemische und strukturelle Veränderungsbedarfe in das weitere Verfahren mit aufgenommen. 30. Wie beurteilt die Bundesregierung den Housing first-Ansatz (bitte detailliert ausführen)? Plant die Bundesregierung den Housing First-Ansatz in Bezug auf Straßenkinder einzuführen oder anderweitig im SGB VIII zu verankern? Wenn nein, warum nicht? Der in den USA und auch in einigen skandinavischen Ländern praktizierte Ansatz des „Housing First“ bezeichnet eine Methode, die für eine Kombination aus Versorgung mit dauerhaftem, abgeschlossenem (Privat-) Wohnraum, einem umfassenden begleitenden Hilfeangebot und einer individuelle Unterstützung auf freiwilliger Basis steht. Eine gesetzliche Regelung zu diesem Förderinstrument im Achten Buch Sozialgesetzbuch ist nicht vorgesehen. 31. Welche Forschungseinrichtungen und Studien befassen sich nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Situation ausgegrenzter und obdachloser Jugendlicher in Deutschland seit 2014 (bitte detailliert und chronologisch ausführen )? Der Bundesregierung sind folgende Untersuchungen des DJI bekannt: - Entkoppelt vom System, München, 2015 - Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des Phänomens , München 2017 - Ergebnisbericht der Evaluation zu Straßenkinderprojekten des BMFSFJ, Innovationsfonds , München 2016. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 32. Wie viele Jugendliche werden nach Kenntnis der Bundesregierung in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe betreut? Wie viele Jugendliche sind in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe postalisch oder melderechtlich erfasst (bitte nach Bundesländern und den Alterststufen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sowie 18 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres seit 2014 aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 33. Welche Zahlen liegen der Bundesregierung zur Rückführung von minderjährigen Jugendlichen nach dem Aufenthaltsbestimmungsrecht des § 1631 BGB vor (bitte nach Geschlecht, den Altersstufen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres sowie vom 15. bis zum vollendeten 17. Lebensjahr, Rückführung in das Elternhaus oder Jugendhilfeeinrichtungen sowie Bundesland der Rückführung aufschlüsseln)? Statistisch wird zwar die familiengerichtliche Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gemäß § 1666 Absatz 3 Nummer 3 BGB erfasst. Dagegen liegen statistische Daten zu „Rückführungen“ – die von der Bunderegierung verstanden werden im Sinne einer tatsächlichen Verbringung der betroffenen Person an einen anderen Ort (Einrichtung, Elternhaus) – nicht vor. Das rein tatsächliche Zurückbringen von Straßenkindern z. B. zu ihren sorgeberechtigten Eltern, denen auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, etwa nach Aufgriff solcher Kinder durch die Polizei, wird in der Justizstatistik nicht erfasst. 34. Wie viele Einrichtungen der geschlossenen Unterbringung für Jugendliche und Einrichtungen, die auch mit Methoden der geschlossenen Unterbringung arbeiten, gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland (bitte nach Bundesländern, Einrichtungen der geschlossenen Unterbringung und Einrichtungen, die auch mit Methoden der geschlossenen Unterbringung arbeiten , sowie nach öffentlicher, freier und privater Trägerschaft sowie Entwicklung seit 1990 aufschlüsseln)? Über die KJH-Statistik wurden zum 31. Dezember 2016 19 „Einrichtungen/Abteilungen /Gruppen für gesicherte/geschlossene Unterbringung auf der Grundlage einer richterlichen Entscheidung“ ausgewiesen, die sich jeweils in freier Trägerschaft befinden. Die Zahl der Organisationseinheiten unterlag seit dem Erhebungsjahr 1998, in dem diese Angaben erstmals über die KJH-Statistik erhoben worden waren, Schwankungen auf niedrigem Niveau (vgl. Tabelle). Tabelle: Einrichtungen/Abteilungen/Gruppen für gesicherte/geschlossene Unterbringung auf der Grundlage einer richterlichen Entscheidung (Deutschland; 1998-2016; Angaben absolut) 2016 2014 2010 2006 2002 1998 Anzahl der Einrichtungen /Abteilungen/Gruppen für gesicherte/geschlossene Unterbringung auf der Grundlage einer richterlichen Entscheidung 19 20 14 16 14 10 Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Einrichtungen und tätige Personen (ohne Tageseinrichtungen für Kinder), verschiedene Jahrgänge; Zusammenstellung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/4123 Die über die KJH-Statistik ausgewiesenen 19 Organisationseinheiten mit bundesweit 187 Plätzen für die geschlossene Unterbringung zum 31. Dezember 2016 verteilen sich wie folgt auf die Länder: Die Daten weisen für Bayern 7 Organisationseinheiten (OE) und 68 Plätze (Pl) auf. Es folgen Baden-Württemberg (3 OE; 44 Pl), Nordrhein-Westfalen (3 OE; 24 Pl), Brandenburg (2 OE; 16 Pl), Rheinland -Pfalz (2 OE; 20 Pl), Hessen (1 OE; 8 Pl) und Niedersachsen (1 OE; 7 Pl). 35. Wie viele Jugendliche sind nach Kenntnis der Bundesregierung in einer geschlossenen Einrichtung auf Grundlage von § 1631b BGB untergebracht (bitte nach Bundesländern und Alter seit 2013, Art der Einrichtung, sowie nach Unterbringung ohne Genehmigung nach § 1631b Satz 3 BGB sowie mit Genehmigung nach § 1631b Satz 1-2 BGB aufschlüsseln)? Es liegen keine bundesweiten Angaben über die Zahl der jungen Menschen in „Geschlossener Unterbringung“ vor. Über die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH-Statistik) ist es aufgrund der Fallzahlen zur stationären Unterbringung im Rahmen der Hilfen zur Erziehung lediglich möglich, die Zahl von Unterbringungen zu identifizieren, in deren Zusammenhang eine richterliche Genehmigung für eine Unterbringung mit Freiheitsentzug (nach § 1631b BGB) erteilt wurde (siehe hierzu Anlage 5). 36. Wie viele Jugendliche sind nach Kenntnis der Bundesregierung aus einer geschlossenen Einrichtung, in welcher sie auf Grundlage von § 1631b BGB untergebracht sind bzw. waren, entwichen bzw. ausgerissen (bitte nach Bundesländern und Alter seit 2013, Art der Einrichtung, sowie nach Unterbringung ohne Genehmigung nach § 1631b Satz 3 BGB sowie mit Genehmigung nach § 1631b Satz 1-2 BGB aufschlüsseln)? Die Zahl der Jugendlichen, die aus einer „Geschlossenen Einrichtung“ entweichen , wird durch die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht erfasst. 37. Wie viele Verfahren auf Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung der Unterbringung nach § 1631b BGB seit 2005 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung vor den Amtsgerichten abgeschlossen (bitte jährlich, gesamt und nach Bundesländern aufschlüsseln)? Nachfolgend findet sich eine Zusammenstellung aller erledigten Verfahren vor dem Amtsgericht nach § 1631b BGB seit 2005. Seit dem Berichtsjahr 2006 haben sich Änderungen im Erhebungsumfang in der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistik zu den Familiensachen (F-Statistik) ergeben, die die Vergleichbarkeit der Ergebnisse einschränken. In 2006 wurden die Verfahren auf Genehmigung der Unterbringung eines Kindes gemäß § 1631b BGB in die Verfahrenserhebung einbezogen. Die Gesamtzahl der statistisch abgebildeten Familiensachen war damit ab 2006 nur noch eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar (vgl. Statistisches Bundesamt, Familiensachen , 2016 Ziffer 6.2., Seite 7). Für das Jahr 2017 liegen noch keine Daten vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Verfahren zur Unterbringungen nach § 1631b BGB vor dem AG erledigte Familiensachen 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 Deutschland 15 534 14 304 13 662 13 470 13 024 11 791 10 969 6 564 9 252 8 240 6 016 7 383 Baden-Württemberg 1 569 1 421 1 422 1 352 1 323 1 246 1 081 566 757 584 410 488 Bayern 3 528 3 219 3 046 2 691 2 619 2 258 2 013 1 167 1 553 1 480 1 026 1 203 Berlin 285 317 293 265 257 207 249 126 175 189 144 199 Brandenburg 306 300 226 269 210 259 195 96 131 165 86 130 Bremen 102 81 66 59 51 56 59 31 64 52 35 45 Hamburg 332 277 318 302 306 249 236 137 169 172 133 117 Hessen 1 240 1 112 1 023 1 162 1 042 962 892 585 731 679 482 561 Mecklenburg- Vorpommern 160 109 138 115 119 98 86 58 99 99 67 103 Niedersachsen 2 187 2 065 2 043 2 069 1 829 1 452 1 354 908 1 309 1 242 957 935 Nordrhein-Westfalen 3 333 3 058 2 683 2 718 2 951 2 846 2 726 1 743 2 559 2 381 1 433 2 024 Rheinland-Pfalz 599 563 589 580 599 537 510 301 406 346 252 337 Saarland 158 139 158 141 131 126 101 58 96 112 61 77 Sachsen 627 670 621 635 586 548 567 308 443 – 337 396 Sachsen-Anhalt 340 353 367 428 384 391 361 197 333 324 265 289 Schleswig-Holstein 442 328 362 340 335 290 289 157 226 195 137 253 Thüringen 326 292 307 344 282 266 250 126 201 220 191 226 Quelle: Statistisches Bundesamt, Familiensachen 2005, Tabelle 1.2, und 2006 – 2016, Tabelle 2.1 38. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderungen, die die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig nach der ersten Straßenkinderkonferenz 2014 entgegengenommen hat? Welche Forderungen wurden seither umgesetzt? Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung daraus gezogen, und welche Rolle kommt dabei den betroffenen Jugendlichen zu (bitte detailliert ausführen)? Die Forderungen, die der ehemaligen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig nach der ersten Straßenkinderkonferenz überreicht wurden, betreffen überwiegend Maßnahmen, die von den Ländern bzw. Kommunen in eigener Zuständigkeit umzusetzen sind. Die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hat den Forderungskatalog im Rahmen der Jugend- und Familienministerkonferenz am 21./22. Mai 2015 den Ländern als Anlage zum Bericht des Bundes überreicht. Die Bundesregierung hat die Forderung nach einer bundesweiten Statistik für Wohnungslose aufgegriffen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 39. Wird die Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey bei der 4. Straßenkinderkonferenz anwesend sein? Die Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/4123 Anlage 1 Datengrundlage zu den Teilfragen 17a und b: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anlage 2 Datengrundlage zu der Frage 17c: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/4123 Anlage 3 Datengrundlage zu der Frage 18: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anlage 4 Datengrundlage zu Frage 20: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 23 – Drucksache 19/4123 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 24 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anlage 5 Datengrundlage zu Frage 35: Tabelle 1: Junge Menschen in Hilfen zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII mit einer richterlichen Genehmigung für eine Unterbringung mit Freiheitsentzug nach § 1631b BGB (Bundesländer; 2013-2016; laufende Hilfen am 31.12.; Angaben absolut) Baden-Württemberg 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 160 149 128 102 unter 12 32 20 19 15 12 bis u. 15 J. 30 31 33 23 15 bis u. 18 J. 73 73 61 54 18 bis u. 21 J. 23 24 14 9 21 bis u. 27 J. 2 1 1 1 Bayern 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 55 58 58 90 unter 12 11 13 13 28 12 bis u. 15 J. 10 9 11 17 15 bis u. 18 J. 30 29 29 40 18 bis u. 21 J. 4 7 5 4 21 bis u. 27 J. 0 0 0 1 Berlin 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 38 33 23 57 unter 12 17 9 6 13 12 bis u. 15 J. 6 7 7 9 15 bis u. 18 J. 12 12 8 27 18 bis u. 21 J. 3 5 2 8 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Brandenburg 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 36 31 32 29 unter 12 11 8 13 7 12 bis u. 15 J. 10 6 5 6 15 bis u. 18 J. 14 13 12 14 18 bis u. 21 J. 1 4 2 2 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 25 – Drucksache 19/4123 Bremen 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 3 8 5 9 unter 12 1 3 2 3 12 bis u. 15 J. 0 3 1 2 15 bis u. 18 J. 2 2 2 4 18 bis u. 21 J. 0 0 0 0 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Hamburg 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 189 194 186 137 unter 12 113 106 100 68 12 bis u. 15 J. 45 42 38 25 15 bis u. 18 J. 31 42 38 30 18 bis u. 21 J. 0 4 10 14 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Hessen 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 63 53 51 38 unter 12 15 8 5 5 12 bis u. 15 J. 18 11 16 11 15 bis u. 18 J. 24 29 28 16 18 bis u. 21 J. 6 5 2 6 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Mecklenburg-Vorpommern 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 10 11 16 10 unter 12 2 1 2 2 12 bis u. 15 J. 4 2 2 2 15 bis u. 18 J. 3 3 9 6 18 bis u. 21 J. 1 5 3 0 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Niedersachsen 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 98 80 81 82 unter 12 30 22 31 32 12 bis u. 15 J. 22 17 17 16 15 bis u. 18 J. 34 32 25 24 18 bis u. 21 J. 11 6 8 9 21 bis u. 27 J. 1 3 0 1 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4123 – 26 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Nordrhein-Westfalen 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 325 589 514 509 unter 12 125 160 169 179 12 bis u. 15 J. 71 135 114 121 15 bis u. 18 J. 102 141 126 127 18 bis u. 21 J. 26 79 72 51 21 bis u. 27 J. 1 74 33 31 Rheinland-Pfalz 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 48 40 37 34 unter 12 15 4 3 4 12 bis u. 15 J. 9 11 14 7 15 bis u. 18 J. 21 19 18 21 18 bis u. 21 J. 2 5 2 2 21 bis u. 27 J. 1 1 0 0 Saarland 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 15 20 19 10 unter 12 2 2 1 1 12 bis u. 15 J. 3 7 4 5 15 bis u. 18 J. 6 7 12 3 18 bis u. 21 J. 4 4 2 1 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Sachsen 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 36 36 35 36 unter 12 4 10 6 1 12 bis u. 15 J. 4 3 5 15 15 bis u. 18 J. 28 22 22 17 18 bis u. 21 J. 0 1 2 3 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Sachsen-Anhalt 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 11 17 22 24 unter 12 3 3 4 5 12 bis u. 15 J. 1 1 3 2 15 bis u. 18 J. 4 10 14 16 18 bis u. 21 J. 2 3 1 1 21 bis u. 27 J. 1 0 0 0 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 27 – Drucksache 19/4123 Schleswig-Holstein 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 14 25 20 21 unter 12 0 0 4 2 12 bis u. 15 J. 1 4 5 5 15 bis u. 18 J. 12 18 8 11 18 bis u. 21 J. 0 3 3 3 21 bis u. 27 J. 1 0 0 0 Thüringen 2016 2015 2014 2013 Insgesamt 34 23 24 21 unter 12 21 16 13 7 12 bis u. 15 J. 1 4 4 6 15 bis u. 18 J. 11 3 4 8 18 bis u. 21 J. 1 0 3 0 21 bis u. 27 J. 0 0 0 0 Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe, Hilfe für junge Volljährige; versch. Jahrgänge; Datenzusammenstellung der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333