Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 31. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4139 19. Wahlperiode 04.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Anton Friesen und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3872 – Menschenrechtsverletzungen in Südafrika V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor den Augen der Weltöffentlichkeit werden in Südafrika Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren diskriminiert, ausgegrenzt und ermordet. Obwohl sich die Afrikaaner (auch Buren genannt) nicht über ihre Hautfarbe definieren, sondern über ihre Geschichte, Kultur und Sprache („Afrikaans“). Sie sehen sich nicht als eingewanderte Europäer, sondern als indigene Bevölkerung und Eingeborene Südafrikas (vgl. Interview mit Kallie Kriel, Präsident der Menschenrechtsorganisation AfriForum, in: Junge Freiheit vom 8. Juni 2018, S. 3). Die Afrikaaner machen 60 Prozent der weißen Südafrikaner aus, welche wiederum 9 Prozent der Gesamtpopulation darstellen. Trotzdem sind nach Angaben von Kallie Kriel ca. 40 Prozent der getöteten Südafrikaner weiß und damit überdurchschnittlich oft unter den Opfern (vgl. ebd.). In den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten wurden schätzungsweise 70 000 Menschen mit weißer Hautfarbe getötet, davon 2 000 Farmer und ihre Familienangehörige (vgl. Die falsche Hautfarbe, in: Junge Freiheit vom 8. Juni 2018, S. 2). Der Ton gegenüber der weißen Minderheit verschärft sich zunehmend. Zuletzt hat Präsident Cyril Ramaphosa am 31. Juli angekündigt, eine Verfassungsänderung durchzuführen, um entschädigungslose Enteignungen zu ermöglichen. Dem voraus ging bereits im Februar ein diesbezüglicher Antrag der linksradikalen „Economic Freedom Fighters“ (EFF) im südafrikanischen Parlament. Dem Antrag stimmte die Regierungspartei „African National Congress“ (ANC) zu (vgl. www.welt.de/wirtschaft/article180413916/Folgenschwerer-Populismusin -Suedafrika.html; www.reuters.com/article/us-safrica-land-explainer/explainersouth -africa-aims-to-expropriate-land-without-compensation-idUSKCN1GQ280). Immer wieder fallen Politiker von ANC und EFF mit rassistischen Liedern und Aussagen auf. Beispielsweise sang im Januar 2012 der ehemalige Präsident des Landes, Jacob Zuma, öffentlich „Tötet die Buren“ (eng. „Kill the Boers“) (vgl. Die Farmer verlassen in Scharen ihre Scholle, in: Junge Freiheit vom 8. Juni 2018, S. 7). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4139 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Mittlerweile sind bereits Hunderttausende Afrikaaner aus Südafrika geflohen. Staaten wie Georgien und Australien haben deshalb vereinfachte Einwanderungsverfahren für Buren ins Leben gerufen, um ihnen zu helfen, schneller eine neue Heimat zu finden (vgl. ebd. S. 8). Obwohl Rechtsstaatlichkeit sowie die Gewährleistung und der Schutz von Menschenrechten einer der derzeitigen Leitprinzipien deutscher Entwicklungszusammenarbeit darstellt, erhielt Südafrika im Jahr 2016 über 359 920 000 Euro Entwicklungshilfe (ODA-Bruttoleistungen) durch die Bundesregierung (vgl. www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/Ministerium/ODA/3_D3_Bilaterale_ ODA_Rangliste_2016_Spalte_2.pdf). Auf der Webseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) heißt es dazu im Allgemeinen: „Die Wahrung der Menschenrechte ist für das BMZ nicht verhandelbar. Fortschritte und Probleme sind Gegenstand des politischen Dialogs mit den Kooperationsländern . Bei gravierenden Verstößen kann es zur Verminderung oder Aussetzung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit kommen. In solchen Fällen versucht die Bundesregierung, die ärmsten und von Menschenrechtsverletzungen besonders betroffenen Menschen in den Ländern auf anderen Wegen zu unterstützen, zum Beispiel über finanzielle Beiträge zur Arbeit von Kirchen, politischen Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen“ (www.bmz.de/de/ themen/allgemeine_menschenrechte/deutsche_entwicklungspolitik/index.html). Zur Lage in Südafrika im Speziellen heißt es: „Eine seit vielen Jahren angestrebte umfassende Landreform zugunsten der schwarzen Bevölkerungsmehrheit kommt nur schleppend voran. Der größte Teil des fruchtbaren Ackerlands ist weiterhin im Besitz weißer Farmer“ (www. bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/suedafrika/index.jsp). Nach Auffassung der Fragesteller muss Deutschland sich stärker als bislang für die Buren einsetzen und Menschenrechtsverletzungen in Südafrika verurteilen. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bemühungen der südafrikanischen Regierung um eine Landreform reichen bis zum demokratischen Umbruch in Südafrika zurück. Das Thema hat in jüngster Zeit erneute Prominenz erlangt. Auf Antrag der Partei ‚Economic Freedom Fighters ‘ (EFF) vom 27. Februar 2018 wird das Thema von einem Parlamentsausschuss geprüft und behandelt. Innerhalb der nächsten Wochen sollen dem Parlament die Ergebnisse vorgelegt werden. Dabei soll auch beantwortet werden, ob zur Umsetzung einer Landreform eine Verfassungsänderung nötig ist. Da es sich um ein laufendes parlamentarisches Verfahren handelt, kann eine abschließende Einschätzung zur Entwicklung dieser Frage nicht abgegeben werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4139 1. Begrüßt die Bundesregierung die Bemühungen der südafrikanischen Politik eine „Landreform“ zugunsten der schwarzen Bevölkerungsmehrheit durchführen zu wollen (siehe Zitat des BMZ zur Lage in Südafrika in der Vorbemerkung )? a) Wieso sollte nach Auffassung der Bundesregierung die Hautfarbe eines Menschen bei einer Landreform ein Kriterium sein? b) Ist es für die Bundesregierung ein Problem, wenn sich der größte Teil des fruchtbaren Ackerlands im Besitz weißer Farmer befindet (bitte begründen )? Die Fragen 1 bis 1b werden zusammengefasst beantwortet. Die Bemühungen der südafrikanischen Politik sollen die sozialen Ungerechtigkeiten und die daraus folgende ungleiche Verteilung von Land, die durch das Apartheidregime und seine benachteiligender Exklusionspolitik entstanden sind (bspw. die Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen aus ihren traditionellen Siedlungsgebieten mit den Landgesetzgebungen von 1913 und ff) beheben. Die Bundesregierung erkennt die Notwendigkeit der Transformation Südafrikas an. Dabei unterstreicht sie die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit, demokratischen Verfahren und der Einhaltung der Menschenrechte. 2. Sind entschädigungslose Enteignungen aufgrund der Hautfarbe eines Menschen nach Auffassung der Bundesregierung vertretbar (bitte begründen)? Die Bundesregierung ist in Einklang mit Artikel 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Ansicht, dass jeder Mensch allein oder in der Gemeinschaft mit anderen Recht auf Eigentum hat und dass niemand willkürlich seines Eigentums beraubt werden darf. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. a) Wie rechtfertigt die südafrikanische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung die entschädigungslosen Enteignungen weißer Farmer? b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die entschädigungslosen Enteignungen weißer Farmer zu verhindern? c) Sind kollektive Enteignungen nach ethnischen Kriterien im Allgemeinen nach Auffassung der Bundesregierung ein Mittel zum Genozid? Die Bundesregierung nimmt zu Fragen hypothetischer Natur grundsätzlich nicht Stellung. 3. Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Förderung Südafrikas mit Entwicklungshilfe ? Für die Auswahl der Kooperationsländer sind eine Reihe qualitativer und quantitativer Kriterien handlungsleitend, z. B. die entwicklungspolitische Notwendigkeit der Zusammenarbeit (Bewertung der ökonomischen, sozialen, ökologischen und politischen Situation im Kooperationsland sowie der Armuts- und Klimarelevanz); die Entwicklungsorientierung und verantwortungsvolle Regierungsführung des Kooperationslandes; Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4139 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode die besonderen deutschen Interessen, wie der Schutz globaler öffentlicher Güter , Umsetzung der Agenda 2030, Fluchtursachenbekämpfung und Beschäftigungsförderung , Krisenprävention; die Signifikanz des deutschen Beitrags im Länderkontext sowie die Arbeitsteilung mit und zwischen anderen (bi- und multilateralen) Gebern; bestehende internationale Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland (z. B. im Bereich Klimaschutz, Biodiversität, Gesundheit). a) Warum widerspricht die Förderung mit Entwicklungshilfe nicht den in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähnten Prinzipien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit? Nach Einschätzung der Bundesregierung widerspricht die Förderung nicht den unter Punkt 3 genannten Prinzipien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. b) Gibt es Überlegungen seitens der Bundesregierung, die Entwicklungshilfe aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in Südafrika einzustellen? Falls ja, wann soll dies geschehen? Die Bundesregierung hegt derzeit keine Überlegungen, die Entwicklungszusammenarbeit mit Südafrika einzustellen. 4. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheitslage in Südafrika? Zur Einschätzung der Sicherheitslage in Südafrika verweist die Bundesregierung auf die auf der Website des Auswärtigen Amts veröffentlichten aktuellen Hinweise : www.auswaertiges-amt.de/de/suedafrikasicherheit/208400#content_1. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Lage der Afrikaaner im Allgemeinen und der burischen Farmer im Speziellen? Die südafrikanische Verfassung gewährt einen umfassenden Schutz für ethnische , religiöse, sexuelle und andere Minderheiten. Mit der „Commission for the Promotion and Protection of Cultural, Religious and Linguistic Communities“ besteht überdies eine von der Verfassung eingerichtete Institution, die über die Rechte von Minderheiten wacht. Die „South African Human Rights Commission “ ist eine weitere, von der Verfassung vorgesehene Institution, die konkrete Beschwerden verfolgen und ahnden kann. Dank rechtsstaatlicher Mechanismen, einer lebendigen Zivilgesellschaft und einer freien Presse werden diese Minderheitenrechte auch in der Verfassungswirklichkeit umgesetzt. Die angesprochenen Gruppen verfügen über ein gut ausgebautes und finanziertes Netz an Organisationen und Medien, die ihre Belange vernehmbar vertreten. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Lage anderer Minderheiten wie der Mulatten, Khoisan oder Asiaten? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4139 7. Wie viele sogenannte Farmmorde („Plaasmoord“) sind der Bundesregierung seit 1994 bekannt geworden (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse zu Mordstraftaten auf landwirtschaftlichen Betrieben vor. a) Wie hoch sind die offiziellen Zahlen nach südafrikanischen Regierungsangaben ? b) Sind die Regierungsangaben nach Auffassung der Bundesregierung als glaubwürdig einzustufen? Die Fragen 7a und 7b werden zusammengefasst beantwortet. Eine regelmäßige Veröffentlichung dieser Zahlen durch die südafrikanische Regierung erfolgt derzeit nicht. Aktuell erscheinen sie in der Kriminalstatistik gemeinsam mit Mordstraftaten an anderen Tatorten, etwa urbanen Räumen. Eine gesonderte Aufschlüsselung der Mordstatistik nach Provinzen wird veröffentlicht . Sie gibt jedoch keinen Aufschluss über konkrete Tatorte. (siehe www.saps. gov.za/services/crimestats.php) Laut Medienberichten veröffentlichte die südafrikanische Polizei aufgrund öffentlicher Anfragen Statistiken zu spezifischen Zeiträumen, zum Beispiel im Mai 2018 aufgrund einer parlamentarischen Anfrage, einmalig Zahlen ohne Angaben zur betroffenen Personengruppe (Farmer, Farmarbeiter, Kleinbauern etc.) siehe www.news24.com/SouthAfrica/News/farm-attacks-and-murders-this-is-sas-mostdeadly -province-for-farmers-20180505. Bis zum Jahr 2007 wurden die Zahlen in der jährlichen Kriminalstatistik der südafrikanischen Polizei geführt. Auf diese Polizeistatistik besteht kein unmittelbarer Zugriff. Es gibt jedoch verschiedene Interessengruppen, die entsprechende Zahlen der Polizei zitieren. Die Richtigkeit dieser Zahlen sind für die Bundesregierung jedoch nicht verifizierbar. 8. Sind der Bundesregierung Fälle von Foltermorden bekannt geworden, indem beispielsweise Farmer mit kochendem Wasser übergossen oder mit Schweißbrenner malträtiert worden sind (vgl. Interview mit Kallie Kriel, Präsident der Menschenrechtsorganisation AfriForum, in: Junge Freiheit vom 8. Juni 2018, S. 3)? Der zitierte Artikel ist der Bundesregierung bekannt. Eigene Erkenntnisse zu den darin gemachten Aussagen liegen ihr nicht vor. 9. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viele Afrikaaner seit 1994 in welche Länder ausgewandert sind? Eigene Erkenntnisse bezüglich der Emigration von Afrikaanern liegen der Bundesregierung nicht vor. Entsprechende amtliche Statistiken werden in Südafrika nicht geführt. Verfügbare Statistiken sind unter www.statssa.gov.za/ zu finden. 10. Wurde die Lage der Afrikaaner auf bilateraler Regierungsebene angesprochen ? Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis? Die Frage der Menschenrechte und gesellschaftlicher Minderheiten ist zuletzt im Rahmen des Menschenrechtsdialogs zwischen der Europäischen Union und der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4139 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Regierung Südafrikas am 27. März 2018 thematisiert worden, an dem auch ein Vertreter der deutschen Botschaft in Pretoria teilnahm. Die Bundesregierung befindet sich im ständigen Dialog mit der südafrikanischen Regierung sowie mit den zuständigen Sicherheitsbehörden und wirkt darauf hin, das friedliche Zusammenleben der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen Südafrikas zu befördern und die Ursachen für die Gewaltkriminalität zu bekämpfen. Zuletzt fanden Gespräche im Rahmen des Besuchs des Regionalbeauftragten des Auswärtigen Amts für Subsahara-Afrika und Sahel am 20. und 21. Februar 2018 in Südafrika statt. 11. Sind der Bundesregierung burenfeindliche Aussagen führender Politiker der Parteien African National Congress (ANC) und Economic Freedom Fighters (EFF) bekannt? Falls ja, welche? Aus bilateralen Gesprächen sind der Bundesregierung solche Äußerungen nicht bekannt. 12. Warum hat sich die Bundesregierung trotz der massiven Menschenrechtsverletzungen bislang nicht für Sanktionen gegen Südafrika ausgesprochen? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 13. Welchen Lösungsansatz verfolgt die Bundesregierung zur Befriedung der ethnischen Konflikte Südafrikas? Südafrika verfügt über demokratische Institutionen und Instrumente zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte. Wo von südafrikanischer Seite gewünscht, bietet die Bundesregierung politische und entwicklungspolitische Zusammenarbeit an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333