Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 31. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4156 19. Wahlperiode 05.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten René Springer, Dr. Lothar Maier, Dr. Roland Hartwig, Dr. Robby Schlund und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3868 – Mangelnde Kooperation ausländischer Stellen bei der Passbeschaffung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Eine Kleine Anfrage der Fraktion der AfD in der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ergab im April 2018, dass sich die somalische Botschaft in Deutschland weigerte, Pässe für fünf verurteilte somalische Piraten mit dem Status einer Duldung auszustellen (www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/ 61754/verurteilte_somalische_piraten_in_hamburg.pdf). Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) veröffentlicht im Internet (www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/ 2016/bund-laender-bericht-hindernisse-abschiebungen.pdf?__blob=publication File&v=1) einen Bericht der Unterarbeitsgruppe (UAG) Vollzugsdefizite über die Ergebnisse der Evaluierung des Berichts über die Probleme bei der praktischen Umsetzung von ausländerbehördlichen Ausreiseaufforderungen und Vollzugsmaßnahmen vom April 2011 (http://archiv.proasyl.de/fileadmin/proasyl/ fm_redakteure/Newsletter_Anhaenge/171/2011-04_Bericht_AG_Rueck.pdf). Auf Seite 11 (Punkt 2 „Identitätsklärung und Passersatzpapierbeschaffung“, zweiter Absatz) stellt die UAG zum Berichtszeitpunkt (April 2015) fest, dass „fehlende Identitätsnachweise bei Asylbewerbern und Ausreisepflichtigen […] nach wie vor das quantitativ bedeutendste Problem beim Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen“ sind. Im Weiteren wird unter Punkt 3 „Kooperationsverhalten der Herkunftsstaaten“ (Seite 14) auf „das aus Rückführungssicht bestehende Problem der mangelnden oder fehlenden Kooperation von Herkunftsstaaten“ hingewiesen . Bestehende Probleme würden von der „Clearingstellentagung PEP (UAG der AG Rück) für das BMI und AA“ in einer jährlich aktualisierten „Liste über Staaten mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Passersatzbeschaffung – sog. Problemstaatenliste“ festgehalten. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Durch die Fragestellung werden insbesondere Umstände berührt, welche nicht in den originären Verantwortungsbereich des Bundes fallen. Die Passersatzpapierbeschaffung liegt in der Zuständigkeit der Länder, auch wenn der Bund dabei in einigen Fallgruppen Amtshilfe leistet. Die Bundesregierung weist darauf hin, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4156 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode dass die vorgelegte Kleine Anfrage daher die Grenzen des verfassungsrechtlich verbürgten Fragerechts des Parlaments in Teilen übersteigt. Die Bundesregierung hat dennoch zur Beantwortung dieser Anfrage bei den Ländern eine entsprechende Abfrage durchgeführt. Daraus erfolgt allerdings keine Anerkenntnis einer Rechtspflicht zur Beantwortung von Fragen, die den Zuständigkeitsbereich der Länder betreffen, und ausdrücklich auch nicht in diesem Fall. Wie oben ausgeführt ist die Passersatzpapierbeschaffung originäre Aufgabe der Länder. Zur Beschaffung bzw. Beantragung von (Heim-)Reisedokumenten sind die zuständigen (Ausländer-)Behörden der Länder gemäß § 71 Absatz 1 AufenthG zuständig sowie die Bundespolizei im Wege der Amtshilfe nach § 71 Absatz 3 Nummer 7 AufenthG berechtigt. Die genauen Antragsvoraussetzungen richten sich nach dem Recht des Staates, der das Dokument ausstellen soll. Sofern dieses Recht vorsieht, dass nur der betroffene Ausländer das Dokument beantragen kann, ist dieser zur entsprechenden Mitwirkung verpflichtet. Zur Entlastung der zuständigen (Ausländer-)Behörden der Länder hat die Bundespolizei , gleichwohl es sich hier nicht um eine (Polizei-)Vollzugstätigkeit handelt , mit den Ländern für die Passersatzpapierbeschaffung für vorwiegend westafrikanische Herkunftsländer ihre Zuständigkeit in Amtshilfe abgestimmt (§ 71 Absatz 3 Nummer 7 AufenthG). Weiterhin hat der Bund zu diesem Zweck im Januar 2016 in Potsdam eine speziell für die Passersatzbeschaffung zuständige Organisationseinheit im Bundespolizeipräsidium eingerichtet. Dort betreibt die Bundespolizei für die ausreisepflichtigen Staatsangehörigen aus über 20 überwiegend westafrikanischen Herkunftsländern, nämlich Benin, Burundi, Burkina Faso, Côte d‘Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Mauretanien , Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Sudan, Südsudan, Togo, Uganda und Vietnam die Passersatzbeschaffung im Wege der Amtshilfe. Aufgrund eines Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 7. Februar 2017 wurde das Gemeinsame Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) in Berlin eingerichtet, in dem unter anderem Passersatzpapiere in allen (herkunftslandunabhängigen ) Problemfällen beschafft werden sollen. Diese Problemfälle verbleiben dabei in Zuständigkeit des einbringenden Landes. Das ZUR wurde als Kooperations- und Koordinierungsplattform des Bundes und der Länder zur Unterstützung der Rückkehr eingerichtet und besitzt daher keine Behördeneigenschaft ; die Vertreter von Bund und Länder bleiben also Angehörige ihrer entsendenden Behörde. Die derart koordinierte Passersatzpapierbeschaffung ist ein zentraler Aufgabenbereich des ZUR. Es ist bereits gut mit den in den Ländern zuständigen Zentralstellen der Passersatzbeschaffung verknüpft. Eine „Problemstaatenliste“ wird durch den Bund oder unter Mitwirkung des Bundes nicht mehr geführt. 1. In wie vielen Fällen lehnten (aktiv oder passiv im Sinne des oben genannten Berichts der UAG Vollzugsdefizite) es die zuständigen Behörden der Herkunftsstaaten für in Deutschland befindliche ausreisepflichtige ausländische Staatsbürger ab, in den Jahren 2010 bis 2017 Pässe auszustellen (bitte jährlich und differenziert nach Staat und Versagungsgrund aufschlüsseln; ferner wird um Übersendung der „Problemstaatenliste“ für diese Jahre gebeten)? Der Bundesregierung liegen keine Statistiken im Sinne der Fragestellung vor. Eine sogenannte „Problemstaatenliste“ wurde von den Ländern im Rahmen der AG Rück erstellt. Sie wurde seit 2014 nicht fortgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4156 Eine statistische Erfassung über die Anzahl der abgelehnten Passersatzpapiere sowie der entsprechenden Ablehnungsgründe wird durch die Bundespolizei nicht geführt. Die Anzahl der beantragten Passersatzpapiere wird erst seit dem Jahr 2017 erfasst. Hierzu wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. Die Passersatzausstellung wird erst nach vorliegender Zusage der Botschaft und auf Antrag des Landes beantragt. Herkunftsland 2010 2011 2012 PEP beantragt PEP ausgestellt PEP beantragt PEP ausgestellt PEP beantragt PEP ausgestellt Benin 0 1 14 Burkina Faso 0 0 0 Burundi 0 2 0 Côte d'Ivoire 0 0 3 Gambia 7 18 17 Ghana 0 0 13 Guinea 0 0 38 Guinea-Bissau 0 0 0 Liberia 5 0 0 Mali 0 3 0 Mauretanien 0 1 0 Niger 0 0 0 Nigeria 120 107 136 Senegal 3 1 2 Sierra Leone 7 8 15 Sudan 4 0 0 Südsudan 0 0 0 Togo 20 12 21 Uganda 0 0 0 Vietnam Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4156 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Herkunftsland 2013 2014 2015 PEP beantragt PEP ausgestellt PEP beantragt PEP ausgestellt PEP beantragt PEP ausgestellt Benin 19 18 11 Burkina Faso 2 1 0 Burundi 0 0 0 Côte d'Ivoire 12 1 3 Gambia 10 9 20 Ghana 19 17 32 Guinea 3 13 21 Guinea-Bissau 0 0 0 Liberia 1 0 0 Mali 0 10 10 Mauretanien 0 0 0 Niger 2 0 0 Nigeria 63 72 72 59 47 Senegal 2 2 4 Sierra Leone 7 1 0 Sudan 2 2 2 2 Südsudan 0 0 0 Togo 15 14 9 8 Uganda 1 0 0 Vietnam 163 163 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4156 Herkunftsland 2016 2017 01.01.-31.07.2018 PEP beantragt PEP ausgestellt PEP beantragt PEP ausgestellt PEP beantragt PEP ausgestellt Benin 0 2 2 5 0 Burkina Faso 11 10 7 20 9 Burundi 0 Côte d'Ivoire 2 2 0 1 4 4 Gambia 23 23 29 29 53 53 Ghana 66 133 114 174 140 Guinea 25 12 11 16 16 Guinea-Bissau 0 0 0 0 0 Liberia 0 1 0 1 1 Mali 31 6 0 11 1 Mauretanien 0 0 0 0 0 Niger 0 0 0 0 0 Nigeria 40 106 80 148 136 Senegal 5 6 0 0 3 3 Sierra Leone 5 26 26 0 0 Sudan 1 2 2 0 0 Südsudan 0 Togo 11 10 9 5 3 1 Uganda 0 Vietnam 42 236 122 64 Anmerkung: Abgabe der Zuständigkeit für Burundi, Südsudan und Uganda gemäß Protokoll der 55. Sitzung der Arbeitsgruppe Rückführung vom 1. und 2. Dezember 2016. „PEP“ bedeutet „Passersatzpapier“. Keine statistische Erfassung In der Tabelle sind nur die Staaten aufgeführt, für welche die Bundespolizei die Passersatzbeschaffung im Wege der Amtshilfe betreibt. Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 2. Wie viele Ablehnungen im Sinne der Frage 1 sind der Bundesregierung im Jahr 2018 bis zum Stichtag 31. Juli bekannt (bitte die Zahlen nach Staaten und Versagungsgrund aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 und die entsprechende Tabelle verwiesen. 3. In wie vielen Fällen ist gegenwärtig (Jahr 2018 bis zum Stichtag 31. Juli) keine Durchsetzung der Ausreisepflicht möglich, weil sich die zuständigen Behörden der Herkunftsländer weigern, Pässe auszustellen (bitte insgesamt und nach Staaten aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Statistiken im Sinne der Fragestellung vor. Die Bundespolizei beschafft die Passersatzpapiere lediglich in Amtshilfe für die zuständigen Ausländerbehörden der Länder. Eine Statistik über die Anzahl der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4156 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Fälle, in denen aufgrund einer Weigerung der zuständigen Behörden der Herkunftsstaaten keine Durchsetzung der Ausreisepflicht möglich ist, wird durch die Bundespolizei nicht geführt. Auch im Ausländerzentralregister (AZR) wird der Sachverhalt „Weigerung von Herkunftsländern, Pässe auszustellen“ nicht erfasst. Der Bundesregierung liegen insofern keine Erkenntnisse vor. Zum Stichtag 31. Juli 2018 waren im AZR rund 71 460 Ausländer mit einer Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) „wegen fehlender Reisedokumente“ gespeichert. Eine Aufgliederung nach Staatsangehörigkeiten kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Staatsangehörige mit im AZR zum Stichtag 31.07.2018 gespeicherter Duldung „wg. fehlender Reisedokumente“ Pakistan 5.567 Indien 5.551 Afghanistan 5.230 Ungeklärt 4.223 Russische Föderation 4.069 Libanon 3.631 Irak 3.307 Nigeria 3.010 Gambia 2.204 Iran 1.985 Algerien 1.677 Guinea 1.535 Serbien 1.525 Armenien 1.443 Türkei 1.384 Ghana 1.353 Marokko 1.328 Kosovo 1.323 Aserbaidschan 1.252 Somalia 1.230 Bangladesch 1.100 China 1.031 Syrien 952 Senegal 839 Äthiopien 835 Georgien 799 Ägypten 735 Eritrea 713 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4156 Staatsangehörige mit im AZR zum Stichtag 31.07.2018 gespeicherter Duldung „wg. fehlender Reisedokumente“ Ukraine 660 Kamerun 642 Bosnien und Herzegowina 591 Benin 564 Mazedonien 552 Mali 526 Tunesien 486 Albanien 444 Burkina-Faso 419 Guinea-Bissau 412 Sonstige asiatische Staatsangehörigkeiten 411 Libyen 393 Montenegro 385 Elfenbeinküste (Cote d' Ivoire) 368 Sudan (ohne Südsudan) 350 Staatenlos 346 Vietnam 306 Sri Lanka 288 Tadschikistan 265 Kenia 257 Niger 257 Sierra Leone 206 Kongo, Dem. Republik 181 Togo 160 Mongolei 156 Tschad 152 Jordanien 138 Sonstige afrikanische Staatsangehörigkeiten 129 85 weitere Staatsangehörigkeiten mit Fallzahlen jeweils unter 100 1.584 4. Bei welchen Staaten führen aktuell (im Jahr 2018) die im in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Bericht der UAG Vollzugsdefizite unter Punkt 3 dargestellten Probleme dazu, dass „die Beschaffung von Passersatzpapieren gänzlich unmöglich ist“ (bitte die Staaten – die eine Beschaffung „gänzlich“ unmöglich machten – auch für die Jahre 2010 bis 2017 benennen )? Nach Auffassung der Bundesregierung ist jeder Staat völkerrechtlich verpflichtet, seine eigenen Staatsangehörigen zurückzunehmen. Rückübernahmeabkommen oder vergleichbare Vereinbarungen bekräftigen somit den Willen zur Kooperation und erfüllen weniger eine juristische als vielmehr eine politische Funktion. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4156 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Daher werden auf Bundes- und EU-Ebene in den letzten Jahren vorwiegend nichtrechtsförmliche Übereinkünfte getroffen, die Regelungen zu Verwaltungsverfahren , Modalitäten der Ausstellung von Passersatzdokumenten und zuständigen Stellen enthalten (so etwa Absichtserklärungen oder Memoranda of Understanding (MoU) oder so genannte „Standard Operating Procedures“ (SOP)). Bei den Staaten Benin, Mauretanien, Niger und Sierra Leone führten die im Bericht der UAG Vollzugsdefizite unter Punkt 3 dargestellten Probleme im bisherigen Jahresverlauf 2018 dazu, dass für die Bundespolizei die Beschaffung von Passersatzpapieren in Amtshilfe für die Bundesländer nicht möglich war. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass sich das Verhalten der genannten Staaten und auch anderer Staaten häufig und rasch ändern kann. Betreffend den Zeitraum 2010 bis 2017 wird auf die Tabelle in der Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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