Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4 September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4169 19. Wahlperiode 05.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Maier und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3896 – Hinterziehung der Umsatzsteuer durch Onlinehändler aus Fernost V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Digitale Marktplätze im Internet bieten ihren Kunden auch in Deutschland ein gigantisches Warenangebot an. Der Online-Handel bietet Käufern die komfortable Möglichkeit, sich in kürzester Zeit Waren bequem nach Hause liefern zu lassen. Diese Entwicklung birgt insbesondere für den deutschen Einzelhandel nicht nur Vorteile. Der Handelsgigant Amazon verbuchte im Jahr 2017 einen Umsatz von fast 17 Mrd. US-Dollar allein in Deutschland (www.boersenblatt. net/artikel-jahresbilanz_von_amazon.1427396.html). Kaufverträge, die auf digitalen Marktplätzen erfolgen, kommen hierbei nicht stets zwischen dem Käufer und der Handelsplattform zustande. Oftmals fungieren die Handelsplätze, auf deren Webseiten die Produkte angeboten werden, nur als Vermittlungsplattform zwischen den Käufern und den Händlern der jeweiligen Produkte. Geschätzt 20 000 Händler mit Sitz in China betreiben auf deutschen Marktplätzen von Amazon und Ebay Handel (vgl. Becker, Benedikt; Haseborg, Volker Ter; Ramthun, Christian in: „Ein Anschwärz-Button wäre das Richtige“, Wirtschaftswoche, Ausgabe 23, S. 50). Wie der Presse zu entnehmen war, zahlt ein Großteil dieser Online-Händler keine Umsatzsteuer auf die in Deutschland verkauften Waren an das deutsche Finanzamt. So berichtet der nordrhein-westfälische Finanzminister, Norbert Walter-Borjans, aus der Praxis seiner Steuerfahnder: von 3 531 Händlern bei Ebay Deutschland mit Sitz in China oder Hongkong hätten laut Impressum, Stand März 2017, nur drei Händler überhaupt eine Steuer-ID gehabt. Händler, die aus Drittländern Waren nach Deutschland verkaufen, ohne dabei die gesetzliche Einfuhrumsatzsteuer auszuweisen und abzuführen, begehen einen strafbaren Umsatzsteuerbetrug (www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht/mehrwertsteueraus -china-kampf-gegen-steuerbetrug-bei-ebay-amazon-und-co-/19760380-all.html). Die Folgen dieser Praxis sind gravierend. Der jährliche Steuerzuwachs beliefe sich für den deutschen Fiskus laut einer in der Presse zitierten internen Schätzung des Bundesministerium der Finanzen auf 1 000 000 000 Euro, wenn Handelsplattformbetreiber für die Steuerhinterziehung einzelner Onlinehändler haften müssen (vgl. Becker, Benedikt; Haseborg, Volker Ter; Ramthun, Christian in: „Ein Anschwärz-Button wäre das Richtige“, Wirtschaftswoche, Ausgabe 23, S. 51). Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft schätzt den so entstandenen Schaden für den deutschen Staat auf diese Höhe (www. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4169 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode tagesschau.de/wirtschaft/amazon-china-101.html). Darüber hinaus bedrohen derartige Steuerbetrüger aus Fernost den deutschen Einzelhandel existenziell. Indem sie es unterlassen, die 19 Prozent Umsatzsteuer pro verkauftem Artikel anzuzeigen und an ein deutsches Finanzamt abzuführen, verschaffen sich steuersäumige Onlinehändler aus China und Hongkong einen immensen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem deutschen Einzelhandel. Einerseits vergrößert diese Praxis den Gewinn dieser rechtswidrig handelnden Onlinehändler. Andererseits können Onlinehändler ihre Waren im Onlinegeschäft deutlich günstiger anbieten als es der deutsche Einzelhandel vermag. 1. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Anzahl der Onlinehändler aus China und Hongkong, welche auf deutschsprachigen Handelsplattformen Waren zum Kauf an deutsche Kunden anbieten? Zur Anzahl der Onlinehändler aus China und Hongkong, welche auf deutschsprachigen Handelsplattformen Waren zum Kauf an deutsche Kunden anbieten, liegen der Bundesregierung keine Schätzungen vor. 2. Wie viele der in Frage 1 genannten Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung keine gültige Umsatzsteuer-ID in Deutschland? Onlinehändler aus Drittstaaten, wie China und Hongkong, benötigen in Deutschland eine Steuernummer soweit sie Umsätze ausführen, die in Deutschland steuerpflichtig sind. Die Steuernummer wird auf Antrag vom zuständigen Finanzamt erteilt. Nach Artikel 108 des Grundgesetzes sind die Länder für die Erhebung und Kontrolle der Umsatzsteuer und damit auch für die steuerliche Registrierung von Unternehmen aus Drittstaaten, die in Deutschland steuerpflichtige Umsätze ausführen , zuständig. Der Bundesregierung liegen daher keine Angaben dazu vor, wie viele Online-Händler aus China und Hongkong, die in Deutschland steuerpflichtige Umsätze ausführen, keine Steuernummer haben. 3. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den jährlichen Ausfall von Steuereinnahmen für den deutschen Staat durch die mangelnde Ausweisung und Abführung von Einfuhrumsatzsteuer der in Frage 1 benannten Personen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. 4. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den jährlichen Schaden für die deutsche Wirtschaft, insbesondere für den deutschen Einzelhandel, durch Umsatzsteuerhinterziehungen fernöstlicher Onlinehändler, welche in Deutschland Waren verkaufen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Schätzungen vor. 5. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Umsatzsteuerbetrug von Händlern aus China und Hongkong zu verhindern? Auf europäischer Ebene setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass es klare Regeln für den direkten grenzüberschreitenden elektronischen Handel zwischen Unternehmen und Privatpersonen gibt. So haben sich die EU-Mitgliedstaaten im sog. Mehrwertsteuer-Digitalpaket darauf verständigt, dass die Betreiber von elektronischen Marktplätzen unter bestimmten Voraussetzungen selbst zum Steuerschuldner werden. Mit der neuen unionsweiten Regelung soll sichergestellt werden, dass auf Warenlieferungen aus Drittstaaten die Umsatzsteuer erhoben Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/xxxx wird. Im Dezember 2017 hat der EU-Finanzministerrat ein entsprechendes Legislativpaket verabschiedet, das (größtenteils) zum 1. Januar 2021 in Kraft treten wird. Bis dahin müssen allerdings noch umfangreiche Umsetzungsarbeiten auf Unionsebene wie die Ergänzung der Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung zu Ende gebracht werden. Es ist jedoch wichtig, schon jetzt alle steuerehrlichen Unternehmen und privaten Käufer zu schützen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen in- und ausländischen Unternehmen/Verkäufern bis zum Inkrafttreten des Mehrwertsteuer-Digitalpakets zu vermeiden. Deshalb hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem alle Betreiber elektronischer Marktplätze dazu verpflichtet werden sollen, bestimmte Daten der Verkäufer (z. B. zur steuerlichen Registrierung ) zu erfassen. Darüber hinaus sollen Betreiber elektronischer Marktplätze unter bestimmten Voraussetzungen für nicht entrichtete Umsatzsteuer aus dem Handel mit Waren über ihren elektronischen Marktplatz haften. Die Regelungen sollen bereits am 1. Januar 2019 in Kraft treten. 6. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits unternommen, um Umsatzsteuerbetrug gegenüber deutschen Finanzbehörden durch asiatische Onlinehändler zu verhindern? Für die Kontrolle und Erhebung der Umsatzsteuer sind nach Artikel 108 des Grundgesetzes die Länder zuständig. In Abstimmung mit den Ländern hat die Bundesregierung ein Informationsblatt zu umsatzsteuerrechtlichen Pflichten für nicht in der Europäischen Union ansässige Unternehmer entwickelt. Dieses wurde in verschiedenen Sprachfassungen an Marktplatzbetreiber, Verbände und Botschaften mit der Bitte um Veröffentlichung an geeigneter Stelle übermittelt. Ziel dieses Informationsblattes ist es, den betreffenden Personenkreis auf die bestehenden steuerlichen Pflichten hinzuweisen und entsprechendes Problembewusstsein zu erzielen. 7. Wie viele Selbstanzeigen gemäß § 371 der Abgabenordnung sind durch die in Frage 1 benannten Personen in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bei den Finanzbehörden der Länder nach Kenntnis der Bundesregierung erstattet worden (bitte einzeln aufschlüsseln)? Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehung werden nach § 371 Abgabenordnung gegenüber den Finanzbehörden erstattet. Daten zur Nationalität und dem Tätigkeitsgebiet der Anzeigenerstatter werden nicht bundesweit statistisch erfasst. Die Bundesregierung hat somit keine Kenntnis, wie viele Selbstanzeigen durch den in Frage 1 genannten Personenkreis erstattet worden sind. 8. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Umsatzsteuer-ID sind durch die in Frage 1 benannten Personen in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bei den Finanzbehörden der Länder nach Kenntnis der Bundesregierung gestellt worden (bitte einzeln aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen hierzu vor. Auf die Antwort zu Frage 2 wird hingewiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4169 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung vorzunehmen, um zu verhindern, dass die in Frage 1 genannten Personen, die es bislang unterlassen haben, Einfuhrumsatzsteuer an deutsche Finanzbehörden zu entrichten, für die Erteilung einer Umsatzsteuer-ID in Deutschland ein neues Unternehmen gründen, um ihre aufgelaufene Steuerschuld nicht tilgen zu müssen? Für die Kontrolle und Erhebung der Umsatzsteuer sind nach Artikel 108 des Grundgesetzes die Länder zuständig. Daher fällt es nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung, hierfür entsprechende Maßnahmen vorzunehmen. 10. Wie erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung eine Strafverfolgung und Strafvollstreckung gegen diejenigen in Frage 1 genannten Personen, welche in der Vergangenheit strafbare Umsatzsteuerbetrüge zu Lasten deutscher Finanzbehörden begangen haben? Die Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten im Hinblick auf Umsatzsteuern liegt in der Zuständigkeit der Länder. Dies gilt auch für die Strafvollstreckung. Die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet , grundsätzlich wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (§ 385 der Abgabenordnung, § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung). Der Bundesregierung hat keine Kenntnis zu Strafverfahren gegen die in Frage 1 genannten Personen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333