Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 3. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4183 19. Wahlperiode 07.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katharina Dröge, Tabea Rößner, Erhard Grundl, anderer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/3899 – Wettbewerb auf dem Markt für Ticketverkäufe V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Markt für Ticketverkäufe wird in Deutschland von der Firma CTS Eventim AG & Co. KGaA dominiert. Die Monopolkommission stellt in ihrem XXII. Hauptgutachten fest, dass Eventim, je nach Berechnung, 50 bis 70 Prozent der Marktanteile in dem Markt hat. Das Unternehmen war in der Vergangenheit auch immer wieder ein Fall für das Kartellamt. So hat das Bundeskartellamt 2017 sowohl die Fusion mit der Konzertagentur FourArtists untersagt, als auch Exklusivvereinbarungen mit Vorverkaufsstellen und Veranstaltern von Live-Konzerten und Festivals verboten (www.handelsblatt.com/unternehmen/ dienstleister/cts-eventim-kartellamt-verbietet-exklusiv-vereinbarungen/20668 018.html?ticket=ST-655887-pCqOTeMAep5kSnKoYTFH-ap3). Neben dem Bundeskartellamt sind auch Verbraucherschützer gegen das Unternehmen vorgegangen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte sechs Ticketverkäufer abgemahnt und vor Gericht einen Sieg gegen Eventim erreicht. Dem Unternehmen wurde es verboten, Gebühren von Kundinnen und Kunden zu erheben, wenn diese ihre Tickets selbst ausdrucken wollten (www. verbraucherzentrale.de/wissen/vertraege-reklamation/kundenrechte/urteil-gegeneventim -gebuehr-fuer-printhometickets-unzulaessig-13033). Der Markt für Veranstaltungstickets in Deutschland ist groß. Bei einer Umfrage von IfD Allensbach gaben hochgerechnet rund 65 Millionen Deutsche 2017 an, mindestens gelegentlich Konzerte und Musikveranstaltungen zu besuchen (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/171171/umfrage/besuchshaeufigkeitmusikveranstaltungen -konzerte/). Das spiegelt sich auch bei der Anzahl der verkauften Tickets wider. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts GfK wurden 113,5 Millionen Tickets in Deutschland für Veranstaltungen 2017 verkauft, bei einem durchschnittlichen Preis von rund 44 Euro pro Ticket. Mit rund 40 Prozent wurden die meisten Tickets über das Internet verkauft. Die vermehrten Aktivitäten des Bundeskartellamts sowie Klagen von Wettbewerbern deuten darauf hin, dass es auf dem Markt für Ticketverkäufe eine bedenkliche Konzentration von Marktmacht geben könnte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4183 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil an Veranstaltungstickets , die online gekauft werden, wie hoch ist der Anteil an Tickets, die an Vorverkaufsstellen verkauft werden, wie hoch der Anteil, der an Abendkassen verkauft wird, wie hoch der Anteil, der über Weiterverkaufs- Plattformen (Viagogo, FanSale, etc.) verkauft wird? Das Bundeskartellamt hat in seinen Beschlüssen im Verfahren gegen CTS Eventim wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Beschluss vom 4. Dezember 2017, Az. B6-132/14-2) sowie zur Untersagung des Zusammenschlusses von CTS Eventim mit Four Artists (Beschluss vom 23. November 2017, Az. B6-35/17) festgestellt, dass CTS Eventim auf dem bundesweiten Markt für Ticketsystemdienstleistungen marktbeherrschend ist. Auf diesem Markt bieten Ticketsystemdienstleister Veranstaltern und Vorverkaufsstellen den Anschluss an ein Ticketsystem an, über das Tickets vertrieben werden können. Der Vertrieb von Tickets an Endkunden findet auf einer anderen Stufe der Wertschöpfungskette statt. Das Bundeskartellamt hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob CTS Eventim auch beim Vertrieb von Tickets an Endkunden marktbeherrschend ist, und dementsprechend keine Marktdaten zu den Anteilen der verschiedenen Vertriebswege beim Vertrieb von Tickets an Endkunden erhoben. Gemäß einer von CTS Eventim im Verfahren eingereichten Studie soll indes der Anteil der stationär über Vorverkaufsstellen abgesetzten Tickets am Gesamtabsatz von Tickets an Endkunden im Jahr 2017 bei ca. 30 Prozent gelegen haben (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 4. Dezember 2017 zu Az. B6-132/14-2, Rz. 121 des auf der Website des Bundeskartellamts veröffentlichten öffentlichen Fassung des Beschlusses). 2. Wie hoch ist der Anteil, den CTS Eventim AG & Co. KGaA nach Kenntnis der Bundesregierung an den einzelnen Verkaufsarten hat? Das Bundeskartellamt hat hierzu im Missbrauchsbeschluss gegen CTS Eventim aus den in der Antwort zu Frage 1 genannten Gründen keine Feststellungen getroffen . Der nach Auffassung des Bundeskartellamts relevante Markt für Ticketsystemdienstleistungen umfasst gegenüber Veranstaltern das Angebot, Tickets über an das Ticketsystem angeschlossene stationäre Vorverkaufsstellen sowie über an das System angeschlossene Online-Verkaufsstellen zu vertreiben, sowie gegenüber Vorverkaufsstellen das Angebot, auf in das System von Veranstaltern eingestellte Tickets zum Verkauf zuzugreifen. Auf diesem Markt hat CTS Eventim nach den Feststellungen des Bundeskartellamts im Jahr 2016 einen Anteil von 60 bis 70 Prozent (Bundeskartellamt, Beschluss vom 4. Dezember 2017 zu Az. B6-132/14-2, Rz. 154). Dabei handelt es sich um den Anteil am über sämtliche Ticketsysteme in Deutschland vermittelten wertmäßigen Ticketvolumen. 3. Liegen der Bundesregierung zu den Marktanteilen im Markt für Ticketverkäufe – die Monopolkommission hat im XXII. Hauptgutachten festgestellt, dass der Markt für Ticketverkäufe von der Firma Eventim mit 50 bis 70 Prozent Marktanteil dominiert wird; lediglich drei andere Anbieter erreichten Marktanteile über 5 Prozent – andere Zahlen vor, falls ja, auf welchen Quellen beruhen diese, und wie bewertet die Bundesregierung die Wettbewerbsintensität im Markt für Ticketverkäufe? Die Marktanteilsangaben der Monopolkommission beruhen auf den Feststellungen des Bundeskartellamts im Missbrauchsbeschluss gegen CTS Eventim und beziehen sich auf den dort abgegrenzten Markt für Ticketsystemdienstleistungen. In der Tat erreichen hiernach bei Betrachtung des wertmäßigen über Ticketsys- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4183 teme vermittelten Transaktionsvolumens nur ein weiteres Ticketsystem einen Anteil von 10 bis 20 Prozent (Reservix/AD Ticket) und zwei weitere Systeme einen Anteil von jeweils 5 bis 10 Prozent (München Ticket und DTS; siehe Bundeskartellamt , Beschluss vom 4. Dezember 2017 zu Az. B6-132/14-2, Rz. 154). Die beherrschende Stellung von CTS Eventim auf dem Markt für Ticketsystemdienstleistungen führt nach Einschätzung des Bundeskartellamts zu einer geringeren Wettbewerbsintensität auf diesem Markt. Da Ticketsystemdienstleistungen für Veranstalter eine wertmäßig erhebliche Vorleistung für den Vertrieb von Tickets an Endkunden darstellen, hat diese geringe Wettbewerbsintensität in der Tendenz auch negative Auswirkungen auf die Endkundenmärkte für Tickets, z. B. in Form höherer Gebühren für das Ticketing. 4. Betrachtet die Bundesregierung den Markt für Ticketverkäufe als einen Markt, auf dem, wie es im Weißbuch Digitale Plattformen beschrieben ist, „bisheriges Recht versagt und die Beschränkung oder gar Ausschaltung des Wettbewerbs durch marktmächtige Akteure zu befürchten ist“? Wenn ja, weshalb kommt die Bundesregierung zu dieser Bewertung, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Wenn nein, warum nicht? Das Bundeskartellamt hat im Missbrauchsbeschluss gegen CTS Eventim sowie bei der Untersagung des Zusammenschlusses von CTS Eventim und Four Artists erstmals die mit der 9. GWB-Novelle neu eingeführten Kriterien für die Bestimmung der marktbeherrschenden Stellung einer Plattform gemäß § 18 Absatz 3a GWB angewandt. Nach Anfechtung der jeweiligen Entscheidungen durch CTS Eventim wird das OLG Düsseldorf als Beschwerdegericht diese Vorschriften ebenfalls erstmals anwenden. Insofern erscheint es verfrüht, bereits jetzt eine Bewertung vorzunehmen, ob die neuen Kriterien es ermöglichen, effektiv gegen wettbewerbsbeschränkendes Verhalten einer digitalen Plattform einzuschreiten. 5. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass es keine gesetzliche Regelung gibt, wann Ticketgelder vom Ticketverkäufer an den Veranstalter überwiesen werden müssen? Sieht die Bundesregierung hier eine Regelungslücke? Der Zeitpunkt, zu welchem eine Leistung geschuldet ist, ist gesetzlich geregelt. Gemäß § 271 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist eine geschuldete Leistung im Zweifel sofort fällig. Etwas anderes gilt nur, wenn eine andere Zeit für die Leistung bestimmt oder aus den Umständen zu entnehmen ist. Zwischen Ticketverkäufer und Veranstalter wird regelmäßig ein Geschäftsbesorgungsvertrag bestehen . Für den Geschäftsbesorgungsvertrag ist die Leistungszeit nicht in Abweichung von § 271 BGB durch eine besondere gesetzliche Vorschrift bestimmt. Es bleibt den Parteien jedoch unbenommen, die Leistungszeit durch eine vertragliche Abrede zu bestimmen. Dem Inhalt einer solchen vertraglichen Abrede sind durch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und durch den Grundsatz der Nichtigkeit sittenwidriger Rechtsgeschäfte ausreichende Grenzen gesetzt . Für eine weitergehende Einschränkung der Vertragsfreiheit der Parteien bedürfte es einer Rechtfertigung, die derzeit nicht gesehen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4183 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Sieht die Bundesregierung es als Problem insbesondere für kleine und mittelständische Konzertveranstalter an, wenn Gelder aus dem Ticketverkauf nicht vor Veranstaltungsbeginn ausgeschüttet werden? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Sieht die Bundesregierung es als Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung an, wenn Ticketverkäufer Veranstalter unterschiedlich behandeln und die Auszahlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten vornehmen? Das Bundeskartellamt hat zu einer derartigen Fallgestaltung bislang kein Verfahren geführt. Die Ungleichbehandlung gleichartiger Vertragspartner bei den Zahlungskonditionen kann unter Umständen als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung einzuordnen sein (vgl. Artikel 102 c) AEUV). 8. Welche Regelungen sind der Bundesregierung im europäischen Ausland bekannt , mit denen geregelt wird, wann Ticketverkäufer die Gelder durch Ticketverkäufe an die Veranstalter überweisen müssen, und wie bewertet die Bundesregierung diese Regelungen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 9. Sieht die Bundesregierung für Deutschland den Bedarf nach einer solchen Regelung, oder sieht sie eine andere Maßnahme als sinnvoller an, um einerseits die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen und andererseits insbesondere kleinen und mittelständischen Veranstaltern die Vorfinanzierung von Veranstaltungen zu ermöglichen? Die Bundesregierung verweist auf die Antworten zu den Fragen 5 und 6. 10. Wer darf nach Meinung der Bundesregierung bei einem online erfolgten Ticketverkauf die Kunden nach Berechtigung zur weiteren Nutzung ihrer Daten (etwa zu Werbezwecken) fragen? Darf nach Einschätzung der Bundesregierung ein Ticketverkäufer einen Veranstalter daran hindern, die Ticketkäufer nach ihren Daten zu Werbezwecken zu fragen? Die Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegt datenschutzrechtlich einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Als Rechtsgrundlagen für Datenverarbeitungen zum Zwecke der Werbung kommen insbesondere Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a und f Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Betracht. Nach Erwägungsgrund 47 Satz 7 DSGVO kann die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO betrachtet werden. Daneben müssen für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Direktwerbung auf Grundlage des Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO aber noch dessen weitere Voraussetzungen (Erforderlichkeit der Datenverarbeitung für die Wahrung der berechtigten Interessen des Werbetreibenden und kein Überwiegen der Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person) erfüllt sein. Ob die jeweilige Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines online Ticketverkaufs den datenschutzrechtlichen Regelungen entspricht, ist eine Frage des Einzelfalls, die der Beurteilung der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden unterfällt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4183 Zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Veranstalter und einem Ticketverkäufer müssen sich im Rahmen der datenschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben bewegen. Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang auf den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine „Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“ (KOM(2018)238 endg.) hin. Danach sollen sog. Online-Vermittlungsdienste angeben , inwieweit gewerbliche Kunden Zugang zu Daten des Online-Vermittlungsdienstes haben und umgekehrt (Artikel 7). 11. Wie beurteilt die Bundesregierung exklusive Medienpartnerschaften zwischen Ticketverkäufern und überregionalen bzw. regionalen Medien? Sieht die Bundesregierung diese Exklusivvereinbarungen als Markteintrittshürde für den Verkauf von Tickets bzw. die Organisation von Großveranstaltungen an, wenn Konzertveranstalter dazu gezwungen sind, den Ticketverkauf über Eventim zu organisieren, wenn sie mit einem Medienpartner ein Konzert bewerben wollen? Eine exklusive Medienpartnerschaft zwischen einem Ticketsystem und Medienunternehmen war bislang nicht Gegenstand eines Verfahrens beim Bundeskartellamt . Abstrakt erscheint denkbar, dass eine derartige Exklusivvereinbarung als Marktzutrittsschranke wirkt. Die Relevanz einer solchen Marktzutrittsschranke wird davon abhängen, welche Marktbedeutung die an der Exklusivvereinbarung beteiligten Medienunternehmen bzw. Ticketsysteme in ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld haben. Medienunternehmen, insbesondere örtliche Zeitungsverlage, sind darüber hinaus häufig als stationäre Vorverkaufsstelle für Tickets tätig. Als solche sind sie Gegenstand des Missbrauchsbeschlusses des Bundeskartellamts gegen CTS Eventim . Gemäß dem Beschluss darf CTS Eventim keine Exklusivvereinbarungen mit stationären Vorverkaufsstellen abschließen, die diesen verbieten, Tickets aus anderen Ticketsystemen als dem von CTS Eventim zu vertreiben. Der Beschluss betrifft aber nicht Exklusivvereinbarungen hinsichtlich der Werbetätigkeit von Medienunternehmen bzw. der redaktionellen Begleitung von Veranstaltungen. 12. Sieht die Bundesregierung exklusive Medienpartnerschaften von marktbeherrschenden Ticketverkäufern mit Medienpartnern als Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung an? Falls nein, warum nicht? Im Falle einer marktbeherrschenden Stellung eines der Beteiligten an der Exklusivvereinbarung kann eine exklusive Medienpartnerschaft ggf. als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Artikel 102 AEUV, § 19 GWB zu werten sein, etwa unter dem Gesichtspunkt des Kopplungsverbots oder der Input- Abschottung gegenüber Wettbewerbern auf dem Markt für Ticketsystemdienstleistungen . Wie in der Antwort zu Frage 11 geschildert, hängen die Einzelheiten der Bewertung hier insbesondere von der Marktbedeutung der Beteiligten sowie von den Einzelheiten der Vereinbarung ab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4183 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Wie ist nach Meinung der Bundesregierung ein Verkauf von Tickets durch den offiziellen und einzigen Ticketverkäufer einer Veranstaltung direkt auf Zweitmärkten (wie etwa Viagogo oder FanSale) zu bewerten? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 14. Wäre es nach Meinung der Bundesregierung bei einer Veranstaltung, bei der nur ein Unternehmen Tickets verkauft, eine Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, wenn dieses Unternehmen Tickets direkt auf einem Zweitmarkt zu höheren Preisen verkauft? Falls nein, warum nicht? Eine bestimmte Veranstaltung wird – ungeachtet einer ggf. auch sehr starken Endkundennachfrage – regelmäßig keinen eigenen für das Kartellrecht relevanten Markt bilden. Die relevanten Endkundenmärkte für Veranstaltungen sind nach einzelnen Musikgenres und regional abzugrenzen (vgl. Bundeskartellamt, Beschluss vom 3. Januar 2017, Az. B6-53/16 – FKP Scorpio, Rz. 67 f., öffentliche Fassung abrufbar auf der Website des Bundeskartellamts). Gegenwärtig liegen dem Bundeskartellamt keine Hinweise darauf vor, dass ein Unternehmen diesbezüglich in einer oder mehrerer Regionen Deutschlands eine marktbeherrschende Stellung hat (vgl. z. B. den Beschluss FKP Scorpio, Rz. 92 f. für eine Betrachtung der Veranstaltung von Rock/Pop-Veranstaltungen in der Region Hamburg). 15. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen Veranstaltungstickets vom einzigen Ticketverkäufer direkt auf Zweitmarktplattformen zu höheren Preisen verkauft werden? Wenn ja, wie viele solche Fälle gab es 2017, und wie bewertet die Bundesregierung diese Fälle? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 16. Wie viele Veranstaltungsorte betreibt oder besitzt CTS Eventim nach Wissen der Bundesregierung? Nach den Feststellungen des Bundeskartellamts betreibt CTS Eventim innerhalb Deutschlands in Köln die Veranstaltungsstätte Lanxess Arena sowie in Berlin die Veranstaltungsstätten Waldbühne, Arena Berlin und Tempodrom (Bundeskartellamt , Beschluss vom 4. Dezember 2017 zu Az. B6-132/14-2, Rz. 3). Im Ausland betreibt CTS Eventim ausweislich der öffentlich verfügbaren Geschäftsberichte des Unternehmens im Vereinigten Königreich die Veranstaltungsstätte Eventim Apollo/London sowie in Dänemark die Veranstaltungsstätte K. B. Hallen/Kopenhagen . 17. Wie bewertet es die Bundesregierung, wenn Eventim nach Ansicht von Marktteilnehmern Veranstaltern einen Rabatt auf die Miete eines Veranstaltungsortes gibt und der Veranstalter sich dafür verpflichtet, seinen Kartenverkauf über Eventim abzuwickeln? Sieht die Bundesregierung darin eine Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung? Falls nein, warum nicht? Hier ist zu differenzieren. Insoweit mit der Rabattgewährung eine unbegrenzte und unbefristete Verpflichtung des Veranstalters verbunden ist, sämtliche Ticketverkäufe über das Ticketsystem von CTS Eventim abzuwickeln, verstieße diese Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4183 Verpflichtung bereits gegen den Missbrauchsbeschluss des Bundeskartellamts (Beschluss vom 4. Dezember 2017 zu Az. B6-132/14-2). Denn dieser Beschluss ordnet an, dass CTS Eventim in Vereinbarungen mit Veranstaltern diesen die Möglichkeit belassen muss, wenigstens 20 Prozent der in einem Jahr anfallenden Ticketmenge über andere Ticketsysteme zu vertreiben. Erfasst die Verpflichtung des Veranstalters weniger als 80 Prozent des jährlichen Ticketvolumens, etwa weil sie nur kurzfristig oder punktuell auf eine bestimmte Veranstaltung bezogen ist, ist sie für sich genommen von dem Beschluss nicht erfasst. 18. Wie bewertet die Bundesregierung die teils hohen Kosten, die für Ticketkäufer oftmals durch Vorverkaufsgebühren, Buchungsgebühren und Ähnliches entstehen? Sind diese nach Meinung der Bundesregierung ein Indiz für die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei ähnlichen Systemen, etwa von Kinos, die Gebühren deutlich günstiger sind? Falls nein, warum nicht? Aus Sicht des dazu befragten Bundeskartellamts ist auffällig, dass CTS Eventim in der Lage ist, von Endkunden beim Verkauf über den eigenen Online-Shop Eventim.de sehr hohe Gebühren zu erheben (vgl. insofern auch das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs zu den Gebühren von CTS Eventim). Dies deutet darauf hin, dass CTS Eventim beim Vertrieb von Tickets an Endkunden eine starke Stellung hat, auch und insbesondere begünstigt durch die vom Bundeskartellamt festgestellte marktbeherrschende Stellung des Unternehmens auf dem Markt für Ticketsystemdienstleistungen. 19. Wie bewertet es die Bundesregierung, wenn Veranstalter oder Verkäufer Ticketkäufer dazu verpflichten, die Tickets auf ihren Namen zu registrieren und ein Wechsel der Namen nur gegen Gebühr möglich ist? Der Veranstalter oder Verkäufer kann im Rahmen der vertraglichen Ausgestaltung von Allgemeinen Ticketbedingungen nach Maßgabe der geltenden gesetzlichen Vorgaben, insbesondere der §§ 305 ff BGB die Tickets nur auf den Namen des Käufer registrieren, wenn schützenswerte Interessen des Veranstalters bestehen (zum Beispiel berechtigte Sicherheitsbelange). Dabei handelt es sich dann regelmäßig um Tickets in personalisierter Form als Namenspapiere mit Inhaberklausel (qualifizierte Legitimationspapiere i. S. v. § 808 BGB). Demgegenüber hat der Erwerber einer Eintrittskarte ein grundsätzlich berechtigtes Interesse an der Weiterveräußerung oder Weitergabe einer von ihm gekauften Eintrittskarte. Eine vertragliche Abrede der Namensänderung nur gegen Gebühr dürfte nur zulässig sein, soweit es sich um konkrete Mehrkosten handelt und auch hier die schützenswerten Interessen des Veranstalters überwiegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4183 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 20. Sieht die Bundesregierung darin die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung bzw. erachtet sie ein solches Vorgehen als verhältnismäßig, um den Verkauf auf dem Schwarzmarkt für Tickets zu erschweren? Als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ist ein Erschweren des Weiterverkaufs von vorneherein nur dann adressierbar, wenn ein Veranstalter bzw. ein Ticketverkäufer eine beherrschende Stellung auf dem relevanten Endkundenmarkt hat (vgl. die Antwort zu Frage 14). Ist dies der Fall, kann eine solche Vorgabe theoretisch einen Gebrauch missbräuchlicher Konditionen darstellen (§ 19 Absatz 1 bzw. § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 2 GWB), wobei im Rahmen der Prüfung eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen anzustellen wäre. 21. Ist nach Meinung der Bundesregierung ein Ticket für eine Konzert-, Sportoder sonstige Veranstaltung ein frei handelbares Gut, das durch den Käufer mit Preisaufschlägen weiterverkauft werden darf? Falls nein, warum nicht? Mit Blick auf marktwirtschaftliche Prinzipien erscheint ein Endkunden auferlegtes Weiterveräußerungsverbot grundsätzlich als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme , unabhängig davon, welche Ware oder Dienstleistung es betrifft. Speziell im Fall von Tickets kann es allerdings berechtigte Interessen von Veranstalter bzw. Künstler geben, die Weiterveräußerung einzuschränken, etwa um die Sicherheit der Veranstaltung zu gewährleisten oder um bei besonders nachgefragten Veranstaltungen im Interesse der Vermarktung des Künstlers breiten Endkundenkreisen auch unabhängig von ihrer Kaufkraft die Teilnahme an der Veranstaltung zu ermöglichen. Hier dürfte im Einzelfall eine Regelung zu finden sein, die einen vernünftigen Ausgleich der jeweiligen Interessen ermöglicht. 22. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Klauseln, die es Käufern verbieten, Tickets zu einem höheren Preis als dem Originalpreis weiter zu verkaufen oder den Verkauf generell untersagen, wie dies etwa die Veranstalter des Lollapalooza-Festivals tun (Quelle: www.lollapaloozade. com/agb/)? Das Verbot des Verkaufs zu einem höheren Preis dürfte im Vergleich zu einem vollständigen Verkaufsverbot ein milderes Mittel sein und insofern den erforderlichen Interessenausgleich besser gewährleisten als ein absolutes Weiterverkaufsverbot . Aus kartellrechtlicher Sicht ist anzumerken, dass Höchstpreisbindungen von Herstellern gegenüber Händlern bei Nichtüberschreiten bestimmter Marktanteilsschwellen vom Kartellverbot nach Artikel 101 AEUV bzw. § 1 GWB freigestellt sind (vgl. Artikel 4 a) Verordnung (EG) Nr. 330/2010). Diese Regelung ist zwar im Rechtsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern nicht direkt anwendbar. Ihr kann aber die Wertung entnommen werden, dass Höchstpreisbindungen nicht aus sich selbst heraus wettbewerbsschädigend sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333