Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 6. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4187 19. Wahlperiode 07.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hartmut Ebbing, Katja Suding, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3951 – Aktueller Stand des Referentenentwurfs für ein „Gesetz zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von abhanden gekommenem Kulturgut“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Einige spektakuläre Restitutionsfälle, sowie vor allem der sogenannte Schwabinger Kunstfund im Jahr 2012, haben das Thema NS-Raubkunst in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Zusammenhang stellte sich immer wieder die grundlegende Frage nach einer belastbaren , zivilrechtlichen Regelung für den Umgang mit NS-Raubkunst in Privateigentum . Besonders die gesetzlichen Verjährungsfristen standen hier im Zentrum des Geschehens. Auf staatlich-institutioneller Ebene hat bereits die Washingtoner Konferenz von 1998 für ein gewisses Maß an Klarheit gesorgt. Die dort erarbeiteten Grundsätze verpflichten die teilnehmenden Nationen, darunter die Bundesrepublik Deutschland , ungeachtet etwaiger Verjährungsfristen, „gerechte und faire Lösungen“ für die Rückgabe von wiederaufgefundener NS-Raubkunst zu finden. Diese Grund-sätze sind aber rechtlich nicht bindend. Museen können sich einem solchen freiwilligen Verfahren entziehen. Daher bevorteilen sie in ungebührlicher Weise die Interessen der derzeitigen, staatlichen Besitzer von NS-Raubkunst. Dennoch ist es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Die Washingtoner Prinzipien gelten jedoch nur für öffentliche Einrichtungen, nicht für Privatbesitz. Zivilrechtlich gelten weiterhin die bestehenden Verjährungsfristen , die heutzutage in der Regel dazu führen, dass etwaige Ansprüche gegenüber Privatpersonen auf wiederentdeckte NS-Raubkunst rechtlich nicht mehr durchsetzbar sind. Um diese Verjährungsfristen aufzuheben und endlich Rechtssicherheit zu schaffen, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Jahr 2015 einen „Referentenentwurf eines Gesetzes zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von abhandengekommenem Kulturgut“ erarbeitet. Dieser ist bis heute jedoch nicht öffentlich zugänglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4187 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Ist die intensive Beratung des Referentenentwurfs für ein „Gesetz zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von abhanden gekommenem Kulturgut “, auf die der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange auf Bundestagsdrucksache 18/12750 Bezug nahm, mittlerweile abgeschlossen, und konnte innerhalb der Bundesregierung diesbezüglich eine Einigung erreicht werden? a) Wenn ja, wie sieht diese Einigung aus, wann kann mit einer Veröffentlichung des Referentenentwurfs gerechnet werden, und wie sieht der weitere , konkrete Zeitplan zur Umsetzung dieses Entwurfs aus? b) Wenn nein, wann ist mit einem Ende der Diskussion und konkreten Ergebnissen zu rechnen? 2. Fühlt sich die Bundesregierung weiterhin verpflichtet, einen Gesetzentwurf zu zivilrechtlichen Regelungen für den Umgang mit NS-Raubkunst in dieser Legislaturperiode vorzulegen? 3. Welche „anderen Lösungsansätze“ werden innerhalb der Bundesregierung diskutiert (vgl. Bundestagsdrucksache 18/12750)? Um welche Lösungsansätze handelt es sich hier konkret? 4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Referentenentwurf einen „Anspruch auf finanziellen Ausgleich“ durch die Bundesregierung für diejenigen Eigentümer vorsieht, die aufgrund dieses Gesetzes „zur Herausgabe und Rückübertragung des Eigentums verpflichtet sind“, denn laut einschlägiger Medien soll dies der Hauptstreitpunkt zwischen den zuständigen Ressorts gewesen sein (Regierung streitet über Gesetz zur NS-Raubkunst, DIE WELT, 14. Februar 2016)? Konnte dieser Streitpunkt innerhalb der Bundesregierung geklärt werden, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? 5. Gibt es weitere Gründe, die die Veröffentlichung des Referentenentwurfs verzögern? Wenn ja, um welche handelt es sich dabei? Die Fragen 1 bis 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Die intensiven Beratungen zu dem genannten Gesetzentwurf konnten in der letzten Legislaturperiode nicht abgeschlossen werden. Sie haben gezeigt, dass die diskutierten rückwirkenden gesetzlichen Änderungen des Zivilrechts im Bereich des Verjährungsrechts und des Rechts der Ersitzung mit erheblichen Folgeproblemen verbunden sind. Dabei waren auch Fragen einer etwaig notwendigen Kompensation für nach der Neuregelung möglicherweise zu entziehende Rechtspositionen Gegenstand der Erörterungen. Erwogen wurde ferner ein alternatives oder ergänzendes Konzept für einen fairen und freiwilligen Ausgleich zwischen privaten Besitzern und Alteigentümern von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut . Auch die Überlegungen hierzu konnten in der letzten Legislaturperiode nicht mehr abgeschlossen werden. Die Bundesregierung wird weiterhin prüfen, ob und ggf. welche Möglichkeiten es gibt, die zivilrechtliche Rechtsposition der Alteigentümer von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu verbessern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4187 6. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die größten verbleibenden Bestände an NS-Raubkunst in Deutschland auch weiterhin in öffentlichen Einrichtungen zu vermuten sind und dass viele Museen ihrer Selbstverpflichtung im Rahmen der Washingtoner Prinzipien zur Rückgabe von NS-Raubkunst nicht in ausreichendem Maße nachzukommen scheinen? Was hält die Bundesregierung davon ab, diesem Versäumnis ein Ende zu bereiten, indem sie ein rechtlich bindendes Kunstrückgabegesetz, wie es zum Beispiel in Österreich existiert, für staatliche Einrichtungen vorlegt (Raubkunst und Restitution, Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages S. 7, Fußnote 9, www.bundestag.de/blob/414086/ 516ad71cceaf27b774bfaccebb222258/wd-10-084-13-pdf-data.pdf)? Mit der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999 („Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungs-bedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999) haben sich Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände ausdrücklich zu den Washingtoner Prinzipien bekannt und alle öffentlichen Einrichtungen in Deutschland aufgerufen, ihre Kulturgutbestände entsprechend zu überprüfen sowie gerechte und faire Lösungen mit den früheren Eigentümern bzw. deren Rechtsnachfolgern zu finden. Privatrechtlich organisierte Einrichtungen als auch Privatpersonen werden aufgefordert, sich den in der Erklärung niedergelegten Grundsätzen und Verfahrensweisen gleichfalls anzuschließen. Seither haben sich zahlreiche kulturgutbewahrende Einrichtungen in Bund, Ländern und Kommunen im Wege systematischer Provenienzforschung der Aufgabe, NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut in den eigenen Sammlungsbeständen zu identifizieren, intensiv angenommen. Durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste unterstützt der Bund diese Provenienzrecherche finanziell. Die Regelungen des österreichischen „Kunstrückgabegesetzes“ ermöglichen, dass (lediglich) im Eigentum des Bundes stehende NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter, die sich in österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und sonstigem unmittelbaren Bundeseigentum befinden, an ihre ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurückgeben werden können. Im Unterschied zum „Kunstrückgabegesetz“ wurde in Deutschland mit der „Gemeinsamen Erklärung“ ein politisch harmonisierter Ansatz für Bund, Länder und Gemeinden geschaffen. Das Bekenntnis der Länder zu den Washingtoner Prinzipien ist im Hinblick auf die föderale Struktur und Aufgabenverteilung in der Bundesrepublik Deutschland von zentraler Bedeutung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333