Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 6. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4201 19. Wahlperiode 10.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Harald Weyel und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3935 – Lage in Eritrea V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach fast zwei Jahrzehnten haben Eritrea und Äthiopien Anfang Juli 2018 offiziell ihre Feindseligkeiten beendet und einen Friedens- und Freundschaftsvertrag unterzeichnet (www.sueddeutsche.de/politik/eritrea-aethiopien-frieden-1.4047074). Eritrea wird unter die offizielle Uno-Kategorie der „least developed countries“ gezählt (www.un.org/development/desa/dpad/least-developed-country-categoryeritrea .html). Im Jahr 2017 erhielten laut Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) insgesamt ca. 25 400 Eritreer in 28 EU-Staaten einen positiven Asylbescheid (http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/8754388/3-2003 2018-AP-EN.pdf/50c2b5a5-3e6a-4732-82d0-1caf244549e3, Seite 2). In Deutschland wurden laut BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) 2017 über 21 909 Asylanträge von Eritreern entschieden, von denen 455 (= 2,1 Prozent) als unbegründet abgelehnt wurden (www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/ Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2017-asyl.pdf?__blob= publicationFile, Seite 38).Zum Jahresende 2017 hielten sich 35 934 anerkannte Flüchtlinge aus Eritrea gemäß § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes (AsylG) in Deutschland auf (www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/ bundesamt-in-zahlen-2017-asyl.pdf?__blob=publicationFile, Seite 54), im ersten Halbjahr 2018 stellten 3 535 Eritreer Erstanträge auf Asyl (www.bamf.de/ SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zuasyl -juni-2018.pdf?__blob=publicationFile, Seite 8). 1. Wie viele Personen mit der Staatsangehörigkeit Eritreas halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig in Deutschland auf? Ausweislich des Ausländerzentralregisters (AZR) hielten sich zum Stichtag 31. Juli 2018 insgesamt 70 168 Staatsangehörige aus Eritrea in Deutschland auf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4201 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen die Personen (z. B. Asylbewerber, Flüchtling, subsidiärer Schutz, Abschiebeverbot, Duldung; bitte einzeln nach Status aufschlüsseln)? Zum Stichtag 31. Juli 2018 befanden sich ausweislich des AZR 8 117 Staatsangehörige aus Eritrea in einem noch nicht abgeschlossenen Asylverfahren. 1 354 waren als Asylberechtigte anerkannt, 37 503 wurde die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, 11 991 waren mit subsidiärem Schutz erfasst. Abschiebungsverbot wird im AZR nicht als eigener Status erfasst. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 AufenthG (Abschiebungsverbot) hatten zum genannten Stichtag 1 323 Staatsangehörige aus Eritrea. Ausreisepflichtig waren 2 266 Eritreer, darunter 1 622 mit einer Duldung. Zudem sind etwa 3 700 Personen mit „Fiktionsbescheinigung “/„Antrag auf Aufenthaltstitel gestellt“ erfasst. Zu den übrigen Personen ist im AZR kein besonderer Status erfasst. Es dürfte sich im Wesentlichen um Personen mit einem befristeten oder unbefristeten Aufenthaltsrecht aus vor allem familiären Gründen handeln. 3. Wie viele der 1 335 Personen, die 2017 ihre Anerkennung als Flüchtling aufgrund geschlechtsspezifischer Verfolgung gemäß § 3 b Absatz 1 Nummer 4 AsylG (ohne Familienflüchtlingsschutz) erlangten, waren Männer bzw. Frauen? Von den 1 335 Personen eritreischer Staatsangehörigkeit, die im Jahr 2017 ihre Anerkennung als Flüchtling aufgrund geschlechtsspezifischer Verfolgung nach § 3b Absatz 1 Nummer 4 des Asylgesetzes (AsylG) erlangten, waren 896 männlichen und 439 weiblichen Geschlechts. 4. Lässt sich „geschlechtsspezifische Verfolgung“ auf einzelne Tatbestände aufschlüsseln? Wenn ja, welche, und wie viele waren davon jeweils betroffen? Angaben im Sinne der Frage werden statistisch nicht gesondert erfasst. 5. Wie kommt die hohe Anerkennungsquote im Jahr 2017 zustande, obwohl sich Eritrea schon seit 2000 nicht mehr im Kriegszustand befindet? Asylanträge werden individuell beschieden. Eine statistische Auswertung zu den einzelnen Asylgründen liegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht vor, so dass nähere Angaben zur Anerkennungsquote nicht möglich sind. 6. Ist durch den Friedens- und Freundschaftsvertrag vom Juli 2018 eine neue Lage entstanden, die zur Überprüfung der aktuell erteilten Rechtstitel führt? a) Wenn ja, welchen Zeitraum wird das in Anspruch nehmen? b) Wenn nein, warum nicht? Eine Aussage hinsichtlich einer entscheidungserheblichen Lageänderung kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Nach Artikel 11 Absatz 2 bzw. Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie 2011/95/EU kann eine Lageänderung im jeweiligen Einzelfall nur zu einem Wegfall der Schutzgewährung führen, wenn es sich um eine erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der schutzbegründenden Umstände handelt. Hierzu bleibt zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4201 7. Wie bewertet die Bundesregierung aktuell die Menschenrechtssituation in Eritrea? Der Friedensschluss mit Äthiopien hat zum jetzigen Zeitpunkt zu keiner Verbesserung der Menschenrechtslage in Eritrea geführt. Es kommt weiterhin zu schweren Verletzungen der bürgerlichen und politischen Rechte. Demokratie und Recht-staatlichkeit sind nicht gewährleistet, ein für Männer und Frauen verpflichtender Nationaler Dienst ist ohne zeitliche Begrenzung. Die Menschenrechtsdefizite werden durch die Sonderberichterstatterin des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen bestätigt. 8. Beabsichtigt die Bundesregierung, mit Eritrea über Migration und deren Begrenzung zu verhandeln? Konkrete Planungen im Sinne der Frage gibt es derzeit nicht. 9. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung durch die EU beabsichtigt, mit Eritrea ein Rückführungsabkommen ähnlich denen mit Nigeria, Niger, Äthiopien , Mali und dem Senegal abzuschließen? Nach Kenntnis der Bundesregierung beabsichtigt die EU aktuell weder ein Rückübernahmeabkommen noch sonstige Verfahrensabsprachen für eine Rückübernahme mit Eritrea abzuschließen. Der EU liegt dafür derzeit kein entsprechendes Mandat vor. 10. Beabsichtigt die Bundesregierung, Eritrea auf die Liste sicherer Drittstaaten zu setzen? a) Wenn ja, in welchem Zeitraum? b) Wenn nein, warum nicht? Nein. Gemäß Artikel 16a Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes setzt die Einstufung als sicherer Drittstaat unter anderem voraus, dass der Drittstaat die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention ) ratifiziert hat. Das ist bei Eritrea nicht der Fall. 11. Gab es, wie 2016 angekündigt, Programme, die Kapazitäten der eritreischen Regierung im Kampf gegen Menschenhandel und die Migration zu stärken (www.zeit.de/amp/politik/2016-12/fluechtlinge-eu-abschiebung-mali-afrikavereinbarungen )? 12. Wenn ja, welche, und welches finanzielle Volumen hatten diese Programme ? Die Fragen 11 und 12 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet : Im Rahmen des Regionalvorhabens „Better Migration Management“ (BMM), finanziert durch den „EU Emergency Trust Fund for Stability and Addressing Root Causes of Irregular Migration and Displaced Persons in Africa“ (EUTF) und die Bundes-regierung, wird die eritreische Regierung im Auf- und Ausbau ihrer Kapazitäten für ein besseres Vorgehen gegen Menschenhandel und -schmuggel unterstützt . Insgesamt sind für das gesamte Vorhaben BMM bis 2019 40 Mio. Euro von der EU und 6 Mio. Euro aus BMZ-Mitteln eingeplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4201 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Werden diese Programme aufgrund der jüngsten Ereignisse ausgeweitet? a) Wenn ja, in welchem Zeitraum und welchem finanziellen Volumen? b) Wenn nein, warum nicht? 14. Welche Projekte fördert die Bundesregierung im Rahmen der Entwicklungshilfe gegenwärtig in Eritrea (bitte nach Summe, Zeitraum und Art aufzählen )? Die Fragen 13 bis 14 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet : Eritrea ist kein Partnerland der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit. Die Bundesregierung unterstützt in Kooperation mit dem International Fund for Agricultural Development (IFAD) ein Vorhaben zur Förderung der lokalen Fischerei mit Mitteln in Höhe von 10 Mio. Euro über einen Zeitraum von 2017 bis 2024. Deutschland ist darüber hinaus mit 2,5 Mio. Euro an einem Vorhaben zur Stärkung von informellen Ausbildungsmöglichkeiten an sogenannten Zentren für Kompetenzentwicklung beteiligt, das sich seit 2017 in Umsetzung befindet. Zudem fördert die Bundesregierung die Stärkung des eritreischen Gesundheitsbereichs durch die Unterstützung der deutschen Nichtregierungsorganisationen Archemed und Medcare mit einem Gesamtbetrag von rund 690 000 Euro. Darüber hinaus werden zehn Klinikpartnerschaften in Höhe von rund 472 000 Euro gefördert . Im Bereich Wasserversorgung fördert die Bundesregierung die private Wasser Stiftung mit ca. 290 000 Euro. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 15. Wie bewertet die Bundesregierung den Erfolg der Entwicklungshilfe in Eritrea (www.zeit.de/politik/2016-12/fluechtlinge-eu-abschiebung-mali-afrikavereinbarungen )? Durch die medizinische Aufbauarbeit der unterstützten Nichtregierungsorganisationen konnte die Gesundheitssituation vor allem von Kindern und Müttern gestärkt werden. 16. Was plant die Bundesregierung, um zukünftig die Fluchtursachen in Eritrea zu bekämpfen? Die Bundesregierung prüft eine Vertiefung der Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen, sofern dazu die Voraussetzungen auf eritreischer Seite vorliegen. Sie setzt sich im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gemeinsam mit ihren europäischen Partnern für Fortschritte in den Bereichen Menschenrechte und Reform des Nationalen Dienstes ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333