Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 10. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4239 19. Wahlperiode 11.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Anton Friesen und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3990 – Pläne der Bundesregierung bezüglich bleihaltiger Jagdmunition V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart „bundeseinheitliche Regelungen für eine Zertifizierung von Jagdmunition mit optimaler Tötungswirkung bei gleichzeitiger Bleiminimierung, einen Schießübungsnachweis , die Jäger- und Falknerausbildung sowie -prüfung [zu] schaffen“ (www. bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag. pdf;jsessionid=683269B2B26BFEEE815AC21D9D66CA42.s6t2?__blob= publicationFile&v=6, S.87). Aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD geht hervor, dass die Bundesregierung anstrebt, das „von den Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vom 14. März 2018 festgelegte Ziel, bundeseinheitliche Regelungen für eine Zertifizierung von Jagdmunition mit optimaler Tötungswirkung bei gleichzeitiger Bleiminimierung zu schaffen, in dieser Legislaturperiode umzusetzen“ (Bundestagsdrucksache 19/3532). In Norwegen wurde ein Verbot von bleihaltiger Munition im Jahr 2005 eingeführt . Allerdings wurde es zehn Jahre später wieder weitestgehend aufgehoben, weil die Verwendung von Stahlschroten das Wild krankgeschossen hat (vgl. https://wildundhund.de/norwegisches-parlament-hebt-verbot-von-bleischrotenauf -8759/). 1. Mit welchen Messverfahren soll die Eignung bleifreier Munition zur Jagdausübung nach den Überlegungen der Bundesregierung nachgewiesen werden, und durch wen? Die Regierungsparteien haben im Koalitionsvertrag vom 14. März 2018 bestimmt , eine bundeseinheitliche Regelung für die Zertifizierung von Jagdmunition mit optimaler Tötungswirkung bei gleichzeitiger Bleiminimierung zu schaffen und in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Die Bleiminimierung in Jagdmunition soll nach dem jeweiligen Stand der Technik unter Wahrung der Anforderungen an eine zuverlässige Tötungswirkung und eine hinreichende ballistische Präzision der Büchsenmunition erfolgen. Einzelheiten , die die Anforderungen und das Verfahren über die beim Auftreffen und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4239 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Durchdringen des Wildkörpers mindestens erforderliche Energie und die hinreichende ballistische Präzision sowie den Nachweis und die Prüfung der Anforderungen an bleifreie Jagdmunition näher festlegen, werden derzeit erarbeitet. 2. Welche Normen sollen nach Überlegungen der Bundesregierung für die Tests bezüglich bleiminimierter Munition herangezogen werden? Die Prüfung, welche Normen zur Festlegung der erforderlichen Wirksamkeit von bleifreier Jagdmunition geeignet sind, ist noch nicht abgeschlossen. 3. Über welche Studien hat die Bundesregierung Kenntnis, die bleihaltige Munition nicht als problematisch für die Jagdausübung ansehen? Blei in Jagdmunition ist differenziert zu bewerten. Was die Tötungswirkung anbelangt , ist bleihaltige Jagdmunition für den praktischen Jagdbetrieb nicht problematisch . Allerdings wurde im Rahmen eines vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) koordinierten Projekts „Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret“ u. a. deutlich, dass mit bleihaltiger Munition beschossenes Wild auch in größerer Entfernung zum Schusskanal Blei im Wildbret aufweisen kann. Für sogenannte Extremverzehrer von Wildbret, für Schwangere bzw. Frauen im gebärfähigen Alter und für Kinder unter 7 Jahren ist ein gesundheitliches Risiko nicht auszuschließen (s. Abschlussbericht zum Forschungsprojekt „Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret vom 19. Dezember 2014 (www. bfr.bund.de/cm/343/forschungsprojekt-lebensmittelsicherheit-von-jagdlichgewonnenem -wildbret-lemisi.pdf)). Zur Umweltverträglichkeit von Jagdschroten wurde in einer aktuellen Studie der TU München u. a. festgestellt, dass u. a. Bleischrote – im Vergleich zu Schroten aus Kupfer und Zink – zu keiner signifikanten Beeinträchtigung der Mobilität untersuchter Wasserflöhe im Vergleich mit einer Kontrollgruppe führen (s. Fäth J, Feiner M, Beggel S, Geist J, Göttlein A: Leaching behavior and ecotoxicological effects of different game shot materials in freshwater. Knowledge & Management of Aquatic Ecosystems. (419); 24, 2018. DOI: 10.1051/kmae/2018009) Es wird jedoch auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD zur Novellierung des Jagdgesetzes im Freistaat Thüringen auf Bundestagsdrucksache 19/3532 verwiesen, die eine Liste mit über 100 Studien enthält, in denen die Gefährlichkeit von Bleimunition für die Umwelt und die menschliche Gesundheit nachgewiesen wird. 4. Wie plant die Bundesregierung, die Bleiminimierung von Jagdmunition konkret umzusetzen? a) Wie soll die Umsetzung überwacht werden? b) Wer soll die Umsetzung überwachen? c) Wie sollen Verstöße bestraft werden? Viele Landesjagdgesetze in Deutschland sehen bereits ein Verbot von Bleischrot an/über Gewässern vor, das in der Zuständigkeit der Jagdbehörden vollzogen wird. Verstöße werden z. T. als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4239 Konkrete Vorgaben, auf welche Art und Weise die Umsetzung und die Kontrolle einer Bundesregelung zur Bleiminimierung von Jagdmunition erfolgen sollen, werden derzeit geprüft. Grundsätzlich obliegt nach dem föderalen Prinzip den Vollzugsbehörden der Bundesländer die Zuständigkeit für die Überwachung. Im Juni 2017 legte die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Beschränkungsvorschlag für den Einsatz bleihaltiger Munition in Feuchtgebieten gemäß Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) vor. Der Vorschlag wurde von den ECHA-Ausschüssen für Risikobewertung und für sozioökonomische Analyse bewertet. Die Stellungnahme der Ausschüsse wurde im August 2018 auf der Webseite der ECHA veröffentlicht und der Europäischen Kommission übermittelt. Diese arbeitet im Anschluss einen Entwurf für eine Kommissionsverordnung zur Änderung des Anhangs XVII der REACH-Verordnung aus, über den die Mitgliedstaaten im REACH-Regelungsausschuss abstimmen werden . Unter REACH erlassene Beschränkungen gelten in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar und müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden. 5. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die fast vollständige Aufhebung des Verbotes von bleihaltiger Jagdmunition in Norwegen, und falls ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahme? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde in Norwegen zum 1. Januar 2005 ein generelles Verbot der Nutzung von bleihaltiger Schrotmunition für die Jagd eingeführt . Gemäß einem Beschluss des norwegischen Parlaments vom 3. Februar 2015 wurde das generelle Verbot mit Wirkung vom 16. Juli 2015 dahingehend geändert , dass die Nutzung von bleihaltiger Schrotmunition für die Jagd auf bestimmte Tierarten wieder erlaubt wurde. Die Freigabe gilt für Tierarten, die außerhalb von Feuchtbiotopen leben, also nicht für Enten, Gänse usw. Mit bleihaltiger Schrotmunition dürfen daher bejagt werden Tiere, die auf festem Land leben, z. B. Schneehühner, Auerhähne, Nebelkrähen, Hasen, Kaninchen, Rehe, Baummarder , Marderhunde, Waschbären, Dachse, Amerikanische Nerze etc. sowie Gänse, die sich auf Ackerland befinden. Weiterhin verboten bleibt die Nutzung von bleihaltiger Schrotmunition in Schießständen. 6. Inwiefern berücksichtigt die Bundesregierung die Erfahrungen Norwegens mit dem Verbot von bleihaltiger Munition bei ihren derzeitigen Überlegungen , den Bleigehalt von Jagdmunition zu vermindern? Die Hintergründe und mögliche Erfahrungen, die in Norwegen zu einer eingeschränkten Zulassung bleihaltiger Schrotmunition bei der Jagdausübung geführt haben, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Im Übrigen hat sich die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) umfassend mit den Auswirkungen des Verbots von bleihaltiger Munition in Feuchtgebieten befasst . Die dabei gewonnenen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor und werden derzeit geprüft. Der Beschränkungsvorschlag der Europäischen Chemikalienagentur sowie das dazugehörige Hintergrunddokument beinhalten eine detaillierte Untersuchung der Auswirkungen des Verbots von bleihaltiger Munition zur Verwendung in Feuchtgebieten. Hierfür wurden zahlreiche Studien, z. B. zur technischen und wirtschaftlichen Eignung alternativer Materialien wie Stahl, Bismut oder Wolfram , ausgewertet. Auch die Erfahrungen der Staaten, in denen die Verwendung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4239 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode bleihaltiger Munition bereits verboten ist, spielten bei der Erstellung und der Bewertung des Beschränkungsvorschlags eine zentrale Rolle. Beispielsweise ist die Verwendung bleihaltiger Munition im EU-Mitgliedstaat Dänemark bereits seit 1996 ausnahmslos verboten. 7. Welche anderen Nationen haben nach Kenntnis der Bundesregierung ein Verbot bleihaltiger Jagdmunition wieder aufgehoben und weshalb? Die USA haben im März 2017 das von der Obama-Regierung verabschiedete und bis 2022 geplante Phase-out von Bleimunition nach dem Amtsantritt von Präsident Trump rückgängig gemacht1. Aber auch hier hat das Verwendungsverbot von Bleimunition für Wasservögel weiterhin Gültigkeit2. In Kalifornien ist im Jahr 2015 ein Gesetz zur Rücknahme des Verbots von Bleimunition gescheitert3. Über EU-Mitgliedstaaten, die ein Verbot bleihaltiger Munition (zum Teil) wieder aufgehoben haben, liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Nach Angabe der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ist aktuell in 24 EU-Mitgliedstaaten die Verwendung von bleihaltiger Munition verboten (ausnahmslos oder für unterschiedliche Anwendungsbereiche wie z. B. in ausgewiesenen Gebieten oder für bestimmte Spezies). Lediglich in vier EU-Mitgliedstaaten (Irland, Polen, Slowenien und Rumänien) existiert bisher kein derartiges Verbot 4. 1 www.livescience.com/58151-trump-administration-overturns-lead-bullet-ban.html 2 www.browngold.com/duck-hunters-beware-illegal-hunt-waterfowl-lead-shot 3 www.kcet.org/redefine/repeal-of-californias-lead-ammo-ban-fails-for-now 4 s. Tabelle 4 des Hintergrunddokuments zum Beschränkungsvorschlag für Blei in Munition zur Verwendung in Feuchtgebieten (S. 53 – 55): https://echa.europa.eu/documents/10162/374e0b6f-7d85-905a-e012-47d52df299c2 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333