Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 11. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4297 19. Wahlperiode 12.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bettina Hoffmann, Steffi Lemke, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/4044 – Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik auf die Gesundheit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mikro- und Nanoplastikpartikel sind überall in der Umwelt nachweisbar. Sie gelangen beispielsweise durch die Zersetzung größerer Plastikteile oder über Kosmetika, Reifenabrieb bzw. Kunststofffasern von synthetischer Kleidung ins Meer. Im Meereis der Arktis haben Forscher bis zu 12 000 Mikroplastikteilchen pro Liter nachgewiesen. Aber auch in Flüssen und terrestrischen Ökosystemen sind Mikro- und Nanoplastik nachweisbar. Schätzungen gehen davon aus, dass die Verschmutzung mit Mikroplastik an Land die Belastung der Meere um das 4- bis 23-Fache übersteigt . Schweizer Forscher haben sogar in geschützten Gebieten des Schweizer Hochgebirges Mikroplastik nachgewiesen. Der Schluss liegt nahe, dass der Transport des Mikroplastiks hier vor allem über die Luft geschehen ist. Gelangt das Mikroplastik in die Natur, baut es sich nicht oder nur über extrem lange Zeiträume ab. Aktuelle Studien zeichnen ein immer deutlicheres Bild des dramatischen Ausmaßes der Verunreinigung unserer Umwelt mit Mikro- und Nanoplastik. Insbesondere die Folgen für die menschliche Gesundheit sind bislang allerdings noch nicht ausreichend erforscht. Mikro- und Nanoplastikpartikel werden von Kleinstlebewesen aufgenommen und gelangen so in die Nahrungskette . Auch der Mensch kann Plastikpartikel über die Nahrung, Wasser oder die Luft aufnehmen. In Fischen, Meeresfrüchten, Salz oder Bier wurden Mikro- und Nanoplastikpartikel gefunden. Untersuchungen an Fischen zeigen, dass Nanoplastikpartikel die Blut-Hirn- Schranke passieren können und verhaltensändernd auf die Tiere wirken. Diese Ergebnisse sind mit Blick auf die Wirkung für die menschliche Gesundheit besorgniserregend . Genau wie die mögliche Plazenta- und Lungengängigkeit von Mikro- und Nanoplastikpartikeln oder die Toxizität von Plastikpartikeln aufgrund von chemischen Zusätzen wie Bisphenol A oder Phthalaten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4297 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Aufgrund der Vielzahl offener Fragen zum Themenkomplex „Kunststoffe und Umwelt“ hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Oktober 2017 einen Forschungsschwerpunkt zum Thema „Plastik in der Umwelt – Quellen • Senken • Lösungsansätze“ aufgelegt und fördert mit rund 35 Mio. Euro insgesamt 18 Verbundprojekte mit mehr als 100 beteiligten Institutionen aus Wissenschaft , Wirtschaft und Praxis. Dies ist aktuell eine der größten Forschungsaktivitäten in diesem Bereich, auch im internationalen Vergleich (http://bmbfplastik .de/home ). Mit diesem Forschungsschwerpunkt soll dem aktuell immer noch lückenhaften Kenntnisstand entgegengewirkt werden. Für genauere Informationen zu diesem Forschungsschwerpunkt wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/2451 verwiesen . Zur Definition der Begriffe Mikro- und Nanoplastik wird ebenfalls auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/2451 verwiesen. 1. Welche Erkenntnisse aus aktuellen Forschungsvorhaben zum Transport von Mikro- und Nanoplastik über verschiedene Umweltmedien wie Luft und Wasser liegen der Bundesregierung vor, und welchen weiteren Forschungsbedarf sieht die Bundesregierung hier? Zum Transport von Mikro- und Nanoplastik über verschiedene Umweltmedien wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Welche Aufnahmepfade für Mikro- und Nanoplastik in den menschlichen Organismus sind nach Kenntnis der Bundesregierung bekannt, und welchen weiteren Forschungsbedarf sieht die Bundesregierung hier? Zu den Aufnahmepfaden von Mikro- und Nanoplastik in den menschlichen Organismus liegen erst wenige Erkenntnisse vor. Bezüglich des generellen Forschungsbedarfs wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrem, im Jahr 2016 veröffentlichten Statement, dass Mikroplastik nicht nur über Lebensmittel, sondern auch über andere Aufnahmepfade wie zum Beispiel Verarbeitungshilfsstoffe, Wasser, Luft und Textilien in den menschlichen Organismus gelangen kann. Die bisherigen Erkenntnisse zum Aufnahmepfad in Lebensmittel fokussieren sich auf die Lebensmittelgruppe „Fische und Meeresfrüchte“ (www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4501). Geeignete Verfahren für die Bestimmung von Mikroplastik in Lebensmitteln werden derzeit von einigen amtlichen Laboratorien der Bundesländer und universitären Forschungseinrichtungen entwickelt. Erst wenn sichergestellt ist, dass die Analyseverfahren für das Vorkommen von Mikroplastik in Lebensmitteln verlässliche Ergebnisse liefern können, besteht eine valide Grundlage für die Bewertung des gesundheitlichen Risikos. 3. Wie viele Mikro- und Nanoplastikpartikel werden nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich über die Luft transportiert? Über den durchschnittlichen Transport von Mikro- und Nanoplastikpartikeln über die Luft liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4297 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Belastung von Innenraumluft mit Mikro- und Nanoplastikpartikeln? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Generell ist davon auszugehen, dass bestimmte handwerkliche Aktivitäten, wie beispielsweise Abrieb - und Zerspanungsprozesse von Plastikmaterialien zu kurzzeitigen Belastungsspitzen im Innenraum führen können. 5. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die wichtigsten Emissionsquellen für den Eintrag von Mikro- und Nanoplastik in die Luft bzw. in die Innenraumluft? Der Bundesregierung liegen keine quantitativen Ergebnisse vor. 6. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Freisetzung von klimaschädlichem Methan und anderer flüchtiger organischer Verbindungen bei der Zersetzung von Kunststoffen vor? a) Wenn ja, wie bewertet sie diese hinsichtlich der Folgen für Umwelt und Gesundheit? b) Wenn nein, welchen Forschungsbedarf sieht die Bundesregierung hier? Nein. Grundsätzlich ist die Bildung von Methan und flüchtigen organischen Verbindungen im Zuge der Degradation von Kunststoffen möglich. Dazu tragen biologische und physikochemische Prozesse bei. In welchem Umfang Kunststoffe durch diese Prozesse degradiert werden und welche Relevanz diese für den Abbau in seiner Gesamtheit unter den verschiedenen Einwirkbedingungen (beispielsweise im Wasser, im Boden, in Anlagen wie Kläranlagen/Gäranlagen/Kompostanlagen ) haben, wird aktuell in dem oben genannten Forschungsschwerpunkt des BMBF untersucht. 7. Wie viele Mikro- und Nanoplastikpartikel werden nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich über Wasser transportiert (bitte nach Abwasser , Grundwasser und Trinkwasser aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zum durchschnittlichen Transport von Mikro- und Nanoplastik über Wasser vor. Für Abwasser wird zudem auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/2451 verwiesen. 8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Belastung von Trinkwasser mit Mikro- und Nanoplastikpartikeln? Der Bundesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse zum Vorkommen von Mikroplastik im Trinkwasser vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2, letzter Absatz verwiesen. Die Filtrationsverfahren bei der Trinkwassergewinnung und -aufbereitung entfernen bestimmungsgemäß kleine Partikel (wie z. B. Bakterien) sehr wirkungsvoll. Daraus lässt sich schließen, dass sie auch Mikroplastik ebenso wirksam entfernen. Erste Forschungsergebnisse des Karlsruher Instituts für Technologie zeigen beispielhaft die Wirksamkeit der Aufbereitung. Es wurden Partikelreduktionen im Bereich größer 99 Prozent in Bezug auf Rohwasser aus dem Zürichsee nachgewiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4297 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur Belastung pelagischer und demersaler Fische der deutschen Nordseegebiete mit Mikround Nanoplastikpartikeln vor? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 (dort letzter Absatz) der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/2451 wird verwiesen. 10. Inwieweit können Menschen nach Kenntnis der Bundesregierung Mikround Nanoplastik durch den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten aufnehmen ? Zum Vorkommen von Mikroplastikpartikeln in aquatischen Organismen, die der Lebensmittelgewinnung dienen (Fische, Muscheln, Krebse), liegen der Bundesregierung einige Untersuchungsergebnisse vor. Dabei handelt es sich überwiegend um experimentelle Arbeiten über die Aufnahme bzw. Abgabe von Mikroplastikpartikeln und ihren Nachweis in Organen/Geweben von aquatischen Organismen . Hollman et al. (2013)1 haben das Vorkommen von Plastikpartikeln bei wildlebenden oder aus dem Handel stammenden Invertebraten (Wirbellose, z. B. Muscheln) beschrieben. Hier wiesen Miesmuscheln, die entlang der französischbelgischen -niederländischen Küste untersucht wurden, Mikroplastikpartikel in niedriger Konzentration von 2 Stück je Gramm Körpergewicht auf. De Witte et al. (2014)2 fanden bei wildlebenden Nordsee-Miesmuscheln und Muscheln aus dem Handel je nach Herkunft fadenförmige Plastikpartikel in einer Menge von 2,6 bis 6,1 Stück je 10 Gramm Muschelmasse. Der überwiegende Teil der Arbeiten zum Vorkommen von Mikroplastikpartikeln in Fischen und Krustentieren bezieht sich auf Untersuchungen des Magen-Darm-Traktes der Tiere, welcher bei den meisten Fischen nicht mit verzehrt wird, sodass sich hieraus keine Erkenntnisse über den Gehalt an Mikroplastikpartikeln in Lebensmitteln ergeben (Boerger et al., 20103; Dantas et al., 20124; Davison et al., 20115; Lusher et al., 20126; Murray und Cowie, 20117; Possatto et al, 20118; Vethaak und Leslie, 20129). In einigen Publikationen wurde die Art der Partikel näher beschrieben. So fanden Lusher et al. (2012) Plastikarten wie Polyamid, Polyester, Polystyrol, low-density -Polyester und Acrylat. Es dominierten hierbei fadenförmige, fragmentierte und runde Mikroplastikpartikel. Am häufigsten wurde halbsynthetische Kunstseide (Viskose) identifiziert. Vethaak und Leslie (2012) wiesen bei Kabeljau, He- 1 Hollman, P.C.H; Bouwmeester, H.; Peters, R.J.B (2013): Microplastic in the aquatic food chain. RIKILT report 2013.003, Wageningen UR, 2013. 2 De Witte, B.; L. Devriese, K. Bekaert, S. Hoffman, G. Vandermeersch, K. Cooreman, J. Robbens (2014): Quality assessment of the blue mussel (Mytilus edulis): Comparison between commercial and wild types. Mar.Poll.Bull., in press. (http://dx.doi.org/10.1016/j.marpolbul. 2014.06.006) 3 Boerger, C.M.; Lattin, G.L.; Moore, S.L.; Moore, C.J. (2010): Plastic ingestion by planktivorous fishes in the North Pacific Central Gyre. Mar. Poll. Bull. 60, 2275-2278. 4 Dantas, D.; Barletta, M.; da Costa, M.F. (2012): The seasonal and spatial patterns of ingestion of polyfilament nylon fragments by estuarine drums (Sciaenidae). Environ.Sci.Poll.Res.Int. 19, 600-606. 5 Davison, P.; Asch, R.G. (2011): Plastic ingestion by mesopelagic fishes in the North Pacific Sub-tropical Gyre. Marine Ecology Progress Series 432, 173-180. 6 Lusher, A.L.; McHugh, M.; Thompson, R.C. (2012): Occurrence of microplastics in the gastrointestinal tract of pelagic and demersal fish from the English Channel. Mar. Poll. Bull. 67 (1-2), 94-99. 7 Murray, F. und Cowie, P.R. (2011): Plastic contamination in the decapod crustacean Nephrops norvegicus (Linnaeus, 1758). Mar Pollut Bull. 2011 Jun; 62(6):1207-17. doi: 10.1016/j.marpolbul. 8 Possatto, F.E.; Barletta, M.; Costa, M.F.; Ivar do Sul, J.A.; Dantas, D.V. (2011): Plastic debris ingestion by marine catfish: An unexpected fisheries impact. Mar. Poll. Bull. 62 (5), 1098-1102. 9 Vethaak, D. und Leslie, H. (2012): Occurrence, fate and effects of plastics in the marine environment. Plastic Forever Symposium, KNCV, 2 November 2012, Delft, NL. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4297 ring, Wittling, Seehecht und Pferdemakrele Polyethylenterephthalat, Polypropylen , Polyethylen und Styrolacrylat-Copolymer nach. In 23 Prozent der Proben war die Plastikart jedoch unbekannt bzw. konnte nicht bestimmt werden. 11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Nachweis von Mikroplastikpartikeln in handelsüblichem Meersalz und Fleur de Sel, und wie bewertet sie mögliche Gesundheitsgefährdungen, die daraus für den Menschen entstehen? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über Untersuchungsergebnisse aus der amtlichen Lebensmittelüberwachung von Mikroplastik in handelsüblichem Meersalz und Fleur de Sel. Aus Presseberichten von Mitte Januar 2018 geht hervor, dass neun Proben Meersalz und Fleur de Sel von der Universität Oldenburg, Institut für Biologie und Chemie des Meeres, stichprobenartig auf Mikroplastik untersucht worden sind. Dabei wurden in Fleur de Sel höhere Befunde ermittelt als in herkömmlichem Meersalz. Die Analysemethode ist der Bundesregierung nicht bekannt. 12. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits Studien zur individuellen Belastung von Menschen mit Mikro- und Nanoplastikpartikeln? a) Wenn ja, welche Ergebnisse sind der Bundesregierung aus diesen Studien bekannt, und wie bewertet sie diese? b) Wenn nein, wird die Bundesregierung hierzu eigene Forschungsvorhaben durchführen bzw. in Auftrag geben? Der Bundesregierung sind keine derartigen Studien bekannt. Die Bundesregierung plant derzeit auch keine Forschungsvorhaben. 13. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits Studien zu den Hauptexpositionsquellen von Menschen gegenüber Mikro- und Nanoplastikpartikeln ? a) Wenn ja, welche Ergebnisse sind der Bundesregierung aus diesen Studien bekannt, und wie bewertet sie diese? b) Wenn nein, wird die Bundesregierung hierzu eigene Forschungsvorhaben durchführen bzw. in Auftrag geben? Nein. Angaben zur Höhe der Belastung der unterschiedlichen Medien durch Mikroplastik und damit ihrer potenziellen Bedeutung als Expositionsquelle für den Menschen variieren beträchtlich. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik gibt Beispiele für Partikelkonzentrationen in verschiedenen Umweltkompartimenten. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4297 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Lungengängigkeit von Mikro- und Nanoplastikpartikeln? a) Welche Handlungsempfehlungen für den vorsorgenden Gesundheitsschutz der Bevölkerung resultieren nach Ansicht der Bundesregierung hieraus? b) Welchen weiteren Forschungsbedarf sieht die Bundesregierung hierzu? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur Lungengängigkeit von Mikro- oder Nanoplastikpartikeln vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 15. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob Mikro- und Nanoplastikpartikel beim Menschen selektive Membranen wie die Blut-Hirn-Schranke oder die Plazenta überschreiten? a) Welche Handlungsempfehlungen für den vorsorgenden Gesundheitsschutz der Bevölkerung resultieren nach Ansicht der Bundesregierung hieraus? b) Welchen weiteren Forschungsbedarf sieht die Bundesregierung hierzu? Der Bundesregierung liegen keine Daten zur Passage der menschlichen Blut- Hirn-Schranke durch Mikro- oder Nanoplastikpartikel vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Die grundsätzliche Möglichkeit einer Passage der menschlichen Placenta- Schranke durch Polystyrol-Partikel von bis zu 240 Nanometern Durchmesser wurde in einem ex vivo-Modell gezeigt (https://ehp.niehs.nih.gov/doi/pdf/ 10.1289/ehp.0901200). Gemäß einer Stellungnahme der EFSA (www.efsa.europa. eu/de/efsajournal/pub/4501) ist davon auszugehen, dass Partikel mit einer Größe von weniger als 1,5 µm prinzipiell die Darmbarriere überschreiten und systemisch verteilt werden können. In Studien an Labornagern fiel die Absorption von Mikroplastikpartikeln über die Darmbarriere mit 0,04 Prozent bis 0,3 Prozent der verabreichten Dosen gering aus, wobei anzumerken ist, dass in diesen Studien Partikeldosen eingesetzt wurden, die weit über realistischen Expositionsszenarien für den Menschen liegen. Die EFSA weist in ihrer oben erwähnten Stellungnahme darauf hin, dass weitere Untersuchungen zur Toxikokinetik von Mikro- und Nanoplastikpartikeln notwendig sind. 16. Welche Gesundheitsauswirkungen sind nach Erkenntnis der Bundesregierung zu befürchten, wenn Mikro- und Nanoplastik beim Menschen selektive Membranen wie die Blut-Hirn-Schranke oder die Plazenta überschreiten? Zur Passage der menschlichen Blut-Hirn-Schranke und der menschlichen Placenta-Schranke durch Mikro- und Nanoplastikpartikel fehlen bislang belastbare Daten. Eventuelle gesundheitliche Auswirkungen können daher noch nicht beurteilt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4297 17. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik auf die menschliche Gesundheit erforscht, und welche eigenen Forschungsvorhaben plant die Bundesregierung, hierzu durchzuführen bzw. in Auftrag zu geben? Die möglichen Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik auf die menschliche Gesundheit sind bislang nur unzureichend erforscht. Hierzu sei nochmals auf die Empfehlungen der EFSA zu weiteren Forschungen im Bereich von Toxikokinetik und Toxizität dieser Partikel verwiesen. Bislang verfügbare Daten deuten auf eine geringe Bioverfügbarkeit und Toxizität von Mikroplastikpartikeln hin. Im Bundesinstitut für Risikobewertung beschäftigt sich die „Nachwuchsgruppe Nanotoxikologie“ mit Fragen der gastrointestinalen Aufnahme und Toxizität von Mikro- und Nanoplastikpartikeln. Im Rahmen des oben genannten BMBF-Forschungsschwerpunktes werden Projekte zu Untersuchungsmethoden und zu biologischen Wirkungen von Mikround Nanoplastik auf lebende Wasserorganismen gefördert. Einige Verbundprojekte beschäftigen sich mit (öko-)toxikologischen Studien an verschiedenen, im Wasser lebenden Testorganismen. Das BMBF beabsichtigt weiterhin, ab Herbst 2018 zwei Forschungsprojekte zu fördern, die sich mit Fragen der Vorhersage von toxikologischen Wirkungen und der Weiterentwicklung von quantitativen Messmethoden beschäftigen. 18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Toxizität von Mikround Nanoplastik für den menschlichen Organismus aufgrund der Anreicherung von Schadstoffen an der Oberfläche von Mikro- und Nanoplastikpartikeln ? Es ist in der Literatur beschrieben, dass Mikroplastikpartikel Stoffe anbinden und Wechselwirkungen eingehen können. Aufgrund der überwiegend unpolaren, lipophilen (= fettliebenden) Eigenschaften von Mikroplastikpartikeln werden hier Stoffe wie z. B. polychlorierte Biphenyle (PCB) oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) diskutiert. Ob diese Stoffe über die Aufnahme durch beladene Mikroplastikpartikel tatsächlich zur Exposition des Menschen beitragen, ist eine offene Forschungsfragestellung. Eine Modellrechnung der EFSA (www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4501) zeigt auf, dass sich die tägliche Aufnahme von PCB und PAH über den Verzehr von belasteten Mikroplastikpartikeln in Muscheln im Vergleich zu anderen Aufnahmepfaden lediglich um 0,006 Prozent bei den PCB bzw. weniger als 0,004 Prozent bei den PAH erhöht . Dabei wurde der Extremfall angenommen, dass ein Verbraucher täglich 225 g Muscheln mit einem Gehalt von 7 µg Mikroplastikpartikeln je kg Muscheln (entspricht 900 Partikeln) verzehrt, die wiederum hohe Gehalte an PCB und PAH aufweisen und von denen die PCB bzw. PAH komplett in den Menschen übergehen . 19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Freisetzung gesundheitsschädlicher Additive wie Bisphenol A und Phthalate aus Mikro- und Nanoplastikpartikeln? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333