Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 11. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4329 19. Wahlperiode 13.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörg Schneider, René Springer, Uwe Witt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4032 – Überprüfung des Krankenversicherungsschutzes von EU-Bürgern im Rahmen von § 2 Absatz 5 des Freizügigkeitsgesetzes/EU V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r § 2 Absatz 5 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) regelt, dass EU- Ausländer bei einem Aufenthalt von länger als drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland ausreichende Existenzmittel und einen Krankenversicherungsschutz nachweisen müssen. In Deutschland besteht die Pflicht, krankenversichert zu sein. Seit 2014 gilt das EU-Freizügigkeitsgesetz ohne Einschränkungen auch für bulgarische und rumänische Staatsbürger. Seitdem kam es zu einem starken Zuzug aus diesen beiden Ländern. Ende 2017 lebten etwa 933 000 Bulgaren und Rumänen in Deutschland (Quelle: www.destatis.de). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : § 2 Absatz 5 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) regelt für den Aufenthalt von Unionsbürgerinnen und -bürgern von bis zu drei Monaten, dass der Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses ausreichend ist. Weitergehende Vorgaben sind dort ‒ mit Ausnahme von solchen zu gleichlautenden Bestimmungen für drittstaatangehörige Familienangehörige von Unionsbürgerinnen und -bürgern ‒ nicht normiert. Mit Blick auf die Vorbemerkung der Fragesteller sei auf § 4 FreizügG/EU hingewiesen, der sich jedoch nur auf nicht erwerbstätige Unionsbürgerinnen und -bürger bezieht. Die Möglichkeiten des Krankenversicherungsschutzes von Unionsbürgerinnen und -bürger in Deutschland hängen von der Zuordnung einer Personengruppe zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sowie dem Status des Aufenthaltes im Rahmen der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen , sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4329 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77) sowie im Rahmen des FreizügG/EU ab. Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1) regelt die Zuordnung von Unionsbürgerinnen und -bürgern zu einem System der Gesundheitsversorgung innerhalb der Mitgliedstaaten . Der weit überwiegende Teil der Unionsbürgerinnen und -bürger hat nach der Verordnung die Möglichkeit, Gesundheitsleistungen auch außerhalb des Mitgliedstaates, in dem sein Zugang zum System der Krankenversicherung besteht , in einem anderen Mitgliedstaat zu erhalten. Grundsätzlich kann der Nachweis des Krankenversicherungsschutzes erbracht werden durch: Absicherung über das Heimatland, Absicherung über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), Absicherung im Krankheitsfall über die private Krankenversicherung (PKV). Sowohl für die zuziehenden Unionsbürgerinnen und -bürger als auch für die zuständigen Krankenkassen kann es aufwändig sein, den grundsätzlich bestehenden Schutz zu realisieren und zu prüfen. Die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Bundesregierung bekannt und werden angegangen: So hat sich in der vergangenen Legislaturperiode unter Federführung des Bundesministerium des Innern und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ein Staatssekretärsausschuss mit „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU- Mitgliedstaaten“ beschäftigt. Der Abschlussbericht (Bundestagsdrucksache 18/2470) sieht verschiedene Maßnahmen vor, um den betroffenen EU-Bürgerinnen und -Bürgern die Realisierung des Zugangs zum System der Krankenversorgung zu erleichtern. Darüber hinaus haben einzelne Länder (z. B. NRW) sog. Clearing-Stellen eingerichtet, die Zuwanderer bei der Realisierung ihres Krankenversicherungsschutzes unterstützen. Insgesamt stellen die zuständigen Stellen sicher, dass Zuwanderer aus dem europäischen Ausland die bestehenden Möglichkeiten der Absicherung im Krankheitsfall auch erlangen. 1. Wie wird bei EU-Ausländern bei einem Aufenthalt von länger als drei Monaten nach Kenntnis der Bundesregierung festgestellt, ob ein Krankenversicherungsschutz besteht? In welcher Form werden diese Daten erhoben und gespeichert? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Das Bestehen der Freizügigkeit nach der Richtlinie 2004/38/EG wird bei Unionsbürgerinnen und - bürgern nach Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgrund der Unionsbürgerschaft vermutet und von den Ausländerbehörden nicht positiv festgestellt. Eine Vorsprache bei den Ausländerbehörden , wie dies bei Drittstaatangehörigen der Fall ist, erfolgt bei Unionsbürgerinnen und -bürgern nicht. Die Feststellung der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU erfolgt gemäß § 5 Absatz 3 FreizügG/EU aus besonderem Anlass, etwa wenn Erkenntnisse vorliegen, dass die Voraussetzungen der Freizügigkeit, wie z. B. die Arbeitnehmereigenschaft, nicht mehr vorliegen könnten. Hierfür sind nach § 7 FreizügG/EU die Ausländerbehörden zuständig . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4329 2. Wie viele EU-Ausländer mit einem Aufenthalt länger als drei Monate ohne Krankenversicherung leben nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 in Deutschland (bitte nach Jahr und Nationalität aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. a) Wie und nach welcher Überschreitungszeit werden nach Kenntnis der Bundesregierung EU-Ausländer behördlich informiert, wenn nach einem Aufenthalt von länger als drei Monaten in Deutschland keine Angaben zu einer Krankenversicherung vorliegen? b) Bei welcher Überschreitungsdauer der Aufenthaltsgenehmigung und mit welcher Frist werden nach Kenntnis der Bundesregierung EU-Ausländer bei einem Aufenthalt von länger als drei Monaten in Deutschland ohne Krankenversicherungsschutz zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert (ggf. nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die Fragen 3a und 3b werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Der Bundesregierung liegen im Übrigen hierzu keine Erkenntnisse vor. c) Welche Zwangsmaßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung gegen EU-Ausländer verhängt, die nach § 2 Absatz 5 FreizügG/EU kein Aufenthaltsrecht mehr haben und ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen ? Wird das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aus besonderem Anlass festgestellt , ist der Unionsbürger gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 FreizügG/ EU zur Ausreise verpflichtet. Gemäß § 7 Absatz 1 Satz 2 FreizüG/EU soll dem Unionsbürger die Abschiebung angedroht und eine Ausreisefrist gesetzt werden. Bei nicht freiwilliger Ausreise kann eine zwangsweise Rückführung erfolgen. In bestimmten Fallkonstellationen , wie z. B. bei dem Verlustgrund gemäß § 6 FreizügG/EU (aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit) oder nach § 2 Absatz 7 FreizügG/EU (Täuschung über Vorliegen einer Voraussetzung für die Freizügigkeit durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen), wird/kann die Wiedereinreise nach und der Aufenthalt in Deutschland untersagt werden. d) Wie viele EU-Ausländer sind nach Kenntnis der Bundesregierung bezugnehmend auf Frage 3b seit 2014 pro Jahr der Ausreisepflicht nachgekommen (bitte nach Nationalität aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Wie viele Fälle pro Jahr hat es nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 gegeben, bei denen EU-Ausländer ohne Krankenversicherung Heil- und Pflegeleistungen erhalten haben (bitte nach Nationalität aufschlüsseln)? Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs haben Personen, die sich nicht auf ein Freizügigkeitsrecht aus der Freizügigkeitsrichtlinie berufen können, keinen Anspruch nach Artikel 24 Absatz 1 der Freizügigkeitsrichtlinie auf Gleichbehandlung beim Zugang zu Sozialhilfe. Artikel 24 Absatz 2 der Freizügigkeitsrichtlinie sieht zudem vor, dass Unionsbürgerinnen und -bürger, die im Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4329 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Aufnahmestaat weder Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer noch Selbstständige sind oder waren und auch keine Familienangehörigen dieser Personengruppe sind, von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden können. Hiervon hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht. Für die in § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen, also insbesondere solche, die nicht in Deutschland Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer oder Selbständige sind, und auch kein Aufenthaltsrecht wegen vorheriger Beschäftigung haben oder Familienangehörige einer solchen Person sind, gilt daher im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen zur Hilfe bei Krankheit folgende Rechtslage: Der zuständige Träger der Sozialhilfe erbringt einmalig innerhalb einer Rahmenfrist von zwei Jahren bis zur Ausreise des Hilfebedürftigen, längstens jedoch für einen Monat, Überbrückungsleistungen. Diese umfassen die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstige zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderliche Leistungen. Leistungen sind nur über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfalls aufgrund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Welche Kosten pro Jahr sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 dem Gesundheitsfonds und der Pflegeversicherung durch EU-Ausländer ohne Krankenversicherung entstanden (bitte nach Nationalität aufschlüsseln )? Durch Unionsbürgerinnen und -bürger ohne Krankenversicherungsschutz entstehen grundsätzlich weder der Krankenversicherung noch der Pflegeversicherung Kosten. Die Krankenkassen haben sich jedoch nach § 20i Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Versicherteneigenschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zum Zeitpunkt der Durchführung einer Schutzimpfung noch nicht festgestellt ist und die nicht privat krankenversichert sind, durch Erstattung der Sachkosten an den Kosten der Durchführung von Schutzimpfungen zu beteiligen. Diese Vorschrift dient dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, konkrete Fallzahlen liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333