Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 12. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4359 19. Wahlperiode 14.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bettina Hoffmann, Lisa Badum, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/4051 – Sammlung und Verwertung von Einweggetränkeverpackungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Viele umweltschädliche Einwegverpackungen lassen sich einfach durch ressourcenschonende und klimafreundliche Mehrweglösungen ersetzen. In Deutschland gibt es ein einmaliges und gut funktionierendes Mehrwegsystem, das vor allem durch mittelständische Unternehmen getragen wird. Allerdings geht der Trend in den letzten Jahren zu immer mehr Einweggetränkeverpackungen . Das führt zu immer mehr Plastikmüll und bedroht das Mehrwegsystem. Die seit dem 1. Januar 2003 geltende Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen trägt erfolgreich dazu bei, die Vermüllung der Umwelt mit Einweg- PET-Flaschen und Getränkedosen zu reduzieren. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen vom Einwegpfand, die für die Verbraucherinnen und Verbraucher ärgerlich sind und für Verwirrung sorgen. Niemand kann nachvollziehen, warum für die Einwegplastikflasche mit Mineralwasser ein Pfand gezahlt werden muss, für die Einwegplastikflasche mit Saft hingegen nicht. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist heute kaum zu erkennen, dass viele Pfandflaschen unökologische Einwegflaschen sind, die nach der Rückgabe nicht wiederverwendet werden. Wenn ökologisch nachteilige Einwegflaschen in Mehrwegkästen angeboten werden, wird diese Unübersichtlichkeit noch erhöht . Diese Situation erschwert auch bessere Sammel- und Verwertungsquoten für alle Einwegflaschen. 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit der Anteil von Einweggetränkeverpackungen am deutschen Getränkemarkt, und wie hat sich der Anteil seit Einführung des Einwegpfands entwickelt (bitte nach bepfandeten und pfandfreien Einwegflaschen aufschlüsseln)? Der Anteil von Einweggetränkeverpackungen, einschließlich ökologisch vorteilhafter Einweggetränkeverpackungen, ist im Jahr 2003 in den damals der Pfandpflicht unterliegenden Getränkesegmenten aufgrund der Einführung der Pfandpflicht von 43,8 Prozent im Jahr 2002 auf 36,3 Prozent gefallen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4359 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ab dem Jahr 2004 wurden neue Abgrenzungen der pfandpflichtigen Getränkesegmente eingeführt. Dies führte zu einer veränderten Erhebung. In den folgenden Zahlen sind die bepfandeten Getränkesegmente Wasser, Bier, Erfrischungsgetränke , alkoholhaltige Mischgetränke und die unbepfandeten Getränkesegmente Säfte/Nektare, diätetische Getränke, Wein, Milchgetränke, Milchmischgetränke und sonstige milchbasierte Getränke enthalten. Die folgenden Zahlen sind daher nicht unmittelbar mit den Zahlen des Jahres 2003 vergleichbar. Der Einweganteil lag im Jahr 2004 bei insgesamt 46,9 Prozent. Bei den bepfandeten Getränkesegmenten lag der Anteil bei 33,7 Prozent und bei den pfandfreien Getränkesegmenten – einschließlich Milch – bei 84,2 Prozent. Bis zum Jahr 2016 stieg der Anteil von Einweggetränkeverpackungen am deutschen Getränkemarkt auf insgesamt 66,11 Prozent. Der Anteil liegt bei 57,2 Prozent bei den bepfandeten und 95,6 Prozent bei den unbepfandeten Getränkesegmenten (einschließlich Milch). 2. Bis wann will die Bundesregierung die gesetzliche Mehrwegquote von 70 Prozent erreichen, und welche konkreten Maßnahmen ergreift sie hierzu? Das Verpackungsgesetz, das am 1. Januar 2019 in Kraft tritt, sieht konkrete zusätzliche Maßnahmen zur Förderung von Mehrweggetränkeverpackungen vor. Zukünftig ist der Handel verpflichtet, beim Verkauf von Getränken in bepfandeten Verpackungen darauf hinzuweisen, ob es sich um Einweg oder Mehrweg handelt . Das wird die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, eine bewusste Kaufentscheidung auch mit Blick auf die Verpackung zu treffen. Außerdem wird die Pfandpflicht auf weitere Getränkesegmente ausgeweitet. Dies gilt insbesondere für kohlensäurehaltige Nektare und für molkehaltige Getränke. Der Deutsche Bundestag hat in einer Entschließung zum Verpackungsgesetz die Bundesregierung aufgefordert, Vorschläge für weitergehende rechtliche Maßnahmen zur Förderung von Mehrweggetränkeverpackungen unter Berücksichtigung von Erkenntnissen aus ökobilanziellen Untersuchungen und von weiteren Nachhaltigkeitsaspekten zu entwickeln, wenn drei Jahre nach Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes der angestrebte Mehrweganteil von 70 Prozent noch nicht erreicht wird. Die Bundesregierung wird von Beginn an die Entwicklung des Mehrweganteils sorgfältig beobachten und mögliche zusätzliche Maßnahmen prüfen. 3. Welche Ausnahmen vom Einwegpfand bestehen, und wie sind diese Ausnahmen begründet? Die von der Pfandpflicht ausgenommenen Getränkebereiche sind in § 31 Absatz 4 Nummer 7 des Verpackungsgesetzes aufgelistet. Es handelt sich im Wesentlichen um Sekt, Wein, Spirituosen, Milch- und Milchmischgetränke, diätetische Getränke, die ausschließlich für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind, Frucht- und Gemüsesäfte sowie Fruchtnektare ohne Kohlensäure. Eine Pfandpflicht beschränkt sich grundsätzlich auf die Getränke, in denen ein Abwägen des ökologischen Nutzens des Pfands einerseits mit dem ökonomischen Aufwand eines Pfand-/Rücknahmesystems andererseits die Einrichtung eines solchen Systems rechtfertigt. Der hohe Aufwand eines Rücknahme- und Pfandsystems rechtfertigt sich zum einen nur bei einem ausreichend hohen Marktvolumen, das die Einrichtung eines effizienten und flächendeckenden Pfand- und Rücknahmesystems oder die Beteiligung an einem solchen ermöglicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4359 Die Ausnahmen werden stets auf ihre Auswirkungen und die Rechtfertigung überprüft. Sie wurden in der Vergangenheit verändert, um Umgehungen zu verhindern oder die Ausnahme an den Stand der Marktentwicklung anzupassen. Aus diesen Gründen wurden im Verpackungsgesetz auch die bereits erwähnten Getränkesegmente zusätzlich der Pfandpflicht unterworfen. 4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der sogenannte Pfandschlupf beim Einwegpfand, und wie hat sich der Pfandschlupf seit Einführung des Einwegpfands entwickelt? Konkrete Zahlen zum sogenannten Pfandschlupf und zu dessen Entwicklung liegen der Bundesregierung weder für Mehrwegsysteme noch für bepfandete Einweggetränkeverpackungen vor. Eine Schätzung aufgrund der beim Umweltbundesamt verfügbaren Erkenntnisse zu Stückzahlen und zu Rücklaufzahlen lässt auf einen Pfandschlupf bei Einweg in Höhe von etwas über 150 Mio. Euro jährlich schließen. 5. Wie viele Kunststoffflaschen kommen nach Kenntnis der Bundesregierung jedes Jahr auf den deutschen Getränkemarkt (bitte nach Einweg- und Mehrweg -PET-Flaschen aufschlüsseln)? Laut Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung kamen im Jahr 2015 ca. 17,4 Mrd. Einweg-PET-Flaschen mit dem Gesamtgewicht von 454,9 kt auf den Markt. (410,7 kt im pfandpflichtigen Bereich und 44,2 kt im pfandfreien Bereich ). Geht man davon aus, dass die Materialaufteilung in der Größenordnung auch auf Stückzahlen zutrifft, entspricht dies etwa 15,3 Mrd. bepfandeten Flaschen und etwa 1,7 Mrd. pfandfreien Einwegflaschen. Im Jahr 2015 wurden 22,1 kt Mehrweg-PET-Flaschen verbraucht. Stückzahlen liegen im Mehrwegbereich nicht vor. Bei Annahme eines Flaschengewichts von 62 Gramm bei Mehrwegflaschen würde dies etwa 356 Millionen Mehrwegflaschen entsprechen. 6. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Rücknahmequoten für bepfandete Einweggetränkeverpackungen? Die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung schätzt die Rücklaufquote auf über 96 Prozent. 7. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Sammelquoten für pfandfreie Einweggetränkeverpackungen (bitte nach Kunststoffflaschen, Glasflaschen, Schlauchbeuteln, Getränkekartons und Getränkedosen aufschlüsseln )? Es liegen keine differenzierten Zahlen für die Sammelmengen einzelner pfandfreier Verpackungstypen vor. Bei Kunststoffflaschen geht das Umweltbundesamt aufgrund der Ergebnisse aus der GVM-Studie „Aufkommen und Verwertung von PET-Getränkeflaschen in Deutschland 2015“ von einer Sammelquote in Wertstofferfassungssystemen (Pfand-/Rücknahmesystem und duales Systeme) für bepfandete und unbepfandete Einwegflaschen von etwa 95 Prozent aus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4359 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Inwieweit werden nach Kenntnis der Bundesregierung Fehlwürfe bei der Abfalltrennung erfasst, und welche Fehlwurfquoten sind nach Kenntnis der Bundesregierung bei pfandfreien Einweggetränkeverpackungen anzunehmen (beispielsweise Entsorgung über den Restmüll)? Fehlwürfe bei der Abfalltrennung werden nicht systematisch erfasst. In aller Regel werden jedoch unbepfandete Einweggetränkeverpackungen, die im Haushalt anfallen, über die Erfassungssysteme der Dualen Systeme erfasst. Einweggetränkeverpackungen die unterwegs geleert werden, dürften zu großen Teilen der Restmüllentsorgung zugeführt werden. 9. Welcher Verwertung werden pfandfreie Einweggetränkeverpackungen nach Kenntnis der Bundesregierung zugeführt (bitte Verwertungswege anteilig aufschlüsseln)? Es liegen keine differenzierten Verwertungszuführungsquoten für einzelne Verpackungstypen vor. Pfandfreie Einwegkunststoffflaschen werden hauptsächlich dem Recycling zugeführt (vgl. Antwort zu Frage 7). Nach Erkenntnissen des Umweltbundesamtes kommen sie kaum für ein Recycling zu neuen Getränkeflaschen, sondern eher zu Folien, Fasern oder sonstigem in Frage. Mit dem Verpackungsgesetz werden zusätzliche Anreize geschaffen, bereits bestehende Ansätze zur Verwendung in der Produktion zum Beispiel von Reinigungsmittelflaschen auszubauen. Geringe Teile aus der Wertstofferfassung sowie die mit dem Restmüll erfassten Einwegkunststoffflaschen gehen in die energetische Verwertung. Pfandfreie Getränkedosen werden hauptsächlich dem Metallrecycling zugeführt. Dies geschieht auch mit Metallen, die aus den Verbrennungsrückständen von Müllverbrennungsanlagen abgeschieden werden. Pfandfreie Einwegglasflaschen werden hauptsächlich zur Erzeugung von neuem Behälterglas eingesetzt. Getränkekartons werden hauptsächlich Papierfabriken zum Recycling der Papierfasern zugeführt. Schlauch- und Standbodenbeutel werden hauptsächlich energetisch verwertet. 10. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie hoch der Anteil von bepfandeten und pfandfreien Einweggetränkeverpackungen am sogenannten gelitterten Abfall, der in Deutschland beispielsweise in öffentlichen Grünanlagen gesammelt wird, ist? Wenn ja, welche Daten liegen dazu vor? Derart differenzierte Daten zum Littering liegen nicht vor. Es ist allerdings evident , dass der Anteil der bepfandeten Einweggetränkeverpackungen im gelitterten Abfall äußerst gering ist. Das Umweltbundesamt lässt derzeit die unterschiedlichen Aspekte des Litterings in einem Forschungsvorhaben untersuchen mit dem Ziel, eine umfassende Strategie gegen das Littering zu initiieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4359 11. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland das von der EU- Kommission in ihrem Vorschlag für eine Richtlinie über Einwegplastikprodukte angestrebte Ziel einer Sammelquote von 90 Prozent für alle Einwegplastikflaschen (bepfandete und pfandfreie) bereits jetzt erreicht? Es liegt noch keine Berechnungsmethode für die 90-Prozent-Quote vor. Aufgrund der Ergebnisse aus der GVM-Studie „Aufkommen und Verwertung von PET-Getränkeflaschen in Deutschland 2015“ geht das Umweltbundesamt von einer Sammelquote in Wertstofferfassungssystemen (Pfand-/Rücknahmesystem und duales Systeme) für bepfandete und unbepfandete Einwegkunststoffflaschen von etwa 95 Prozent aus (vgl. Antwort zu Frage 7). 12. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die von der EU-Kommission im Richtlinienentwurf über Einwegplastikprodukte vorgeschlagene Sammelquote von 90 Prozent für Einwegplastikflaschen sowie die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Zielerreichung? Die Bundesregierung unterstützt das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Sammelziel nachdrücklich. Nach Auffassung der Bundesregierung bietet sich zum Erreichen dieses Ziels vor allem ein Pfand-/Rücknahmesystem an. 13. Wird sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für ein EU-weit einheitliches Einwegpfandsystem einsetzen? Die Bundesregierung setzt sich aufgrund der Erfahrungen in Deutschland für die Einführung von Pfandsystemen auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein. Dabei ist eine möglichst weitgehende Kompatibilität der Pfandsysteme anzustreben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333