Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 17. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4391 19. Wahlperiode 19.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Sven-Christian Kindler, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/4119 – Geplante Privatisierung von Toll Collect V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Mai 2018 wurden die Rechtstreitigkeiten zwischen dem Bund und Toll Collect GmbH, dem privaten Betreiber des Lkw-Mauterhebungssystems, nach 14 Jahren beigelegt. Seit 2004 wurden rund 250 Mio. Euro Steuergelder für die Anwaltskosten des Bundes im Rahmen des sogenannten Mautschiedsverfahrens verausgabt. Dennoch hat sich die Bundesregierung kürzlich gegen einen zukünftigen Betrieb des Lkw-Mautsystems aus Bundeshand entschieden und plant nun die erneute Veräußerung der Geschäftsanteile an der Toll Collect GmbH und den Abschluss eines neuen Betreibervertrages zum Betrieb des Lkw-Mautsystems mit einem privaten Betreiber. Der neue Kontrakt soll eine Laufzeit bis zum 31. August 2030 haben. Das entsprechende Vergabeverfahren soll noch im Jahr 2018 abgeschlossen werden. 1. Wie lautete der konkrete Auftrag an die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Durchführung der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Mautbetriebs für die Lkw-Maut (bitte im Wortlaut wiedergeben)? Der Auftrag bestand in der „Erstellung einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung einschließlich Variantenabwägung, Risikomatrix, Bewertung sowie Dokumentation“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4391 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Annahmen hinsichtlich der Gesamt-Kapitalkosten eines privaten Betreibers (WACC, also einschließlich Renditeforderungen der Privaten im Bereich des Eigenkapitals) nach dem derzeit verfolgten Privatisierungsbzw . ÖPP-Modell (ÖPP = Öffentlich-private Partnerschaft) sind in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung getroffen worden? 4. Auf welche Weise wurden im Rahmen der Untersuchungen die Erfahrungen aus welchen anderen Staaten berücksichtigt, in denen die Betreiberaufgabe hinsichtlich des Mautsystems von der öffentlichen Hand bzw. öffentlichen Infrastrukturbetreibern wahrgenommen werden? Die Fragen 2 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 19/2950 verwiesen. 3. In welchem exakten Zeitraum wurde die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt? 5. Wann genau wurde dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellte vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung übergeben (bitte das exakte Datum benennen)? 6. Wie viele Seiten bzw. Folien umfasste diese Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ? Handelt es sich um beschriebene Seiten oder Folien? Wie viele Anhänge und/oder Datensätze enthielt die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ? 7. Wann genau wurden dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Entwurfsfassungen und Vorgängerversionen dieser Wirtschaftlichkeitsuntersuchung übergeben (bitte das exakte Datum benennen)? 8. Wie viele Seiten bzw. Folien umfassten diese Vorgängerversionen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung jeweils (bitte einzeln aufschlüsseln)? Die Fragen 3 und 5 bis 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde von Mai 2016 bis November 2016 von den wirtschaftlichen Beratern des BMVI durchgeführt. Die endgültige Fassung des Berichts zur vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde dem BMVI am 29. November 2016 übergeben. Dieser Bericht umfasst 129 Seiten . Im Vorfeld wurden dem BMVI indikative Ergebnisse der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (Übermittlung am 30. September 2016 und am 18. Oktober 2016) und Entwurfsfassungen des Berichts zur vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (Übermittlung am 25. Oktober 2016, Umfang 113 Seiten) und am 18. November 2016 (Umfang 130 Seiten)) übersandt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4391 9. Ist in der letzten vorliegenden, also finalen Fassung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung berücksichtigt, dass der Bund für eine Interimsphase Eigentümer von Toll Collect GmbH sein wird? Wenn ja, inwiefern wurde dieser Aspekt bzw. wurden die entsprechenden Risiken berücksichtigt, und wenn nein, warum wurde dieser Aspekt bzw. wurden die entsprechenden Risiken nicht berücksichtigt? Nein, da zum Zeitpunkt der Erstellung die unmittelbare Weiterveräußerung der Toll Collect GmbH an den erfolgreichen Bieter des Vergabeverfahrens Lkw- Maut geplant war. 10. Ist es geplant, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kurzfristig in ungeschwärzter oder geschwärzter Form allgemein zu veröffentlichen, den Bundestagsabgeordneten und deren Mitarbeitern sowie von Bundestagsabgeordneten benannten Experten zur Einsicht vorzulegen, nur Bundestagsabgeordneten oder Einzelnen der genannten Gruppen (Bundestagsabgeordnete, Mitarbeiter der Abgeordneten, benannte Experten) in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zugänglich zu machen? Wenn ja, für wann genau plant dies die Bundesregierung, und wenn nein, warum plant dies die Bundesregierung nicht? Der Bundesrechnungshof führt derzeit eine Prüfung des Vergabeverfahrens Lkw- Maut durch. Um dem Prüfungsergebnis der externen Finanzkontrolle nicht vorzugreifen , kann zum aktuellen Zeitpunkt, kein Zugang zu den genannten Unterlagen gewährt werden (vgl. § 96 Absatz 4 BHO). Der Herausgabe steht zudem entgegen, dass die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung schützenswerte Überlegungen enthält, die bei Bekanntwerden geeignet sind, den vergaberechtlichen Wettbewerb und die von den Bietern im Vergabeverfahren Lkw-Maut gebotenen Preise zum Nachteil des Bundes zu beeinflussen. Eine Veröffentlichung vor Abschluss des Vergabeverfahrens würde den Bietern Einblick darüber verschaffen , ab wann der Bund die Wirtschaftlichkeit der Angebote gegeben sieht. Die Bieter könnten ihre Angebote entsprechend anpassen. Der Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot wäre beeinträchtigt. 11. Ist es geplant, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach Abschluss des Vergabeverfahrens – ggf. in aktualisierter Fassung – in ungeschwärzter oder geschwärzter Form allgemein zu veröffentlichen, den Bundestagsabgeordneten und deren Mitarbeitern sowie von Bundestagsabgeordneten benannten Experten zur Einsicht vorzulegen, nur Bundestagsabgeordneten oder Einzelnen der genannten Gruppen (Bundestagsabgeordnete, Mitarbeiter der Abgeordneten , benannte Experten) in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zugänglich zu machen? Wenn ja, für wann genau plant dies die Bundesregierung, und wenn nein, warum plant dies die Bundesregierung nicht? Es ist beabsichtigt, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach Abschluss des Vergabeverfahrens Lkw-Maut und des Prüfungsverfahren des Bundesrechnungshofes in geeigneter Form zugänglich zu machen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4391 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Inwiefern ist es – berücksichtigend, dass § 5 der Vergabeverordnung auf den Schutz von Bietern stammenden Wissens (Informationen, Dokumente, Daten etc.) bzw. Wissen über Bieter ausgerichtet ist – für Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie ergänzend ggf. auch deren Mitarbeiter sowie externe Experten, die entsprechende Vertraulichkeitszusagen abgeben, ggf. entsprechend der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages möglich , Einsicht in die vom Bund den Bietern bereitgestellten ungeschwärzten oder geschwärzten Vergabeunterlagen im Allgemeinen und die Leistungsbeschreibung und den Vertragsentwurf im Speziellen zu erhalten? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 13. In welchem Umfang bzw. in welchen Konstellationen ist im neuen Betreibervertrag im Rahmen des Streitbeilegungsmechanismus ein privates Schiedsgericht vorgesehen? 14. Welche Änderungen gegenüber dem bisherigen Vertrag gibt es bei den Regelungen hinsichtlich eines privaten Schiedsgerichts (bitte eine Gegenüberstellung der Regelungen der bisherigen und den neuen Regelungen zum Schiedsgericht darstellen)? 15. Inwieweit ist vorgesehen, dass das Schiedsgericht in bestimmten Situationen erst angerufen werden muss, bevor die Streitigkeiten im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit behandelt werden können? 16. Inwieweit sind Konstellationen vorgesehen, in denen ein Schiedsgerichtsspruch akzeptiert werden muss und damit einhergehend kein Anrufen der ordentlichen Gerichtsbarkeit mehr möglich ist? 17. Welche Regelungen sind für die Finanzierung des Schiedsgerichts sowie die Auswahl und Vergütung der Mitglieder des Schiedsgerichts vorgesehen? 18. Inwieweit erlauben es die vorgesehenen Regelungen zum privaten Schiedsgericht , dass (nicht-pensionierte) Richterinnen und Richter Mitglieder des Schiedsgerichts werden können? 19. Inwieweit können speziell Richterinnen und Richter Mitglieder des Schiedsgerichts werden, die an einem Gericht tätig sind, an dem etwaige Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund und Toll Collect GmbH bzw. den Eigentümern im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit verhandelt werden würden bzw. könnten? Die Fragen 13 bis 19 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 8 bis 11 auf Bundestagsdrucksache 19/2950 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4391 20. Wie ist der aktuelle Stand des Vergabeverfahrens für die Veräußerung von Geschäftsanteilen an der Toll Collect GmbH und den Abschluss eines neuen Betreibervertrags, und in welcher Phase befindet sich das Vergabeverfahren derzeit konkret (Stand: 22. August 2018)? 21. Wie sieht die Zeitplanung der Bundesregierung für das weitere Vorgehen beim Vergabeverfahren aus? Wann konkret soll es abgeschlossen sein? 22. Gibt es Verzögerungen hinsichtlich der geplanten Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren, und wenn ja, welcher Art sind die Verzögerungen, und wie werden sie sich auf die Vergabe auswirken? Die Fragen 20 bis 22 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 19/2950 verwiesen. 23. Inwiefern wurde geprüft, ob vertragliche Vereinbarungen (z. B. Rückkehrrechte ) zwischen Mitarbeitern der Toll Collect GmbH (z. B. den Geschäftsführern ) und Bietern bzw. mit diesen verbundenen Unternehmen (z. B. Mutter - und Konzerngesellschaften) bestehen, und wenn ja, wann und durch wen erfolgte eine solche Prüfung, und welche Ergebnisse erbrachte sie (bitte die konkreten Vereinbarungen benennen)? 24. Wie bewertet die Bundesregierung solche vertraglichen Vereinbarungen (z. B. Rückkehrrechte) zwischen Mitarbeitern der Toll Collect GmbH (z. B. den Geschäftsführern) und Bietern bzw. mit diesen verbundenen Unternehmen (z. B. Mutter- und Konzerngesellschaften)? Die Bundesregierung kann zu Inhalten von Arbeitsverträgen von einzelnen Mitarbeitern der Toll Collect GmbH keine Auskunft erteilen. 25. Inwieweit haftet der Bund, wenn die Toll Collect GmbH nach der geplanten Interimsphase (1. September 2018 bis 28. Februar 2019) nicht in dem Zustand und mit dem Fortschritt von technischen und sonstigen (Realisierungs-) Projekten an die neuen Eigentümer übergeben wird, der gemäß den im Vergabeverfahren vorgelegten Dokumenten und im abzuschließenden Betreibervertrag getroffenen Angaben vorliegen sollte bzw. müsste? Zu den genauen Inhalten der Vertragsentwürfe kann aufgrund der Vertraulichkeit im laufenden Vergabeverfahren nicht Stellung genommen werden. 26. Inwiefern werden von Seiten der Toll Collect GmbH bzw. deren Geschäftsführung gegenüber dem Bund Zweifel an den Leistungsvorgaben und den damit einhergehenden Zeitplänen geäußert, die der Bund für die Interimsphase vorgesehen hat und die damit den Zustand bedingen, in dem die Toll Collect GmbH zum 1. März 2019 an die neuen Eigentümer übergeben werden soll? Die Geschäftsführung der Toll Collect GmbH sieht die Regelungen und Anforderungen des Interims-Betreibervertrags als eine geeignete Grundlage für die weitere Zusammenarbeit an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4391 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 27. Ist den Bietern in den Vergabeunterlagen dargelegt worden, in welchem Ausmaß T-Systems oder andere (Tochter-)Unternehmen des Telekom-Konzerns als Lieferanten der Toll Collect GmbH tätig sind, und wenn ja, inwiefern wurde dies den Bietern dargelegt, und wenn nein, wieso wurde hierauf verzichtet? Ja. Die Bieter haben zudem Gelegenheit zur Durchführung einer Due Diligence bei der Toll Collect GmbH. 28. In welchem Ausmaß waren T-Systems oder andere (Tochter-)Unternehmen des Telekom-Konzerns zwischen 2002 und 2018 als Lieferanten der Toll Collect GmbH tätig? 29. In welchem Ausmaß wurden durch die Toll Collect GmbH zwischen 2002 und 2018 Beratungsverträge abgeschlossen (bitte nach finanziellem Umfang der Verträge, Jahr des Vertragsabschlusses, Laufzeit des Vertrages, beauftragten Unternehmen, Beratungen, Kanzleien etc. und Beratungsgegenstand aufschlüsseln)? Die Fragen 28 und 29 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Artikel 12 des Grundgesetzes ist die Bundesregierung verpflichtet, die Betriebs - und Geschäftsgeheimnisse der Toll Collect GmbH und der von dieser beauftragten Unternehmen zu wahren. Daher kann die Bundesregierung keine Angaben zu Inhalten von Lieferanten- und Beraterverträgen machen, die die Toll Collect GmbH zwischen 2002 und 2018 geschlossen hat. 30. Wie hat sich die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG), die mit der Prüfung von Rechnungen bzw. Vergütungsforderungen der Toll Collect GmbH an den Bund befasst sind, seit 2002 entwickelt? Die von der Toll Collect GmbH eingereichten Abrechnungen werden von fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes für Güterverkehr geprüft. Darüber hinaus werden ggf. weitere Mitarbeiter des BAG in die Rechnungsprüfung einbezogen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333