Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 27. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4619 19. Wahlperiode 01.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Heike Hänsel, Matthias Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3969 – Beitritt zur Europäischen Interventionsinitiative V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am Montag, den 25. Juni 2018 hat die Bundesregierung am Rande des Treffens der Außen- und Verteidigungsminister der EU eine Absichtserklärung für eine „Europäische Interventionsinitiative“ unterzeichnet. Neben Deutschland unterzeichneten Frankreich, Großbritannien, Dänemark, Belgien, Spanien, die Niederlande , Estland und Portugal („Tempo in der Europäischen Verteidigungsunion “, bmvg.de vom 25. Juni 2018). In dem Dokument wird beklagt, dass Europa ein „sehr instabiles und unsicheres strategisches Umfeld“ hat. Laut Selbstbeschreibung kommen in der „Europäischen Interventionsinitiative“ Staaten zusammen mit der „Bereitschaft und Fähigkeit , rasch wirksame militärische Fähigkeiten einzusetzen“. In der Absichtserklärung erklären die Unterzeichnerstaaten zudem, sie wollten militärische Kapazitäten einsetzen „unabhängig vom gewählten institutionellen Rahmen (EU, NATO, UNO oder Ad-hoc-Koalitionen)“ (Absatz 5 Letter of Intent Concerning the Development of the European Intervention Initiative – EI2). Nicht zuletzt weil mehrere Unterzeichnerstaaten in der jüngeren Vergangenheit insbesondere im Rahmen von Ad-hoc-Koalitionen zahlreiche Verstöße gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte begingen, stellt sich die Frage, inwieweit die „Europäische Interventionsinitiative“ mit dem Grundgesetz, dem Völkerrecht und einer friedenssichernden Außenpolitik vereinbar ist, welche Fluchtursachen beseitigt. Aus Sicht der Fragesteller trug der rasche und oftmals völkerrechtswidrige Einsatz militärischer Fähigkeiten (vgl. Definition der Aggression , UN-Generalversammlung 3314 – XXIX) einiger Unterzeichnerstaaten in den vergangenen 17 Jahren zudem wesentlich dazu bei, dass sich die Stabilität und die Sicherheit im Umfeld der Europäischen Union deutlich verschlechterten . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4619 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Auf welcher deutschen und internationalen Rechtsgrundlage möchte die Bundesregierung zukünftig rasch militärische Fähigkeiten im Rahmen von Ad-Hoc-Koalitionen einsetzen, und inwiefern ist ein völkerrechtliches Mandat nach Artikel 51 UN-Charta oder durch einen UN-Beschluss nach Kapitel 7 UN-Charta notwendige Bedingung für einen Einsatz deutscher militärischer Fähigkeiten? Für jeden Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte sind die einschlägigen verfassungs - und völkerrechtlichen Vorgaben maßgeblich. Dies wird auch in der Absichtserklärung zur Europäischen Interventionsinitiative zum Ausdruck gebracht, wonach jegliches militärische Handeln unter dem Vorbehalt souveräner nationaler Entscheidungen und der Übereinstimmung mit den jeweiligen verfassungsrechtlichen Verfahren der beteiligten Staaten steht. Die verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlagen für einen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland werden im jeweiligen Einzelfall nicht zuletzt bei der notwendigen Beteiligung des Deutschen Bundestags konkretisiert. 2. Mit welchen Ziel soll die „gemeinsame strategische Kultur zwischen den beteiligten Nationen“ (Absichtserklärung) verändert werden? Die Europäische Interventionsinitiative (EI2) hat zum Ziel, die Entwicklung einer gemeinsamen strategischen Kultur der teilnehmenden Staaten zur verbesserten Interoperabilität und Zusammenarbeit in möglichen gemeinsamen Kriseneinsätzen voranzubringen. 3. Welche Art von militärischen Missionen sollen zukünftig außerhalb des „Rahmens von EU, NATO, Vereinten Nationen“ durchgeführt werden, bzw. in welcher Form soll die Bundeswehr sich nach Vorstellung der Bundesregierung zukünftig an „Ad-hoc-Koalitionen, militärischen Missionen und Operationen im gesamten Krisenspektrum“ beteiligen? Die Bundesregierung nimmt zu hypothetischen Fragestellungen grundsätzlich keine Stellung. 4. Welche organisatorische Form hat die „Europäische Interventionsinitiative“ bisher, bzw. welche organisatorische Form ist dafür vorgesehen? Die Europäische Interventionsinitiative (EI2) ist gemäß dem Letter of Intent vom 25. Juni 2018 als ein flexibles, nicht bindendes und ressourcenneutrales Forum ohne Einrichtung stehender Strukturen und ohne Assignierung von Truppen vorgesehen . In Paris wird ein kleines EI2-Sekretariat mit Personal aus Frankreich und Verbindungsoffizieren der teilnehmenden Mitgliedstaaten aufgebaut. 5. In welcher Form soll die „Europäische Interventionsinitiative“ mit dem europäischen Rüstungsprogramm „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ (SSZ) und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) verbunden werden? Die durch Frankreich initiierte EI2 soll so eng wie möglich an die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (SSZ) angebunden werden, so wie es in der Erklärung von Meseberg (19. Juni 2018) von der Bundeskanzlerin und dem französischen Staatspräsidenten angekündigt wurde. Die Anbindung soll über konkrete Projekte im Rahmen der EI2 und der SSZ erfolgen, die sich ergänzen. Mittelfristig soll EI2 aus Sicht der Bundesregierung in den SSZ- bzw. den weiteren GSVP-Rahmen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4619 überführt werden. Duplizierungen zu bereits laufenden Initiativen im NATOoder EU-Rahmen sowie die Schaffung neuer Strukturen durch EI2 sollen vermieden werden. Im Übrigen macht sich die Bundesregierung die Formulierung der Fragesteller zur „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ (SSZ) nicht zu Eigen. 6. Wann legt die Bundesregierung eine umfassende Evaluation der seit 17 Jahren andauernden Militärinterventionen in Afghanistan vor, die auf Grundlage der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates 1368 und 1386 erfolgten? Die Bundesregierung hat im Rahmen des Fortschrittsberichts Afghanistan 2014 dem Bundestag im November 2014 einen Bericht zur deutschen Beteiligung an der International Security Assistance Force (ISAF) sowie am 7. März 2018 mit dem Bericht über Stand und Perspektiven des deutschen Afghanistan-Engagements eine strategische Analyse vorgelegt. Wenn sich die dort beschriebenen Bedingungen des deutschen Engagements wesentlich ändern, wird die Bundesregierung dazu erneut Stellung nehmen. Des Weiteren wird auf die Bundestagsdrucksache 19/1630 verwiesen. a) Welche Ziele verfolgten die Militärinterventionen hinsichtlich der Sicherheit und Stabilität in Afghanistan, und wie entwickelten sich die Sicherheitslage und die politische Stabilität in Afghanistan seitdem? Im Rahmen des vernetzten Gesamtansatzes der Bundesregierung dient der deutsche militärische Beitrag zur NATO-Mission Resolute Support aus strategischer Sicht dazu, die Leistungsfähigkeit der afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte zu erhöhen. Mit der derzeitigen Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte sollen diese zu einer nachhaltigen eigenverantwortlichen Wahrnehmung der Sicherheitsverantwortung befähigt werden, um damit einem innerafghanischen Friedensprozess sowie den Anstrengungen des zivilen Aufbaus und der Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan die nötige Zeit und den nötigen Raum zu geben. Zur Entwicklung der Sicherheitslage und der politischen Stabilität wird auf die Bundestagsdrucksache 19/1120 (Bericht der Bundesregierung zu Stand und Perspektiven des deutschen Afghanistan-Engagements) verwiesen. b) Wie viele Afghanen haben seit dem Beginn der Intervention kriegsbedingt ihr Leben verloren? Der Bundesregierung liegen neben den presseöffentlichen Informationen keine eigenen, belastbaren Erkenntnisse vor. c) Wie hoch beziffert die Bundesregierung die einsatzbedingten Zusatzausgaben der Bundeswehr für ISAF (Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe ) seit dem Jahr 2002? Die einsatzbedingten Zusatzausgaben – finanziert aus Kapitel 1401 (bis einschließlich 2015: Kapitel 1403), Titelgruppe 08 – für die Beteiligung der Bundeswehr an ISAF betrugen von 2002 bis zum 31. August 2018 insgesamt rund 9 Mrd. Euro. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4619 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Wie entwickelte sich die Auswanderung aus Afghanistan in die angrenzenden Staaten, nach Europa und besonders in die Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen 17 Jahren? In der Bundesrepublik Deutschland halten sich derzeit ca. 255 000 afghanische Staatsangehörige auf (Ausländerzentralregister, Stand 31. Juli 2018). Zum 31. Dezember 2000 waren es ca. 72 000 afghanische Staatsangehörige. Der Bundesregierung liegen neben den presseöffentlichen Informationen keine eigenen Erkenntnisse vor. 7. Welche Unterzeichner der „Europäischen Interventionsinitiative“ beteiligten sich an der nach Auffassung der Fragesteller völkerrechtswidrigen militärischen Intervention und der anschließenden Besetzung der Republik Irak ab dem März 2003 im Rahmen einer Ad-Hoc-Koalition? Der Bundesregierung liegen neben den presseöffentlichen Informationen keine eigenen Erkenntnisse vor. Hinsichtlich der Bewertung des Einsatzes wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen Nummer 2 bis 5 auf Bundestagsdrucksache 15/988 verwiesen. a) Welches waren die Gründe für die damalige Bundesregierung, sich nicht an der Ad-Hoc-Koalition im Rahmen der „Operation Iraqi Freedom“ zu beteiligen? Es wird auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder am 3. April 2003 verwiesen, deren Volltext hier abrufbar ist: www.bundesregierung. de/Content/DE/Bulletin/2001_2007/2003/30-1_Schr%C3%B6der.html b) Zu welchen Ergebnissen hinsichtlich der für die Intervention angeführten Begründungen kam der Chilcot-Bericht des britischen Parlaments nach Einschätzung der Bundesregierung? Die Bundesregierung hat die Veröffentlichung des Chilcot-Berichts am 6. Juli 2016 zur Kenntnis genommen und die Presserklärung Sir John Chilcots verfolgt, deren Volltext hier abrufbar ist: http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/2017 1123124608/, www.iraqinquiry.org.uk/the-inquiry/sir-john-chilcots-publicstatement / c) Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der militärischen Intervention in Bezug auf die Sicherheit und die Stabilität des Irak, und inwiefern teilt sie die Bewertung des Chilcot-Berichts? Die Bundesregierung hat die Bewertung des Chilcot-Berichts zur Kenntnis genommen . Auf den Bericht der Bundesregierung zur Lage im Irak und zum deutschen Irak-Engagement (Bundestagsdrucksache 19/4070) wird verwiesen. d) Teilt die Bundesregierung die nachträgliche Einschätzung des britischen Parlaments hinsichtlich des fragwürdigen Charakters und der katastrophalen Auswirkungen des Einsatzes? Die Chilcot-Kommission ist kein parlamentarisches Gremium, sondern nach dem Verständnis der Bundesregierung eine parlamentsunabhängige Untersuchungskommission , deren Mitglieder durch Premierminister Gordon Brown nach Konsultationen mit der Opposition ernannt worden sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4619 e) Welche Auswirkungen hatte nach Kenntnis der Bundesregierung der Aufbau konfessionell geprägter, sunnitischer Milizen wie der Sons of Iraq und der Awakening Councils zum Zwecke der Aufstandsbekämpfung durch die Besatzungskräfte auf die Sicherheit und die Stabilität des Irak? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Die Bundesregierung setzt sich grundsätzlich für das staatliche Gewaltmonopol ein und fördert die Stärkung der regulären irakischen Sicherheitskräfte. f) Wie viele Menschen starben im Irak seit März 2003 infolge bewaffneter Auseinandersetzungen? Der Bundesregierung liegen im Sinne der Fragestellung keine Informationen über die öffentlich zugänglichen Quellen hinaus vor. Es wird auf die Antwort zu Frage 37 auf Bundestagsdrucksache 19/4229 verwiesen . g) Wie entwickelte sich die Auswanderung aus dem Irak in die angrenzenden Staaten, etwa nach Syrien, nach Europa und besonders in die Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2003 (soweit möglich, bitte nach Jahren aufschlüsseln)? In Deutschland halten sich ausweislich des Ausländerzentralregisters derzeit ca. 244 000 irakische Staatsangehörige auf (Stand 31. Juli 2018). Zum 31. Dezember 2002 waren es ca. 83 000 irakische Staatsangehörige. Angaben zur Zuwanderung nach Deutschland nach Jahren können der veröffentlichten amtlichen Wanderungsstatistik des Statistischen Bundesamtes entnommen werden. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Informationen vor, die nicht auch öffentlich zugänglich sind. 8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, dass die militärischen Intervention im Rahmen einer Ad-Hoc-Koalition gegen Libyen seit März 2011 über das völkerrechtliche Mandat hinausgingen, und welche Mitunterzeichner der „Europäischen Interventionsinitiative“ beteiligten sich an diesen militärischen Intervention im Rahmen einer Ad-Hoc-Koalition gegen Libyen seit März 2011? Nein. Die internationale Gemeinschaft intervenierte in Umsetzung der VN- Sicherheitsratsresolution 1973 vom 17. März 2011 militärisch in Libyen. Der VN-Sicherheitsrat erteilte dabei das Mandat, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung umfassend vor Angriffen zu schützen. Nach Angaben der NATO haben sich 12 Staaten an der NATO-Mission „Unified Protector “ beteiligt: Belgien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kanada, Niederlande, Spanien, Rumänien, Türkei und die USA. a) Welches waren die Gründe für die damalige Bundesregierung, sich nicht an der Ad-Hoc-Koalition im Rahmen der verschiedenen Operationen gegen Libyen zu beteiligen? Es wird auf die Regierungserklärungen von Bundesminister Dr. Guido Westerwelle am 16. März 2011 und 18. März 2011 verwiesen, deren Volltexte hier abrufbar sind: www.bundesregierung.de/ContentArchiv/DE/Archiv17/Regierungserklaerung/ 2011/2011-03-16-westerwelle-arabische-welt.html, www.bundesregierung.de/ ContentArchiv/DE/Archiv17/Regierungserklaerung/2011/2011-03-18-westerwellelibyen .html Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4619 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Ist der Bundesregierung der Bericht des Auswärtigen Ausschusses des britischen Parlaments HC119 zu den von der britischen Regierung angeführten Gründen für die Intervention sowie ihre Folgen für die Sicherheit und die Stabilität Libyens bekannt? Der Bericht des Foreign Affairs Committee des britischen Unterhauses ist unter: www.parliament.uk/business/committees/committees-a-z/commons-select/foreignaffairs -committee/inquiries1/parliament-2015/libya-policy/publications/ abrufbar . Zur Beantwortung der Frage wird auf dessen Zusammenfassung verwiesen. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 8d verwiesen. c) Teilt die Bundesregierung die nachträgliche Einschätzung des britischen Parlaments hinsichtlich des fragwürdigen Charakters und der katastrophalen Auswirkungen des Einsatzes? Die britische Regierung hat ausführlich zum Bericht Stellung genommen. Die Stellungnahme ist unter: www.parliament.uk/business/committees/committeesa -z/commons-select/foreign-affairs-committee/inquiries1/parliament-2015/libyapolicy /publications/ einsehbar. Auf die Antwort zu Frage 8d wird verwiesen. d) Besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein Zusammenhang zwischen dem durch die Intervention ausgelösten Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in Libyen und dem Erstarken von dschihadistischen Milizen in Mali, welches Anlass für die Stabilisierungsmission in Mali (MINUSMA) war? Die Bundesregierung sieht grundsätzlich eine Wechselwirkung zwischen der Situation in Libyen und der Stabilität in der Sahel-Region einschließlich Mali. Die Schwäche der staatlichen Ordnung in Libyen hat nach Ansicht der Bundesregierung eine Vielzahl von Gründen. Neben den Kampfhandlungen im Zusammenhang mit dem Sturz der Regierung von Muammar Gaddafi zählen hierzu u. a. auch die über Jahrzehnte vernachlässigte Entwicklung staatlicher Institutionen und eine mangelnde gesellschaftliche Tradition zur Nutzung politischer Prozesse zum Interessenausgleich. e) Wie wirkte sich der Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in Libyen auf die Migration nach Europa aus? Libyen ist traditionell Zielland von Arbeitsmigration. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Libyen haben zu einer Verschlechterung der Arbeitsmöglichkeiten im Land geführt. Ausländische Beschäftige sind davon besonders betroffen. Es muss davon ausgegangen werden, dass Migranten die sich in Libyen aufhalten, in der Folge Alternativen suchen, einschließlich in Europa. Darüber hinaus hat die Einschränkung staatlicher Kontrolle und funktionierender Institutionen dazu geführt, dass die Bedeutung Libyens als Transitland für Fluchtund Migrationsbewegungen auf der zentralen Mittelmeerroute nach Europa signifikant zugenommen hat. Im Jahr 2017 kamen 107 212 Flüchtlinge und Migranten über Libyen nach Italien , 2018 ist bisher ein signifikanter Rückgang der Mittelmeerpassagen zu verzeichnen (minus 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Die Stabilisierung Libyens sowie die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Einheitsregierung sind Voraussetzung für eine humane und effektive Flüchtlings- und Migrationspolitik . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4619 9. In welcher Form trugen nach Ansicht der Bundesregierung Unterzeichnerstaaten der „Europäischen Verteidigungsinitiative“ in den vergangenen Jahren dazu bei, die Stabilität und die Sicherheit in Syrien zu fördern? Die Unterzeichnerstaaten der Europäischen Interventionsinitiative zählen zu den engsten Partnernationen der Bundesrepublik Deutschland und sind in zahlreichen internationalen Foren, Formaten und Initiativen gemeinsam mit der Bundesregierung engagiert, zu einer friedlichen Konfliktbeilegung in Syrien zu kommen. a) Welche Ziele und welche Auswirkungen hatten die völkerrechtswidrigen französischen Bombenangriffe auf Syrien (u. a. WD2-3000-048/18)? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden ausschließlich ausgewählte Ziele, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem syrischen Chemiewaffenpotential stehen, getroffen. Hinsichtlich der Bewertung des Einsatzes wird auf die Antwort zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 19/3512 verwiesen. b) Welche britischen Streitkräfte waren nach Kenntnis der Bundesregierung ab dem Jahr 2012 auf syrischem Territorium im Einsatz, und auf welcher völkerrechtlichen Rechtsgrundlage? Die Bundesregierung hat lediglich Kenntnis davon, dass britische Streitkräfte im Rahmen der Anti-ISIS-Koalition als Teil der Operation Inherent Resolve (OIR) eingesetzt sind. Die britische Regierung hat sich für die militärische Bekämpfung des IS in Syrien – wie andere an der Operation OIR beteiligte Staaten auch – auf das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen berufen. c) Befinden oder befanden sich nach Kenntnis der Bundesregierung weitere Streitkräfte von Unterzeichnerstaaten der „Europäischen Interventionsinitiative “ auf syrischem Territorium im Einsatz, und auf welcher völkerrechtlichen Rechtsgrundlage? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind Streitkräfte von Frankreich, Belgien, Spanien, Dänemark und der Niederlande im Rahmen der Anti-ISIS-Koalition als Teil der Operation Inherent Resolve (OIR) eingesetzt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9b verwiesen. d) Aus welchen Unterzeichnerstaaten der „Europäischen Interventionsinitiative “ gelangten nach Wissen der Bundesregierung seit dem 1. Januar 2012 Waffen auf direktem oder indirektem Weg, etwa im Rahmen der Operation Timber Sycamore der US-Regierung, nach Syrien (u. a. „U.S. Relies Heavily on Saudi Money to Support Syrian Rebels“, The New York Times vom 23. Januar 2016)? Der Bundesregierung liegen neben den presseöffentlichen Informationen keine eigenen Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4619 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode e) Was hat die Bundesregierung seit dem 1. Januar 2012 unternommen, um den Waffenhandel aus bzw. über EU-Staaten und durch NATO-Verbündete nach Syrien, etwa über die US-Basis Rammstein, aufzuklären und zu unterbinden (u. a. Heikle Fracht aus Ramstein, Süddeutsche Zeitung vom 12. September 2017)? Zur Aufklärung von Waffenlieferungen nach Syrien stützt sich die Bundesregierung auf alle ihr verfügbaren öffentlichen und nicht-öffentlichen Quellen. Hierbei steht sie auch in einem kontinuierlichen Austausch mit ihren US-Partnern zu Fragen , die die US-Streitkräfte in Deutschland betreffen. Das US-amerikanische Verteidigungsministerium hat erklärt, dass es weder Waffen noch Munition zur Lieferung nach Syrien auf US-Basen in der Bundesrepublik Deutschland lagert oder über diese umschlägt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333