Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 26. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4637 19. Wahlperiode 28.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3928 – Die deutsch-türkischen Beziehungen vor dem Hintergrund der Rechtsstaatsentwicklung in der Türkei V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Unter dem seit dem Putschversuch verhängten Ausnahmezustand hat die türkische Regierung Grundrechte, wie die Presse- oder Versammlungsfreiheit, eingeschränkt und Zehntausende politische Gegner und Kritiker entlassen oder verhaften lassen. Laut den auf türkischen Medienberichten beruhenden Informationen , wurden in dieser Zeit mit Stand vom 1. Juni 2018 insgesamt 117 101 Festnahmen vorgenommen, die mit dem vermeintlichen Vorgehen gegen die sogenannte Gülen-Bewegung in Verbindung stehen und von denen sich 53 342 Personen in Haft befanden (Bundestagsdrucksache 19/2871, Antwort zu Frage 3f.). Noch Anfang Juli 2018, kurz nach den vorgezogenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom 24. Juni 2018, verloren mit einem neuen Notstandsdekret mehr als 18 000 Staatsbedienstete ihre Arbeit (www.sueddeutsche. de/politik/per-dekret-erdoan-entlaesst-mehr-als-tuerkische-staatsbedienstete- 1.4045187). Mindestens 160 000 Beamte sollen ihre Arbeit während des Ausnahmezustandes verloren haben. Die sogenannten Säuberungen trafen Oppositionelle , Staatsbedienstete wie Lehrer, Richter oder Anwälte, aber auch Mitglieder von Polizei und Militär. Mehr als 50 000 von ihnen wurden angeklagt und befanden sich während ihrer Gerichtsverfahren in Haft (www.sueddeutsche. de/politik/per-dekret-erdoan-entlaesst-mehr-als-tuerkische-staatsbedienstete- 1.4045187). Zudem wurden im Juli 2018 in dem Dekret angeordnet, zwölf Vereine, drei Zeitungen und einen Fernsehkanal zu schließen. Darunter ist auch die pro-kurdische Zeitung „Özgürlükcü Demokrasi“, die ihre Produktion nun einstellen muss (www.sueddeutsche.de/politik/per-dekret-erdoan-entlaesst-mehr-als-tuerkischestaatsbedienstete -1.4045187). Nichtregierungsorganisationen nennen wegen divergierender Kriterien unterschiedliche Zahlen. Die Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ beziffert die Anzahl geschlossener Medienunternehmen nach aktuellem Stand mit „über 150“, laut „Amnesty International“ beläuft sich ihre Anzahl auf „über 180“. Laut Gutachten der „Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht“ des Europarates („Venedig-Kommission “) vom März 2017 wurden ca. 200 Medienorgane seit Beginn des Ausnahmezustands geschlossen und teilweise enteignet (Bundestagsdrucksache Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4637 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 19/2871, Antwort zu Frage 15). Inzwischen kann von einer Kontrolle der türkischen Medien durch regierungsnahe Konzerne von ca. 90 Prozent gesprochen werden (Bundestagsdrucksache 19/2871, Antwort zu Frage 16). „Amnesty International “ von „über 120 inhaftierten Journalistinnen und Journalisten“ seit dem Putschversuch. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ beziffert die Anzahl inhaftierter Journalistinnen und Journalisten auf „über 100“. Das türkische Presse- und Informationsamt gab die Zahl der entzogenen Akkreditierungen zu Beginn 2017 mit „über 700“ an (Bundestagsdrucksache 19/2871, Antwort zu Frage 11f.). Im Juni 2018 befanden sich zehn Abgeordnete im Gefängnis, neun Abgeordnete gehören der HDP an und ein Abgeordneter gehört der Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) an. Einigen der genannten inhaftierten HDP-Abgeordneten wurde zwischenzeitlich ihr Mandat aberkannt. 94 von 102 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Demokratik Bölgeler Partisi (DBP; lokale „Schwesterpartei“ der HDP im Südosten der Türkei) wurden abgesetzt und in all diesen Fällen Zwangsverwaltung angeordnet (Bundestagsdrucksache 19/2871, Antwort zu Frage 8f.). Aktuell befinden sich 49 Deutsche in türkischer Haft. Hinzu kommen fünf, die in Abschiebehaft sitzen. Daneben sind 34 Fälle von Deutschen bekannt, die wegen Ausreisesperren die Türkei nicht verlassen dürfen, die meisten wegen vermeintlich politischer Vorwürfe. Von den 35 Deutschen, die seit dem Putschversuch wegen mutmaßlicher politischer Straftaten inhaftiert wurden, befinden sich noch sieben in türkischer Haft, darunter drei Doppelstaatler, die sowohl einen türkischen als auch einen deutschen Pass haben. Zu den Festnahmen kommen auch zahlreiche Einreiseverweigerungen (dpa vom 8. August 2018). Präsident Recep Tayyip Erdoğan und die AKP haben den Ausnahmezustand genutzt, um Gegnerinnen und Gegner seiner bzw. ihrer Politik „aus dem Weg zu räumen“ (www.sueddeutsche.de/politik/per-dekret-erdoan-entlaesst-mehrals -tuerkische-staatsbedienstete-1.4045187). Die festgestellte Einschränkung der Grundrechte haben entsprechend die von Präsident Recep Tayyip Erdoğan vorgezogenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei beeinflusst . Sie waren aus Sicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht fair (Reuters vom 25. Juni 2018). So wurde Präsident Recep Tayyip Erdoğan und die AKP bei den türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni 2018 im Amt bestätigt. Durch die Verfassungsreform vom vergangenen Jahr und der damit verbundenen Einführung des Präsidialsystems in der Türkei erhält der Staatschef einen deutlichen Machtzuwachs (AFP vom 7. August 2018). Er kann unter anderem per Dekret regieren, viele Posten im Justizsystem besetzen und seine Vizepräsidenten allein bestimmen. Auch sein Kabinett konnte er ohne Zustimmung des Parlaments ernennen (dpa vom 9. Juli 2018). Vor diesem Hintergrund kommt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am 28. September 2018 zu einem zweitägigen Staatsbesuch nach Berlin und wird von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier mit militärischen Ehren begrüßt. Am Abend ist ein Staatsbankett auf Schloss Bellevue geplant. Auch ein Treffen Präsident Recep Tayyip Erdoğans mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel ist geplant (AFP vom 7. August 2018). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Beantwortung der Fragen 2 und 3 kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sowie Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer Schwächung der deutschen Nachrichtendiensten zur Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4637 Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf Aufklärungsschwerpunkte zu. Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich “ eingestuft und werden in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt.* 1. Inwieweit bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, dass die Türkei vor allem seit dem Jahr 2011 eine schrittweise islamisierte Innen- und Außenpolitik betreibt (www.deutschlandfunk.de/bericht-des-ard-hauptstadt studios-bundesregierung-sieht-die.1818.de.html?dram:article_id=363220)? Die menschlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland sind vielfältig und komplex, in letzter Zeit aber auch konfliktbeladen. Die Bundesregierung bemüht sich deshalb um eine möglichst differenzierte Bewertung der Lage in der Türkei und sucht den Dialog mit der Türkei zu innen- wie außenpolitischen Fragen. 2. Inwieweit hat sich die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstlicher) als Resultat der vor allem seit dem Jahr 2011 schrittweise islamisierten Innen- und Außenpolitik Ankaras weiter zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens entwickelt (www.deutschlandfunk.de/bericht-des-ardhauptstadtstudios -bundesregierung-sieht-die.1818.de.html?dram:article_id= 363220)? 3. Inwieweit kann nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstlicher ), der türkischen Regierungspartei AKP und Präsident Recep Tayyip Erdoğan weiterhin eine „ideologische Affinität“ etwa zur Muslimbruderschaft in Ägypten bescheinigt werden, was sich aus der Unterstützung für Gruppen wie die Muslimbruderschaft, die Hamas oder für die bewaffnete islamistische Opposition in Syrien ergibt (www.deutschlandfunk.de/berichtdes -ard-hauptstadtstudios-bundesregierung-sieht-die.1818.de.html?dram: article_id=363220)? Zu den Fragen 2 und 3 wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 4. Auf welche konkreten anhaltenden Mängel im Bereich der Nicht-Diskriminierung insbesondere von der Opposition zugerechneten bzw. der Regierung gegenüber kritisch eingestellten Personen hat die Bundesregierung im Rahmen des Allgemeinen Periodischen Überprüfungsverfahrens (UPC) des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (VN) in Bezug auf die Türkei hingewiesen, und welche entsprechenden Empfehlungen hat sie diesbezüglich ausgesprochen (Bundestagsdrucksache 19/2795, Antwort zu Frage 1)? Im Rahmen des zweiten Durchlaufs des Universellen Staatenüberprüfungsverfahrens („Universal Periodic Review“, UPR) zur Türkei hat Deutschland gegenüber der Türkei die Empfehlung ausgesprochen, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu garantieren. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass Demon- * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4637 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode stranten vor Misshandlung geschützt werden müssen und im Falle von Vorwürfen des Amtsmissbrauchs umgehend unabhängige und gründliche Untersuchungen eingeleitet werden sollen. 5. Inwieweit bestehen die von der Bundesregierung vorgetragenen Mängel im Bereich der Nicht-Diskriminierung nach ihrer Kenntnis nach wie vor fort (bitte Fort- und Rückschritte benennen)? Die Bundesregierung verfolgt die im Rahmen des UPR erwähnten Entwicklungen fortwährend. Sie wird sich hierzu in Abhängigkeit den Feststellungen kommenden Durchlauf des UPR äußern. 6. Auf welche konkreten anhaltenden Mängel im Bereich der Haftbedingungen , der Verletzung der Menschenrechte durch den Geheimdienst, des Folterverbots und der Straflosigkeit staatlich motivierten Handelns, hat die Bundesregierung im Rahmen des UPR des Menschenrechtsrates des VN in Bezug auf die Türkei hingewiesen und welche entsprechenden Empfehlungen hat sie diesbezüglich ausgesprochen (Bundestagsdrucksache 19/2795, Antwort zu Frage 2)? Während des ersten Durchlaufs des UPR zur Türkei empfahl Deutschland der Türkei, Bemühungen um die Verhinderung von Straflosigkeit zu intensivieren und notwendige Schritte für die Strafverfolgung in allen Fällen mutmaßlicher Folter zu unternehmen. Während des zweiten Durchlaufs des UPR empfahl Deutschland der Türkei, Artikel 3 der europäischen Menschenrechtskonvention umzusetzen und damit alle rechtlichen oder anderweitigen Restriktionen in Bezug auf die Freilassung für kranke oder todkranke Häftlinge abzuschaffen. Es wird ferner auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 7. Inwieweit bestehen die von der Bundesregierung vorgetragenen Mängel im Bereich der Haftbedingungen, der Verletzung der Menschenrechte durch den Geheimdienst, des Folterverbots und der Straflosigkeit staatlich motivierten Handelns, nach ihrer Kenntnis nach wie vor fort (bitte Fort- und Rückschritte benennen)? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 8. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse, ob die Türkei inzwischen den Bericht freigegeben hat, den das Anti-Folter-Komitee des Europarates im Zuge ihres Besuchs türkischer Haftanstalten im August 2016 im Nachgang des Putschversuches vom 15. Juli 2016 vorlegte (Bundestagsdrucksache 19/2795, Antwort zu Frage 4)? Sofern eine solche Freigabe nach wie vor nicht gegeben wurde, welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die konkreten Kritikpunkte der Türkei an dem Bericht? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Türkei den in der Frage genannten Bericht des Anti-Folter-Komitees des Europarats bisher nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Der Bundesregierung sind keine Kritikpunkte der Türkei an dem Bericht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4637 9. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), dass die Türkei in der durch sie besetzten syrischen Region Afrin schwere Verstöße gegen die Menschenrechte – willkürliche Festnahmen, Folter und Verschleppung sowie Enteignung und Plünderung – duldet (AFP vom 2. August 2018)? Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/2093 verwiesen. 10. Inwieweit hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), beispielsweise bezogen auf deutsche Staatsangehörige, die die Aussage des Hohen Kommissars für die Menschenrechte der Vereinten Nationen Seid Hussein im März 2018 bestätigen, wonach es „glaubwürdige Berichte über die willkürliche Festnahme von Personen [vorliegen – Anm. d. Verf.], die auf Grundlage eines vagen Verdachts terroristischer Verbindungen inhaftiert wurden“ (Bundestagsdrucksache 19/2795, Antwort zu Frage 9)? In einigen der Bundesregierung bekannten Fällen ist die Anordnung einer Festnahme oder Untersuchungshaft nicht nachvollziehbar. In allen Fällen ist in Absprache mit den Betroffenen, sofern deutsche Staatsangehörige, konsularische Betreuung durch die zuständigen Auslandsvertretungen gewährleistet. 11. Gegen wie viele Personen insgesamt hat die türkische Justiz nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2017 und 2018 Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung eingeleitet (bitte entsprechend der Jahre auflisten) (Bundestagsdrucksache 19/2871, Antwort zu Frage 13)? Nach Informationen des türkischen Justizministeriums wurden im Jahr 2017 wegen 6 033 Straftaten Verfahren gemäß Artikel 299 Absatz 1 des türkischen Strafgesetzbuches (Beleidigung des Staatspräsidenten) eingeleitet. Für das Jahr 2018 stehen noch keine Zahlen zur Verfügung. 12. Wie viele Asylsuchende aus der Türkei sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit Juni 2018 laut der ab Januar 2017 zur Verfügung stehenden auf Personendaten basierende Asylgesuch-Statistik in Deutschland neu registriert worden, und wie hoch war die bereinigte Schutzquote in Bezug auf Asylsuchende aus der Türkei in diesen Monaten (bitte entsprechend der Monate in absoluten und relativen Zahlen angeben; vgl. Bundestagsdrucksache 19/2871, Antwort zu Frage 31)? Im Juni 2018 wurden in der Asylgesuch-Statistik 909 Zugänge von türkischen Asylsuchenden registriert (Juli 2018 1 292). Die nachfolgende Tabelle weist die Asylentscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu türkischen Asylbewerbern für die Monate Juni und Juli 2018 aus, auch den Anteil der positiven Entscheidungen (Asyl-/ Flüchtlingsanerkennung/subsidiärer Schutz/Abschiebungsverbot) an allen Entscheidungen . Details sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: davon: Asylentscheidungen des BAMF Asylentscheidungen Anerkennung als Asylberech - tigte Anerkennungen als Flüchtling nach § 3 AsylG Gewährung von subsidiärem Schutz nach §4 AsylG Feststellung eines Abschiebungsverbots nach §60 V/VII AufenthG Anteil der positiven Entscheidungen an allen Entscheidungen (in Prozent) Ablehnungen sonstige Verfahrenserledigungen (Einstellungen, Dublin-Verfahren ) Juni 2018 590 41 111 0 5 26,6 331 102 Juli 2018 549 36 129 3 3 31,1 297 81 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4637 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Inwieweit haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem gescheiterten Putsch in der Türkei im Juli 2016 Staatsbeamte aus der Türkei (Diplomatenpassinhaber und Dienstausweisinhaber) mit aktuellem Stand Asyl in Deutschland beantragt, und wie viele führten zum aktuellen Stand zu einer positiven Asylentscheidung (Bundestagsdrucksache 19/154, Antwort zu Frage 28)? Nach dem Putschversuch haben mit Stand vom 29. August 2018 beim BAMF 310 Diplomatenpass- und 981 Dienstausweisinhaber einen Asylantrag gestellt. Diese Zahlen umfassen jeweils auch die Familienangehörigen (Ehegatten und Kinder). Insgesamt haben von den o. g. Diplomatenpass- und Dienstausweisinhabern mit Stand vom 29. August 2018 264 Personen Asyl gemäß Artikel 16a des Grundgesetzes (GG) und 458 Personen Flüchtlingsschutz gemäß § 3 des Asylgesetzes (AsylG) sowie fünf Personen subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG und eine Person ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Absatz 5, 7 AufenthG erhalten. Diese Zahlen beruhen auf händischen Zählungen und Meldungen im BAMF. 14. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), dass im Kampf gegen die massive Währungskrise, Personen in sozialen Medien und darüber hinaus für dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und der türkischen Regierung nicht genehme Kommentare über die wirtschaftliche Lage und den Absturz der Lira bestraft werden, da diese vermeintlich die wirtschaftliche Sicherheit des Landes gefährden, indem sie angeblich falsche Berichte oder Spekulationen unter anderem über den Zustand öffentlicher Unternehmen oder Banken verbreiteten (dpa vom 13. August 2018)? 15. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche ), dass bereits Ermittlungen gegen die Betreiber von 346 Konten in sozialen Medien im Gange sind, die Präsident Recep Tayyip Erdoğan als „Wirtschaftsterroristen “ bezeichnet, die „Verrat“ begangen hätten, weil sie Spekulationen verbreiteten würden, für die sie bezahlen sollen (dpa vom 13. August 2018)? Die Fragen 14 und 15 werden gemeinsam beantwortet. Pressemeldungen zufolge gab das türkische Innenministerium am 13. August 2018 bekannt, dass wegen Veröffentlichungen auf 346 Benutzerkonten auf Sozialen Medien rückwirkend zum 7. August 2018 eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet wurde. Die entsprechenden Benutzerkonten sollen im Verdacht stehen , manipulative Meldungen beziehungsweise Gerüchte zur Lage der türkischen Wirtschaft gestreut zu haben. Der Bundesregierung liegen keine weiteren eigenen Erkenntnisse vor. 16. In welcher finanziellen Höhe waren nach Kenntnis der Bundesregierung Heranführungshilfen für die Türkei im aktuellen IPA-II-Finanzierungszeitraum für 2017 vorgesehen, und in welcher finanziellen Höhe wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Heranführungshilfen gezahlt? Für das Haushaltsjahr 2017 waren für die Türkei Heranführungshilfen aus IPA II in Höhe von 493 Mio. Euro angesetzt (https://ec.europa.eu/neighbourhoodenlargement/ sites/near/files/20180817-revised-indicative-strategy-paper-2014-2020-for-turkey. pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4637 17. In welcher finanziellen Höhe wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Heranführungshilfen für die Türkei im aktuellen IPA-II-Finanzierungszeitraum 2018 bis 2020 insgesamt vorgesehen (bitte auch nach Jahren aufgeteilt angeben)? Für Heranführungshilfen für die Türkei im aktuellen IPA-II-Finanzierungszeitraum 2018 bis 2020 werden 1,181 Mrd. Euro veranschlagt, die sich auf die Jahre 2018 – 2020 wie folgt verteilen: 2018: 387 Mio. Euro; 2019: 395 Mio. Euro und 2020: 399 Mio. Euro. 18. Wie hoch war der Anteil des Sektors „Rechtstaatlichkeit und Grundrechte“ an den Heranführungshilfen seit 2014 (bitte entsprechend der Jahre einschließlich der absoluten Zahlen in Euro auflisten)? Für den Sektor „Rechtsstaatlichkeit, einschließlich Grundrechte entfallen seit 2014 bis 2020 insgesamt 515 Mio. Euro, die sich folgendermaßen auf die Haushaltsjahre verteilen: 2014: 112 Mio. Euro; 2015: 167 Mio. Euro; 2016: 119 Mio. Euro; 2017: 13 Mio. Euro; 2018: 10 Mio. Euro; 2019: 47 Mio. Euro und 2020: 47 Mio. Euro (https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/ 20180817-revised-indicative-strategy-paper-2014-2020-for-turkey.pdf). 19. Für welche konkreten Programme bzw. Projekte wurden die finanziellen Mittel aus dem Sektor „Rechtstaatlichkeit und Grundrechte“ nach Kenntnis der Bundesregierung vorgesehen bzw. verwendet? Die IPA-Unterstützung für den Sektor Rechtsstaatlichkeit zielt auf Stärkung der Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit und der Effizienz der Justiz sowie die Förderung der Achtung der Grundrechte und -freiheiten ab. Konkrete Maßnahmen dienen der Unterstützung von Ministerien, Agenturen, Polizeibehörden und Justiz bei der Heranführung an den gemeinschaftlichen Besitzstand, hauptsächlich durch Beratung und Schulung in Bereichen, die in den nationalen Plänen der Türkei für die Angleichung an den gemeinschaftlichen Besitzstand, in den mehrjährigen Entwicklungsplänen und den nationalen Strategien festgelegt wurden. 20. Wie viele Hermesbürgschaften für den Export in die Türkei wurden 2017 und zum aktuellen Stand im Jahr 2018 bei der Bundesregierung beantragt, und wie viele davon wurden positiv beschieden (bitte nach Jahr, Höhe der Bürgschaft und Antragsteller auflisten)? Wie viele davon betrafen Rüstungsgüter? Nach aktuellem Stand liegen für Exportkreditgarantien folgende Einzeldeckungsanträge vor: a) Zum Stichtag 31. Dezember 2017: 31 Anträge mit einem Volumen von etwa 2,8 Mrd. Euro, b) in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres (Stichtag 31. Juli 2018): 48 Anträge mit einem Volumen von etwa 0,6 Mrd. Die Bundesregierung hat in den beiden Zeiträumen endgültige Entscheidungen zu 41 Einzeldeckungsanträgen (in 2017) bzw. 28 (Stand per 31. Juli 2018) getroffen , und damit Lieferungen und Leistungen in die Türkei für insgesamt 789,9 Mio. Euro in 2017 abgesichert. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres wurden Exportkreditgarantien (Einzeldeckungen) in Höhe von 467,4 Mio. Euro endgültig übernommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4637 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesregierung hat zudem grundsätzliche Zusagen (Einzeldeckungen) in Höhe von etwa 780,2 Mio. Euro für 21 Exportgeschäfte in 2017 bzw. von etwa 356,3 Mio. Euro für 19 Exportgeschäfte in 2018 (Stand per 31. Juli 2018) gegeben . Grundsätzliche Deckungszusagen werden für Exportgeschäfte im Verhandlungsstadium übernommen. Sie können erst nach Vorlage aller abgeschlossenen Verträge endgültig in Deckung genommen werden. Exportkreditgarantien für Rüstungsgüter wurden in den genannten Zeiträumen nicht übernommen. In der Anzahl endgültig oder grundsätzlich entschiedener Fälle können auch Anträge aus dem Jahr 2016 oder früher enthalten sein. Daher können bei einer Jahresbetrachtung Antragszahlen und die Anzahl der grundsätzlichen oder endgültigen Zusagen nur separat betrachtet werden. Eine vergleichende Betrachtung auf Jahresbasis ist nicht möglich. Neben Einzeldeckungen gibt es sogenannten Sammeldeckungen. Mit der Sammeldeckung können eine Vielzahl von Exportgeschäften zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen (Zahlungsziel bis zwölf Monate) mit einer Vielzahl von ausländischen Kunden unter einem Vertrag in einem pauschalierten Verfahren abgesichert werden. Die Sammeldeckung ist vor allem ein Deckungsprodukt für deutsche Handelsunternehmen. Dabei werden mit Vertragsabschluss für die einbezogenen ausländischen Kunden Absicherungshöchstgrenzen (sogenannte Limite) festgelegt. In 2017 hat der Bund Sammeldeckungen mit einem Deckungsvolumen von insgesamt Euro 79,6 Mio. übernommen. Im Jahr 2018 beträgt das Deckungsvolumen Stand 31. Juli 2018 Euro 501,4 Mio. Einer Veröffentlichung detaillierter Angaben stehen die Grundrechte der betroffenen Unternehmen, insbesondere ihre schutzwürdigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entgegen, da eine weitere Aufschlüsselung Rückschlüsse auf die von den ausführenden Unternehmen getroffenen Liefervereinbarungen, deren Erfüllung und Preiskonditionen zuließe. Dies gilt im besonderen Maße für noch nicht vollständig kontrahierte Geschäfte. Daher wird auf die nachstehende, aggregierte Darstellung nach Sektoren verwiesen . Nach Sektoren (Einzeldeckungen) sowie für Sammeldeckungen stellen sich die endgültigen Entscheidungen (Deckungsvolumen) folgendermaßen dar: Sektor Bezeichnung 2017 2018 (per 31.07.) Deckungsvolumen Anzahl Deckungsvolumen Anzahl Bergbau, inkl. Verarbeitung 16,2 1 Chemie 7,3 1 60,9 2 Energie 353,0 9 131,6 6 Transport / Infrastruktur 3,5 2 68,2 3 Papier-, Holz-, Leder- und Textilindustrie 279,1 15 78,9 8 Agrarsektor und Nahrungsmittelindustrie 14,7 2 Verarbeitende Industrie 132,3 12 111,6 8 Sammeldeckungen 779,6 k. A. 501,4 k. A. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4637 21. Inwieweit hat sich die mit 1,5 Mrd. Euro insgesamt sehr hohe Deckelung der Hermes-Bürgschaften in dieser Höhe dahingehend als wirkungslos erwiesen, dass die Bundesregierung Druck auf die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ausüben wollte, um Präsident Erdoğan bei seinem weiteren Umbau der Türkei in eine Diktatur in den Arm zu fallen (www.taz.de/ !5518687/)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 41 des Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu auf Bundestagsdrucksache 19/887 verwiesen . 22. In welcher Höhe hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Investitionsbank EIB seit 2013 Darlehen und Bürgschaften in die Türkei vergeben sowie Türkei-Anleihen aufgenommen (bitte entsprechend der Jahre unter Angabe des betreffenden Geschäfts bzw. Projekts auflisten)? Die Höhe der Unterzeichnungen von Kreditverträgen der Europäischen Investitionsbank (EIB) in der Türkei seit 2013 stellt sich wie folgt dar: 2013: 2,2 Mrd. Euro 2014: 2,1 Mrd. Euro 2015: 2,3 Mrd. Euro 2016: 2,2 Mrd. Euro 2017: 0,5 Mrd. Euro Die Identitäten der einzelnen Kreditnehmer unterliegen vertraglich der Vertraulichkeit . Die Finanzabteilung der EIB hat gegenwärtig keine Türkei-Anleihen in ihrem Portfolio. 23. In welcher Höhe hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Zentralbank EZB seit 2013 Darlehen und Bürgschaften in die Türkei vergeben sowie Türkei-Anleihen aufgenommen (bitte entsprechend der Jahre unter Angabe des betreffenden Geschäfts bzw. Projekts auflisten)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 24. In welcher Höhe hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW seit 2013 Darlehen und Bürgschaften in die Türkei vergeben sowie Türkei-Anleihen aufgenommen (bitte entsprechend der Jahre unter Angabe des betreffenden Geschäfts bzw. Projekts auflisten)? Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat im definierten Zeitraum nicht in Wertpapiere des türkischen Staates investiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4637 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die KfW Entwicklungsbank hat nachfolgende Zusagen gemacht: Jahr Betrag in € 2013 47.917.915 Kreditlinie für Erneuerbare Energien und Effizienz über die Türkye Kalkinma Bankasi 50.000.000 SME Receivables Asset Covered Bond – Sekerbank 11.840.000 SELP II revolvierender Einsatz der KfW-Mittel 100.000.000 KKMU-Kredit über Vakifbank 100.000.000 Kreditlinie Ressourceneffizienz über die TSKB 2014 150.000.000 Finanzierung von KKMU in landwirtschaftlichen Sektoren und ländlichen Regionen der Türkei 150.000.000 Kreditlinie Ressourceneffizienz Phase II über die TSKB 2015 200.000.000 KKMU Kreditlinie II Vakifbank 2016 250.000.000 Erdbebensicherheit und Katastrophenschutz in Istanbul (ISMEP) 150.000.000 Kreditlinie zur Bekämpfung des Klimawandels Gesamt 1.209.757.915 KfW IPEX-Bank: Die KfW IPEX-Bank hat folgende Kredit-Zusagen gemacht: Jahr Summe in Mio. € 2013 483,6 2014 382,3 2015 237,6 2016 210,1 2017 276,8 Gesamt 1.590,4 DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft) Jahr Betrag in Mio. € Kurzbeschreibung 2013 30 Darlehen an die Leasingtochter einer Bank 35,7 Covered Bond (in TRY) an eine Bank 22 Covered Bond (in TRY) an eine Bank 2014 30 Langfristiges Darlehen an ein PPP-Krankenhaus 2015 25 Langfristiges Darlehen an Hayat Kimya, einen Produzenten von Babywindeln 30 Langfristiges Darlehen an Etlik Hospital PPP, ein PPP-Krankenhaus in Ankara 2016 25 Langfristiges Darlehen an Intercity, ein Kfz-Flottenleasingunternehmen 29 Langfristiges Darlehen an Fibabanka, eine mittelgroße Geschäftsbank 2017 20 Langfristiges Darlehen an Bursa Hospital PPP, ein PPP-Krankenhaus in Bursa 2018 Keine Neuzusage Gesamt 246,7 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/4637 25. In welcher Höhe hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung EBRD seit 2013 Darlehen und Bürgschaften in die Türkei vergeben sowie Türkei-Anleihen aufgenommen (bitte entsprechend der Jahre unter Angabe des betreffenden Geschäfts bzw. Projekts auflisten)? Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) ist in der Türkei vorrangig im Privatsektor tätig. Sie nimmt Anleihen auf und vergibt Darlehen, jedoch keine Bürgschaften. Das Geschäftsvolumen der EBRD in der Türkei belief sich in der Zeit vom Januar 2013 bis Anfang August 2018 auf etwa 8,4 Mrd. Euro. Dieses Volumen gliedert sich wie folgt auf: 2013: 920 Mio. Euro 2014: 1.394 Mio. Euro 2015: 1.904 Mio. Euro 2016: 1.925 Mio. Euro 2017: 1.540 Mio. Euro 2018 (Anfang August): 760 Mio. Euro Eine Übersicht des Türkei-Geschäfts der EBRD mit detaillierten Angaben zu den Projekten ist auf der Website der Bank unter folgendem Link zugänglich: www. ebrd.com/work-with-us/project-finance/project-summary-documents.html?1=1& filterCountry=Turkey. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333