Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 26. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4643 19. Wahlperiode 28.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Protschka, Verena Hartmann, Enrico Komning und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4323 – Reduktion der Lebensmittelverschwendung in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Jährlich landet etwa ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel (etwa 1,3 Milliarden Tonnen) auf dem Müll (www.fao.org/docrep/018/i3347e/i3347e. pdf). Alleine in Deutschland werden jährlich etwa 6,7 Millionen Tonnen Lebensmittel von den Haushalten weggeworfen, was rund 82 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr und Person bedeutet (www.bzfe.de/lebensmittelverschwendung- 1868.html). Da die Produktionsflächen und -kapazitäten weltweit begrenzt sind, die Weltbevölkerung aber stetig anwächst, wurde im September 2015 von den Vereinten Nationen (UN) die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet , in der verschiedene Nachhaltigkeitsziele festgelegt wurden und zu deren Umsetzung sich die Bundesregierung verpflichtet sieht. Demnach sollen bis 2030 die Pro-Kopf-Lebensmittelabfälle (vermeidbare und teilweise vermeidbare Lebensmittelabfälle) halbiert werden. Zusätzlich wird eine Reduktion der Lebensmittelverluste entlang der Produktions- und Lieferkette (inkl. Nachernteverluste ) angestrebt (www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=E/2017/66& referer=/english/&Lang=E, SDG 12.3). Die Erreichung dieser Ziele wird von der Bundesregierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen, an der sich alle Akteure entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette beteiligen sollen (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – auf Bundestagsdrucksache 18/12631). In einer Entschließung des Bundesrates vom 31. März 2017 wurde die Bundesregierung dazu aufgefordert, eine gesetzliche Initiative zur Verringerung der Lebensmittelverluste zu erarbeiten (Entschließung des Bundesrates – Lebensmittelverluste in Deutschland verringern, Drucksache 180/17). Dazu wurden noch weitere konkrete Forderungen gestellt, die der Reduzierung der Lebensmittelabfälle in Deutschland dienen sollen. Als Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gab die Bundesregierung an, dass sie zu der Entschließung des Bundesrates vom 31. März 2017 Stellung nehmen werde, wenn die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung dazu abgeschlossen worden sei. Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) werde bereits ein Strategieprozess zur Entwicklung einer Handlungs - und Forschungsagenda zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten entlang der Wertschöpfungskette durchgeführt, in den die fachlich betroffenen Ressorts, die Bundesländer und die Akteure entlang der Wertschöpfungskette Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4643 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode eingebunden seien. Erst nach diesem Strategieprozess sei eine Entscheidung darüber möglich, ob und inwiefern gesetzliche Initiativen zur Verringerung der Lebensmittelverluste notwendig seien (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/12631). 1. Inwieweit ist die Meinungsbildung der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates vom 31. März 2017 abgeschlossen, und erachtet die Bundesregierung die Erarbeitung einer gesetzlichen Initiative zur Verringerung der Lebensmittelverluste als notwendig? Die Bundesregierung wird während der Umsetzung der Strategie zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung mit den Akteuren der einzelnen Sektoren entlang der Lebensmittelkette Zielvereinbarungen festlegen und strebt freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft an. Dass sich in der Zukunft die Notwendigkeit für gesetzliche Initiativen ergeben könnte, ist nicht ausgeschlossen. 2. Wie ist der aktuelle Erarbeitungsstand des Strategieprozesses zur Entwicklung einer Handlungs- und Forschungsagenda zur Reduktion von Lebensmittelverlusten entlang der Wertschöpfungskette, an dem die fachlich betroffenen Ressorts, die Bundesländer und die Akteure entlang der Wertschöpfungskette beteiligt sind, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde dazu ein Eckpunktepapier erarbeitet. Dieses dient als Grundlage zur – gemeinsam mit den zuständigen Bundesressorts und den Ländern zu entwickelnden – nationalen Strategie zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. Das Eckpunktepapier befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung, im Anschluss werden die Länder und Verbände einbezogen. 3. Was ist der Stand der Ankündigung der Bundesregierung, eine einschlägige, gemeinsame Handlungsstrategie zu erarbeiten, die auf Grundlage des Webportals des Johann Heinrich von Thünen-Instituts – Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei im Jahr 2016 und im Rahmen des Verbundes der G20 – Agricultural Chief Scientists und weiterer internationaler Organisationen entwickelt werden sollte (siehe Bundestagsdrucksache 18/12631)? Um einen möglichst globalen Überblick zum aktuellen Wissenstand zu laufenden Forschungsarbeiten und bestehenden globalen Initiativen, technologischen Innovationen und vorhandenen wissenschaftlichen Expertisen zu erarbeiten, wurde am Thünen-Institut für Ländliche Räume im Jahr 2016 ein Webportal eingerichtet (vgl.: www.global-flw-research.org/). Jeder Wissenschaftler, der in diesem Gebiet forscht, hat die Möglichkeit, ein eigenes Expertenprofil sowie entsprechende Projekte einzustellen. Während der deutschen G20-Präsidentschaft im Jahr 2017 fand der vom Thünen-Institut organisierte und geleitete internationale MACS- G20-Workshop „Reducing Food Losses & Waste: success stories, barriers, strategies for action“ im Juni 2017 statt. Die Initiative zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung wurde von Argentinien, das dieses Jahr die G20-Präsidentschaft innehat, aufgenommen und wird voraussichtlich auch von den Ländern, die in den kommenden Jahren die G20-Präsidenschaft innehaben werden, fortgeführt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4643 4. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand der Diskussion bezüglich einer EU-weiten, rechtlich verbindlichen Erfassung von Lebensmittelabfällen und -verlusten (im Rahmen einer vereinheitlichten Erfassungsmethode ), und wie positioniert sich die Bundesregierung diesbezüglich ? Auf EU-Ebene wird es zwar einen Delegierten Rechtsakt zur Datenerfassung geben , voraussichtlich aber keine vereinheitlichte Erfassungsmethode. Der Meinungsfindungsprozess innerhalb der Bundesregierung, wie Daten in diesem Bereich generiert werden können, ist noch nicht abgeschlossen. 5. Wie bewertet die Bundesregierung den Bericht des Umweltbundesamtes „Entwicklung von Instrumenten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen“ (siehe BMU Texte 85/2016)? Welche Konsequenzen zieht sie daraus? Im Rahmen des Forschungsvorhabens erfolgte erstmalig eine belastbare Abschätzung der Umweltwirkungen, die mit den Verlusten von Lebensmitteln bei Herstellung , Distribution und Konsum in Deutschland einhergehen. Basierend auf einer Analyse bestehender Maßnahmenvorschläge und der weiteren Möglichkeiten für verbindliches staatliches Handeln wurden in dem Vorhaben konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die eine effektive Minderung relevanter Lebensmittelabfälle erwarten lassen. Die Bundesregierung sieht in dem Bericht eine erste wichtige Einschätzung zur Bewertung der Umweltwirkungen, die von Lebensmittelverlusten entlang der Wertschöpfungskette ausgehen sowie gute Ansatzpunkte für mögliche Vermeidungsmaßnahmen. Sie berücksichtigt die Empfehlungen des Vorhabens u. a. im Rahmen der vom Umweltbundesamt und dem Bundesumweltministerium entwickelten Umsetzung des deutschen Abfallvermeidungsprogramms . 6. Inwiefern betrachtet die Bundesregierung die Einführung eines Schulfaches zur Ernährungslehre bzw. -bildung als zielführend für die Reduktion von vermeidbaren und teilweise vermeidbaren Lebensmittelabfällen, und sind Schritte in diese Richtung geplant? Wenn ja, welche? Die Bundesregierung misst der Ernährungsbildung einen großen Wert bei. Das BMEL nutzt im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit den Ländern alle Möglichkeiten , um auf die besondere Bedeutung des Erwerbs von Ernährungskompetenzen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Bei der Vermittlung von Ernährungskompetenz spielt auch die Wertschätzung der Lebensmittel eine Rolle. Somit kann Ernährungsbildung mittelbar zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen beitragen. 7. Wie bewertet die Bundesregierung den Einfluss des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) auf die Entsorgung von Lebensmitteln? Das BMEL hat im Jahr 2018 die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die die Gesellschaft für Konsumforschung in den Jahren 2016 und 2017 im Auftrag des BMEL in Privathaushalten durchgeführt hat. Dies ist bundesweit die erste repräsentative und wiederholbare Studie in privaten Haushalten und beruht auf der Führung von Haushaltstagebüchern. Laut Studienergebnissen wird das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) mit einem Anteil von 6,8 Prozent als Wegwerfgrund für Lebensmittel aufgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4643 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Welche Ergebnisse liegen bislang für die Definition eines Verbrauchsverfallsdatums (VVD), sowie für die Forschungsfrage nach der Ausnahme von Lebensmitteln von der Mindesthaltbarkeitsdauer (MHD) vor, wozu das Max Rubner-Institut (MRI) beauftragt worden ist? Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus diesen Ergebnissen? Das Max-Rubner-Institut (MRI) hat in seiner Stellungnahme auf Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung eines (zusätzlichen) Verbrauchsverfallsdatums hingewiesen. Die Frage der Aufnahme weiterer Lebensmittel in die MHD-Ausnahmeliste des Anhang X der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV) wird auch auf EU-Ebene diskutiert. In diesem Zusammenhang ist das MRI zu dem Ergebnis gekommen, dass unter bestimmten Umständen auch Reis und Hülsenfrüchte sowie konservierte Fischprodukte (z. B. eingelegter Hering) bzw. Stockfisch und lange gereifter Hartkäse mit nur noch geringem Wasseranteil im ganzen Laib aufgenommen werden könnten. Auch bei der Diskussion um die Datumsangaben auf Lebensmitteln ist das Ziel des BMEL, die Lebensmittelverschwendung unter Beibehaltung des hohen Lebensmittelqualitätsstandards zu reduzieren. Soweit zur Lösung weitere Forschungs - und Entwicklungsarbeiten notwendig sind – beispielsweise zur Entwicklung intelligenter Verpackungen, die dann das Mindesthaltbarkeitsdatum ergänzen können – wird das BMEL diese unterstützen. Das BMEL fördert verschiedene Innovationsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von mehr als 3,4 Mio. Euro. Die Diskussion zur Frage der Ausweitung der MHD-Ausnahmeliste im Anhang X der LMIV im Hinblick auf die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung auf EU-Ebene dauert an. 9. Plant die Bundesregierung, weitere Aufklärungskampagnen bezüglich des Mindesthaltbarkeitsdatums bzw. des Verfallsdatums von Lebensmitteln? Wenn ja, wie soll die konkrete Umsetzung aussehen, und wie hoch werden die finanziellen Mittel dafür sein? Die Bundesregierung, insbesondere das BMEL, informiert Verbraucherinnen und Verbraucher über die Haltbarkeit von Lebensmitteln auch nach Ablauf des MHD. Gemeinsam mit dem Handel sind weitere Maßnahmen zur Verbraucherinformation nun im Rahmen der seit dem Jahr 2012 laufenden BMEL-Initiative Zu gut für die Tonne! geplant. 10. Wie positioniert sich die Bundesregierung zur Entwicklung intelligenter Verpackungen, die Informationen zur Qualität eines beinhalteten Lebensmittels liefern? Inwiefern sind Fördermittel hierfür geplant? Bei intelligenten Verpackungen handelt es sich um Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. Darüber hinaus gehende materialspezifische Vorschriften finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 450/2009 der Kommission über aktive und intelligente Materialien und Gegenstände , die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4643 Intelligente Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände sind demnach definiert als Materialien und Gegenstände, mit denen der Zustand eines verpackten Lebensmittels oder die das Lebensmittel umgebende Umwelt überwacht wird. Aufgrund der damit verbundenen Informationsmöglichkeiten über den Zustand der Lebensmittel können auch intelligente Verpackungen einen Beitrag dazu leisten , dass weniger Lebensmittel weggeworfen werden. Bei der Entwicklung solcher Verpackungen sind die genannten rechtlichen Vorgaben selbstverständlich einzuhalten. Im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung hat das BMEL eine Bekanntmachung über die Förderung von Innovationen zur sicheren, ressourcenschonenden und nachhaltigen Lebensmittelherstellung veröffentlicht. Gegenstand der Förderung waren u. a. Maßnahmen und Entwicklung neuartiger Verfahren – zur Verlängerung und Erhaltung der Haltbarkeit von Lebensmitteln, – zur Vermeidung von Verlusten und zur Reduzierung von Abfällen und – zur Steigerung der Hygiene, Qualität und Sicherheit der Lebensmittel, z. B. durch intelligente Verpackungen oder Sensortechnik. Im Rahmen dieser Bekanntmachung unterstützt das BMEL Forschungsvorhaben mit rund 14,3 Mio. Euro. Der Finanzierungsanteil des BMEL davon an Forschungsvorhaben zur Entwicklung intelligenter Verpackungen beträgt rund 3,5 Mio. Euro. 11. Was ist Stand der Ankündigung der Bundesregierung, erarbeitete Leitfäden und andere Dokumente für eine abfallvermeidende „Gute Fachliche Praxis“ auf einer gemeinsamen Internetplattform des Bundes und der Länder den Akteuren der Lebensmittelwertschöpfungskette zugänglich zu machen? Das BMEL hat in Zusammenarbeit mit den Bundesländern am 19. Oktober 2017 die Internetplattform www.lebensmittelwertschätzen.de online gestellt. 12. Liegen der Bundesregierung Ergebnisse des EU-Diskussionsprozesses zum Thema Reduktion von Lebensmittelverschwendung im Zusammenhang mit Datumsangaben vor (siehe Bundestagsdrucksache 18/12631)? Auf EU-Ebene sollen Leitlinien für die Verwendung von Haltbarkeitsdaten auf Lebensmitteletiketten zum Zwecke der Vermeidung von Lebensmittelabfällen erarbeitet werden. Dazu wurde eine Taskforce eingerichtet. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333