Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 26. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4644 19. Wahlperiode 28.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Jung, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4333 – Sicherheit auf deutschen Autobahnen – Regulierung von Kleintransportern mit Schlafplatz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Kleintransporter mit Schlafplatz und unter 3,5 Tonnen setzen die deutsche Logistikbranche zunehmend unter Druck. Aufgrund ihres Gewichtes unterliegen sie nicht den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie Fahrzeuge über 3,5 Tonnen . Ohne verpflichtende Fahrtenschreiber, oft ohne Transportsicherung und mit zumeist niedrigsten Sozialstandards sind diese gewerblich täglich auf deutschen Autobahnen unterwegs. Der dadurch entstehende Kostendruck wirkt sich unweigerlich auf die Logistikbranche aus. Neben dem wirtschaftlichen Faktor wird die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer nach Ansicht der Fragesteller fahrlässig gefährdet. Die gesetzlich vorgeschriebenen Fahrtzeitbeschränkungen oder Ruhezeiten können von den Fahrern der Kleintransporter umgangen werden. Dadurch kann es zu schweren Unfällen durch Müdigkeit sowie fehlende Aufmerksamkeit kommen. Zudem werden laut Berichten viele der Fahrzeugflotten zwar in Deutschland disponiert , sind aber im Ausland zugelassen (vgl. z. B. www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ unternehmen/transportgewerbe-betruegerische-firmen-aus-osteuropa-15051174- p2.html). Auch werden diese von ausländischen Fahrern gesteuert, die wiederum nicht nach deutschen Sozialstandards bezahlt werden. Eine schnellstmögliche Korrektur der bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen ist nach Ansicht der Fragesteller somit geboten. 1. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Anzahl der monatlich auf deutschen Autobahnen verkehrenden gewerblich genutzten Kleintransportern mit Schlafplatz (wenn ja, bitte nach Streckennutzung, Verwendungszweck und Betreiberfirma aufschlüsseln)? Wenn nein, warum nicht? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4644 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie viele gewerblich genutzte, im Ausland registrierte aber in Deutschland disponierte Kleintransporter mit Schlafplatz verkehren zu logistischen Zwecken nach Kenntnis der Bundesregierung auf deutschen Autobahnen (bitte nach Herkunft und Logistiksparte aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Informationen vor, da entsprechende Erhebungen weder vorgesehen sind noch durchgeführt werden. 3. In wie viele Unfälle wurden gewerblich genutzte Kleintransporter mit Schlafplatz nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2017 und 2018 verwickelt (bitte nach Schwere des Unfalls, Herkunft und Logistiksparte aufschlüsseln ; wenn keine Zahlen vorliegen, bitte begründen warum)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Die genannte Fahrzeugart stellt keine separate Erhebungskategorie dar. Auch aus anderen Zusammenhängen (z. B. erreichbare Höchstgeschwindigkeit und Bremsleistung solcher Fahrzeuge) sind keine besonderen Unfallhäufigkeiten bekannt geworden. 4. Wie viele Unternehmen im Post- und Kuriersektor nutzen nach Kenntnis der Bundesregierung die Dienste von Subunternehmen, die im Ausland registriert sind und ihre Fahrer nach ausländischen Standards bezahlen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 5. Sind nach Meinung der Bundesregierung gewerblich genutzte Kleintransporter mit Schlafplatz eine Gefährdung für Verkehrsteilnehmer auf deutschen Autobahnen? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Setzen nach Ansicht der Bundesregierung die gewerblich genutzten und im Ausland registrierten Kleintransporter mit Schlafplatz die deutsche Logistikbranche wirtschaftlich unter Druck? Wenn nein, warum nicht? Ja. 7. Plant die Bundesregierung, die Erlaubnispflicht im Güterkraftverkehrsgewerbe zu verändern und diese unabhängig vom Gewicht des Fahrzeuges für jedes Unternehmen vorzuschreiben? Die Bundesregierung setzt sich in den aktuell in Brüssel geführten Debatten zu Änderungen im Bereich des Berufs- und Marktzugangs für Güterkraftverkehrsunternehmen sowie zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Rahmen des von der EU-Kommission im Mai 2017 vorgelegten ersten Teils des sog. Mobilitätspaketes dafür ein, künftig auch Unternehmen mit Fahrzeugen, deren zulässige Gesamtmasse weniger als 3,5 Tonnen beträgt, in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 einzubeziehen, so dass auch diese Unternehmen künftig die dort genannten Berufszugangsvoraussetzungen erfüllen müssen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4644 8. Hat die Bundesregierung vor, den digitalen Tachografen für alle gewerblichen Fahrzeuge vorzuschreiben, unabhängig von ihrem Gesamtgewicht? Nein. 9. Hat die Bundesregierung vor, sich für eine europäische Lösung einzusetzen, die einheitlich den digitalen Tachografen für alle gewerblichen Fahrzeuge vorschreibt, unabhängig von ihrem Gesamtgewicht? Derartige Regelungen sind nicht Gegenstand der Kommissionsvorschläge. 10. Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die gewerbliche Nutzung von Kleintransportern mit Schlafplatz zu regulieren? Weitere Möglichkeiten werden auf europäischer Ebene gesehen. Entsprechenden Initiativen steht gegenwärtig entgegen, dass es in den genannten Regelungsbereichen keine Unfallauffälligkeiten der in Frage stehenden Fahrzeuge gibt. 11. Plant die Bundesregierung ein Programm zur gezielten Kontrolle von gewerblich genutzten Kleintransportern mit Schlafplatz auf deutschen Autobahnen , um entsprechende Fahrzeuge aus dem Verkehr zu ziehen, die eine Gefahr aufgrund von übermüdeten Fahrern darstellen könnten? Nein, da solche Kontrollen nicht wirksam wären. 12. Wie viele zusätzliche Stellen bei der Polizei und dem Bundesamt für Güterverkehr wären nach Schätzung der Bundesregierung notwendig, um eine Kontrolle von gewerblich genutzten Kleintransportern mit Schlafplatz effektiv durchführen zu können? Die Bundesregierung nimmt zu hypothetischen Fragen keine Stellung (vgl. auch die Antwort zu Frage 11). 13. Hat die Bundesregierung vor, sich für einheitliche europäische Sozialstandards für den Logistiksektor einzusetzen, um so Lohn- und Sozialdumping vorzubeugen? Nach der gemeinsamen Abschlusserklärung nach dem deutsch-französischen Ministerrat im Juli 2017 setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die Bestimmungen über die Entsendung von Arbeitnehmern in allen Sektoren, einschließlich des Gütertransports auf der Straße, Anwendung finden. Hieran orientiert sich die Bundesregierung auch in den Verhandlungen über das von der Europäischen Kommission am 31. Mai 2017 vorgestellte Mobilitätspaket. Die Entsenderegeln bestimmen, dass die wichtigsten Sozialstandards des Staates, in dem Arbeitnehmer eingesetzt werden, unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers einzuhalten sind. Eine Vollharmonisierung der Sozialstandards in der gesamten Europäischen Union im Sinne einer vollständigen Vereinheitlichung gibt es hingegen auch in anderen Wirtschaftsbereichen nicht. Die Bundesregierung ist allerdings der Auffassung , dass weitere Liberalisierungen des Binnenmarktes erst in Betracht kommen , wenn vorher deutliche Fortschritte bei der Zurückdrängung des Sozialdumpings erzielt worden sind. BM Scheuer hat im EU-Rat der Verkehrsminister wiederholt diese Auffassung deutlich gemacht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4644 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Sind bereits Gespräche zwischen der Bundesregierung und europäischen Partnern geführt worden, um das Problem auf europäischer Ebene zu diskutieren ? Wie bereits dargestellt, laufen diese Gespräche seit Juni 2017 ununterbrochen. Neben den Ratsgremien führt die Bundesregierung diese Gespräche auch im Rahmen der sogenannten „Road Alliance“, die gemeinsam vom französischen und deutschen Verkehrsminister im Januar 2017 gegründet worden ist. 15. Welche Möglichkeiten innerhalb des europäischen Rechtsrahmens bestehen nach Ansicht der Bundesregierung, um ausländische Logistikunternehmen zum Einhalten von deutschen Mindeststandards zu zwingen? Arbeitsrechtliche deutsche Mindeststandards finden nach der Konzeption des Arbeitnehmer -Entsendegesetzes und des Mindestlohngesetzes grundsätzlich auf alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer Anwendung. Das sind insbesondere die Regelungen über Mindestentgeltsätze, bezahlten Mindestjahresurlaub, Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten sowie Regelungen über Sicherheit, Gesundheitsschutz du Hygiene am Arbeitsplatz. Diese Vorschriften gelten auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und sind auch ihnen gegenüber durchsetzbar. Der Mindestlohn wird von den Behörden der Zollverwaltung kontrolliert und durchgesetzt . Die arbeitsrechtlichen Mindeststandards gelten unabhängig von Fahrzeuggröße oder -gewicht und damit auch für Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Gleiches gilt für die zur Durchsetzung der arbeitsrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Verwaltungsanforderungen. Hierunter fällt z. B. die in der Mindestlohnmeldeverordnung für den Verkehrssektor angepasste Pflicht von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, im Personenbeförderungsgewerbe und im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe den Einsatz von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung zu melden und die Pflicht, Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit aufzuzeichnen . 16. Hat die Bundesregierung vor, sich während der anstehenden europäischen Ratspräsidentschaft 2020 dem Thema verstärkt anzunehmen und auf supranationaler Ebene eine Regulierung vorzuschlagen? Die Bundesregierung setzt sich bereits jetzt für die o. g. Ziele ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333