Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 26. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4655 19. Wahlperiode 01.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Fabian Jacobi, Jochen Haug, Thomas Seitz und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4274 – Aussage der Bundesregierung zu „Hetzjagden“ in Chemnitz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zu den Geschehnissen in Chemnitz am Abend des 26. August 2018 erklärte die Bundesregierung am 27. August durch ihren Sprecher: „Was gestern in Chemnitz stellenweise zu sehen war, und was ja auch in Videos festgehalten wurde [...] Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft [...] das kann ich für die Bundesregierung sagen, dass wir das auf das schärfste verurteilen.“ Am 28. August äußerte sich die Bundeskanzlerin zum selben Gegenstand so: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab“. Die Aussage, dass es am 26. August in Chemnitz „Hetzjagden“ gegeben habe, wurde von Massenmedien im In- und Ausland aufgegriffen und weltweit verbreitet . Demgegenüber äußerte der Chefredakteur der örtlichen Zeitung „Freie Presse“, seine Reporter hätten „Hetzjagden“ nicht beobachtet, mehrere Kollegen seien vor Ort gewesen und könnten nichts dergleichen berichten (zitiert nach: www. nordkurier.de/politik-und-wirtschaft/es-gab-in-chemnitz-keine-hetzjagden-303 3007508.html). Auf eine Medienanfrage erklärte die Generalstaatsanwaltschaft des Freistaats Sachsen: „Nach allem uns vorliegenden Material hat es in Chemnitz keine Hetzjagd gegeben“ (zitiert nach: www.publicomag.com/2018/09/sachsensgeneralstaatsanwaltschaft -widerspricht-merkel/). Amtliche Äußerungen der Bundesregierung wie die eingangs zitierten haben erhebliche Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland und auf das Ansehen Deutschlands im Ausland. Die Widersprüche zwischen den vorgenannten Aussagen bedürfen daher der Aufklärung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4655 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Auf welche Videoaufnahmen stützt die Bundesregierung ihre Aussagen (bitte Ort, Zeit und Urheber der Aufnahmen spezifizieren)? 2. Wann und aus welcher Quelle hat die Bundesregierung diese Videoaufnahmen erhalten? 3. Wer hat für die Bundesregierung die Auswertung dieser Videoaufnahmen vorgenommen und die oben zitierte Bewertung des Inhalts getroffen? Die Fragen 1 bis 3 werden im Sachzusammenhang beantwortet. Die der Kleinen Anfrage zugrunde liegenden politischen Einordnungen der Bundesregierung fußen auf der Berichterstattung in den Medien. Dazu zählen Videoaufnahmen , die zeigen, wie Personen aus einer Gruppe heraus Menschen mit den Sätzen „Haut ab!“, „Was wollt ihr, ihr Kanacken?“ und „Ihr seid nicht willkommen !“ beschimpfen und in die Flucht jagen. Die regionale und überregionale Presse berichtete, dass Menschen mit Migrationshintergrund durch Personen, die sich aus den Aufmärschen absetzten, gejagt worden seien. Gewalt sei gegen Menschen ausgeübt worden, bei denen aufgrund ihres Aussehens ein Migrationshintergrund vermutet werden kann, aber auch gegen Polizisten. Die Schilderungen der Medien stützen sich sowohl auf Augenzeugenberichte als auch auf einen Bericht der Polizei. Diese Medienberichte und ihr Erscheinungsdatum sind öffentlich zugänglich. In der Nacht zum 26. August 2018 wurden in Chemnitz ein Tötungs- und mehrere Körperverletzungsdelikte verübt. Danach fanden dort mehrere Demonstrationen statt. Bei einigen Demonstrationen kam es zu Vorfällen: Augenzeugen berichten, dass Menschen, bei denen aufgrund ihres Aussehens ein Migrationshintergrund vermutet werden kann, durch Teilnehmer der Versammlungen gejagt worden seien. Es sei zu Gewalt, Pöbeleien und Bedrohungen gekommen. Der Regierungssprecher hat in der Regierungspressekonferenz vom 27. August 2018 diese Ereignisse politisch eingeordnet und sie verurteilt. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Rede am 12. September 2018 im Bundestag ausgeführt: „Ich kann jeden verstehen, der darüber empört ist, wenn sich nach Tötungsdelikten einmal mehr herausstellt, dass die Straftäter sind, die schon mehrere Vorstrafen haben, oder Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind. Hier haben wir eine Aufgabe zu lösen. An dieser Aufgabe arbeiten wir in aller Entschiedenheit gemeinsam mit den Bundesländern und der Bundesregierung. Der Bundesinnenminister hat dazu weitere Maßnahmen vorgelegt, und wir sind uns unserer Verantwortung dafür bewusst, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sosehr ich die Empörung und das Unverständnis verstehe und teile, lasse ich nicht gelten, dass dies eine Entschuldigung für menschenverachtende Demonstrationen ist. Nein, es gibt keine Entschuldigung und Begründung für Hetze, zum Teil Anwendung von Gewalt , Naziparolen, Anfeindungen von Menschen, die anders aussehen, die ein jüdisches Restaurant besitzen, Angriffe auf Polizisten. Und begriffliche Auseinandersetzungen darüber, ob es nun Hetze oder Hetzjagd ist, helfen uns dabei wirklich nicht weiter, meine Damen und Herren. Das kann doch nur eines heißen: Dem stellen wir uns entschieden entgegen, und zwar ganz im Geiste von Artikel 1 unseres Grundgesetzes.“ 4. Hat die Bundesregierung diese Videoaufnahmen den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zugeleitet, und falls ja, wann, und falls nein, warum nicht? Nein, denn der Medieninformation 419/2018 der Polizei Sachsen war zu entnehmen , dass sie bereits wegen der geschilderten und gezeigten Straftaten ermittelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333