Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 25. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4659 19. Wahlperiode 27.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukas Köhler, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4224 – Klimaschutzziele Deutschlands im Lichte des EU-Effort-Sharing V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Schon heute steht fest, dass die Bundesregierung nicht nur ihre selbstgesteckten Klimaziele bis 2020 nicht erreichen wird, sondern auch die rechtlich verbindlichen EU-Ziele. Ursächlich dafür sind vor allem die unzureichenden Fortschritte bei den Emissionsminderungen der nicht vom EU-Emissionshandel (EU-ETS) erfassten Wirtschaftsbereiche Verkehr und Wärmeversorgung. Auch die Ziele der kommenden Verpflichtungsperiode zwischen 2021 und 2030 werden nicht einfach zu erreichen sein, wie der von der Bundesregierung geplante Kohleausstieg unterstreicht. Unter dem EU-Effort-Sharing-System sind die Mitgliedstaaten an eine lineare Minderung der Treibhausgasemissionen zwischen 2013 und 2020 gebunden. Danach sind in den nicht vom EU-ETS erfassten Sektoren 30 Prozent Emissionsminderungen bis 2030 gegenüber 2005 verpflichtend. Zur Erhöhung der Kosteneffizienz der Zielerreichung ist eine Reihe von Flexibilitäten vorgesehen: So ist es den Mitgliedstaaten explizit erlaubt, Emissionsminderungen auf die Bank zu legen oder aus Folgejahren vorwegzunehmen. Des Weiteren dürfen die Mitgliedstaaten Emissionsminderungen auf andere Länder übertragen bzw. von diesen erwerben. Ab 2021 sind auch Übernahmen aus dem Versteigerungskontingent des EU-ETS sowie Übertragungen von Emissionsminderungen aus der Landnutzung möglich. Da in der Verpflichtungsperiode 2013 bis 2020 innerdeutsche Übertragungen zwischen den Jahren kaum mehr möglich sind, müssen zur Zielerreichung Emissionsberechtigungen aus anderen Ländern zugekauft werden. Hier schätzt das Öko-Institut, dass Deutschlands Verfehlung seiner europäischen Klimaschutzziele in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft für die Periode bis zum Jahr 2020 Haushaltskosten in Höhe von 600 Mio. Euro verursachen könnte. Für die Jahre zwischen 2021 bis 2030 würden sogar zusätzliche Kosten in Höhe von 5 bis 30 Mrd. Euro entstehen (Quelle: www.oeko.de/aktuelles/ 2018/effort-sharing-hohe-kosten-ohne-ambitionierten-klimaschutz/). Nach Artikel 5 der Entscheidung Nr. 406/2009/EG haben die Mitgliedstaaten aber auch die Möglichkeit, Gutschriften aus Projektmaßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu verwenden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4659 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. In welchem Umfang beabsichtigt die Bundesregierung, die Flexibilitäten des Effort Sharing für die Zielerreichung bis 2020 in Anspruch zu nehmen? 2. Beabsichtigt die Bundesregierung, auch Gutschriften aus Klimaschutz-Projektmaßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen bis 2020 zu verwenden? Falls ja, in welchem Umfang? Falls nein, aus welchem Grund wird diese Möglichkeit nicht genutzt? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Maßgeblich für die Zielerreichung der einzelnen Mitgliedstaaten in den Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels bis 2020 ist gemäß EU-Lastenteilungsentscheidung (Nr. 406/2009/EC, ESD) die Einhaltung von jährlichen Budgets für den Zeitraum 2013 bis 2020. Während in den Jahren 2013 bis 2015 in Deutschland noch Überschüsse durch Übererfüllung der jährlichen Budgets angespart werden konnten, ist bis 2020 insgesamt von einem Defizit auszugehen. Die genaue Höhe dieses Defizits über den gesamten Zeitraum 2013 bis 2020 lässt sich derzeit nicht belastbar abschätzen. Die Bundesregierung wird sich daher zu gegebener Zeit zu diesen Fragen positionieren . Dabei ist grundsätzlich zu bedenken, dass die Erfassung und Überprüfung der Emissionsdaten sowie der Abgleich mit den jährlichen ESD-Zuteilungen ungefähr zwei Jahre in Anspruch nimmt. 3. Teilt die Bundesregierung die Schätzung des Öko-Instituts über den Haushaltsaufwand für den Erwerb überschüssiger Emissionsminderungen von anderen Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013 bis 2020? Die EU-Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, die Kosten für Transfers von jährlichen Emissionszuweisungen zu veröffentlichen. Daher sind die Preise für Emissionszuweisungen unter der Lastenteilungsentscheidung nicht bekannt. Ferner lässt sich die genaue Höhe des Defizits über den gesamten Zeitraum 2013 bis 2020 für Deutschland derzeit nicht belastbar abschätzen. Daher kann über den möglichen Haushaltsaufwand nur spekuliert werden. An diesen Spekulationen beteiligt sich die Bundesregierung nicht. 4. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten nationaler Klimaschutzmaßnahmen in Relation zum nötigen Haushaltsaufwand für den Erwerb überschüssiger Emissionsminderungen von anderen Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013 bis 2020 ein? Zum Erwerb überschüssiger Emissionsminderungen anderer Mitgliedstaaten wird auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. Ein Vergleich der hierfür entstehenden Kosten mit den Kosten von Klimaschutzmaßnahmen ist daher nicht möglich. Aus der Sicht der Bundesregierung wären in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch die volkswirtschaftlichen Vorteile von Klimaschutzmaßnahmen zu berücksichtigen. 5. Liegen der Bundesregierung Informationen über die durchschnittlichen Kosten von Gutschriften aus Klimaschutz-Projektmaßnahmen vor? Die Kosten für internationale Zertifikate variieren stark je nach Menge, Projekttyp und Qualität. Es ist der Bundesregierung daher nicht möglich, im Zusammenhang mit der Lastenteilungsentscheidung einen relevanten Durchschnittspreis zu Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4659 nennen. Im Rahmen der Dienstreisekompensation der Bundesregierung, dem einzigen aktuellen Ankaufprogramm der Bundesregierung für internationale Projektgutschriften , wurden in den vergangenen Jahren Minderungsgutschriften über öffentliche Ausschreibungen zu einem Zertifikatspreisreis von ungefähr vier bis acht Euro erworben. Allerdings handelte es sich hierbei um vergleichsweise geringe Mengen, die keine Rückschlüsse auf zukünftige Preisentwicklungen zulassen . 6. Inwieweit würden sich die Kosten der Inanspruchnahme der Flexibilitäten reduzieren, würde Deutschland auch Gutschriften aus Projektmaßnahmen zur Erfüllung seiner Klimaschutzziele nutzen? Mit Blick auf die Antworten zu den Fragen 3 und 4 ist eine solche Einschätzung nicht möglich. Für die Zeit nach 2021 stellt sich diese Frage nicht mehr, da die Zielverteilungsverordnung (Effort Sharing Regulation) für die Zeit nach 2020 die Nutzung internationaler Projektgutschriften ausschließt. Das EU-Klimaziel für 2030 muss einem Beschluss des Europäischen Rates entsprechend ausschließlich innerhalb der EU erreicht werden („domestic target“). 7. Ist für den Zeitraum 2021 bis 2030 die Inanspruchnahme von Flexibilitäten zur Erfüllung der nationalen Klimaschutzverpflichtungen geplant? Über die Inanspruchnahme von Flexibilitäten hat die Bundesregierung entsprechend der Antwort zu den Fragen 1 und 2 bisher nicht entschieden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 8. Inwieweit fließt die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Flexibilitäten in die von der Bundesregierung getroffene Entscheidung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung ein? Die Stromerzeugung aus Kohlen unterfällt regelmäßig dem Geltungsbereich des EU-Emissionshandels und nicht der EU-Lastenteilungsentscheidung. Eine Inanspruchnahme der unter der EU-Lastenteilungsentscheidung möglichen Flexibilitäten ist aus diesem Grund im Bereich der Kohleverstromung nicht möglich. Im Übrigen wird auch auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 9. Welchen Stellenwert räumt die Bundesregierung den Flexibilitäten im Rahmen ihrer zukünftigen Klimapolitik ein? Die Bundesregierung steht weiterhin für eine wissenschaftlich fundierte, technologieoffene und effiziente Klimapolitik. Sie erarbeitet ein Maßnahmenprogramm, das die Erreichung der Sektorziele des Klimaschutzplans 2050 bis zum Jahr 2030 sicherstellen soll. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen soll auch die Einhaltung der europäischen Klimaschutzverpflichtungen Deutschlands sichergestellt werden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333