Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 24. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4665 19. Wahlperiode 28.09.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3938 – Tätigkeiten des Atomkonzerns EDF/Framatome im Nuklearbereich in Erlangen (Bayern) und Lingen (Niedersachsen) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2011 hat der Deutsche Bundestag den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie beschlossen. Doch auch sieben Jahre später gibt es nach Auffassung der fragestellenden Fraktion bedeutende Bereiche, in denen dieser Atomausstieg nicht vollzogen wird. Viel diskutierte Beispiele sind die Urananreicherung im westfälischen Gronau sowie die Brennelementefertigung im emsländischen Lingen, für die bislang keine Stilllegungsdaten festgelegt wurden (Bundestagsdrucksachen 19/963 und 19/3041). Die Brennelementefabrik gehörte bis Ende 2017 zum französischen Areva-Konzern , seit Anfang 2018 ist sie Teil des ebenfalls französischen Konzerns EDF/ Framatome, der sich mehrheitlich in französischem Staatsbesitz befindet. EDF/ Framatome verfügt in Deutschland über drei Standorte: Lingen, Erlangen und Karlstein. Hauptsitz ist im bayerischen Erlangen (www.framatome.com/EN/ businessnews-896/framatome-in-deutschland.html). Insgesamt beschäftigt EDF/Framatome in Deutschland laut Firmenwebsite rund 3 400 Mitarbeiter und ist u. a. in folgenden Bereichen tätig: „Tätigkeitsschwerpunkt in Erlangen ist die Instandhaltung und Modernisierung von Kernkraftwerken im In- und Ausland. Die Mitarbeiter sind zudem an den EPR-Neubauprojekten in Frankreich, Finnland, China und Großbritannien beteiligt“ (www. framatome.com/FR/businessnews-1250/framatome-in-deutschland-standorterlangen .html). Durch einen „WDR“-Bericht vom 18. Juli 2018 zu den personellen Verwicklungen von z. T. hochrangigen EDF/Framatome-Mitarbeitern aus Erlangen in der Reaktorsicherheitskommission (RSK) wurde u. a. bekannt, dass der EDF/Framatome-Standort Erlangen 2016 den Auftrag erhielt, bis 2019 die Sicherheitsleittechnik für die belgischen Reaktoren Doel 1 und 2 zu modernisieren . Dazu heißt es in einer Firmen-Pressemitteilung vom 7. November 2016: „Dabei greifen wir auf die bewährte digitale AREVA-Sicherheitsleittechnik TELEPERM XS zurück, die inzwischen in 16 verschiedenen Reaktordesigns, in mehr als 80 Anlagen in 16 verschiedenen Ländern installiert beziehungsweise Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4665 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode beauftragt ist“ (www.tagesschau.de/kritik-tihange-gutachten-101.html; www. framatome.com/EN/businessnews-1145/areva-np-erhaelt-auftrag-frsicherheitsleittechnikprojekt -in-belgien.html). Darüber hinaus teilte EDF/Framatome am 25. Mai 2018 mit, dass der Konzern aus Erlangen heraus die Sicherheitsleittechnik für den neuen chinesischen Reaktor Tianwan 3 geliefert habe, der Ende 2017 ans Netz gegangen sei. Zusätzlich heißt es in der Pressemitteilung: „Framatome hat bereits umfassende Sicherheitsleittechniklösungen für WWER-Reaktoren in China, Russland und der Slowakei geliefert“ (www.framatome.com/EN/businessnews-1333/china-framatomelieferte -sicherheitsleittechnik-fr-tianwan-3.html). Am 12. Juni 2018 folgte dann die Pressemitteilung aus Erlangen, dass EDF/ Framatome in China erfolgreich den EPR-Reaktor Taishan 1 am 6. Juni 2018 ans Netz bringen konnte. Weiter heißt es zur EPR-Entwicklung: „Als Erbauer des EPR-Druckwasserreaktors konnte Framatome auch ihre Erfahrung mit der Zertifizierung dieses Modells in Frankreich, Finnland, China, dem Vereinigten Königreich und den USA erfolgreich einbringen“ (www.framatome.com/EN/ businessnews-1349/framatome-und-der-epr-ein-grosser-erfolg-hochmotivierterteams .html). Gerade die Neubauprojekte in Finnland und Frankreich sind jedoch bislang durch gravierende Bauprobleme und daraus resultierende Bauverzögerungen und Kostensteigerungen bekannt geworden (http://derstandard. at/2000084139968/Atomkraftwerke-lassen-immer-wieder-auf-sich-warten, www. handelsblatt.com/unternehmen/energie/atomkonzern-baut-um-areva-kerngeschaeftheisst -jetzt-orano/20877468.html). Für den EDF/Framatome-Standort Lingen ist bekannt, dass von dort ungeachtet des für Deutschland beschlossenen Atomausstiegs regelmäßig Brennelemente auch an sicherheitstechnisch sehr kritische Reaktoren geliefert werden, darunter Tihange und Doel in Belgien, Fessenheim und Cattenom in Frankreich, Ringhals in Schweden und ganz frisch auch die Erstbestückung für den aufgrund zahlreicher Pannen höchst umstrittenen französisch-finnischen EPR-Reaktor Olkiluoto 3 in Finnland (Bundestagsdrucksachen 18/11596 und 18/12351). Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD heißt es auf Seite 142 zu diesen Brennelementexporten: „Wir wollen verhindern, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, zum Einsatz kommen. Wir werden deshalb prüfen, auf welchem Wege wir dieses Ziel rechtssicher erreichen“ (www.bundesregierung.de/ Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf;jsessionid= 23FEF9A89A0B3119CB96C69FE31F025A.s4t2?__blob=publicationFile&v=6). EDF/Framatome ist auch auf vielen Ebenen in der bundesdeutschen Reaktorsicherheitskommission vertreten. So sitzt Dr. Renate Kilian in der RSK selbst sowie im Fachausschuss „Druckführende Komponenten und Werkstoffe“ (DKW). Dort ist auch der Standortleiter von EDF/Framatome in Erlangen, Rainer Hardt, tätig (www.rskonline.de/de/zusammensetzung; www.rskonline.de/de/ausschuesse). Zwei langjährige Areva-Angestellte, Uwe Stoll und Ulrich Waas, sitzen ebenfalls in der RSK (Quelle s. oben). Stoll ist aktuell zudem technisch-wissenschaftlicher Geschäftsführer der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS). Zusammen verfassten Stoll und Waas 2012 für Areva in Erlangen ein Papier, in dem sie die Auswirkungen von Fukushima auf die Reaktorhersteller untersuchten und dabei große Geschäftsmöglichkeiten für ihr eigenes Unternehmen entdeckten: „Im Rahmen des ,Safety Alliance‘-Programms bietet das Unternehmen den Betreibern von Kernkraftwerken ein umfassendes Programm von Engineering-Leistungen und Produkten an, um Sicherheitsanalysen und Verbesserungsmaßnahmen durchzuführen“ (www.framatome.com/businessnews/ liblocal/docs/Plattform%20Deutschland/Fachaufs%C3%A4tze/2012/PT-2012-01- 02%20106%20STOLL%20Autorenexemplar.pdf). An der Umsetzung arbeitet EDF/Framatome in Erlangen anscheinend sehr zielstrebig , um die weltweite Zukunft der Atomenergienutzung zu sichern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4665 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass auch sieben Jahre nach dem für Deutschland beschlossenen Atomausstieg Atomkonzerne wie EDF/Framatome (ehemals Areva) aus Deutschland heraus maßgeblich am internationalen Neubau von Atomkraftwerken (AKW) beteiligt sind? 2. Befürchtet die Bundesregierung nicht, im eigenen Land sowie international in ihrer angeblich ausstiegsorientierten Atompolitik unglaubwürdig zu werden , wenn von Deutschland aus weltweit in erheblichem Umfang sogar der Neubau von Reaktoren ermöglicht wird? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Beschluss der Bundesregierung und des Bundestages, die Stromproduktion aus Kernkraftwerken bis Ende des Jahres 2022 zu beenden, erstreckt sich nicht auf die Kerntechnik als solche und betrifft auch nicht die unternehmerischen Aktivitäten der Framatome GmbH an ihren deutschen Standorten. Der Erhalt des mit der Brennelementefertigung verbundenen Know-How’s in Fragen der kerntechnischen Sicherheit, der Entsorgung und des Brennstoffkreislaufes ist Voraussetzung dafür, dass Deutschland seinen Einfluss in internationalen nuklearen Gremien (z. B. der Internationalen Atomenergieorganisation/IAEO) und damit u. a. bei der Formulierung internationaler Standards in diesen Bereichen wahrt. Des Weiteren gilt es, im Dialog mit weiterhin kernenergienutzenden Anrainerstaaten bei grenzüberschreitenden Fragen in den genannten Bereichen auf eigene Expertise zurückgreifen zu können. Gemäß Artikel IV des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags und entsprechend dem europäischen Regelwerk entscheidet jeder Staat souverän und in eigener Verantwortung über seinen Energiemix. Der Bundesregierung ist daran gelegen, eine globale Energiewende zugunsten der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energiequellen voranzutreiben. 3. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass zugleich auch regelmäßig Brennelemente von EDF/Framatome für sicherheitstechnisch bedenkliche Reaktoren in diversen Ländern geliefert werden, ohne dass bislang im Rahmen des Atomausstiegs ein Enddatum für die Brennelementeproduktion in Lingen festgelegt wurde? Die Bundesregierung erfüllt ihren Schutzauftrag in der Bundesrepublik Deutschland für die Sicherheit der Bevölkerung unter Achtung der alleinigen Zuständigkeit anderer Staaten für Anlagen in dortiger Verantwortung. Eine offizielle Stellungnahme , z. B. zur sicherheitstechnischen Bewertung von konkreten Sachverhalten und Ereignissen in Kernkraftwerken anderer Staaten oder eine Forderung von konkreten Abhilfemaßnahmen, erfolgt seitens der Bundesregierung grundsätzlich nicht. Ein Enddatum für die Brennelementeproduktion in Lingen besteht nicht. Die als Atomausstieg bezeichneten Regelungen im Atomgesetz betreffen Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität. 4. Hat die Bundesregierung mit den Eigentümern der EDF bereits Verhandlungen aufgenommen, wie ein Ende der atomaren Aktivitäten dieser Firma in Deutschland erreicht werden kann, die eindeutig der Weiterführung und dem Ausbau der atomaren Kapazitäten weltweit dienen? Diesbezügliche Verhandlungen haben nicht stattgefunden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4665 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. An welchen Neubauprojekten für EPR-Druckwasserreaktoren ist EDF/ Framatome am Standort Erlangen in welchem Umfang konkret beteiligt (bitte nach einzelnen Reaktoren und nach Umfang der Beteiligung aufschlüsseln )? Die Framatome GmbH war bisher an allen EPR Druckwasserreaktoren mit der Konzeption, Lieferung und Instandhaltung von Sicherheitssystemen beteiligt und ist der wichtigste industrielle Know-How- und Kompetenzträger für nukleare Sicherheitssysteme in Deutschland. Der Umfang der Arbeiten richtet sich nach den geforderten Leistungsumfängen des Kunden und der bewilligenden Behörden. Kernkompetenz der Framatome GmbH ist die Lieferung von Sicherheitssystemen , d. h. sicherheitsgerichtete Leittechniksysteme, Diagnose- und Überwachungssysteme , Systeme zur Sicherstellung eines auslegungsgemäßen Anlagenbetriebes (Sicherheitsanforderung: Sicherheitsstufe 1, Normalbetrieb), Systeme zur Beherrschung von Störfällen (Sicherheitsanforderung: Sicherheitsstufe 2, anormaler Betrieb) , Systeme zur Steigerung der Anlagenrobustheit sowie präventive und mitigative Maßnahmen zur Beherrschung auslegungsüberschreitender Ereignisse. 6. Wie viele Mitarbeiter in Erlangen arbeiten ganz oder überwiegend für die Realisierung dieser AKW-Neubauprojekte? Dazu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 7. Welche Genehmigungen seitens der Bundesregierung oder von Bundesbehörden (z. B. das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA) mussten bzw. müssen von EDF/Framatome für die Beteiligung an diesen AKW-Neubauprojekten jeweils eingeholt werden (bitte nach jeweiligem Reaktor , Land sowie jeweiliger Genehmigung samt Datum und ausstellendem Organ der Genehmigung aufschlüsseln)? Die Ausfuhr kerntechnischer Materialien, Anlagen und Ausrüstung ist nach Artikel 3 der EG Dual-use-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009) genehmigungspflichtig. Die erfassten Güter sind im Anhang I der Verordnung geregelt. Kerntechnische Materialien, Anlagen und Ausrüstung bilden die Kategorie 0 des Anhangs I. Nach Maßgabe des Artikel 22 dieser Verordnung ist auch die innergemeinschaftliche Verbringung genehmigungspflichtig (Anhang IV). Zuständige Behörde in Deutschland ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Bei der Entscheidung, ob eine Genehmigung nach dieser Verordnung erteilt wird, berücksichtigen die Mitgliedstaaten die Erwägungen des Artikel 12 dieser EU-Verordnung. Die außenwirtschaftsrechtlichen Kontrollen nach Maßgabe der Verordnung dienen der Verhinderung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder einer möglichen militärischen Verwendung der Güter im Empfängerland. Die Framatome GmbH ist seit Anfang 2018 beim BAFA als Ausführerin registriert . Im Zeitraum 1. Januar 2018 bis 4. September 2018 wurden der Framatome GmbH insgesamt 13 Genehmigungen über Güter der Gattungen A, D und E der Kategorie 0 des Anhangs I der EG Dual-use-Verordnung erteilt. Darunter insgesamt 9 Genehmigungen für die Verbringung in EU-Mitgliedsländer, drei Genehmigungen für Ausfuhren in die Schweiz und eine Genehmigung für die Ausfuhr in die Russische Föderation. Eine statistische Auswertung nach einzelnen Reaktoren ist nicht möglich. Es wird statistisch auch nicht zwischen Neubauten und Nachlieferungen zu bestehenden Kraftwerken unterschieden, so dass es sich bei den Genehmigungen sowohl um Lieferungen für Neubauten als auch um Liefe- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4665 rungen im Rahmen von Nachlieferungen handeln kann. Die Verordnung klassifiziert folgende Gattungen: Systeme, Ausrüstung und Bestandteile (A), Prüf- Testund Herstellungseinrichtungen (B), Werkstoffe und Materialien (C), Datenverarbeitungsprogramme (D), Technologie (E). Für AKW-Neubauprojekte sind insbesondere die Gattungen A, D und E der Kategorie 0 des Anhangs I relevant. Sicherheits - und Leittechnik zählt zur Gattung D der Kategorie 0 des Anhangs I. Ergänzende nationale Genehmigungserfordernisse für Ausfuhr und Verbringung von Gütern für die Errichtung oder den Betrieb einer Anlage für kerntechnische Zwecke in besonderen Ländern enthalten die §§ 9, 11 der Außenwirtschaftsverordnung . Die zuständige Genehmigungsbehörde ist ebenfalls das BAFA. 8. Welche konkreten Probleme hat es beim Bau der jeweiligen EPR-Reaktoren in Frankreich, Finnland, China und Großbritannien bislang gegeben (technischer Art, politischer Art, wirtschaftlicher Art, usw.), und welche Konsequenzen hatten sie für den Bau der jeweiligen EPR-Reaktoren (bitte je nach EPR-Reaktor aufschlüsseln)? Der Neubau der EPR-Druckwasserreaktoren unterliegt den spezifischen Überwachungen und Auflagen der jeweiligen nationalen Behörden und Sicherheitsorganisationen , die in ein internationales Regelwerk eingebunden sind. Diese Regelwerke haben Auswirkungen auf technische, politische und wirtschaftliche Fragestellungen . Ihre Umsetzung erfolgt auf nationaler Ebene in eigener Souveränität. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 9. Welche Konsequenzen hatten diese Probleme beim Bau der EPR-Reaktoren jeweils für die Beteiligung von EDF/Framatome in Erlangen (bitte je nach Reaktor sowie Auswirkung auf EDF/Framatome in Erlangen aufschlüsseln)? Dazu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 10. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der Areva-Konzern in eine derartige finanzielle Schieflage geriet, dass der Konzern Ende 2017 aufgelöst wurde und der Reaktorbau sowie die Brennelementefertigung nunmehr von EDF/Framatome weitergeführt wird? Zu den Ursachen und Erwägungsgründen für die Umstrukturierung ausländischer Unternehmen nimmt die Bundesregierung grundsätzlich keine Stellung. 11. Welche 80 Atomanlagen in 16 Ländern wurden vom EDF/Framatome- Standort Erlangen (ehemals Areva) bislang mit der „digitalen AREVA-Sicherheitsleittechnik TELEPERM XS“ ausgestattet (s. EDF/Framatome- Pressemitteilung vom 7. November 2016)? Für welche Atomanlagen ist dies bereits vereinbart (bitte jeweils nach Ländern , Atomanlagen, Zeitpunkt der Umrüstung sowie Umfang der Umrüstung und Anteil des Standorts Erlangen an der Maßnahme aufschlüsseln)? Diesbezügliche Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. 12. Wie viele Mitarbeiter in Erlangen arbeiten ganz oder überwiegend im Bereich Modernisierung von Sicherheitsleittechnik? In Deutschland sind knapp 3 500 Spezialisten der Framatome GmbH mit der Thematik Forschung und Entwicklung von Sicherheitssystemen in kerntechnischen Anlagen beschäftigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4665 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Welche Genehmigungsmaßnahmen sind von welcher Stelle für diese Umrüstungen der Sicherheitsleittechnik von deutscher Seite erforderlich? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 14. Welche weiteren Aufträge hat EDF/Framatome (bzw. bis 2017 Areva) seit 2010 konkret für belgische, französische und schweizerische Atomkraftwerke erhalten (bitte nach jeweils betroffenen Reaktoren sowie nach jeweils einzelnen Aufträgen, jeweiligem Umfang des Auftrags sowie zeitlicher Dauer der Auftragsausführung aufschlüsseln)? Diesbezügliche Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. 15. Welche Aufträge hat EDF/Framatome (bzw. bis 2017 Areva) seit 2010 aus Russland erhalten und abgewickelt (bitte nach jeweils betroffenen Reaktoren sowie nach jeweils einzelnen Aufträgen, jeweiligem Umfang des Auftrags sowie zeitlicher Dauer der Auftragsausführung aufschlüsseln)? Diesbezügliche Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. 16. Bei welchen der von EDF/Framatome „modernisierten“ Atomkraftwerke wurden danach die anvisierten Reaktorlaufzeiten verlängert (bitte nach jeweiligen Reaktoren, Zeitpunkt der Laufzeitverlängerung durch die jeweilige Regierung bzw. Atomaufsicht sowie die jeweilige Länge der Laufzeitverlängerung in Jahren aufschlüsseln)? 17. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass EDF/Framatome in Erlangen z. B. aktuell die Sicherheitsleittechnik für die belgischen Reaktoren Doel 1 und 2 modernisiert, obwohl das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) eigentlich die Stilllegung dieser sehr störanfälligen Reaktoren fordert? Die Fragen 16 und 17 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Entscheidung über und die Bewertung von Nachrüst- bzw. Modernisierungsmaßnahmen in AKW liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Betreibers bzw. der jeweiligen zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) steht im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit im regelmäßigen Austausch mit atomrechtlichen Aufsichtsbehörden. In diesem Rahmen werden auch technische Aspekte von Nachrüstmaßnahmen erörtert. Ein Informationsaustausch über Unternehmen, die Nachrüstmaßnahmen durchführen, erfolgt grundsätzlich nicht. Auf die Pressemitteilung des BMU Nr. 145/18 vom 9. Juli 2018 wird ergänzend verwiesen. 18. Über welche Informationen verfügt die Bundesregierung aktuell zur Ursache , zum Ausmaß und zur Behebung der Leckage im belgischen Reaktor Doel 1 von April 2018 (www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/leck-akw-doelbelgien 100.html)? Die Bundesregierung ist über das INES 0 Ereignis vom 23. April 2018 im Atomkraftwerk Doel 1 von der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde Federaal Agentschap voor Nucleaire Controle (FANC) informiert worden. Nach Angaben der FANC hat der Betreiber nach Entdeckung einer Leckage das AKW im Rahmen der geltenden Vorschriften abgeschaltet. Bei Untersuchungen wurde Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4665 eine Leckage im Sicherheitseinspeisesystem in einem schwer zugänglichen Anlagenbereich zwischen dem Reaktordruckbehälter und dem biologischen Schild geortet. Nach Angaben der FANC ist der Austausch der Leitung vorgesehen. 19. Welchen konkreten Beitrag leistet der EDF/Framatome-Standort Karlstein für ausländische Auftraggeber (bitte nach jeweiligen Projekten, einzelnen Reaktoren und sachlichem Umfang der Projektbeteiligung aufschlüsseln)? Dazu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 20. Wie viele Mitarbeiter sind am EDF/Framatome-Standort Karlstein ganz oder überwiegend für Projekte tätig, die EDF/Framatome aus dem Ausland erhalten hat? Dazu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 21. Wie bewertet die Bundesregierung die Mitarbeit z. T. führender EDF/ Framatome-Angestellter in der Reaktorsicherheitskommission RSK (z. B. der Framatome-Standortleiter aus Erlangen, Rainer Hardt)? 22. Wie bewertet die Bundesregierung die Mitarbeit von langjährigen EDF/ Framatome- bzw. Areva-Angestellten aus Erlangen (z. B. Uwe Stoll und Ulrich Waas) in der RSK? 23. Haben Uwe Stoll und Ulrich Waas als Mitglieder der RSK bei der Verabschiedung der RSK-Stellungnahme 503 zur Bewertung der Sicherheitsprobleme bei den Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 mit abgestimmt? Die Fragen 21 bis 23 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Um eine hinreichend sachverständige und objektive Beratung des BMU zu gewährleisten , ist in der Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) die gesamte Bandbreite der nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vertretbaren Anschauungen repräsentiert. Dazu gehören Mitglieder verschiedener Sachverständigenorganisationen (z. B. TÜVe, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, Physikerbüro Bremen, Öko-Institut), Hochschullehrer, Betreiber und Hersteller. Die einschlägige Expertise wird häufig gerade auch durch berufliche Tätigkeiten in dem entsprechenden Fachgebiet erworben und aktuell gehalten. Die Reaktor-Sicherheitskommission berät das BMU in den Angelegenheiten der Sicherheit und damit in Zusammenhang stehenden Angelegenheiten der Sicherung von kerntechnischen Anlagen. Die Kommission beschließt als Ergebnis ihrer Beratungen naturwissenschaftliche und technische Empfehlungen oder Stellungnahmen an das Bundesumweltministerium. Die Mitglieder der RSK werden persönlich berufen, um ihre Expertise, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit erworben haben, unabhängig und weisungsfrei in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Die Fragestellung der Befangenheit bei den Beratungen des BMU durch RSK- Mitglieder, die auf dem Gebiet der Kerntechnik arbeiten, ist nicht neu. Sie hat sich auch in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Beratungen zu Fragen der kerntechnischen Sicherheit von Atomkraftwerken in Deutschland dem BMU immer wieder gestellt. Deshalb ist eine entsprechende Regelung in der Satzung der RSK vorhanden und die RSK-Mitglieder werden bei der Berufung auf gewissenhafte und unparteiische Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4665 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In der 503. RSK-Sitzung am 23. Mai 2018 wurde die Stellungnahme von der RSK beraten und verabschiedet. Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der Firma Framatome waren nicht anwesend. 24. Welche weiteren aktiven bzw. ehemaligen Mitarbeiter von EDF/Framatome bzw. Areva sitzen derzeit in der RSK oder ihren Fachausschüssen (bitte nach jeweiligem Mitarbeiter, Funktion bei EDF/Framatome bzw. Areva, Zeitraum der Beschäftigung dort sowie nach konkreter Beteiligung an der RSK und ihren Fachausschüssen aufschlüsseln)? Die Besetzung der RSK und ihrer Ausschüsse (inklusive aktueller Arbeitgeber), sowie die von der RSK ausgesprochenen Stellungnahmen und Empfehlungen sind auf der Internetseite der RSK unter www.rskonline.de öffentlich zugänglich. 25. Welche Reaktoren, deren Sicherheitsleittechnik durch den EDF/Framatome- Standort (ehemals Areva) in Erlangen seit 2010 modernisiert wurde, wurden zudem im selben Zeitraum mit Brennelementen aus Lingen versorgt (bitte nach einzelnen Reaktoren aufschlüsseln)? Zu der Konnexität zwischen Sicherheitsleittechnik und Brennelementelieferungen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 26. In welchem Stadium befindet sich derzeit die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD der Regierungsparteien angekündigte Prüfung bezüglich eines Exportstopps für Kernbrennstoffe (Brennelemente und angereichertes Uran)? Wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? Der im Koalitionsvertrag hinterlegte Prüfauftrag lautet: „Wir wollen verhindern, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, zum Einsatz kommen. Wir werden deshalb prüfen, auf welchem Weg wir dieses Ziel rechtssicher erreichen.“ (Koalitionsvertrag, Seite 142). Im Hinblick auf das Ziel einer rechtssicheren Umsetzung ist die Prüfung breit angelegt und umfasst auch gesetzliche Maßnahmen, die die Kernbrennstoffproduktion insgesamt in den Blick nehmen. Zu den rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Fragen werden zwischen den Ressorts Gespräche geführt. Vor Abschluss der Prüfung soll die vom Deutschen Bundestag für den 17. Oktober 2018 angesetzte Sachverständigenanhörung zu den Themen „Gesetzliche Beendigung der Kernbrennstoffproduktion in Deutschland“ und „Exportverbot für Kernbrennstoffe“ innerhalb der Bundesregierung ausgewertet werden. 27. Welche Rolle spielen für die Bundesregierung die 2017 vom BMU veröffentlichten Gutachten zur Stilllegung der Brennelementefabrik Lingen sowie der Urananreicherungsanlage Gronau? Die Gutachten werden in die in der Antwort zu Frage 26 angesprochene breit angelegte Prüfung einbezogen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4665 28. Haben Vertreter der Bundesregierung seit Regierungsantritt der jetzigen Großen Koalition bereits entsprechende Nachbarländer wie Belgien oder Frankreich über die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD anvisierte mögliche Beendigung der Exporte von Kernbrennstoffen informiert, um den Nachbarländern ggf. Vorbereitungen auf diese Maßnahme zu ermöglichen ? Wenn ja, wann, in welcher Form und mit welcher Reaktion? Wenn nein, warum nicht? Nein. Der Koalitionsvertrag sieht eine Prüfung vor, auf welchem Weg die Verhinderung der Ausfuhr von Kernbrennstoffen aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft sei, rechtssicher erreicht werden könne. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. 29. Hat es zu einem möglichen Exportstopp für Kernbrennstoffe für belgische und französische Reaktoren seit Amtsantritt der neuen Bundesregierung im März 2018 bereits Gespräche zwischen Bundesumweltministerium oder dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den direkt betroffenen Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gegeben? Wenn ja, wann und zwischen welchen Beteiligten sowie mit welchen Ergebnissen ? Wenn nein, wann sind solche ersten Gespräche geplant? Die Bundesregierung pflegt aufgabenbedingt in einer Vielzahl von Angelegenheiten Kontakte zu den Landesregierungen. Die Bundesregierung ist zu einer systematischen Erfassung dieser Kontakte nicht verpflichtet und hält diese auch nicht vor. Eine lückenlose Aufstellung von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann daher grundsätzlich nicht übermittelt werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten gekommen ist. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund die erbetene Abfrage durchgeführt, wobei Gespräche auf Leitungsebene nachvollzogen wurden. Die nachfolgenden Angaben erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Demnach hat die Bundesregierung seit Amtsantritt im März 2018 zu einem möglichen Exportstopp für Kernbrennstoffe für belgische und französische Reaktoren keine Gespräche mit den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen geführt. 30. Gedenkt die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt, die Atomgesetzgebung so zu ergänzen, dass mit der Abschaltung des letzten deutschen Atomkraftwerks Ende 2022 sowohl die Verarbeitung von Kernbrennstoffen in Form der Urananreicherung und der Brennelementefertigung untersagt wird, aber auch die tatkräftige Beihilfe von Firmen in Deutschland, die zum Neubau von Atomkraftwerken im Ausland geeignet ist (wie hier bei EDF/ Framatome in Erlangen)? Wenn ja, wann ist mit einem Gesetzentwurf zu rechnen? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 26 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333