Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 27. September 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4701 19. Wahlperiode 01.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Reinhard Houben, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4334 – Start-up-Finanzierung am Standort Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Junge Unternehmen sind nicht nur in ihrer Gründungsphase, sondern vor allem für ihr Wachstum stark auf Fremdkapital angewiesen. Laut einer Studie von Ernst & Young (EY Start-up Barometer März 2018) wurde in Deutschland 2017 etwa 4,3 Mrd. Euro Venture Capital in Start-ups investiert. In Europa wurden mit 6,4 Mrd. Euro nur in Großbritannien stärker investiert. Die europäischen Gesamtinvestitionen in Start-ups lagen bei ca. 19,2 Mrd. Euro. Im selben Zeitraum konnten US-amerikanische Start-ups hingegen Investitionen in einer Höhe von 63,8 Mrd. Euro verzeichnen. Grund für diese großen Investitionssummen sind die Bereitschaft und Möglichkeit der großen Kapitalsammelstellen wie Versicherungs- und Pensionsfonds, in Wagniskapital zu investieren. Aufgrund von äußerst strengen Kapitalanlagerestriktionen in Europa halten sich europäische Kapitalsammelstellen mit Investitionen im Start-up-Bereich zurück . Mittelständische Unternehmen, Start-ups und Verbände fordern daher schon seit längerem die Schaffung eines großen Dachfonds in Deutschland. Dadurch würde den großen Kapitalsammelstellen die Möglichkeit gegeben, große Summen in kleine Unternehmen zu investieren. Im Koalitionsvertrag kündigten CDU, CSU und SPD die Schaffung eines Digitalfonds an: „Deshalb wollen wir mehr privates Kapital sowie institutionelle Anleger für Investitionen in Start-ups. Gemeinsam mit der deutschen Industrie wollen wir die Auflage eines großen nationalen Digitalfonds initiieren.“ Im Juni 2018 gestartet ist der bereits 2016 vom Bundesministerium der Finanzen angekündigte Tech Growth Fund in Kooperation mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Bundesregierung will das Wachstum mittelständischer Unternehmen durch die Absicherung des Ausfallrisikos im Zusammenhang mit KfW-Darlehen im Rahmen der Fördermaßnahme Venture Debt unterstützen. Venture Debt bietet die Möglichkeit, das Unternehmenswachstum ohne signifikante Änderungen bei den Unternehmensbeteiligungen zu beschleunigen. Neben neuen Finanzierungsmöglichkeiten sind Verbesserungen bei bestehenden Modellen notwendig, um den Kapitalbedarf wachsender Unternehmen zu decken. Viele Start-ups gewinnen talentierte Mitarbeiter durch Beteiligungen am Unternehmen. Wegen der teils unsicheren Rechtslage in diesem Bereich gehen der deutschen Wirtschaft jährlich viele gut ausgebildete Talente verloren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4701 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode So kann zum Beispiel eine verbilligte Gewährung von Anteilen an dem Unternehmen , z. B. Mitarbeiteraktien, eine Lohnsteuerschuld auslösen, ohne dass dem Mitarbeiter schon Geld aus der Beteiligung zufließt. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Finanzierungslage für Start-ups in der Gründungsphase in Deutschland im Vergleich mit den USA? Die Finanzierungslage für Startups in der Gründungsphase hat sich in Deutschland auch dank der zahlreichen öffentlichen Förderprogramme in den letzten Jahren deutlich verbessert. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die wichtigsten Finanzierungsquellen für Startups in der Gründungsphase die eigenen Ersparnisse sowie das Kapital von Familie oder Freunden und von Business Angels. Diese informellen und nicht-institutionalisierten Finanzierungsformen werden in keiner amtlichen Statistik erfasst. Hinzu kommt, dass es in Deutschland und auch auf internationaler Ebene keine einheitliche Definition für Startup-Unternehmen gibt. Aus diesem Grund sind konkrete Aussagen zur Finanzierungslage für Startups und ein Vergleich mit den USA nicht ohne weiteres möglich. Bezogen auf den gesamten Wagniskapitalmarkt, d.h. unabhängig von der Unternehmensphase, kann festgestellt werden, dass in den USA – im Vergleich zu Deutschland – ein Vielfaches an Wagniskapital investiert wird. Laut Auswertung des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. lag das Investitionsvolumen in Wagniskapital in Deutschland im Jahr 2017 bei rund 1,05 Mrd. Euro. Der PitchBook NVCA Venture Monitor Q4 2017 weist das Investitionsvolumen in Wagniskapital in den USA im Jahr 2017 mit rund 84 Mrd. US-Dollar aus. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Finanzierungslage für Start-ups in der Wachstumsphase in Deutschland im Vergleich mit den USA? 3. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Finanzierungslücke für Start-ups in Deutschland? Die Fragen 2 und 3 werden im Zusammenhang beantwortet; zudem wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 1 verwiesen. Bezogen auf Wagniskapitalfinanzierungen besteht nach Kenntnis der Bundesregierung vor allem im Bereich der Startup- und in der frühen Wachstumsphase eine Angebotslücke in Deutschland. Insbesondere in der kapitalintensiven frühen Wachstumsphase, in der Unternehmen neue Märkte erschließen und schnell expandieren wollen, fehlt ein ausreichendes Angebot. Der in diesen Segmenten bestehende und nicht bediente Kapitalbedarf in Deutschland wird von der KfW auf rund 500 bis 600 Mio. Euro pro Jahr geschätzt. 4. Wie schätzt die Bundesregierung die Kapitalanlagerestriktionen für Wagniskapital in Europa ein? Welche Pläne hat die Bundesregierung, diese auf EU-Ebene zu verändern? Die Bundesregierung unterstützt das Ziel der Europäischen Kapitalmarktunion, diversifizierte Finanzierungsformen zur Deckung des Kapitalbedarfs der europäischen Wirtschaft zu fördern und die Fragmentierung des europäischen Kapitalmarkts zu überwinden. Hemmnisse zwischen anlagesuchenden Investoren und kapitalsuchenden Unternehmern sollen europaweit abgebaut und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie innovative Startups in die Lage versetzt werden, einen breiteren Investorenkreis zu erreichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4701 Im Vordergrund der Betrachtung stehen dabei unter anderem die Reduzierung aufsichtlicher und regulatorischer Arbitrage innerhalb der EU, die Überwindung bürokratischer Hürden (wie z. B. umfangreicher, unterschiedlicher Berichtspflichten in den Mitgliedstaaten), die Verringerung von Informationsasymmetrien zwischen Investoren und Unternehmen oder die Harmonisierung von Finanzdienstleistungsprodukten zur Ausweitung eines grenzüberschreitenden Finanzierungsangebots . Ein international wettbewerbsfähiger EU-Kapitalmarkt setzt darüber hinaus einen gemeinsamen, zukunftsorientierten Rechtsrahmen für die Digitalisierung voraus („FinTech Actionplan“). Durch attraktive Rahmenbedingungen, eine kohärente Regulierung und eine effiziente Aufsicht können ein positives europäisches Umfeld für innovative FinTech-Produkte geschaffen und gleichzeitig potentielle Risiken angemessen überwacht und minimiert werden. 5. Wie weit sind die Vorbereitungen für die Errichtung eines großen nationalen Digitalfonds vorangekommen? Wann, schätzt die Bundesregierung, wird der große nationale Digitalfonds frühestens seine Arbeit aufnehmen? 6. In welche Branchen soll der Fonds investieren? 7. Auf welche Weise soll die deutsche Industrie in den Fonds eingebunden werden ? 8. Welches Gesamtvolumen strebt die Bundesregierung für den Fonds zu Beginn und langfristig an? Die Fragen 5 bis 8 werden im Zusammenhang beantwortet. Ein lebendiges Startup-Ökosystem in Deutschland zählt zu den erklärten Zielen der Bundesregierung. Ein gutes Finanzierungsumfeld mit einem einfachen Zugang zu Wagniskapital spielt hierbei eine Schlüsselrolle. Dies gilt insbesondere für Startups aus der Digitalwirtschaft, die ihr Geschäftsmodell schnell skalieren müssen, um sich im internationalen, von Plattformen geprägten Wettbewerb durchzusetzen. Im internationalen Vergleich weist der deutsche Wagniskapitalmarkt insbesondere bei großvolumigen Anschlussfinanzierungen für Wachstumsunternehmen jedoch noch Angebotslücken auf (siehe auch Antwort zu Frage 3). Die Bundesregierung prüft daher derzeit weitere Maßnahmen zur Stärkung dieses Marktes, und wie ein nationaler Digitalfonds zum Schließen dieser Lücken konzipiert werden kann. 9. Sieht die Bundesregierung Änderungsbedarf beim steuerrechtlichen Rahmen für Mitarbeiterbeteiligungen in Deutschland? Wenn ja, wann wird sie welche Maßnahmen ergreifen? Vorteile eines Arbeitnehmers im Rahmen eines Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögenbeteiligungen (Aktien, Fondsanteile, GmbH-Anteile etc.) führen zu einem geldwerten Vorteil, der grundsätzlich dem Lohnsteuerabzug und der Einkommensteuer unterliegt. Über § 3 Nummer 39 des Einkommensteuergesetzes (EStG) werden diese Vorteile jedoch unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einem Höchstbetrag von jährlich 360 Euro steuerfrei gestellt. Gesetzliche Maßnahmen, die die steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer ändern, sind derzeit nicht geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4701 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Welche Pläne hat die Bundesregierung, Beteiligungen von Mitarbeitern nicht schon vor Auszahlung als Einkommen zu besteuern? Vermögensbeteiligungen sind Sachbezüge. Geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung durch einen Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer fließen bei Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Vermögensbeteiligung zu (z. B. Einbuchung in das Depot des Arbeitnehmers). Eine spätere Veräußerung vollzieht sich dann auf der privaten Vermögensebene und unterliegt nicht der Besteuerung als Arbeitslohn. Es ist nicht geplant, den Zuflusszeitpunkt eines möglichen geldwerten Vorteils auf den Zeitpunkt der Veräußerung zu verschieben. 11. Welche Informationen hat die Bundesregierung zum Verfahrensstand des EU-Richtlinienvorschlags zu einer Gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage , insbesondere hinsichtlich der Veräußerungsgewinne aus Streubesitz? Mit Vorstellung der überarbeiteten Richtlinienvorschläge zur Gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKB) und zu deren Konsolidierung (GKKB) im Oktober 2016 wurde der Schwerpunkt der Verhandlungen zunächst auf die GKB gelegt. Die derzeitige österreichische Ratspräsidentschaft hat sich eine Einigung im Rat auf die Kernelemente der GKB zum Ziel gesetzt. Die Bundesregierung unterstützt diese Zielsetzung. Der Richtlinienvorschlag zur GKKB soll im Anschluss an die Verhandlungen zur GKB behandelt werden. Um den europäischen Prozess zu unterstützen, haben sich daneben Frankreich und Deutschland auf eine gemeinsame Position zum Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Einführung einer Gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage geeinigt. Hierdurch soll das europäische Projekt zur Harmonisierung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in Europa gefördert und beschleunigt werden. Die aktuell geführten technischen Diskussionen sind noch von unterschiedlichen Auffassungen der Mitgliedstaaten bei den einzelnen Elementen des Richtlinienentwurfs geprägt. Der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur GKB sieht für die Steuerbefreiung von Dividenden sowie von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen gleichermaßen eine Mindestbeteiligung von 10 Prozent und eine Mindesthaltedauer von zwölf Monaten vor. Die Steuerbefreiung soll nicht gelten, wenn es sich um Anteile handelt, die zu Handelszwecken oder von Lebensversicherungsunternehmen gehalten werden. Im Rahmen der gemeinsamen Position Frankreichs und Deutschlands wurde im Zusammenhang mit der Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen darauf hingewiesen, dass es sinnvoll sein könnte, die Auswirkungen des Richtlinienvorschlags auf das Venture Capital und die Startups zu prüfen. 12. Welche Pläne hat die Bundesregierung, das Volumen des Förderprogramms INVEST weiter auszubauen? Mit Inkrafttreten der neuen INVEST-Förderrichtlinie zum Jahresbeginn 2017 hat sich das Volumen von INVEST bereits deutlich erhöht. Die Zahl der gestellten Anträge auf den Erwerbszuschuss hat sich von 1 155 im Jahr 2016 auf 2 123 im Jahr 2017 erhöht. Dies entspricht einem Anstieg um 84 Prozent. Auch die bewilligte Zuwendungssumme hat sich mit 15,38 Mio. Euro im Jahr 2016 auf 27,34 Mio. Euro im Jahr 2017 fast verdoppelt. Ab dem Jahr 2020 wird zudem auch der im Jahr 2017 eingeführte Exitzuschuss erstmals haushaltswirksam, da Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4701 dieser aufgrund der dreijährigen Mindesthaltedauer ab 2020 frühestens erstmals zur Auszahlung kommen kann. Bis dahin sind vorerst keine weiteren Änderungen am INVEST-Programm vorgesehen. 13. Wie ist der Stand bei der von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 16. März 2015 angekündigten gemeinsamen Wachstumsfazilität von 500 Mio. Euro aus ERP-Sondervermögen (ERP = European Recovery Program) und dem Europäischen Investitionsfonds für die Start-up-Finanzierung? Am 15. März 2016 hat der damalige Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, die Gründung der ERP/EIF-Wachstumsfazilität bekanntgegeben. Die Wachstumsfazilität hat ein Volumen von 500 Mio. Euro, wovon 330 Mio. Euro aus dem ERP-Sondervermögen und 170 Mio. Euro vom Europäischen Investitionsfonds (EIF) zur Verfügung gestellt werden. Der Investitionszeitraum endet am 31. Dezember 2020. a) Wie viele Start-ups hat sie bereits (mit-)finanziert und dabei in welcher Höhe Gelder ausgeschüttet? Die ERP/EIF-Wachstumsfazilität investiert nicht direkt in Einzelunternehmen, sondern beteiligt sich an Ko-Investitionsfonds. Der jeweilige Ko-Investitionsfonds beteiligt sich an mindestens drei innovativen deutschen Wachstumsunternehmen . Das einzelne Unternehmensinvestment des Ko-Investitionsfonds beträgt bis zu 20 Mio. Euro. Zum Stichtag 31. Dezember 2017 hat sich die ERP/EIF- Wachstumsfazilität an Ko-Investitionsfonds mit einem Gesamtzeichnungsvolumen von bis zu 206,1 Mio. Euro beteiligt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Wagniskapitalfonds üblicherweise das von den Investoren gezeichnete Kapital nicht unmittelbar im vollen Umfang, sondern schrittweise abrufen. Die Ko-Investitionsfonds haben sich zum Stichtag 31. Dezember 2017 an acht Unternehmen beteiligt. b) In wie vielen Fällen gab es einen positiven Return aus den Investments? Die in der Antwort zu Frage 13a genannten Beteiligungen der Ko-Investitionsfonds wurden in den Jahren 2016 und 2017 eingegangen worden und befinden sich weiterhin im Portfoliobestand des jeweiligen Ko-Investitionsfonds. Eine abschließende Bewertung dieser Investitionen ist daher noch nicht möglich. 14. Wird die Bundesregierung die weitgehenden Hinzurechnungstatbestände in § 8 des Gewerbesteuergesetzes mit Blick auf die Substanzbesteuerung einer kritischen Prüfung unterziehen? Die Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nummer 1 GewStG sind in besonderem Maße Ausfluss des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer. Aktuell hat das federführende Bundesministerium der Finanzen keine konkreten Pläne, § 8 Nummer 1 GewStG zu ändern. Sollte künftig die höchstrichterliche Rechtsprechung Anlass für Änderungen geben, wird die Bundesregierung dies im Einzelfall prüfen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4701 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 15. Bis wann plant die Bundesregierung eine Reform des steuerlichen Verlustvortrags , nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 29. März 2017 festgestellt hat, dass ein sachlich einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte im Fall eines sogenannten schädlichen Beteiligungserwerbs fehle? Zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. März 2017, 2 BvL 6/11 (BGBl. I S. 1289) sieht der Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (Bundesratsdrucksache 372/18) unter Artikel 6 Nummer 2 Buchstabe a) vor, dass die Rechtsfolgen des § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG für schädliche Beteiligungserwerbe bis zum 31. Dezember 2015 nicht anzuwenden sind. Die Regelung zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften nach 2015 soll im Zuge der parlamentarischen Beratungen umfassend weiter geprüft werden. Hinsichtlich § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG bleibt der Ausgang des am BVerfG anhängigen Verfahrens (Az.: 2 BvL 19/17) abzuwarten. 16. Welche Ergebnisse haben die Gespräche der Bundesregierung mit der EU- Kommission zur steuerlichen Verlustverrechnung gebracht? Im Zusammenhang mit der Einführung der Regelung des sog. fortführungsgebundenen Verlustvortrages nach § 8d KStG gab es kein offizielles Verfahren mit der EU-Kommission. 17. Wieso stellt § 1 Absatz 19 Nummer 33 Buchst. a) li. aa) des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) für sogenannte semiprofessionelle Anleger die Hürde von 200 000 Euro Investitionskapital auf, während die Risikokapitalfonds- Verordnung der Europäischen Union (EuVECA-Verordnung) derzeit eine Mindestinvestition von nur 100 000 Euro und damit geringere Anforderungen festschreibt? Die europäischen Richtlinien, die im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) umgesetzt werden Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) – und Alternative Investment Fund Manager Directive (AIFM)-Richtlinie kennen nur professionelle Anleger oder Kleinanleger. Um bestimmten Anlegern, die nicht die Kriterien für professionelle Anleger erfüllen, wie unter Geltung des durch das KAGB abgelösten Investmentgesetzes auch weiterhin die Investition in sogenannten Spezialfonds zu ermöglichen, hat der deutsche Gesetzgeber den sog. semiprofessionellen Anleger als Anlegerkategorie eingeführt. Der semiprofessionelle Anleger ist professionellen Anlegern weitgehend gleichgestellt; nur in zwingend vom europäischen Recht vorgeschriebenen Fällen gelten die Regeln für Kleinanleger. Bei der Mindestanlagesumme von 200 000 Euro hat sich der Gesetzgeber dabei an § 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe c des Vermögensanlagegesetzes orientiert, um Konsistenz mit anderen deutschen Gesetzen zu erreichen. Der semiprofessionelle Anleger kann gem. KAGB in alle möglichen alternativen Investmentvermögen (AIF) investieren, für die es keinerlei Produktvorgaben hinsichtlich der Vermögensgegenstände und des Hedgings gibt (Spezial-AIF für professionelle Anleger, zu denen z. B. auch Hedgefonds gehören). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4701 Gemäß AIFM-Richtlinie ist der grenzüberschreitende europaweite Vertrieb von AIF nur an professionelle Anleger zulässig. Die EuVECA-Verordnung schafft nun eine bestimmte Kategorie von AIF, die europaweit auch an Anleger, die mindestens 100 000 Euro investieren, vertrieben werden darf. Dafür müssen EuVECA bestimmte Produktvorgaben hinsichtlich der zulässigen Vermögensgegenstände erfüllen und dürfen kein Hedging einsetzen. Das im Vergleich zum EuVECA potentiell höhere Risiko des AIF ohne Produktvorgaben spiegelt sich somit in der höheren Mindestanlagesumme für semiprofessionelle Anleger im KAGB. 18. Hat sich die Bundesregierung beim Abbau von regulatorischen und bürokratischen Hürden bei der Start-up-Finanzierung konkrete und messbare Ziele gesetzt? Falls ja, welche sind das? Die Bundesregierung setzt sich an verschiedenen Stellen dafür ein, dass keine zusätzlichen regulatorischen Hürden bei der Startup-Finanzierung aufgebaut werden . So trat sie beispielsweise bei der Änderung des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) dafür ein, dass abhängig vom Volumen einer Wertpapieremission an Stelle eines umfangreichen Wertpapierprospektes in den Ausnahmefällen des § 3 Absatz 2 WpPG nur ein Wertpapierinformationsblatt, das den Umfang von drei DIN A 4 Seiten nicht überschreiten darf, veröffentlicht werden muss. Von dieser Regelung können auch Startups profitieren, die ihre Wertpapiere beispielsweise über Crowdfunding-Plattformen anbieten. Bei der Ausgestaltung ihrer eigenen Programme zur Startup-Finanzierung achtet die Bundesregierung darauf, einen möglichst unbürokratischen Zugang zu diesen zu ermöglichen und den Aufbau von unnötigen bürokratischen Lasten zu vermeiden . Dass dies auch gelingt, zeigt beispielsweise eine Evaluation und Teilnehmerbefragung zum INVEST-Programm, die ergeben haben, dass die Programmabwicklung unbürokratisch und wirtschaftlich erfolgt. Die Bundesregierung hat sich jedoch keine konkreten und messbaren Ziele für den Abbau von entsprechenden Hürden gesetzt. 19. Hält die Bundesregierung Markteintritte wie den des Start-up-Finanzierers Silicon Valley Bank in Deutschland für einen Fortschritt bei der Bereitstellung von Wagniskapital? Falls ja, mit welchen Initiativen plant sie, um ähnliche Institute zu werben? Die Bundesregierung begrüßt den Markteintritt von internationalen Wagniskapitalfinanzierern und setzt sich mit unterschiedlichen Initiativen dafür ein. Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung beispielsweise die Initiative „Ausbau der Beteiligungsfinanzierung der KfW“ und die Tech Growth Fund Initiative mit dem Ziel gestartet, zusätzliche private, internationale Mittel in möglichst großem Umfang zu attrahieren. Im Rahmen der Tech Growth Fund Initiative plant beispielsweise die KfW Venture Debt Finanzierungen zusammen mit international tätigen privaten Finanzierungspartner, wie beispielsweise die Silicon Valley Bank, bereitzustellen. Die KfW ist hierbei mit verschiedenen Banken und Fonds in intensiven Gesprächen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4701 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 20. Wie ist der Beratungsstand innerhalb der Bundesregierung zu einer möglichen regulatorischen Sandbox oder anderen regulatorischen Erleichterungen für sogenannte Fintechs? Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) verfolgt interessiert die internationale und europäische Diskussion zu „Regulatory Sandboxes“. So plant etwa die Europäische Kommission im Rahmen des Finanztechnologie (FinTech)-Aktionsplans , bis zum ersten Quartal 2019 einen Bericht über bewährte Praktiken für „regulatorische Sandkästen“ vorzulegen. Der FinTechRat beim BMF ist in seinen Empfehlungen vom 22. November 2017 zum Ergebnis gekommen, dass für alle Markteilnehmer die gleichen Regeln gelten sollten. Die Proportionalität gesetzlicher Anforderungen und der Finanzaufsicht seien dabei geeignete Maßnahmen, um der Heterogenität der unterschiedlichen Marktteilnehmer gerecht zu werden. Eine „Regulatory Sandbox“ sei nicht geeignet, dieses Ziel umzusetzen. 21. Wie viel Geld wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2017 und im ersten Halbjahr 2018 über sogenannte Initial Coin Offerings von in Deutschland ansässigen Unternehmen eingeworben? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Zu Initial Coin Offerings (ICOs) existieren derzeit keine auf einheitlicher Datengrundlage fußenden Erhebungen oder statistische Erfassungen. Die im Internet zu ICOs abrufbaren Informationen und Studien lassen daher keine verlässlichen Aussagen zu tatsächlichen Investitionssummen in Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu. 22. Welche Rechtsvorschriften sind nach Auffassung der Bundesregierung im Rahmen eines Initial Coin Offerings insbesondere zu beachten? Die zu beachtenden Vorschriften im Bereich der Finanzmarktregulierung hängen von der Ausgestaltung des Initial Coin Offerings (ICO) und insbesondere der intendierten Funktion der emittierten Token im Einzelfall ab. In Betracht kommen können insbesondere Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) und die darin geregelten Erlaubnistatbestände für Geschäfte mit Finanzinstrumenten, zu denen in der Bundesrepublik auch sog. Rechnungseinheiten gehören. Das Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) und das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) sind zu beachten, soweit den im Rahmen des ICO emittierten Token die Eigenschaft als Wertpapier im Sinne dieser Vorschriften zukommt, das KAGB, wenn sich die Investition über Token als kollektive Kapitalanlage in Form eines sog. Investmentvermögens darstellt und das Gesetz über Vermögensanlagen (Vermögensanlagegesetz – VermAnlG), soweit es sich um eine Vermögensanlage handelt. Einschlägig ist auch das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG), soweit sich für handelnde Parteien im Zusammenhang mit einem ICO eine Verpflichteteneigenschaft nach dem GwG ergibt. 23. Besteht aus Sicht der Bundesregierung zusätzlicher Regelungsbedarf für Initial Coin Offerings, und wenn ja, welcher? Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass sich die Bundessregierung auf europäischer und internationaler Ebene für einen angemessenen Rechtsrahmen für den Handel mit Kryptowährungen und Token einsetzt. Aufgrund der internationalen Handelbarkeit von Token und der hinter diesen Token stehenden grenzübergreifenden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4701 Blockchain-Technologie ist primär ein internationales und europäisches Vorgehen zielführend. Auf internationaler Ebene hat die Bundesregierung mit einer deutsch-französischen Initiative erreicht, dass das Thema Krypto-Assets auf Ebene der G20 und der internationalen Standardsetzer derzeit intensiv behandelt wird. Auf europäischer Ebene befasst sich die Europäische Kommission im Rahmen des am 8. März 2018 veröffentlichten FinTech-Aktionsplans mit Initial Coin Offerings. Danach prüft die Europäische Kommission erforderliche Regulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene. Darüber hinaus prüft die Bundesregierung derzeit zusätzlichen Handlungsbedarf. 24. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung darüber hinaus, um die Rahmenbedingungen für Start-ups in Deutschland zu verbessern, wie es die Bundeskanzlerin am 24. Januar 2018 beim Weltwirtschaftsforum in Davos angekündigt hat? Die Bundesregierung bereitet gegenwärtig eine neue Gründungsoffensive vor, die Perspektiven für und Erfolge von Gründungen sowie deren Bedeutung für die Wirtschaft aufzeigt, bestehende Gründungshemmnisse reduziert und Gründungen erleichtert. Bereits im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung zwei Initiativen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Startups in Deutschland gestartet: den substanziellen Ausbau der Beteiligungsfinanzierung der KfW (Beschluss des Deutschen Bundestages vom 30. März 2017, Bundestagsdrucksache 18/11779) und der Tech Growth Fund Initiative. Die neu gegründete eigenständige KfW-Beteiligungsgesellschaft soll wichtige Impulse für die Wachstumsfinanzierung in Deutschland geben. Ziel ist es, das bisherige Investitionsvolumen der KfW in Venture Capital- und Venture Debt- Fonds bis zum Jahr 2020 auf 200 Mio. Euro pro Jahr zu steigern, um den Zugang zu Eigenkapital für junge innovative, schnell wachsende Technologieunternehmen in der Start- und Wachstumsphase in Deutschland zu verbessern. Im Rahmen der Tech Growth Fund Initiative werden insbesondere Unternehmen in der Wachstumsphase sog. Venture Debt-Finanzierungen zur Verfügung gestellt . Der in Deutschland noch sehr schwach entwickelte Venture Debt-Markt stellt das Bindeglied zwischen dem Wagniskapitalmarkt und Bankenmarkt dar. Adressat sind reifere Startups, die zügig viel Kapital benötigen, sich für eine klassische Kreditfinanzierung jedoch noch nicht eignen. Eine weitere Herausforderung, die die Bundesregierung aktiv angeht, ist die Zurückhaltung institutioneller Anleger wie zum Beispiel der Versicherungswirtschaft auf dem deutschen Wagniskapitalmarkt. Daher prüft die Bundesregierung zurzeit Maßnahmen, wie institutionelle Investoren stärker an Investitionen in Wagniskapital herangeführt werden und zur Wachstumsfinanzierung junger Unternehmen beitragen können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333