Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 5. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4814 19. Wahlperiode 09.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Lazar, Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/4401 – Rechte Mobilisierung und Ausschreitungen in Chemnitz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem gewaltsamen Tod eines Deutschen und der Festnahme zweier Tatverdächtiger mit syrischer und irakischer Staatsangehörigkeit kam es in der Stadt Chemnitz ab dem 26. August 2018 an mehreren Tagen zu Demonstrationen und massiven Ausschreitungen gewaltbereiter Neonazis. Die sächsische Polizei schien von dem großen Zulauf an diesen Demonstrationen überrascht und überfordert. Am Montag, den 27. August 2018, nahmen an einer Demonstration der rechten Gruppe „Pro Chemnitz“ 6 000 Menschen teil. Darunter befanden sich laut Medienberichten auch viele Hooligans. Zu einer Gegenveranstaltung versammelten sich 1 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dazwischen standen weniger als 600 Polizistinnen und Polizisten, obwohl der sächsische Verfassungsschutz die Polizei vorab vor einer massiven Online-Mobilisierung der rechten Szene zur Teilnahme an der Demonstration in Chemnitz gewarnt hatte. Vielfach wurde der „Hitler-Gruß“ gezeigt, es kam zu Angriffen durch Rechtsextreme auf vermeintlich nicht deutsch aussehende Menschen. Pressevertreterinnen und Pressevertreter sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gegendemonstration wurden angegriffen und bedroht. Die Polizei hatte die Lage über Stunden nicht im Griff, so dass eine Pogromstimmung entstehen konnte, die die Sicherheit der Menschen vor Ort massiv gefährdete (spiegel.de vom 1. September 2018 – Chronologie zu Ausschreitungen in Chemnitz). Gewaltkriminalität muss – egal, wer sie begeht – konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaats begegnet werden. Nichts aber rechtfertigt nach Auffassung der Fragesteller Menschenjagd, auch nicht die entsetzliche Gewalttat in Chemnitz. Hetze, Nazipropaganda und Gewalt haben in Deutschland nichts zu suchen. Ihnen muss ebenfalls mit allen geeigneten rechtsstaatlichen und gesellschaftspolitischen Mitteln entgegengetreten werden. Pogromstimmung und rechtsextreme Aufmärsche führten vor 25 Jahren zu den rassistischen Ausschreitungen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen und zu den Morden in Mölln und Solingen. Sie bereiteten auch den Boden für das Entstehen und die Morde der Terrorgruppe des NSU. Die Zeit des Verharmlosens und Wegduckens vor rechten Brandstifterinnen und Brandstiftern und deren Strukturen muss endlich ein Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4814 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode für alle Mal vorbei sein. Die Vorkommnisse in Chemnitz haben außerdem erneut offengelegt, dass die Innenpolitik des Bundes gerade im Bereich der Analysefähigkeit rechtsextremer Strukturen deutlich reformbedürftig ist. 1. Inwiefern – und wenn ja, seit wann – lagen Bundessicherheitsbehörden, insbesondere dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei (BPol), zum Beispiel auf Grundlage der Auswertung des „Forum Rechtsextremismus der koordinierten Internetauswertung (KIA-R)“, Informationen dazu vor, dass rechte Gruppierungen und Netzwerke den gewaltsamen Tod von Daniel H. zum Anlass nahmen, im Internet bundesweit für Demonstrationen in Chemnitz zu mobilisieren? 2. Inwiefern – und wenn ja, wann – wurden diese Informationen durch Bundessicherheitsbehörden an andere Stellen, insbesondere an die sächsischen Sicherheitsbehörden, weitergegeben? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im Rahmen der Kooperationsplattform „Koordinierte Internetauswertung – Forum Rechtsextremismus“ (KIA-R) beteiligt sich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Phänomenbereich Rechtsextremismus an einem regelmäßigen Monitoring von offenen Internetseiten und Profilen in sozialen Netzwerken, die offenkundig von Organisationen und Personen der rechtsextremistischen Szene betrieben werden. In den ersten 24 Stunden nach der Tat am frühen Morgen des 26. August 2018 in Chemnitz haben das BfV bzw. die KIA-R zahlreiche Reaktionen der rechtsextremistischen Szene festgestellt. Das Spektrum reichte von der einfachen Verlinkung von Pressemeldungen, der Veröffentlichung eigener Kommentare und Berichte , bis hin zu sogenannten Live-Berichterstattungen über erste (Spontan-) Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet, für die zuvor im Internet mobilisiert wurde. Schon im Verlauf des 27. August 2018 konnte die KIA-R im Rahmen einer Internetrecherche die Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder (somit auch Sachsen) über die aktuellen Entwicklungen sowie das unmittelbare und geplante Demonstrationsgeschehen der rechtsextremistischen Szene informieren. Das Bundeskriminalamt erlangte im Rahmen einer bundesweiten Erkenntnisanfrage des BfV am 27. August 2018 bezüglich Solidaritätsaktionen zu den Ereignissen in Chemnitz an alle Landesbehörden für Verfassungsschutz (LfV) Kenntnis über Anreise- und Mobilisierungsabsichten aus mehreren Bundesländern. In der weiteren Folge fertigte das Bundeskriminalamt am 27. August 2018 eine bundesweite EPOST, welche an alle Staatsschutzdienststellen in Deutschland, somit sowohl an das LKA Sachsen als auch an das Auswärtige Amt, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), die Bundespolizei, den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof und das BfV gesteuert wurde. Hierin wurde Bezug auf die emotionalen und (verbal)radikalen Unmutsbekundungen und Aufrufe in den sozialen Medien genommen und auf dieser Grundlage hinsichtlich möglicher Gefährdungsaspekte bewertet. Darüber hinaus wurden die bis dato vorliegenden Anreise- und Mobilisierungserkenntnisse aus anderen Bundesländern aufgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4814 Am 27. August 2018 lagen der Bundespolizei seitens der sächsischen Sicherheitsbehörden erste Informationen zur Mobilisierung sowie zu Aktivitäten von Extremisten im Kontext der Veranstaltungslage am gleichen Tag in Chemnitz vor. Eigene Erkenntnisse der Bundespolizei lagen im Sachzusammenhang nicht vor. Die Bundespolizei hat keine Informationen an andere Stellen weitergegeben. Darüber hinaus hat die KIA-R am 5. September 2018 einen gesonderten Bericht („KIA-R-Spezial“) veröffentlicht, in dem die Reaktionen und Aktionen der rechtsextremistischen Szene auf die Tat in Chemnitz zusammengefasst dargestellt wurden. Dieser Bericht ging ebenfalls an die Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Die KIA-R setzt bis heute diese Form der Berichterstattung sowie die Fokussierung auf das Ereignis in Chemnitz fort, solange hierzu im Internet einschlägige Informationen festzustellen sind. 3. Welche Informationen lagen den durch den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen geäußerten Behauptungen zugrunde , bei den Medienberichten über Angriffe auf vermeintlich Nichtdeutsche während der Demonstrationen in Chemnitz habe es sich womöglich um „gezielte Falschinformation“ (Quelle: BILD, 7. September 2018) gehandelt? Es wird auf die Stellungnahme (VS-NfD) des BfV vom 10. September 2018 verwiesen , die dem Ausschuss für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestags anlässlich der Sondersitzung vom 12. September 2018 übermittelt wurde. 4. Wie bewertet die Bundesregierung diese Äußerungen des Präsidenten des BfV, auch angesichts der vielen Ermittlungsverfahren, die nach den Ausschreitungen in Chemnitz durch Polizei und Strafverfolgungsbehörden eingeleitet wurden, auch aufgrund von Anzeigen wegen Angriffen auf Menschen , und auch angesichts der nun vom Generalbundesanwalt diesbezüglich eingeleiteten Vorermittlungen (Quelle: DER SPIEGEL, 1. September 2018)? Auf die im Wortprotokoll der 21. Sondersitzung des Ausschusses für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestags am 12. September 2018 enthaltenen Bewertungen des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat wird verwiesen. 5. Hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) bzgl. der Mobilisierung gemäß Frage 1 oder im Rahmen der Auswertung (insbesondere zur Frage der Echtheit des Videos, vgl. der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz in BILD, 7. September 2018) Anfragen an das BfV geschickt, und wenn ja, wann, und wann hat das BfV darauf geantwortet? Das BMI forderte am 7. September 2018 im Erlasswege eine Stellungnahme des BfV an. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 6. Hat das BfV zur Mobilisierung gemäß Frage 1 oder im Rahmen der Auswertung gemäß Frage 5 ggf. ohne entsprechende Anfrage das BMI und/oder das Bundeskanzleramt informiert? Das BMI und das Bundeskanzleramt wurden über die im Rahmen der Kooperationsplattform „Koordinierte Internetauswertung – Forum Rechtsextremismus“ (KIA-R) erlangten Informationen, über die aktuellen Entwicklungen sowie das unmittelbare und geplante Demonstrationsgeschehen der rechtsextremistischen Szene informiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4814 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Gab es in den letzten vier Wochen Anfragen des BMI an das BfV, die nicht oder nicht im Rahmen einer gesetzten Frist beantwortet worden sind, und wenn ja, wann? Ein Bezug dieser Frage zur Thematik der Kleinen Anfrage ist nicht ersichtlich. Von einer Beantwortung der Frage wird daher abgesehen. Zwar garantiert die Freiheit des Mandats einen weiten Spielraum für die Art und Weise wie der Abgeordnete seine Repräsentationsfunktion ausübt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist parlamentarische Kontrolle aber politische Kontrolle und keine administrative Überkontrolle (BVerfGE 67, 100 (140)). Angelegenheiten, an deren parlamentarischer Behandlung kein öffentliches Interesse vom hinreichen Gewicht besteht, sind vom parlamentarischen Untersuchungsrecht ausgeschlossen. Dieser Maßstab gilt auch für das parlamentarische Fragerecht und betrifft beispielsweise Fragen, wie die hier vorliegende Frage, zu konkreten Verwaltungsvorgängen. 8. Welche Gruppierungen waren nach Erkenntnissen der Bundesregierung wesentlich an der Mobilisierung beteiligt, und welche Rolle spielen diese Gruppierungen im Kontext rechtsextremer Vernetzungsbestrebungen in Deutschland insgesamt? Die Mobilisierung durch Rechtsextremisten bezüglich der Demonstrationen in Chemnitz erfolgte umfassend in allen Spektren des Rechtsextremismus (parteigebunden ; parteiungebunden und subkultureller Rechtsextremismus) und zudem bundesweit. 9. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, ob und in welcher Weise Mitglieder der AfD an der Mobilisierung und Vernetzung für die zu den Ausschreitungen führenden Demonstrationen am 26. und 27. August 2018 beteiligt waren ? Die AfD war nicht Anmelder dieser beiden Demonstrationen. Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine weiteren Erkenntnisse vor. 10. Inwiefern erkennt die Bundesregierung in dem Mobilisierungsvorgang eine Blaupause für zukünftige rechtsextreme Kampagnen mit dem Ziel, Pogromstimmungen in Deutschland zu schüren? Die Art und Weise sowie auch das Ausmaß der Geschehnisse in Chemnitz dürfte bei Rechtsextremisten als Erfolg verbucht werden. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass Rechtsextremisten und andere asylfeindliche Akteure versuchen werden, öffentlichkeitswirksame Delikte, an denen Zuwanderer beteiligt sind, auch zukünftig für ähnliche Kundgebungen und Aktionen zu nutzen. Das Internet und seine virtuellen Kontaktmöglichkeiten in sozialen Netzwerken und Foren ermöglichen bzw. vereinfachen eine überregionale Vernetzung . Der Mobilisierungsgrad profitierte in diesem Fall von einer besonderen lokalen Konstellation (besonders starke rechtsextremistische Szene und rechtsextremistisch beeinflusste Fußballfanszene). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4814 11. Inwiefern plant die Bundesregierung, die Analysekompetenz der Sicherheitsbehörden hinsichtlich rechtsextremer Bestrebungen zu stärken? Im Nachgang zur Aufbereitung des sog. NSU-Komplexes hat die Bundesregierung mehrere Maßnahmen eingeleitet. So erfolgte beispielsweise eine umfassende Neustrukturierung des Verfassungsschutzverbunds sowie die Errichtung des „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-Rechtsterrorismus“ (GETZ-R) mit dem Ziel eines verbesserten Informationsaustausches zwischen den zuständigen Behörden sowie zur Stärkung der Analysefähigkeiten. Dabei wurde auch die AG Analyse eingerichtet , welche seitdem projektabhängig Analysen zur Phänomenologie, zu Strukturen und Funktionsweise rechter Aktivitäten und rechten Netzwerken durchführt . Darüber hinaus prüft die Bundesregierung fortlaufend, ob weiterer Fortentwicklungsbedarf besteht. Ein solcher ist aktuell nicht erkennbar. 12. Inwiefern liegen der Bundesregierung auf Grundlage der Analyse des „Forum Rechtsextremismus der koordinierten Internetauswertung (KIA-R)“ Zahlen oder Statistiken vor, mit der sich die Intensität von Mobilisierungsvorgängen über Zeiträume hinweg beschreiben lassen? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von Zahlen und Statistiken zur Beschreibung der Intensität von Mobilisierungsvorgängen über Zeiträume hinweg. 13. Inwiefern – und wenn ja, wann – hat sich das Gemeinsame Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum mit Ausschreitungen in Chemnitz und der diesbezüglichen Mobilisierung befasst? Das GETZ-R hat sich bisher viermal mit den Ereignissen in Chemnitz befasst. 14. Wann wird die Bundesregierung den Projektbericht des Gemeinsamen Extremismus - und Terrorismusabwehrzentrums „Strategien der rechten Szene“ (VS-NfD), der zuletzt im Dezember 2015 vorgelegt wurde, neu auflegen? Die Bundesregierung plant aktuell keine Neuauflage des Projektberichts. 15. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse zu möglicher Einflussnahme oder Beteiligung von ausländischen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren an der Erstellung oder Verbreitung von Falschmeldungen in Bezug auf die Ereignisse in Chemnitz, und wenn ja, welche (Quelle: Tagesschau-Faktenfinder , 30. August 2018)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 16. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse zu möglicher Einflussnahme oder Beteiligung von ausländischen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren an der Mobilisierung rechtsextremer Personen für die Beteiligung an den Ereignissen in Chemnitz, und wenn ja, welche? Die Bundesregierung hat für die Veranstaltungen am 26. August 2018 und 27. August 2018 keine Erkenntnisse über eine Einflussnahme ausländischer Akteure auf die Mobilisierung. Der österreichische Staatsangehörige Martin Sellner, Leiter der „Identitären Bewegung Österreich“, äußerte sich mehrfach öffentlich zu den Ereignissen in Chemnitz und rief zur Teilnahme am Schweigemarsch am 1. September 2018 in Chemnitz auf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4814 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Wie viele Personen aus welchen Fan- und Hooliganszenen (bitte aufschlüsseln ) waren nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz beteiligt? Die Bundesregierung kann nicht abschließend angeben, wie viele Teilnehmer aus entsprechenden Szenen bei den Demonstrationen in Chemnitz beteiligt waren. Einzelne Personen, die an den Ausschreitungen beteiligt waren, können der Fußball - bzw. Hooliganszene zugeordnet werden. Es handelt sich hierbei um Personen aus der Szene der Fußballclubs „Lok Leipzig“, „Chemnitzer FC“, „Hallescher FC“, „1. FC Magdeburg“ und des „BFC Dynamo Berlin“. 18. Welche personellen und strukturellen Überschneidungen gab es dabei nach Kenntnis der Bundesregierung mit den Beteiligten am Angriff auf den linken Leipziger Stadtteil Connewitz am 11. Januar 2016? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 19. Über welche Kanäle, insbesondere der rechtsextremen Hooligan- und Kampfsportszene, wurde nach Kenntnis der Bundesregierung zu den Demonstrationen nach Chemnitz mobilisiert? Die als rechtsextremistisch eingestufte Ultrafußballfangruppierung „Kaotic Chemnitz“ rief auf ihrer Facebook-Seite zu einer Spontandemonstration am 26. August 2018 auf. Im Übrigen konnten keine offen einsehbaren Mobilisierungsbestrebungen aus der Fußball- und Hooliganszene festgestellt werden, die im Zusammenhang mit den Versammlungslagen in Chemnitz stehen. Die Zahl der Teilnehmer aus diesen Szenen an der Versammlung lässt jedoch vermuten, dass sie sich gut vernetzt über geschlossene/private Kommunikationswege zu etwaigen Teilnahmeabsichten ausgetauscht haben. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Verbindungen der Ultra- Gruppierung „Kaotic Chemnitz“ zur rechtsextremen Kameradschaftsszene, etwa den „Nationalen Sozialisten Chemnitz“? Bis zum Verbot der „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ (NSC) im Jahr 2014 hatte es zwischen der rechtsextremistischen Fußballfangruppierung „Kaotic Chemnitz“ und den „NSC“ personelle Überschneidungen sowie gemeinsame Aktionen gegeben . Bis heute bestehen personelle Überschneidungen zwischen der rechtsextremistischen Fußballfanszene und der Neonazi-Szene in Chemnitz und Umgebung . 21. Welche Rolle spielten Personen aus dem Umfeld der 2007 aufgelösten Hooligangruppe „Hoonara“ (Hooligans, Nazis, Rassisten) bei den Ausschreitungen in Chemnitz nach Kenntnis der Bundesregierung? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 22. Welche Rolle spielten Personen aus dem Umfeld der Hooligangruppe „NS- Boys“ bei den Ausschreitungen in Chemnitz nach Kenntnis der Bundesregierung ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4814 23. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine Beteiligung des Leipziger „Imperium Fight Teams“ rund um Benjamin Brinsa an den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz? Auf der öffentlich zugänglichen Facebook-Seite vom „Imperium Fight Team“ wurde am 26. August 2018 ein Flyer für die Demonstration am 27. August 2018 ab 18:30 Uhr am Karl-Marx-Monument u. a. mit den Worten: „Wir sehen uns morgen in Chemnitz“ geteilt. Auch Benjamin B. bezog sich auf seinem Facebook- Account mit einem Posting vom 26. August 2018 auf das Demonstrationsgeschehen in Chemnitz. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob sich das „Imperium Fight Team“ bzw. seine Mitglieder sowie Benjamin B. tatsächlich an den Demonstrationen in Chemnitz beteiligt haben. 24. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine Beteiligung weiterer rechtsextremer Kampfsportler an den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 25. Waren fankundige und szenekundige Beamte (FKBs/SKBs) bei den Demonstrationen vor Ort, und wenn ja, welche Maßnahmen trafen sie und welche Erkenntnisse gewannen sie? Die Bundespolizei setzte im Rahmen der Veranstaltungslage am 27. August 2018 in Chemnitz zwei „Szenenkundige Beamte“ ein. Diese erkannten zehn Personen der Gruppierung „Kaotic Chemnitz“, die an der Versammlung der Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ teilnahmen. Diese Information wurde mit der Polizei des Freistaates Sachsen ausgetauscht und floss in die polizeiliche Lagebeurteilung mit ein. 26. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Beteiligung rechtsextremer Hooligans und Kampfsportler an den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz? Zu Erkenntnissen über eine mögliche Beteiligung (rechtsextremistischer) Hooligans und Kampfsportler an den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz wird auf die Antworten zu den Fragen 17 sowie 21 bis 25 verwiesen. Grundsätzlich gilt, dass das Gefahrenpotenzial durch personelle Überschneidungen sowie die Solidarisierung zwischen gewaltorientierten Fußballfans und rechtsextremistischen Gruppierungen den Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder hinlänglich bekannt ist. Auch zukünftig kann dieses Szenario je nach Ausprägung im Einzelfall zu einer möglichen Verschärfung der Lage beitragen. Die Erfahrung zeigt, dass das rechtsextremistische Spektrum in der Lage ist, Stimmungslagen in der Bevölkerung aufzunehmen und diese versucht ideologisch aufzuladen. Gegenstand von Analysen der o. g. Bundesbehörden und der Länder waren bereits sowohl die Verbindungen zwischen Rechtsextremisten und der Hooligan-/Fußballszene sowie eine mögliche Einflussnahme von Rechtsextremisten auf Kampfsportveranstaltungen. Die Entwicklung dieser Phänomene wird stetig beobachtet und anlassbezogen sowie lageabhängig einer entsprechenden Bewertung durch die zuständigen Behörden unterzogen . Im Fokus der Sicherheitsbehörden bleiben weiterhin die Aktivitäten rechtsextremistischer Fußballfans als auch „rechter“ Kampfsportler. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4814 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Sachverhalte rund um die Geschehnisse in Chemnitz werden darüber hinaus fachlich nachbereitet. Gewonnene Erkenntnisse und Schlussfolgerungen fließen in künftige polizeiliche Lagebeurteilungen bei vergleichbaren Anlässen ein. 27. Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, dass Medieninformationen zufolge aus der AfD und ihrem Umfeld eine Art Schutzstaffeln (vgl. FAS 9. September 2018, S. 6) gebildet werden, die aus ihrer Sicht für Recht und Ordnung bei Aufzügen und anderen AfD- und AfD-nahen Veranstaltungen sorgen sollen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 28. Welche Programme zur Rechtsextremismus- und Gewaltprävention speziell im Kampfsport finanziert die Bundesregierung oder welche Planungen hat sie in diesem Bereich? 29. Welche Programme zur Rechtsextremismus- und Gewaltprävention speziell im Fußballfanbereich finanziert die Bundesregierung oder welche Planungen hat sie in diesem Bereich? Die Fragen 28 und 29 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung fördert im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben !“ unterschiedliche Maßnahmen sowohl auf lokaler als auch auf regionaler und bundesweiter Ebene, die sich im Rahmen von präventiv-pädagogischen Ansätzen mit Gewalt und Rechtsextremismus unter anderem auch im Kampfsport und im Fußballfanbereich auseinandersetzen. Zur weiteren Information wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Verbindungen von Mixed-Martial-Arts-Kampfsportlern zur rechtsextremen Szene“ auf Bundestagsdrucksache 18/12772, wie auch auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 15 und 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Rechtsextreme Tendenzen in der Hooligan- Szene“ auf Bundestagsdrucksache 18/13068 verwiesen. Eigenständige Programme zur Rechtsextremismus- und Gewaltprävention speziell im Fußballfanbereich gibt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) nicht. Im Rahmen der Trägerförderung durch die BpB werden in diesem Themenfeld jedoch diverse Projekte gefördert. Auch im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ erfolgen Projektförderungen, die Prävention im Sportbereich zum Gegenstand haben.“ Zu den geförderten Projekten gehören: Sport Geschichten – Niedrigschwellige politische Bildung in der Jugendstrafanstalt Berlin (geplant 2018/2019) Auswärtsfahrt (2018/2019) Projekte Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ o Zusammenhalt im Sport in BW (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportverband BW e. V. o BeratenBewegen – DRANBLEIBEN (2017 – 2019) o Projektträger: Brandenburgische Sportjugend im Landessportbund Brandenburg e. V. o Sport stärkt Demokratie! (DemoS!) (2017 – 2019) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4814 o Projektträger: Sportjugend Hessen im Landessportbund Hessen e. V. o Mobile Beratung im Sport (MoBiS) (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern e. V. o Entschlossen weltoffen! – Gemeinsam für Demokratie und Respekt im Sport (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. o Respekt geweckt (…) (2017 – 2019) o Projektträger: Westdeutscher Fußball Verband NRW e. V. o Fit für die Zukunft – gesellschaftliche Teilhabe im Sportverein (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportverband für das Saarland o Im Sport verein(t) für Demokratie (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportbund Sachsen e. V. o MuT – Menschlichkeit und Toleranz im Sport (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportbund Sachsen-Anhalt e. V. o Mit Rückendeckung zum Ziel – Beratung bieten, Zukunft gestalten (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportverband für das Land Schleswig-Holstein e. V. o Sport zeigt Gesicht! Gemeinsam couragiert handeln (2017 – 2019) o Projektträger: Landessportbund Thüringen e. V. o Zusammenhalt durch Teilhabe im Sport – vereint in Vielfalt (2017 – 2019) Projektträger: Deutsche Sportjugend im DOSB e. V. o Netzwerk Sport & Politik – verein(t) für Demokratie und Teilhabe (2017 – 2019) o Projektträger: Deutsche Sportjugend im DOSB e. V. o Interkulturelles Lern- und Kompetenzzentrum Sport (2016 – 2019) o Projektträger: Deutsche Gesellschaft e. V. mit Kooperationspartner Ju-Jitsu Sachsen-Anhalt e. V. o Spiel Mit! – Soziale Partizipation und Interkulturelle Erfahrungen – Lebendiges Miteinander in Thüringen (2016 – 2019) o Projektträger: AWO Kreisverband Jena-Weimar e. V. – Fachstelle Interkulturelle Öffnung mit Kooperationspartner Landessportbund Thüringen e. V. o „Dabei sein ist alles“ (…) (2017 – 2018) o Projektträger: Arbeit und Leben NW DGB/VHS mit Kooperationspartner Landessportbund NRW und Bildungswerk des Landessportbundes NRW e. V. (BLSB) o AktiF – aktiv, integrativ – Frauen im Verein (2016 – 2019) o Projektträger: Internationaler Bund e. V., IB Süd (IB) mit Kooperationspartner Schwäbischer Turnerbund e. V. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4814 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 30. Welche Maßnahmen sind in dem von der Bundesministerin für Familie, Senioren , Frauen und Jugend Dr. Franziska Giffey nach Chemnitz öffentlich angekündigten Gesetz zur Förderung der Demokratie in Deutschland vorgesehen ? Die Bundesregierung kann zum Inhalt eines solchen Gesetzes zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen treffen. 31. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand zur Einführung eines solchen Demokratiefördergesetzes , und welche nächsten Schritte plant die Bundesregierung zur nachhaltigen Sicherung der Haushaltsmittel gegen Rechtsextremismus und zur Demokratieförderung? Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt nicht vor. Angriffe auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Phänomene gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind eine dauerhafte Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Die qualitativ guten Bundesprogramme im Bereich Extremismusprävention und Demokratieförderung sollen nachhaltig abgesichert und ausgebaut werden. Die Sicherung der Maßnahmen der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und zur Demokratieförderung ist ein großes Anliegen und im aktuellen Bundeshaushalt an vielen Stellen hinterlegt. Die weitere haushaltsmäßige Unterlegung bleibt dabei den künftigen Aufstellungsverfahren und den Etatverhandlungen im Deutschen Bundestag vorbehalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333