Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 5. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4910 19. Wahlperiode 09.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andreas Bleck, Karsten Hilse, Dr. Heiko Wildberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4449 – Gefährdung heimischer Arten durch den Kalikokrebs V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der aus Nordamerika stammende Kalikokrebs (Faxonius immunis, ursprünglich Orconectes immunis) ist eine hochinvasive Art, die heimische Amphibien, Libellen und Wasserpflanzen massiv gefährdet (www.researchgate.net/publication/ 324602753_Zusammenbruch_der_Makrozoobenthos-Diversitat_eines_ Kleingewassers_nach_der_Invasion_durch_den_Kalikokrebs_Orconectes_ immunis_eine_Fallstudie). Im Jahre 1993 wurde der Krebs in Baden-Baden ausgesetzt und breitete sich rasant aus: Nach Norden entlang des Rheinsystems durch Kanäle, Gräben und Bäche und besiedelte weitere aquatische Systeme von der Aue bis zum Hang des Schwarzwaldes. Durch Überlandbewegung drang der Kalikokrebs in Teiche und Seen ein, die nicht direkt mit Bächen und Gräben des Rheinsystems verbunden sind. Nach Expertenschätzung sind bereits 80 Prozent der Rheinauen vom invasiven Krebs befallen (www.welt.de/vermischtes/ article179200250/Explosionsartige-Verbreitung-Der-Kalikokrebs-eine- Killermaschine-fuer-die-deutsche-Natur.html). Charakteristisch ist seine hohe und schnelle Reproduktion: Im Geburtsjahr ist ein Weibchen bereits fortpflanzungsfähig und kann bis zu 500 Nachkommen zur Welt bringen. Zudem bedient sich der Kalikokrebs eines breiten Nahrungsspektrums, welches Wasserpflanzen , Amphibien, Laich und Kaulquappen umfasst und somit heimischen Amphibien und Libellen die Lebensgrundlage entzieht. Der Krebs erschließt bevorzugt isolierte Kleingewässer. Seine Fähigkeit, Wohnröhren im Schlamm zu bauen und sich darin aufzuhalten, ermöglicht dieser Krebsart das Überleben in temporär ausgetrockneten Seen. Ist ein Gewässer vom Krebs erschlossen und eine Massenentwicklung findet statt, wird das anfangs klare, transparente Wasser vom Kalikokrebs zunehmend getrübt und braun gefärbt durch Aufwirbeln von Feinsediment. Nach Expertenmeinung gibt es heimische Feinde für den Kalikokrebs , wie Reiher, Störche oder Eisvögel, die jedoch keine Gefahr darstellen , denn sobald das Wasser getrübt ist, kann der Kalikokrebs nicht von seinen Fressfeinden gesehen und gejagt werden (www.zeit.de/wissen/umwelt/2018- 07/kalikokrebs-oekosystem-arten-vielfrass-fluesse). Um den Verlust der biologischen Vielfalt zu begrenzen und heimische Tier- und Pflanzenarten zu schützen, hat Prof. Dr. Andreas Martens vom Institut für Biologie und Schulgartenentwicklung der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe die Forschungsprojektgruppe „Management des invasiven Kalikokrebses Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4910 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zum Schutz von Amphibien und Libellen in Kleingewässern“ ins Leben gerufen . Die Forschungsgruppe widmet sich den konkreten Auswirkungen auf die Fauna, Managementinstrumenten und einer begleitenden Evaluation (www.phkarlsruhe .de/aktuelles/detailansicht/article/management-des-invasivenkalikokrebses -zum-schutz-von-amphibien-und-libellen-in-kleingewaessern/). 1. In welchen Regionen Deutschlands hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der nordamerikanische Kalikokrebs seit dem ersten Aufkommen im Jahre 1993 ausgebreitet? Auf Grundlage aktueller Berichte kommt der Kalikokrebs innerhalb Deutschlands entlang des Oberrheintals von Kehl bis Mannheim vor. Zudem gibt es einzelne Vorkommen im Schwarzwald, die auf ein Aussetzen von Tieren zurückgeführt werden. Linksrheinisch ist die Art von Beinheim (Frankreich) bis Speyer verbreitet. In der Pfalz dringt die Art auch in Seitengewässer vor. Erste Vorkommen wurden auch aus Hessen berichtet. Weitergehende Informationen zum Vorkommen des Krebses liegen der Bundesregierung nicht vor. Gegebenenfalls liegen den Länderbehörden weitere Erkenntnisse vor. 2. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Rückgang heimischer Arten wie Amphibien, Insekten (Eintagsfliegen, Köcherfliegen), Schnecken, Libellen und weiteren Artengruppen, verursacht durch den invasiven Kalikokrebs in den letzten 25 Jahren (bitte einzeln nach Artengruppe und betroffenen Regionen aufführen)? Der Rückgang von Arten ist in der Regel multifaktoriell bedingt. Dabei können invasive Arten ein Faktor sein, der zum Rückgang mit beiträgt. Aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Oberrheintal zeigen, dass der Kalikokrebs insbesondere Arten des Makrozoobenthos limnischer Stillgewässer gefährden kann. 3. Welches zusätzliche Gefährdungspotenzial besteht für weitere Artengruppen und ihre Lebensräume durch den Kalikokrebs? Existiert das Problem mit dieser Krebsart nach Kenntnisstand der Bundesregierung auch in anderen Ländern der EU? Es gibt Anlass zur Annahme, dass bei hohen Populationsdichten auch Wasserpflanzen eliminiert werden können sowie Froschlaich beeinträchtigt werden kann. Kalikokrebse können ggfs. auch die amerikanische Krebspest übertragen. Mit Ausnahme der in der Antwort zu Frage 1 genannten Vorkommen in Frankreich entlang des Rheins sind bisher keine weiteren europäischen Vorkommen bekannt. 4. Befürwortet die Bundesregierung die Aufnahme des Kalikokrebses in die Liste der gebietsfremden invasiven Arten der EU (Verordnung (EU) Nr. 1143/2014), wie bereits beim Roten Amerikanischen Sumpfkrebs geschehen (bitte begründen)? Um in die Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 aufgenommen werden zu können, muss eine gebietsfremde Art alle in Artikel 4 Absatz 3 der EU-Verordnung festgelegten Kriterien erfüllen. Der Bundesregierung liegen keine hinreichenden Erkenntnisse vor, ob dies beim Kalikokrebs der Fall ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4910 5. Wie alle amerikanischen Flusskrebs-Arten verbreitet der Kalikokrebs die Krebspest, ohne selbst daran zu erkranken – wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl von heimischen Krebsen, die aufgrund der vom Kalikokrebs übertragenen Krebspest verstorben sind (bitte nach Regionen und Jahren aufschlüsseln)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben für Regionen und Jahre vor. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die mögliche Fangfreigabe des Kalikokrebses für Fischereibetriebe zum Schutz heimischer Arten, wie bereits beim Roten Amerikanischen Sumpfkrebs realisiert? Die Bundesregierung hat nicht geprüft, ob sich Fangbeschränkungen aus dem Landesfischereirecht ergeben; wenn dies nicht der Fall wäre, wäre der Fang dieses Krebses insoweit nicht beschränkt. Der Kalikokrebs fällt im Gegensatz zum Roten Amerikanischen Sumpfkrebs nicht unter die Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014. 7. Befürwortet die Bundesregierung den Ausbau von existierenden Forschungsprojekten über den invasiven Kalikokrebs, um heimische Arten zu schützen? 8. In welchem finanziellen Rahmen ist die Bundesregierung bereit, Forschungsprojekte nach Frage 7 zu fördern? Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In Bezug auf die Invasivitätsbewertung für den Kalikokrebs kommt eine im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz durchgeführte Studie zu dem Ergebnis, dass kein Forschungsbedarf besteht (Rabitsch, W. & Nehring, S. (Hrsg; 2017): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wildlebende gebietsfremde aquatische Pilze, niedere Pflanzen und wirbellose Tiere. BfN- Skripten 458). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333