Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 10. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4952 19. Wahlperiode 11.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Thomas L. Kemmerich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4335 – Insolvenzabsicherungspflicht für Fluggesellschaften V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 15. August 2017 gaben das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt, der Fluggesellschaft Air Berlin einen Überbrückungskredit in Höhe von 150 Mio. Euro zu gewähren. So sollte der Flugbetrieb trotz bevorstehender Insolvenz aufrecht erhalten werden können. Kreditgeber war die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), abgesichert durch eine Bundesbürgschaft. Der Kredit diente der geordneten Abwicklung des Unternehmens Air Berlin. Entscheidendes Argument für die Bundesregierung waren vor allem mehrere Zehntausend Reisende sowie Urlauberinnen und Urlauber an verschiedenen internationalen Urlaubsorten und Destinationen, deren Rückflug nach Deutschland mit Air Berlin andernfalls nicht möglich gewesen wäre, so die Bundesministerien in der vorgenannten Pressemitteilung. Bislang ist in Deutschland die Rückbeförderung und die Beherbergung bis zum Zeitpunkt der Rückbeförderung nur für die gestrandeten Reisenden abgesichert, die ihr Ticket über einen Reiseveranstalter als Pauschalreise gebucht haben (§ 651r des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB). Die Rückholung der übrigen Passagiere ist ungeregelt. Zwischenzeitlich hat sich die Kreditentscheidung der Bundesregierung aus Sicht der Fragesteller als problematisch erwiesen. Zweifel bestehen nicht nur hinsichtlich der Notwendigkeit des Überbrückungskredites, denn Air Berlin verfügte zum Zeitpunkt des Überbrückungskredites noch über Eigenmittel in zweistelliger Millionenhöhe. Besonders kritisch ist die haushaltsrechtliche Zulässigkeit des Kredites anzusehen. Die Bundeshaushaltsordnung lässt Bürgschaften nicht zu, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Bundes gerechnet werden muss. Die Bundesregierung wartete jedoch die notwendige gutachterliche Stellungnahme vor Gewährung des Kredites nicht ab. Das Gutachten lag erst am 17. August 2018, also zwei Tage nach Bekanntgabe des Überbrückungskredites vor (Bundestagsdrucksache 19/1402). Bislang wurden nur ca. 75 Mio. Euro des Überbrückungskredites zurückgezahlt. Im August 2018 gab der Insolvenzverwalter von Air Berlin bekannt, es sei „nicht mehr auszuschließen, dass wir imstande sein werden, die gesamte ausge- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4952 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode reichte Summe zurückzuführen – ohne Zinsen wohlgemerkt“ (DER TAGES- SPIEGEL vom 14. August 2018). Im Laufe der nächsten Jahre könne er den Großteil der Kreditsumme aus der Verwertung des Vermögens und der Anfechtung von Auszahlungen vor der Insolvenz zurückzahlen. Für den Bund bestehen also weiterhin beträchtliche finanzielle Risiken. Auf dem Luftfahrtmarkt gibt es schon seit einiger Zeit einen Verdrängungswettbewerb . Neben Air Berlin mussten in den vergangenen Jahren zahlreiche weitere europäische Airlines den Betrieb einstellen. Als die britische Fluglinie Monarch Airlines im Oktober 2017 in die Insolvenz ging, befanden sich 110 000 ihrer Passagiere im Ausland. Im Auftrag der britische Regierung organisierte die Zivilluftfahrtbehörde CAA deren Rückholung. Die Kosten für diese Operation betrugen ca. 67 Millionen Euro, von denen ca. 18 Millionen Euro über den britischen Air Travel Trust abgesichert waren. Die Insolvenz der österreichischen Air Berlin-Tochter Niki Luftfahrt im Dezember 2017 führte zu 5 000 bis 10 000 gestrandeten Passagieren, die nicht über ihren Reiseveranstalter abgesichert waren. Ihre Rückholung erfolgte durch die Zusammenarbeit der Fluggesellschaften Condor, Eurowings, Germania, TUI fly, Lufthansa, Austrian Airlines und Swiss zu Sonderkonditionen. Weitere Insolvenzen in der Luftfahrtbranche sind nicht auszuschließen. 1. Hat sich nach Ansicht der Bundesregierung der europäische Luftfahrtmarkt im Personenverkehr stabilisiert, so dass mit weiteren Insolvenzen in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist? Die europäischen Fluggesellschaften unterliegen inner- und außereuropäisch einem starken Wettbewerb. Der erhöhte Wettbewerbsdruck kann im Ergebnis zu weiteren unternehmerischen Umstrukturierungen, wie auch Insolvenzen, führen. 2. Ist die Bundesregierung gewillt, im Falle einer Insolvenz einer Fluggesellschaft , von der viele deutsche Reisende betroffen sind, erneut einen Überbrückungskredit zu gewähren, um so die Rückreise der Betroffenen zu erleichtern ? Die Bundesregierung nimmt zu hypothetischen Fragen keine Stellung. 3. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, um die Rückkehr von gestrandeten Flugpassagieren im Falle einer Insolvenz der Fluglinie im Voraus sicherzustellen? 4. Was hat die Bundesregierung bislang unternommen, um in Zukunft eine Absicherung der Rückreise von Flugreisenden zu gewährleisten? 5. Betrachtet die Bundesregierung eine Verpflichtung der Fluggesellschaften zum Abschluss einer Insolvenzversicherung ähnlich der Verpflichtung für Reiseveranstalter gemäß § 651r BGB für zielführend? Wenn nein, warum nicht? 6. Stehen einer solchen Verpflichtung aus Sicht der Bundesregierung europarechtliche Hürden entgegen? 7. Präferiert die Bundesregierung eine Lösung über das nationale Verbraucherschutzrecht oder eine europaweit einheitliche Lösung? Die Fragen 3 bis 7 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung teilt zur Frage einer verpflichtenden Insolvenzsicherung grundsätzlich die von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung vom Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4952 18. März 2013 „Schutz der Fluggäste bei Insolvenz des Luftfahrtunternehmens“ (COM(2013) 129 final) dargestellte Haltung, dass der Schutz von Flugreisenden, deren Luftbeförderung nicht Teil einer Pauschalreise ist, verbessert werden kann. Die Europäische Kommission hat sich in dieser Mitteilung dafür ausgesprochen, dazu aber zunächst die bestehenden unionsrechtlichen Zulassungs- und Aufsichtsregelungen effektiver anzuwenden. Denn Flugreisende sind vor Insolvenzen bereits nach geltendem Recht dadurch besonders geschützt, dass die Solvenz eines Luftfahrtunternehmens staatlicher Kontrolle unterliegt, weil nach der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 die Erteilung und das Fortbestehen der Betriebsgenehmigung für das Luftfahrtunternehmen von ihr abhängt. Im Zusammenhang mit der oben genannten Mitteilung prüft die Europäische Kommission derzeit mögliche Folgemaßnahmen. Die Bundesregierung ist mit der Europäischen Kommission dazu im Gespräch. Sollten im Ergebnis dieser Analyse Maßnahmen zum Schutz von Flugreisenden erforderlich erscheinen, sind aus Sicht der Bundesregierung wettbewerbsneutrale, europäische Lösungen, die ein einheitliches Verbraucherschutzniveau auf europäischer Ebene sichern, in jedem Fall vorzugswürdig. Nach Kenntnis der Bundesregierung leisten darüber hinaus die Mitgliedsunternehmen des Luftfahrtverbands International Air Transport Association (IATA) einen wichtigen Beitrag, um den Heimtransport der Passagiere insolventer Luftfahrtunternehmen mittels Sondertickets zu reduzierten Konditionen („rescue fares“) zu ermöglichen. 8. Plant die Bundesregierung eine Initiative im Rahmen des Vorschlages der EU-Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr, um die Rückkehr von gestrandeten Flugpassagieren im Falle einer Airline-Insolvenz zu erleichtern? 9. Wie ist aus Sicht der Bundesregierung der Verhandlungsstand bei diesem Verordnungsvorschlag? Die Fragen 8 und 9 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Europäische Kommission hat im März 2013 einen Vorschlag für die Überarbeitung der Fluggastrechte-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vorgelegt. Das Europäische Parlament hat am 5. Februar 2014 eine Stellungnahme abgegeben. Zuletzt hatte die Lettische Präsidentschaft auf dem TTE-Rat am 11. Juni 2015 einen Sachstandsbericht vorgelegt. Seitdem wurden die Verhandlungen nicht fortgeführt . Ob und wann die Verhandlungen im Rat fortgesetzt werden, obliegt der Entscheidung der jeweiligen Präsidentschaft. Insoweit wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/13457 verwiesen. Das Vorschlagsrecht zu einer Insolvenzsicherung liegt ausschließlich bei der EU- Kommission. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4952 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie bewertet die Bundesregierung die vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Ergänzungen des Verordnungsvorschlages der EU-Kommission für die finanzielle Absicherung von Fluggästen im Falle der Insolvenz, nämlich die Errichtung eines Garantiefonds oder ein verbindliches Versicherungssystem ? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 3 bis 7 verwiesen. 11. Hält die Bundesregierung Maßnahmen für notwendig, den Insolvenzschutz auch für die Kunden von Fluggesellschaften zu verbessern, die ihre Reise noch nicht angetreten haben? 12. Was hat die Bundesregierung auf nationaler und auf europäischer Ebene unternommen , um den Insolvenzschutz auch für die Kunden von Fluggesellschaften zu gewährleisten, die ihre Reise noch nicht angetreten haben? Die Fragen 11 und 12 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine obligatorische private Insolvenzsicherung nach dem Vorbild des Pauschalreiserechts würde auch Forderungen von Fluggästen sichern, die ihre Reise noch nicht angetreten haben. Bezüglich der Frage, ob eine solche obligatorische private Insolvenzsicherung für notwendig erachtet wird, und zu den Bemühungen der Bundesregierung wird auf die Antwort zu den Fragen 3 bis 7 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333