Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 17. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5166 19. Wahlperiode 19.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Jung, Oliver Luksic, Frank Sitta, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4597 – Ausbau des Brenner-Nordzulaufs – Verlagerung des Verkehrs im Raum Rosenheim-Kiefersfelden V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Ausbau der Bahninfrastruktur über die Alpen ist von ökonomischer und politischer Bedeutung für Deutschland und die Europäische Union. Die Teilstrecke Rosenheim–Kiefersfelden Richtung Brenner (Brenner-Nordzulauf), die als Strecke des Transeuropäischen Verkehrsnetzplans TEN-V auch Teil der Eisenbahnachse Berlin–Verona/Mailand–Bologna, Neapel–Messina–Palermo ist, steht derzeit besonders im Fokus. Der Ausbau ist im Vorrangigen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 gelistet. Das Projekt Brenner-Nordzulauf wurde durch die deutsch-österreichische Regierungsvereinbarung von 15. Juni 2012 beschlossen. Die geplanten Maßnahmen sollen eine Überlastung der vorhandenen Verkehrswege über den Brenner verhindern. Ein weiterer Effekt des zweigleisigen Ausbaus soll zudem die Stärkung der Verkehrsachse sein. Der Bau des Brenner Basistunnels ist bereits weit fortgeschritten. Auf deutscher Seite ist noch vieles im Unklaren. Der Schienenverkehr über den Brennerpass ist für den Personen- und Warenverkehr auf der Nord-Süd-Achse der Alpen essentiell. Die angestrebte Verlagerung im Warentransport von der Straße auf die Schiene benötigt eine leistungsfähige und moderne Infrastruktur. Doch während die österreichische Seite zügig mit den Baumaßnahmen voranschreitet, geht die deutsche und bayerische Regierung auf Konfrontationskurs mit der österreichischen und tirolerischen. 1. Kam es nach Kenntnis der Bundesregierung bisher zu Verkehrsprognosen bezüglich des Ausbaus des Streckenabschnittes München–Kiefersfelden/ Kufstein (deutsch-österreichische Grenze)/Kundl/Radfeld, wie im deutsch-österreichischen Staatsvertrag vom 15. Juni 2012 vereinbart? 2. Wenn ja, wie häufig war dies der Fall, durch wen wurde diese Prognose jeweils durchgeführt und was waren die Ergebnisse, insbesondere in Bezug auf Umfang, Kosten und Ausführung des Verkehrswegenetzausbaus? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5166 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Falls nein, welche Konsequenzen sind daraus abzuleiten, und wer übernimmt die Kosten für ein möglicherweise noch benötigtes Gutachten? Die Fragen 1 bis 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In dem Abkommen der für Verkehr verantwortlichen Ressorts vom 15. Juni 2012 haben die Vertragspartner in der Präambel ihren Willen bekundet, die Verkehrsprognosen regelmäßig (etwa alle fünf Jahre) zu aktualisieren und abzustimmen. Dies entspricht der vom Bundesschienenwegeausbaugesetz vorgeschriebenen Vorgehensweise. Im Juni 2014 ist als Grundlage für den Bundesverkehrswegeplan 2030 die Verkehrs -(verflechtungs-)prognose 2030 fertiggestellt und veröffentlicht worden. Beauftragt wurde eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Firma Intraplan Consult GmbH, München. Im Abschnitt der Prognose der streckenbezogenen Verkehrsnachfrage zu Rosenheim–Kufstein sind 68 Züge des SPFV (davon vier Autoreise- bzw. Nachtzüge), 42 Züge des SPNV und 122 Züge des SGV ausgewiesen . Der Bundesverkehrswegeplan 2030 mündete in die vom Deutschen Bundestag im Dezember 2016 beschlossenen neuen Bedarfspläne für Straße, Schiene und Wasserstraße als Anlage zu den jeweiligen Ausbaugesetzen. Entsprechend der drei Ausbaugesetze sind die Bedarfspläne dieser drei Verkehrsträger alle fünf Jahre zu überprüfen. Dafür ist nunmehr eine neue Verkehrsprognose mit dem Zeithorizont 2035 erforderlich. Die vorbereitenden Arbeiten haben bereits begonnen. Um zwischenzeitlich Erkenntnisse über die weitere Verkehrsentwicklung bis 2050 im Eisenbahnverkehr des Brenner-Nordzulaufs zu erlangen, hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eine Studie mit besonderem Blick auf die Entwicklung des Eisenbahngüterverkehrs beauftragt. Parallel hierzu wird in einem laufenden Prozess zwischen Österreich, Italien und Deutschland im Rahmen der BrennerCorridorPlatform (BCP) die Dimensionierung der Zugzahlen harmonisiert. Hintergrund der Dimensionierung ist eine einheitliche Kapazität der Brennerachse in Italien, Österreich und Deutschland. Der Bemessungsfall der Dimensionierung wurde von der BCP auf 400 Züge pro Tag festgelegt. Die 400 Züge leiten sich aus der BVWP-Prognose 2025 mit 302 Zügen pro Tag und einer Verkehrssteigerung um 2,4 Prozent pro Jahr bis 2040 ab. Im Rahmen dieses laufenden Prozesses der Dimensionierung werden auch die prognostischen und algorithmischen Ansätze auf ihre Kompatibilität geprüft. Hierzu wird die BCP die Erstellung weiterer Studien über die Entwicklung des Güter- und Personenverkehrs auf dem Brennerkorridor vergeben. Die Kosten dieser Studien werden anteilig von Österreich, Italien und Deutschland getragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5166 4. Gibt es, nach dem Wissen der Bundesregierung, eine Studie bezüglich der Belange des Schienenverkehrs zwischen Innsbruck und Salzburg über deutsches Hoheitsgebiet, wie in der deutsch-österreichischen Regierungsvereinbarung vom 15. Juni 2012 beschlossen? 5. Wenn ja, wann wurde diese Studie angefertigt, von wem wurde sie angefertigt und was sind ihre Ergebnisse? 6. Falls nein, was sind die Konsequenzen, und wer übernimmt die Kosten für ein möglicherweise noch benötigtes Gutachten? Die Fragen 4 bis 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nein. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. 8. Gibt es Überlegungen, einen unabhängigen Schiedsrichter zur Lösung möglicher Konflikte zu berufen? Wenn ja, wen und wann? Wenn nein, warum nicht? Nein, da die gesetzlichen Regelungen zur Erlangung des Baurechts (Raumordnungs - und Planfeststellungsverfahren) Schlichtungen nicht vorsehen. Allerdings wird der Planungsdialog durch je einen zusätzlichen, externen Moderator im Gemeinsamen und Erweiterten Planungsraum verstärkt. 7. Wie sollen, nach Kenntnis der Bundesregierung, Anwohner an der Entscheidung über den geplanten Streckenausbau beteiligt werden? 9. Wer koordiniert die Bürgerbeteiligung am Projekt Brenner-Nordzulauf und wer übernimmt die daraus entstehenden Kosten? Die Fragen 7 und 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Deutsche Bahn AG führt derzeit die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 25 Absatz 3 VwVfG in Form eines Dialogprozesses im gemeinsamen und erweiterten Planungsraum des Brenner-Nordzulaufes durch. Die Vorstellung erster Grobtrassenvarianten erfolgte in der Region am 18. Juni 2018. Im Rahmen der Grobtrassenauswahl werden mögliche Korridore aufgezeigt, in denen die Grobtrassen verlaufen. Hierdurch sind potentiell sämtliche Gemeinden im erweiterten und gemeinsamen Planungsraum betroffen. Es erfolgt derzeit keine Festlegung einer Trasse, vielmehr können bis Ende 2018 die derzeitigen Grobtrassenentwürfe durch weitere Vorschläge ergänzt werden. In den Dialogprozess zum Trassenauswahlverfahren können sich die beteiligten Gemeinden, Regionen, Bürgerinnen und Bürger mithin umfänglich einbringen. Als Teil der Planung des Bedarfsplanvorhabens finanziert der Bund die für Grundlagenermittlung und Vorplanung erforderlichen Planungsleistungen; hierzu zählen auch die Kosten der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5166 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Mit welchen konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, die Attraktivität des Schienengüterverkehrs gegenüber der Straße zu erhöhen, um tatsächlich Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern? Der Masterplan Schienengüterverkehr hat die Stärkung des Schienengüterverkehrs zum Ziel. Die Maßnahmen werden auch der Brennerachse zugutekommen. Maßgeblich für eine Steigerung der Attraktivität zu einer Verkehrsverlagerung ist der Aus- und Neubau der bestehenden Schieneninfrastruktur, hierzu gehören auch die Maßnahmen zum Ausbau der Standorte des Kombinierten Verkehrs im Rahmen des BVWP. 11. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Annahme von 400 Güterzügen pro Tag begründet? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. 12. Wie schätzt die Bundesregierung das Nutzen-Kosten-Verhältnis bei der Neubaustrecke (NBS) ein? Der Ausbau des Korridors München-Kufstein mit einer Neubaustrecke zwischen Grafing und Brannenburg sowie kapazitätssteigernden Maßnahmen auf den anschließenden Bestandsstrecken erreicht im BVWP 2030 ein NKV von 1,1. 13. Würde ein negatives Nutzen-Kosten-Verhältnis die Unterstützung der Bundesregierung für das Projekt verändern? 14. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung einiger Akteure, möglichst viele Streckenabschnitte unterirdisch zu führen? Die Fragen 13 und 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Projekt befindet sich in einer frühen Planungsphase, in der weder eine Grobvariantenauswahl noch eine Trassierung der Strecken innerhalb der vorgeschlagenen Korridore feststeht. Es können daher weder Aussagen zur Bauausführung (unterirdisch/oberirdisch) noch zu deren möglichen Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Bedarfsplanvorhabens getroffen werden. Die Bundesregierung ist in ihren Entscheidungen zur Realisierung der Baumaßnahme an die Vorgaben des § 7 BHO zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gebunden. 15. Ist nach Ansicht der Bundesregierung ein verstärkter Lärmschutz für Anrainer an der Altbaustrecke (ABS) notwendig? Wenn ja, bis wann können diese damit rechnen, welche Kosten entstehen und wer bezahlt diese? Im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms des Bundes wurden im Zeitraum von 2010 bis 2018 entlang der Bahnstrecke München–Rosenheim–Kiefersfelden Lärmschutzmaßnahmen in Höhe von ca. 27 Mio. Euro finanziert. Das BMVI hat darüber hinaus 2015 eine Machbarkeitsuntersuchung (MU) für den genannten Streckenabschnitt initiiert. Dabei untersucht und bewertet ein von der DB Netz AG beauftragtes Ingenieurbüro zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen. Die Beauftragung der Objektplanung für den Nördlichen Brennerzulauf/Inntal ist bereits erfolgt. Die Lärmschutzmaßnahmen der MU haben ein Volumen von ca. 13 Mio. Euro einschließlich einer Beteiligung des Freistaats Bayern über ca. 2 Mio. Euro. Zudem wird entlang der Strecke die Erprobung von innovativen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5166 Lärmschutzmaßnahmen erfolgen. Das vom Bund finanzierte Projekt „farbige Schienenstegdämpfer“ wird mit einer Studie begleitet und umfasst ein Volumen von ca. 7 Mio. Euro. 16. Wie schätzt die Bundesregierung in diesem Fall das Nutzen-Kosten-Verhältnis bei der ABS ein? Die Prüfung der Zuwendungsfähigkeit der untersuchten Lärmschutzmaßnahmen für die Machbarkeitsuntersuchung orientiert sich an der „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes“. Maßnahmen mit Nutzen-Kosten-Indizes von ≥ 1 werden als förderfähig eingestuft. 17. Könnte nach Kenntnis der Bundesregierung die Notwendigkeit eines großen Ausbaus der ABS und die Planung einer NBS durch digitale Maßnahmen, wie ETCS (European Train Control System), verringert werden? 18. Werden die NBS sowie die ABS durchgehend mit ETCS ausgestattet sein? Die Fragen 17 und 18 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antworten zu den Fragen 13 und 14 verwiesen. 19. Unterstützt die Bundesregierung den Zeitplan, die NBS ab 2036 in Betrieb zu nehmen? Wenn ja, würde dies auch für eine Lösung mit großteiliger unterirdischer Verkehrsführung gelten? Die DB Netz AG hat im Rahmenterminplan grob die Verfahrens- und Prozessschritte bis zu einer Inbetriebnahme im Jahr 2038 skizziert. Die DB Netz AG wird nach Abschluss der Vorplanung eine detailliertere Terminplanung ausarbeiten. Ein konkreter Inbetriebnahmetermin kann erst nach Vorlage des Baurechts ermittelt werden. 20. Sind die von Tiroler Seite durchgeführten Blockabfertigungen nach Ansicht der Bundesregierung gerechtfertigt? 21. Sind die von Tiroler Seite durchgeführten Blockabfertigungen nach Ansicht der Bundesregierung EU-konform? 22. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um weitere Blockabfertigungen bis zur Eröffnung der NBS zu verhindern? Die Fragen 20 bis 22 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Aufgrund der immer bei besonders hohem Verkehrsaufkommen nach einem Feiertag – durchgeführten Blockabfertigungen an der österreichischen Grenze kommt es zu starken Verkehrsstörungen, die insbesondere auf deutscher Seite zu gefährlichen Verkehrsstaus führen. Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, dass die Blockabfertigung in der von Tirol praktizierten systematischen Weise als Verstoß gegen den EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs zu bewerten ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5166 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Wie viele Unfälle in den Jahren 2017 bis 2018 auf der Autobahn A93 zwischen Rosenheim und Kiefersfelden sind auf die durch die Blockabfertigung entstehende Stauung zurückzuführen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. 24. Ist dieser Rückstau nach Ansicht der Bundesregierung eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer, und wie hoch schätzt die Bundesregierung den wirtschaftlichen Schaden ein? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. 25. Sieht sich die Bundesregierung der Alpenkonvention verpflichtet, den Verkehr im Alpenraum möglichst nachhaltig zu gestalten, und ist dies ein ausschlaggebender Grund für den Ausbau des Brenner-Nordzulaufs? Die Bundesregierung verpflichtet sich im Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Der Brenner-Nordzulauf ist im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans enthalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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