Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 19. Januar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/518 19. Wahlperiode 24.01.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/186 – Immobilien der extrem rechten und neonazistischen Szene in der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bundesweit unterhalten Neonazis und andere Gruppierungen der extremen Rechten, wie das Institut für Staatspolitik (IfS), die Partei „Der III. Weg“, „Ein Prozent e. V.“, „Reichsbürger“, Identitäre Bewegung Deutschland e. V. (IB) sowie Versandstrukturen, Medien und Verlage eigene Häuser bzw. Räumlichkeiten oder nutzen diese dauerhaft für ihre Aktivitäten. Zuletzt berichtete „DIE ZEIT“ (Nr. 45) am 2. November 2017 bspw. über „Ein aktives Netzwerk“ der extremen Rechten, wobei auch mehrere Immobilien in der gesamten Bundesrepublik Deutschland erwähnt werden. Oftmals sind solche Immobilien Ausgangspunkte für Vernetzungen in der extrem rechten wie neonazistischen Szene: als Orte für Veranstaltungen und Konzerte – in deren Verlauf es auch zu Straftaten kommt – oder als Treffpunkte für Organisationen, die im Verdacht stehen mit Gewalt gegen Minderheiten und politische Gegner vorzugehen (www.mz-web.de/halle-saale/eskalation-der-gewalt-identitaere-greifen-polizistenan ---die-ziehen-ihre-waffen-28932000, www.thueringen24.de/welt/article209662959/ Schnellroda-Wo-gehts-denn-hier-zum-Rittergut.html, www.mdr.de/thueringen/ mitte-west-thueringen/nazis-in-eisenach-100.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/518 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Immobilien (Häuser, Gebäude, Wohneinheiten, Gewerberäumlichkeiten , Grundstücke) sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Besitz von Personen, Parteien, Vereinen, Organisationen oder Gewerben, die der extrem rechten Szene zugeordnet werden (bitte nach Ort inklusive Bundesland, Zeitpunkt des Erwerbs, derzeitiger Nutzung, Besitzerin/Besitzer und Betreiberin /Betreiber auflisten)? 2. Welche Immobilen (Häuser, Gebäude, Wohneinheiten, Gewerberäumlichkeiten , Grundstücke etc.) werden nach Kenntnis der Bundesregierung dauerhaft von Personen, Parteien, Vereinen, Organisationen oder Gewerben genutzt , die der extrem rechten Szene zugeordnet werden (bitte nach Ort inklusive Bundesland, Zeitpunkt des Nutzungsbeginns, derzeitiger Nutzung, Partei /Verein/Organisation/Einzelperson/genauer Szenezugehörigkeit auflisten )? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Bundesweit sind 136 Objekte als rechtsextremistisch genutzte Immobilien einzustufen (Stand: 31. Dezember 2017). Bei der Erfassung fanden nur Immobilien Berücksichtigung, bei denen Rechtsextremisten über eine uneingeschränkte grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit verfügen, etwa in Form von Eigentum, Miete, Pacht oder durch ein Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen . Weitere Erfassungskriterien sind die politisch ziel- und zweckgerichtete sowie die wiederkehrende Nutzung durch Rechtsextremisten. Diese Kriterien zur Erfassung rechtsextremistischer Immobilien wurden zwischen Bund und Ländern vereinheitlicht. Die Erhebung der Daten erfolgte erstmals unter Zugrundelegung dieser einheitlichen Kriterien. Die nunmehr vorliegenden Zahlen sind daher nicht mit den bereits in vorangegangenen Antworten der Bundesregierung veröffentlichten Angaben vergleichbar. Bei 59 Objekten (43 Prozent) haben Rechtsextremisten als Eigentümer und bei 51 Objekten (37 Prozent) als Mieter Zugriff und Verfügungsgewalt. In den übrigen Fällen beruht die Zugriffsmöglichkeit auf einem Kenn- oder Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen oder ist nicht näher zu bestimmen. Die rechtsextremistisch genutzten Immobilien verteilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt: Baden-Württemberg (6), Bayern (17), Berlin (6), Brandenburg (10), Bremen (1), Hamburg (2), Hessen (5), Mecklenburg-Vorpommern (15), Niedersachsen (4), Nordrhein-Westfalen (11), Rheinland-Pfalz (2), Saarland (3), Sachsen-Anhalt (8), Sachsen (25), Schleswig-Holstein (11) und Thüringen (10). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/518 Zu folgenden 74 Objekten liegen offene Informationen vor: PLZ Ort Land Art des Zugriffs Kaufdatum des Objekts Eigentümer / Besitzer* 16244 Schorfheide OT Finowfurt BB Eigentum 2006 Einzelperson 15230 Frankfurt (Oder) BB Miete unbekannt 14774 Brandenburg a. d. Havel OT Kirchmöser BB Eigentum 1999 Verein 16259 Bad Freienwalde (Oder) BB Eigentum 2013 Einzelperson 15749 Mittenwalde OT Motzen BB Eigentum unbekannt Einzelperson 15907 Lübben BB Miete unbekannt 16348 Wandlitz OT Klosterfelde BB Miete unbekannt 12555 Berlin BR Eigentum NPD 10317 Berlin BR Sonstige 12681 Berlin BR Sonstige 87700 Memmingen-Hart BY Eigentum 2016 Einzelperson 92708 Mantel BY Eigentum Einzelperson 80802 München BY Eigentum 2016 86692 Münster BY Eigentum Einzelperson 87787 Wolfertschwenden BY Eigentum Einzelperson 82418 Murnau BY Eigentum Einzelperson 94333 Geiselhöring BY Eigentum Einzelperson 87435 Kempten BY Einzelperson 82205 Gilching BY Einzelperson 91054 Erlangen BY 95183 Feilitzsch BY 81243 München BY 82396 Pähl BY 27574 Bremerhaven HB Miete Einzelperson 34639 Schwarzenborn HE Eigentum 2012 Einzelperson 35638 Leun-Stockhausen HE Eigentum 02.11.2011 Einzelperson 63654 Büdingen-Orleshausen HE Sonstige 22301 Hamburg HH Eigentum - Verein 23936 Grevesmühlen MV Eigentum 20.08.2008 Einzelperson 23968 Jamel MV Eigentum n.b. Einzelperson 17389 Anklam MV Eigentum Mai 2007 Einzelperson 17235 Neustrelitz MV Sonstige n.b. Einzelperson 19249 Lübtheen MV Miete n.b. Einzelperson 19249 Lübtheen MV Miete n.b. Einzelperson 23966 Wismar MV Miete n.b. Einzelperson 17390 Klein Bünzow OT Salchow MV Eigentum n.b. Einzelperson 17192 Waren (Müritz) MV Eigentum n.b. Einzelperson 29348 Eschede NI Eigentum nicht bekannt Einzelperson 45307 Essen NW Miete - Einzelperson 32760 Detmold - Berlebeck NW unbekannt 24534 Neumünster SH Miete unbekannt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/518 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode PLZ Ort Land Art des Zugriffs Kaufdatum des Objekts Eigentümer / Besitzer* 24537 Neumünster SH Miete 23881 Koberg SH Miete Einzelperson 24534 Neumünster SH Miete Einzelperson 23747 Dahme SH Sonstige unbekannt Einzelperson 66763 Dillingen SL Eigentum Juni 2015 Einzelperson 66620 Nonnweiler-Otzenhausen SL Eigentum 2008 Einzelperson 66130 Saarbrücken-Fechingen SL 2015 Einzelperson 01589 Riesa SN Eigentum 26.10.1999 juristische Person (GmbH) 01796 Pirna SN Eigentum 04.05.2011 Einzelperson 04860 Torgau OT Staupitz SN Sonstige Einzelperson 02906 Mücka SN Miete n.b. 02763 Zittau SN Eigentum 22.10.2004 Einzelperson 09123 Chemnitz SN Eigentum 19.08.2010 Einzelperson 09119 Chemnitz SN Eigentum 05.07.2005 Einzelperson 09353 Oberlungwitz SN Eigentum 12.07.2007 Einzelperson 04688 Grimma OT Mutzschen Roda SN Eigentum 24.09.1996 Einzelperson 02943 Weißwasser SN Miete März 2015 - 02943 Weißwasser SN Miete Einzelperson 01257 Dresden SN Miete - 01796 Pirna SN Miete - 09648 Mittweida OT Frankenau SN Miete - 08393 Meerane SN Miete - 08523 Plauen SN Miete - 04838 Jesewitz OT Gotha SN Miete - 02625 Bautzen SN Sonstige - - 98660 Kloster Veßra TH Eigentum 2015 Einzelperson 99817 Eisenach TH Miete - Einzelperson 98660 Themar TH Miete 2017 Einzelperson 99628 Guthmannshausen TH Eigentum 2011 Verein 99310 Wipfratal OT Marlishausen TH Eigentum 2011 Einzelperson 99869 Ballstädt TH Eigentum 2013 Einzelperson 99768 Harztor OT Ilfeld TH Miete - 99334 Kirchheim TH Miete Einzelperson * Die Nennung von Details zu den Eigentums-/Besitzverhältnissen kann zum Schutz der personenbezogenen Daten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erfolgen. Zu den weiteren 62 Objekten liegen den Verfassungsschutzbehörden vertrauliche Informationen vor. Eine detaillierte Auflistung dieser Objekte kann nicht veröffentlicht werden, da die rechtsextremistische Szene daraus Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden ziehen und ihre weitere Vorgehensweise gezielt danach ausrichten könnte. Zudem bestünde die Möglichkeit, in der Szene etwaig eingesetzte V-Personen zu identifizieren. Dabei ist zu beachten, dass sich V-Personen in einem extremistischen und gewaltbereiten Umfeld bewegen . Die Aufdeckung ihrer Identität könnte dazu führen, dass das Grundrecht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/518 auf Leben und körperliche Unversehrtheit der jeweiligen betroffenen Personen gefährdet wäre. Aufgrund der Hochrangigkeit dieser Rechtsgüter, der möglichen Irreversibilität und der erhöhten Wahrscheinlichkeit ihrer Beeinträchtigung muss jede noch so geringe Möglichkeit des Bekanntwerdens zu Fragen des Einsatzes von V-Personen ausgeschlossen werden. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sowie der Gefährdung etwaiger Hinweis gebender V-Personen folgt, dass auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre, ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie und Bedeutung der betroffenen Grundrechtspositionen hält die Bundesregierung die Informationen der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. 3. Welche Veranstaltungen aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 sind der Bundesregierung in den in den Fragen 1 und 2 genannten Immobilien bekannt (bitte nach Ort inklusive Bundesland, Datum, Titel bzw. Thema der Veranstaltung , Veranstalterin/Veranstalter, Anmelderin/Anmelder, beteiligten Organisationen , Rednern, Bands sowie Teilnehmerzahl auflisten)? Für die Jahre 2015, 2016 und 2017 liegen aufgrund der in Bund und Ländern noch nicht vereinheitlichten Erfassung keine Gesamtzahlen vor, die eine entsprechende Auflistung ermöglichen. Von größerer Bedeutung sind einzelne Immobilien, die zur Verflechtung der rechtsextremistischen Szene beitragen und/oder eine multifunktionale Nutzung gestatten. Hier wären beispielhaft etwa das sogenannte „Thinghaus“ in Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern), das „Rittergut Guthmannshausen“ (Thüringen) als Tagungsstätte oder auch die Bundesgeschäftsstelle der NPD in Berlin zu nennen. 4. Welche Ordnungswidrigkeiten und/oder Straftaten sind der Bundesregierung im Zusammenhang mit den in den Fragen 1 und 2 genannten Immobilien bekannt (bitte nach Datum der Ordnungswidrigkeit/Straftat, Strafvorwurf bzw. Art der Ordnungswidrigkeit/Straftat, Ausgang des Ermittlungs-/Ordnungswidrigkeits -/Strafverfahren auflisten)? Die Erfassung von Straftaten ist an dem jeweiligen Straftatsachverhalt, den geschädigten Personen und den Tatverdächtigen ausgerichtet. Eine automatisierte Auswertung von Straftaten bezogen auf ein bestimmtes Objekt ist nicht möglich. Dementsprechend liegen der Bundesregierung keine Informationen zu Straftaten und den in diesem Zusammenhang stehenden Verfahren vor. Darüber hinaus wird im Hinblick auf Ordnungswidrigkeiten angemerkt, dass diese aufgrund der vom Grundgesetz festgelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in die Zuständigkeit der Länder fallen. 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Finanzierung der in den Fragen 1 und 2 genannten Immobilien? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/518 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Zu welchen der in den Fragen 1 und 2 genannten Immobilien liegen der Bundesregierung Informationen vor, dass diese von öffentlicher Hand bzw. von Einrichtungen des Bundes, der Länder oder der Kommunen verkauft, vermietet oder überlassen wurden (unter Angabe, welche Einrichtung oder welcher Teil der öffentlichen Hand die Immobilie verkauft, vermietet oder überlassen hat)? 7. Zu welchen der in Frage 6 genannten Immobilien erfolgte seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) oder des Bundeskriminalamtes im Vorfeld des Kaufs, der Vermietung , der Überlassung eine Information gegenüber den Stellen bzw. den Einrichtungen der öffentlichen Hand über Hintergrund und Absicht der Käufer /des Käufers? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Zu welcher der in den Fragen 1 und 2 genannten Immobilien liegen der Bundesregierung Informationen vor, dass es im Rahmen von Förderprogrammen bei Erwerb oder Unterhalt der Immobilie Zuwendungen bzw. Vergünstigungen aus öffentlichen Stellen (z. B. KfW-Kredit, EU-Drittelmittel etc.) gab (bitte nach Datum und Art der Zuwendung/Vergünstigung auflisten)? Die Geld- und Kreditinstitute sind aufgrund des Bankgeheimnisses und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Insofern liegen der Bundesregierung hierzu keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333