Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 18. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5215 19. Wahlperiode 19.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jürgen Martens, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4411 – Folgen des Brexit für Deutschland und Europa: Rechtspolitik V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der britischen Wähler im sogenannten Brexit-Referendum für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit). Dieser Tag markiert eine historische Zäsur in der Geschichte der europäischen Integration, für die es keine Präzedenzfälle gibt. In der Folge teilte das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat am 29. März 2017 mit, dass es gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union aus der EU auszutreten beabsichtigt. Damit begann eine Frist von zwei Jahren, die am 29. März 2019 mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union enden wird. Gegenwärtig laufen die Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union über die Bedingungen des Austritts sowie die zukünftigen Beziehungen. Unabhängig davon, wie die Verhandlungen ausgehen, wird deren Ergebnis das Leben von Millionen Menschen über viele Jahre prägen . Die europäische Integration hat Europa Frieden und Wohlstand gebracht und zu einem bislang beispiellosen Grad an Zusammenarbeit und Verflechtung der EU- Mitgliedstaaten geführt. Ob auf Reisen, beim Schüleraustausch, im Geschäftsleben oder in Wissenschaft und Forschung, zahlreiche Bürger, Unternehmen, staatliche wie nichtstaatliche Institutionen auf beiden Seiten des Ärmelkanals profitieren täglich von den Erleichterungen, welche der europäische Integrationsprozess gebracht hat. Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die Europäische Union zu verlassen , konfrontiert all diese Akteure mit erheblichen Unsicherheiten. So fürchten zahlreiche EU-Bürger, die sich im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit entschieden haben, ein Leben in Großbritannien aufzubauen, nun um ihre sicher geglaubten Rechte. Mittelständische Betriebe müssen damit rechnen, dass neue Handelshemmnisse entstehen und sehen ihre langfristigen Planungen dadurch erschwert, dass sie keine Klarheit über die zukünftige Anwendbarkeit von EU- Recht haben. Hochseefischer sind in ihrer Existenz bedroht, weil das bestehende System der Fangquoten teilweise außer Kraft gesetzt werden wird. Universitä- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ten und Bildungseinrichtungen können derzeit nicht abschätzen, ob die grenzüberschreitende Forschung weiterhin im selben Maße möglich sein wird und ob Bildungsabschlüsse auch in Zukunft gegenseitige Anerkennung erfahren werden . Die Luftverkehrsindustrie benötigt zur reibungskosen Fortsetzung des Flugbetriebs ein neues Luftverkehrsabkommen, da der Sektor von den Regularien der Welthandelsorganisation (WTO) ausgenommen ist. Nicht zuletzt müssen sich auch staatliche Institutionen und Behörden auf erhebliche Veränderungen einstellen. In den am 29. April 2017 vom Europäischen Rat verabschiedeten Leitlinien zu den Brexit-Verhandlungen wurden nationale Behörden, Unternehmen und andere Akteure aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sich auf die Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs vorzubereiten. Diese Vorbereitungen werden dadurch erschwert, dass es nach wie vor keine Sicherheit über das zu erwartende Austrittszenario gibt. Ob „cliff-edge Brexit“, „hard Brexit“, ein Freihandelsabkommen nach dem Vorbild des Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens CETA oder gar ein Verbleib Großbritanniens im Binnenmarkt und der Zollunion, jedes dieser Szenarien hätte völlig andere Konsequenzen für die Betroffenen. Knapp sechs Monate vor dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und knapp zweieinhalb Jahre vor dem zu erwartenden Ende der Übergangsphase gibt es mehr Fragen als Antworten . Zugleich stocken die Verhandlungen und die Wahrscheinlichkeit für ein No-Deal-Szenario, das unweigerlich zu großen Verwerfungen würde, steigt unaufhörlich . Die Fragesteller sind der Auffassung, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben, Antworten auf diese drängenden Fragen zu bekommen. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Interessen im Zuge der Brexit- Verhandlungen gewahrt bleiben. Und sie haben Anspruch darauf, dass die Bundesregierung sich auch auf einen ungeordneten Brexit vorbereitet, ihnen Rechenschaft über den Stand dieser Vorbereitungen leistet und sie in ihren eigenen Vorbereitungen unterstützt. Obwohl die Fragesteller bereits am 27. April 2018 eine umfassende Große Anfrage an die Bundesregierung richteten, um Antworten auf diese Fragen zu bekommen , steht eine Reaktion der Bundesregierung weiterhin aus und ist mit der Frist 31. Mai 2019 versehen worden. Die Antwort der Bundesregierung müsste dadurch erst zwei Monate nach einem erfolgten Brexit dem Deutschen Bundestag und den Bürgerinnen und Bürgern vorliegen. Auch hat der Deutsche Bundestag als zentraler Ort der politischen Debatte in Deutschland sich noch nicht in ausreichendem Maße mit den Folgen des Brexit beschäftigt. Währenddessen bereitet die britische Regierung sich öffentlichkeitswirksam auf den ungeordneten Austritt vor, publiziert „technische Hinweise“ an Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche Branchen und Sektoren der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Auf eine entsprechende Reaktion der Bundesregierung wartet man bisher vergeblich. Ziel dieser Kleinen Anfrage ist, mehr über den aktuellen Stand der Vorbereitungen der Bundesregierung zu erfahren und endlich eine öffentliche Debatte über die Folgen des Austrittes für Deutschland zu ermöglichen. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Gegenwärtig laufen in Brüssel die Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union gemäß Artikel 50 EUV über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Diese Verhandlungen, die ausschließlich zwischen der Europäischen Kommission mit ihrem Chefunterhändler Michel Barnier, und der Regierung des Vereinigten Königreichs geführt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5215 werden, sollen bis zum Herbst 2018 abgeschlossen werden. Die Bundesregierung unterstützt in diesem Zusammenhang voll und ganz die Verhandlungsführung der Kommission. Die Auswirkungen des Brexit werden maßgeblich vom Ausgang dieser Verhandlungen abhängen. Artikel 50 EUV sieht vor, dass im Rahmen der Verhandlungen über den Austritt eines Mitgliedstaats auch „der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird“. Der Europäische Rat (Artikel 50) hat dementsprechend im Dezember 2017 festgelegt : „Der Europäische Rat bekräftigt, dass er den Wunsch hat, eine enge Partnerschaft zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich zu begründen. Eine Übereinkunft über die künftigen Beziehungen kann zwar erst fertiggestellt und geschlossen werden, wenn das Vereinigte Königreich ein Drittstaat geworden ist, aber die Union wird bereit sein, erste vorbereitende Gespräche zu führen, damit ein allgemeines Einvernehmen über den Rahmen für die künftigen Beziehungen erzielt wird, sobald dafür zusätzliche Leitlinien angenommen worden sind. Ein solches Einvernehmen sollte in einer politischen Erklärung zum Austrittsabkommen dargelegt werden und es sollte im Austrittsabkommen darauf Bezug genommen werden.“ Leitlinien des Europäischen Rates (Artikel 50) für die Brexit-Verhandlungen, 15. Dezember 2017 (www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2017/12/ 15/european-council-art-50-guidelines-for-brexit-negotiations/). Im März 2018 hat der Europäische Rat (Artikel 50) „mit Blick auf die Eröffnung der Verhandlungen über ein allgemeines Einvernehmen über den Rahmen für die künftigen Beziehungen, das in einer politischen Erklärung, die dem Austrittsabkommen beigefügt und auf die im Austrittsabkommen Bezug genommen wird, niedergelegt werden soll“ Leitlinien festgelegt, die unter anderem betonen, dass die vier Freiheiten des Binnenmarktes unteilbar sind und es kein „Rosinenpicken“ geben kann, das heißt keine Beteiligung am Binnenmarkt lediglich in einzelnen Sektoren, was die Integrität und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes untergraben würde. Die Leitlinien bekräftigen gleichzeitig die Bereitschaft , Beratungen über ein ausgewogenes, ehrgeiziges und weitreichendes Freihandelsabkommen einzuleiten, insoweit es ausreichende Garantien für faire Wettbewerbsbedingungen gibt. Die Leitlinien wurden durch den Europäischen Rat (Artikel 50) im Juni 2018 erneut bekräftigt. Leitlinien des Europäischen Rates (Artikel 50) zum Rahmen für die künftigen Beziehungen der EU zum Vereinigten Königreich, 23. März 2018 (www.consilium. europa.eu/de/press/press-releases/2018/03/23/european-council-art-50-guidelineson -the-framework-for-the-future-eu-uk-relationship-23-march-2018/). Für die Europäische Union bleiben diese Leitlinien des Europäischen Rates Grundlage und Maßstab der Verhandlungen über die politische Erklärung zum Rahmen der künftigen Beziehungen. Wie durch den Europäischen Rat im März festgelegt, gilt es „ein allgemeines Einvernehmen über den Rahmen für die künftigen Beziehungen“ zu erzielen. Im Juli 2018 hat die britische Regierung ein Weißbuch zu den künftigen Beziehungen zur EU vorgelegt. Dieses enthält Vorschläge in zahlreichen Bereichen. Im Kern sollen dabei eine Wirtschafts- sowie eine Sicherheitspartnerschaft entstehen , die weit über bisher existierende Vereinbarungen der EU mit Drittstaaten hinausgehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Weißbuch „The future relationship between the United Kingdom and the European Union“ ist einsehbar unter: www.gov.uk/government/publications/thefuture -relationship-between-the-united-kingdom-and-the-european-union. Beim informellen Europäischen Rat in Salzburg im September 2018 hat sich der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk klar zu den britischen Vorschlägen im Weißbuch geäußert: „Ich möchte unterstreichen, dass einige der Vorschläge von Premierministerin May aus Chequers eine positive Entwicklung im britischen Ansatz und den Willen , die negativen Effekte des Brexits zu minimieren, widerspiegeln. Damit meine ich, unter anderem, die Bereitschaft, im Bereich von Sicherheit und Außenpolitik eng zu kooperieren. In anderen Bereichen, wie der irischen Frage oder der Regelung der Frage der wirtschaftlichen Zusammenarbeit müssen die britischen Vorschläge überarbeitet und weiter verhandelt werden […]“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in Salzburg unterstrichen, dass es „noch ein großes Stück Arbeit [gibt] … wie die zukünftigen Handelsbeziehungen aussehen […] Da waren wir uns heute alle einig, dass es in Sachen Binnenmarkt keine Kompromisse geben kann.“ Bereits zuvor hatte Michel Barnier hinsichtlich der Vorschläge im Handelsbereich im Einklang mit den Leitlinien des Europäischen Rates wiederholt bekräftigt , dass der Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten eine der zentralen, wenn nicht die zentrale Errungenschaft der EU ist, dessen Erfolg in eben diesen vier Freiheiten, dem gemeinsamen Regelwerk und den gemeinsamen Überwachungsund Durchsetzungsmechanismen begründet ist. Die von der britischen Regierung vorgeschlagene Regelung würde dazu führen, dass diese gemeinsamen Regeln und Institutionen nicht oder nur teilweise Anwendung finden würden. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts stören und Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen nach sich ziehen. Hinsichtlich der Vorschläge im Zollbereich hatte Michel Barnier verdeutlicht, dass die EU die Kontrolle über ihre Außengrenzen und die dortigen Einnahmen dort schon aus rechtlichen Gründen nicht an einen Drittstaat abtreten kann. Außerdem hat er darauf verwiesen, dass die britischen Vorschläge eine Reihe von praktischen Fragen aufwerfen. Für den Bereich der inneren Sicherheit hatte Michel Barnier wiederholt betont, dass die britischen Vorschläge im Weißbuch wichtige Elemente enthalten, die eine enge Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich als Drittstaat in diesem Bereich auch in Zukunft möglich machen können . Hierzu gehört das Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und zur Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Für den Bereich der äußeren Sicherheit und der Verteidigung hatte er ebenfalls unterstrichen, dass hier die Konvergenz bei den Zielsetzungen sehr groß sei und eine sehr enge Partnerschaft auch in Zukunft von beiden Seiten angestrebt werde. Über den Fortgang der Verhandlungen besteht in den entsprechenden Ratsgremien im Artikel 50-Format ein enger Austausch zwischen den EU27 und der EU- Kommission als Verhandlungsführerin. Der Deutsche Bundestag wird hierüber regelmäßig im Einklang mit den Vorgaben des EUZBBG unterrichtet. Task Force für die Vorbereitung und Durchführung der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich gemäß Artikel 50 EUV (https://ec.europa.eu/info/departments/ taskforce-article-50-negotiations-united-kingdom_de). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5215 Die formellen Verhandlungen über die künftige Partnerschaft können erst beginnen , wenn das Vereinigte Königreich ein Drittstaat ist. Erst im Rahmen dieser Verhandlungen werden Einzelheiten des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens der künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich festgelegt werden. Vor Abschluss dieser Verhandlungen kann daher in vielen Bereichen noch keine belastbare Aussage über den Inhalt von Folgeregelungen und deren Auswirkungen auf bestimmte Sachverhalte getroffen werden. Die Bundesregierung wird zu gegebener Zeit in der jeweils vorgesehenen Form die deutschen Positionen in die Vorbereitung dieser Verhandlungen bzw. in die Verhandlungen selbst einbringen. Neben den Austrittsverhandlungen spielen die Vorbereitungen auf den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union eine wichtige Rolle. Der Europäische Rat hat wiederholt, zuletzt in seinen Schlussfolgerungen von Juni 2018, an die Mitgliedstaaten, die Institutionen der Union und alle Beteiligten appelliert, ihre Arbeit zu intensivieren, um auf allen Ebenen und für alle Ergebnisse gerüstet zu sein. Die Bundesregierung nimmt diese Vorbereitungen sehr ernst. Sie trifft seit Sommer 2016 Vorkehrungen für alle Austrittsszenarien, auch für den Fall eines Austritts ohne Austrittsabkommen. Sie unterscheidet dabei zwischen notwendigem nationalem Gesetzgebungsbedarf im Zusammenhang mit dem Austritt und Verwaltungshandeln (zum Beispiel Aufstockung von Personal in der Zollverwaltung) sowie sonstigem Handlungsbedarf (zum Beispiel dem fortlaufenden Austausch mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft). Die Bundesregierung unterscheidet beim absehbaren nationalen Gesetzgebungsbedarf – ähnlich dem Vorgehen der Europäischen Kommission – drei Kategorien von Vorhaben: 1) Gesetzgebungsvorhaben, die unabhängig vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen erforderlich werden; 2) Gesetzgebungsvorhaben in Vorbereitung auf eine eventuelle Übergangsphase auf der Grundlage des Entwurfs des Austrittsabkommens; 3) Gesetzgebungsvorhaben, die vom Regelungsumfang des Austrittsabkommens sowie von den Verhandlungen zum Rahmen des zukünftigen Verhältnisses und gegebenenfalls vom Willen des Gesetzgebers abhängen. Seit dem Brexit-Referendum unterhält die Bundesregierung zudem einen engen Austausch mit dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zur Unterrichtung über den Fortgang der Verhandlungen und über die Konsequenzen, die sich aus dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ergeben können. Sie trifft Verbände und Unternehmen regelmäßig zu Einzel- und Sammelgesprächen. Sie unterstreicht dabei stets, dass sich alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen in Deutschland über die Folgen informiert halten sollten, die sich für sie aus dem Austritt ergeben können. Sie fordert dazu auf, rechtzeitig zum Austritt Ende März 2019 notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Auf folgende Informationen wird hingewiesen: Auf der Internetseite des Bundespresseamtes finden sich zahlreiche Informationen zum Brexit. Die Bundesministerien halten ebenfalls fachspezifische Informationen bereit. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hält auf seiner Internetseite umfangreiche Informationen für Unternehmen bereit. Es hat zudem ein Brexit-Info-Telefon eingerichtet, an das sich Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen mit ihren Fragen und Anliegen wenden können. Die Bundesgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) informiert regelmäßig über Aktuelles und Hintergründe zu den Brexit-Verhandlungen (www.gtai.de/ GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Specials/special-brexit.html). Die vom BMWi geförderte Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer informiert über Auswirkungen des Brexit auf deutsche Unternehmen (https:// grossbritannien.ahk.de/brexit-update/). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gibt Unternehmen u. a. auf der Internetseite die Möglichkeit, sich im Bereich der Finanzdienstleistungen zum Thema Brexit zu informieren (www.bafin.de/DE/Aufsicht/ Uebergreifend/Brexit/brexit_node.html). Sie finden dort zur Unterstützung ihrer Vorbereitung u. a. Informationen zu Zulassungsverfahren , Internen Risikomodellen, Outsourcing und Antworten auf „häufig gestellte Fragen“. Die Deutsche Bundesbank hat auf ihrer Internetseite einen Bereich mit bankenaufsichtlichen Informationen u. a. für Kreditinstitute, die im Zuge des Brexit über Standortverlagerungen bzw. -erweiterungen nachdenken („incoming banks“), geschaltet (www.bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Bankenaufsicht/Einzelaspekte/ Brexit/brexit.html). Zudem wurden eine Hotline (069 9566 7372) sowie eine zentrale Email-Adresse (Brexit@bundesbank.de) für betroffene Kreditinstitute eingerichtet. Die Zollverwaltung stellt auf ihrer Website Informationen zum Brexit in Bezug auf die zoll- und verbrauchsteuerrechtlichen Themen zur Verfügung (www.zoll. de/DE/Fachthemen/Zoelle/Brexit/brexit_node.html). Die Webseite der nationalen Auskunftsstelle des Bundes für REACH, CLP und Biozide (Helpdesk der Bundesstelle für Chemikalien) hat zu den Auswirkungen des Brexit auf das Chemikalienrecht, insbesondere die REACH-Verordnung, einen Link zu den umfangreichen Informationen auf der Webseite der Europäischen Chemikalienagentur ECHA eingerichtet (www.reach-clp-biozid-helpdesk. de/de/Aktuelles/Aktueller-Monat_04_REACH_Brexitseite%20ECHA.html). Zudem informieren und beraten zahlreiche Fachverbände zu Fragen des Austritts. Beispielsweise hat der Bundesverband der Deutschen Industrie ein Kompendium mit einem umfangreichen Leitfaden und praxisorientierten Fragen zur Vorbereitung von Unternehmen herausgegeben (https://bdi.eu/themenfelder/europa/#/ publikation/news/der-brexit-kommt-was-ist-zu-tun/). Mit seiner „Brexit Checkliste“ ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ähnlich vorgegangen (www.ihk.de/brexitcheck). Im Bereich Finanzdienstleistungen halten viele Unternehmensverbände umfangreiche , auf die jeweiligen Sektoren bezogene Informationen bereit, z. B. (zu Banken ) über https://bankenverband.de/dossier/brexit/ und (zu Versicherungen) https:// positionen.gdv.de/brexit-und-versicherungen/. Im Bereich der Humanarzneimittel informieren die deutschen Zulassungsbehörden , das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul Ehrlich Institut (PEI), über die Auswirkungen des Brexit. Sie stellen Informationen für pharmazeutische Unternehmer zur Verfügung (www.bfarm.de/DE/ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/5215 Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/ZulassungsrelevanteThemen/Brexit/_node. html; www.pei.de/DE/infos/pu/auswirkungen-brexit-vorbereitungen-paul-ehrlichinstitut .html). Darüber hinaus stellt auch die Europäische Arzneimittelagentur auf ihrer Internetseite Informationen zu den Auswirkungen des Brexit für Unternehmen zur Verfügung (www.ema.europa.eu/ema/index.jspcurl=pages/about_us/general/ general_content_001891.jsp&mid=WC0b01ac0580cb2e5b). Die Bundesregierung überprüft den Stand der Planungen fortlaufend und entwickelt ihre Planungen zu allen Austrittsszenarien entsprechend dem Fortgang der Verhandlungen weiter. Die Bundesregierung stimmt sich in dieser Frage eng mit den europäischen Partnern und der Europäischen Kommission ab. Die Bundesregierung unterrichtet den Deutschen Bundestag regelmäßig über den Stand der legislativen und sonstigen Planungen. 1. Wie viele deutsch-britische Ehen bestehen derzeit? In Deutschland gab es im Jahr 2016 nach Ergebnissen des Mikrozensus rund 34 000 deutsch-britische Ehen. 2. Welche Folgen sind nach Auffassung der Bundesregierung durch den Brexit in den Bereichen Sorge- und Umgangsrecht bei binationalen Ehen zwischen deutschen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen aus dem Vereinigten Königreich zu erwarten? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Welche Folgen sind nach Ansicht der Bundesregierung nach dem Brexit für binationale Ehepaare und Familien (insbesondere deutsch-britisch, aber auch EU-britisch) im Scheidungsfall zu erwarten? Welche Folgen sind für Kinder aus diesen Ehen zu erwarten? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Wie viele deutsch-britische Anwendungsfälle der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung gibt es bislang? Das Bundesamt für Justiz als deutsche Zentrale Behörde der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 führt eine umfangreiche Statistik über Verfahren unter anderem zu dieser Verordnung. Die Statistik erfasst jedoch nur solche Verfahren, an denen die deutsche Zentrale Behörde beteiligt war. In Rückführungs- und Umgangsverfahren sowie Verfahren auf Anerkennung und gegebenenfalls Vollstreckung einer ausländischen Sorgerechts- oder Umgangsentscheidung können die Parteien jedoch das Gericht im In- oder Ausland auch unmittelbar anrufen, ohne die Hilfe der deutschen Zentralen Behörde in Anspruch zu nehmen. Diese Verfahren werden in der dort geführten Statistik nicht erfasst. Seit Geltung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Jahre 2005 bis einschließlich 2017 gab es im Bundesamt für Justiz insgesamt 115 deutsch-britische Anwendungsfälle der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 betreffend die elterliche Verantwortung . Überwiegend handelte es sich um Amtshilfeersuchen nach den Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Artikeln 55 und 56 der Verordnung (Einholung Sozialberichte, Schutzmitteilungen , Unterbringungen, sonstige Ersuchen). Bezogen auf die einzelnen Jahre ergibt sich die nachstehende Tabelle. Deutsch-britische Anwendungsfälle VO (EG) Nr. 2201/2003 betreffend die elterliche Verantwortung Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Anzahl 0 1 6 10 4 10 3 6 6 11 13 17 28 Quelle: Bundesamt für Justiz. Weitergehende Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. Insbesondere erfasst die vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Statistik der Familiengerichte, soweit dort Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 erhoben werden, diese nicht differenziert nach den betroffenen Ländern . Welche Folgeregelung strebt die Bundesregierung im bilateralen Verhältnis oder durch eine Regelung der EU mit dem Vereinigten Königreich an? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 5. Wie sieht die Bundesregierung die Betroffenheit des internationalen Verfahrensrechts für Unterhaltsfragen im Hinblick auf die Geltung der Verordnung (EG) Nr. 4/2009? Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 enthält Vorschriften zur internationalen Gerichtszuständigkeit und zur erleichterten Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen, die nach dem Brexit im Verhältnis zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht mehr anwendbar sein werden. Zwar bestimmt sich das anwendbare Recht aus Sicht der Mitgliedstaaten weiterhin nach dieser Verordnung, weil deren IPR Vorschriften universell anwendbar sind. Das Vereinigte Königreich ist aber nicht gehindert, nach dem Brexit eigene IPR Vorschriften mit abweichender Tendenz zu erlassen. Wie wird die internationale Zuständigkeit sowie die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Unterhaltssachen nach dem Brexit in Bezug auf Fälle geregelt, die Personen aus Deutschland und der EU einerseits und Personen aus dem Vereinigten Königreich andererseits betreffen? Auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts sind im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht mehrere Übereinkommen abgeschlossen worden, die die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen zum Gegenstand haben. An dem Übereinkommen von 1973 nimmt auch das Vereinigte Königreich teil. Zuletzt ist das Haager Übereinkommen vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen in Kraft getreten, welches die EU für die Mitgliedstaaten ratifiziert hat. Es wird geprüft, ob und wieweit diese Übereinkommen insoweit an die Stelle der der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 treten können . Lassen sich in diesen Feldern unübersichtliche Rechtslagen vermeiden? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/5215 6. In wie vielen Fällen ersuchten britische Justizbehörden deutsche Justizbehörden (und umgekehrt) um die Festnahme einer Person und um die Übergabe dieser Person zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung („Europäischer Haftbefehl“; bitte in beide Richtungen nach Jahr und Maßnahme aufschlüsseln)? In wie vielen Fällen Ersuchen gestellt worden sind, lässt sich der jeweiligen jährlichen Auslieferungsstatistik entnehmen, die im Bundesanzeiger veröffentlicht wird und auf der Webseite des BMJV unter www.bmjv.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Service/Statistiken/Download/Gesamt_Auslieferung.html abrufbar ist. Diese unterscheidet auch zwischen der Auslieferung zur Strafverfolgung oder zur Strafvollstreckung. Das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 20. Juli 2006 (BGBl. 2006 I, S. 1721) ist für Deutschland am 2. August 2006 in Kraft getreten, für das Vereinigte Königreich war der Rahmenbeschluss schon im Jahr 2004 in Kraft. Die nachfolgende Übersicht gibt für die Jahre 2006 bis 2008 die Auslieferungsstatistik wieder. Für die Jahre ab 2009 wurde eine aktualisierende Abfrage im Bundesamt für Justiz durchgeführt. Die Unterschiede zur veröffentlichten Auslieferungsstatistik erklären sich dadurch, dass ein Teil der Ersuchen erst nach abschließender Erstellung der Auslieferungsstatistik dem Bundesamt zur Kenntnis gelangt. Aufgrund gesetzlicher Löschpflichten war die aktualisierende Abfrage im Bundesamt für Justiz zwecks Ergänzung der veröffentlichten Auslieferungsstatistik nur ab 2009 möglich. Ebenfalls aufgrund der gesetzlichen Löschpflichten ist keine Unterscheidung möglich, ob und gegebenenfalls wie viele Ersuchen im Jahr 2006 bereits als Europäischer Haftbefehl, wie viele dagegen noch aufgrund der bis dahin geltenden Regelungen des Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (BGBl. 1964 II S. 1369, 1371; 1976 II S. 1778; 1991 II S. 916) in Verbindung mit dem Kapitel II des Zweiten Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 zu dem vorbezeichneten Übereinkommen (BGBl. 1990 II S. 118, 119; 2003 II S. 956) gestellt worden waren. Seit dem Jahr 2007 stellt der Europäische Haftbefehl ausschließlich die einschlägige Rechtsgrundlage im Verhältnis zum Vereinigten Königreich dar. Ersuchen deutscher Justizbehörden um Einlieferung aus dem Vereinigten Königreich : 2006: 16 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2007: 10 zur Strafverfolgung, 3 zur Strafvollstreckung 2008: 5 zur Strafverfolgung, 0 zur Strafvollstreckung 2009: 26 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2010: 23 zur Strafverfolgung, 4 zur Strafvollstreckung 2011: 16 zur Strafverfolgung, 3 zur Strafvollstreckung 2012: 22 zur Strafverfolgung, 8 zur Strafvollstreckung 2013: 34 zur Strafverfolgung, 7 zur Strafvollstreckung 2014: 30 zur Strafverfolgung, 3 zur Strafvollstreckung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2015: 34 zur Strafverfolgung, 10 zur Strafvollstreckung 2016: 42 zur Strafverfolgung, 4 zur Strafvollstreckung 2017: 22 zur Strafverfolgung, 2 zur Strafvollstreckung 2018 (bis 30.4.): 2 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung Ersuchen britischer Justizbehörden zur Auslieferung aus Deutschland: 2006: 4 zur Strafverfolgung, 0 zur Strafvollstreckung 2007: 5 zur Strafverfolgung, 2 zur Strafvollstreckung 2008: 10 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2009: 6 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2010: 6 zur Strafverfolgung, 2 zur Strafvollstreckung 2011: 7 zur Strafverfolgung, 0 zur Strafvollstreckung 2012: 11 zur Strafverfolgung, 2 zur Strafvollstreckung 2013: 4 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2014: 5 zur Strafverfolgung, 0 zur Strafvollstreckung 2015: 7 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2016: 14 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung 2017: 12 zur Strafverfolgung, 0 zur Strafvollstreckung 2018 (bis 5.7.): 1 zur Strafverfolgung, 1 zur Strafvollstreckung. 7. Sollte das Vereinigte Königreich nach Auffassung der Bundesregierung auch nach einem etwaigen Brexit am System des Europäischen Haftbefehls weiterhin teilnehmen können? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Die künftige Beteiligung des Vereinigten Königreichs am Europäischen Haftbefehl wird Gegenstand der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sein. Die Strafverfolgung und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen sollte in Anbetracht der Tatsache, dass die EU und das Vereinigte Königreich nahe beieinander liegen und denselben Bedrohungen ausgesetzt sind, ein wichtiger Bestandteil ihrer künftigen Beziehungen sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Vereinigte Königreich ein nicht dem Schengen-Raum angehörender Drittstaat sein wird. Die künftige Partnerschaft sollte sich auf einen wirksamen Informationsaustausch , die Unterstützung der operativen Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen erstrecken. Dabei muss es solide Garantien für die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte sowie wirksame Durchsetzungs- und Streitbeilegungsmechanismen geben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/5215 8. Inwieweit sollte nach Auffassung der Bundesregierung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bezüglich des Europäischen Haftbefehls nach einem etwaigen Brexit für das Vereinigte Königreich verbindlich sein? Nach den Leitlinien des Europäischen Rates vom 23. März 2018, denen auch die Bundesregierung zugestimmt hat, muss sich die Governance der künftigen Beziehungen der EU zum Vereinigten Königreich auf die Verwaltung und Kontrolle, Streitbeilegung und Durchsetzung einschließlich Sanktionen und Mechanismen der sektorübergreifenden Retorsion erstrecken. Bei der Gestaltung dieser allgemeinen Governance muss neben Inhalt und Tiefe der künftigen Beziehungen folgendes berücksichtigt werden: die Notwendigkeit, für Wirksamkeit und Rechtssicherheit zu sorgen, und die Erfordernisse der Autonomie der EU-Rechtsordnung, einschließlich der Rolle des Gerichtshofs der Europäischen Union, wie sie insbesondere in der Rechtsprechung entwickelt wurde. Ob die Anwendung des Europäischen Haftbefehls künftig der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union unterliegen sollte, kann erst bestimmt werden , wenn Klarheit über Inhalt und Tiefe der künftigen Beziehungen besteht. 9. Sollte das Vereinigte Königreich nach Auffassung der Bundesregierung auch nach einem etwaigen Brexit am System der Europäischen Ermittlungsanordnung teilnehmen können? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Die künftige Beteiligung des Vereinigten Königreichs an der Europäischen Ermittlungsanordnung in Strafsachen wird Gegenstand der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sein. Die Strafverfolgung und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen sollte in Anbetracht der Tatsache, dass die EU und das Vereinigte Königreich nahe beieinander liegen und denselben Bedrohungen ausgesetzt sind, ein wichtiger Bestandteil ihrer künftigen Beziehungen sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Vereinigte Königreich ein nicht dem Schengen-Raum angehörender Drittstaat sein wird. Die künftige Partnerschaft sollte sich auf einen wirksamen Informationsaustausch , die Unterstützung der operativen Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen erstrecken. Dabei muss es solide Garantien für die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte sowie wirksame Durchsetzungs- und Streitbeilegungsmechanismen geben. 10. In wie vielen Fällen ersuchten britische Justizbehörden deutsche Justizbehörden (und umgekehrt) um die Vornahme von Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Ermittlungsanordnung (bitte in beide Richtungen nach Jahr und Maßnahme aufschlüsseln)? Für die Übersendung Europäischer Ermittlungsanordnungen gilt der unmittelbare Geschäftsweg zwischen den zuständigen deutschen und britischen Justizbehörden bzw. der von britischer Seite benannten Zentralstelle (Artikel 7 Absatz 1 und 3 der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen). Auf deutscher Seite betrifft dies weit überwiegend Anordnungs- und Vollstreckungsbehörden der Länder. Die Bundesregierung kann daher keine Aussage über die Gesamtanzahl der Fälle tätigen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Können Personen, die ihre juristische Ausbildung in Großbritannien genossen haben, mittlerweile aber als „europäischer Rechtsanwalt“ nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) in Deutschland zugelassen sind und als solche praktizieren, auch nach dem Brexit ihrer Tätigkeit in Deutschland nachgehen? Die Befugnis eines Rechtsanwalts aus dem Vereinigten Königreich, den Beruf nach Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Deutschland auszuüben (§ 2 EuRAG), entfällt mit dem Brexit. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, wie groß ist der betroffene Personenkreis nach Einschätzung der Bundesregierung? Davon wären 152 Personen betroffen. Nach der Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer waren 2017 152 Rechtsanwälte aus dem Vereinigten Königreich als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt zugelassen (www.brak.de/w/ files/04_fuer_journalisten/statistiken/2017/eurag_2017.pdf). Inwiefern hält die Bundesregierung insofern ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich für nötig? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Wie viele Fälle der Wahl britischen Erbrechts nach der EU-Erbrechtsrichtlinie durch deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland gibt es nach Kenntnis oder Schätzung der Bundesregierung zum 31. Dezember 2017? Die Bundesregierung versteht die Frage dahin, dass sie sich auf die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (Ausgangsfassung: ABl. EU 2012, L 201 S. 107) bezieht. Nach Artikel 22 dieser Verordnung kann eine Person für die Rechtsnachfolge von Todes wegen nur das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Deutsche können daher unabhängig vom Wohnsitz nur deutsches, nicht aber britisches Erbrecht wählen. Zahlen über Fälle, in denen Deutsche mit Wohnsitz in Deutschland bis zum 31. Dezember 2017 gleichwohl britisches Erbrecht gewählt haben, auch wenn dies nicht wirksam wäre, liegen der Bundesregierung nicht vor. 13. Wie viele deutsch-britische Anwendungsfälle der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen gibt es bislang? Die Klagen im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen – small claims – (§§ 1097 bis 1104 ZPO) werden durch das Statistische Bundesamt nur insgesamt erfasst. Ausweislich der für 2017 veröffentlichten Statistik wurden deutschlandweit 478 erledigte Klageverfahren erfasst. Eine sich an der Herkunft der Verfahrensbeteiligten orientierende statistische Erfassung erfolgte nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/5215 Welche Folgeregelung strebt die Bundesregierung im bilateralen Verhältnis oder durch eine Regelung der EU mit dem Vereinigten Königreich an? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 14. Wie oft ist seit ihrem Inkrafttreten die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen mit deutsch-britischem Bezug angewendet worden? Der Bundesregierung liegen hierüber keine verwertbaren Informationen vor. Die Zahl der Verfahren mit Bezug zu der EU-Verordnung Nr. 606/2013 über die Anerkennung von Schutzmaßnahmen wird in den Justizstatistiken der Länder nicht gesondert erfasst. Daneben wird in derartigen Verfahren mit Bezug zu anderen Mitgliedstaaten nicht erfasst, um welchen Mitgliedstaat es sich handelt. Wie soll nach Vorstellung der Bundesregierung eine Nachfolgeregelung der EU mit dem Vereinigten Königreich beziehungsweise eine bilaterale Nachfolgeregelung aussehen? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 15. Wie sollen nach den Plänen der Bundesregierung nach Austritt des Vereinigten Königreichs die deutsch-britischen Rechtsbeziehungen in dem Bereich geregelt werden, der bislang dem Regime der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) unterliegt? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 16. Wie bewertet die Bundesregierung im Bereich des europäischen Verbraucherschutzrechts , insbesondere des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, der Verbraucherrechterichtlinie -Richtlinie 2011/83/EG, der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, der Preisangabenrichtlinie 98/6/EG und der Pauschalreisenrichtlinie 2015/2302/EG, Bedarf für Nachfolgeregelungen oder Ergänzungsbedarf für die derzeit bestehenden Regelungen auf bilateraler Ebene oder auf Ebene der EU im Verhältnis zum Vereinigten Königreich? Wo sieht die Bundesregierung aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs Potenzial, den europäisch geregelten Verbraucherschutz zu verbessern ? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 17. Inwiefern wird das Vereinigte Königreich weiterhin am europäischen Patenterteilungsverfahren teilnehmen und Mitglied des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) sein? Das Europäische Patentübereinkommen stellt ein völkerrechtliches Übereinkommen dar. Als ein solches bleibt es durch einen Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union unberührt, so dass das Europäische Patentamt auch nach einem Brexit weiterhin europäische Patente mit Wirkung für das Vereinigte Königreich erteilen kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5215 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Welche Haltung wird die Bundesregierung in den weiteren Verhandlungen in der Frage einnehmen, ob das Vereinigte Königreich an einem Einheitlichen Patentgericht (EPG) teilnehmen kann, wenn es die Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) (im Übrigen) ablehnt? Der Entwurf des Austrittsabkommens steht einer Beteiligung des Vereinigten Königreiches am einheitlichen Patentschutz jedenfalls bis zum Ende der Übergangsphase nicht entgegen. Für die darüber hinausgehende Zeit wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Vereinigte Königreich die im Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht vorgesehene Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs mit der Ratifikation des Übereinkommens anerkannt hat. Wenn die Bundesregierung einer Teilnahme des Vereinigten Königreichs am EPG ablehnend gegenübersteht, welche Konsequenz hat dies für die Haltung der Bundesregierung in der Frage, ob das Vereinigte Königreich weiterhin am europäischen Patenterteilungsverfahren und EPÜ teilnehmen kann? Es wird auf die Antwort zu Frage 17 und im Übrigen auf die Vorbemerkung verwiesen . 19. Werden dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit und der Loslösung von der Jurisdiktion des EuGH weiterhin Interventionsrechte in Verfahren vor dem EuGH gewährt? Wenn ja, welche? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 20. Wie beurteilt die Bundesregierung mögliche bilaterale Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Republik Irland zur gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen, die darüber hinausgehend zu einer Anerkennung beruflicher Qualifikationen von bestimmten Berufsgruppen in der EU führen könnte? Die Bundesregierung nimmt zu potentiellen völkerrechtlichen Abkommen, die das Vereinigte Königreich nach seinem Austritt aus der Europäischen Union auf dem Gebiet der Anerkennung von Berufsqualifikationen schließen könnte, keine Stellung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333