Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5217 19. Wahlperiode 23.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding, Grigorios Aggelidis, Daniel Föst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4768 – Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand im Allgemeinen Sozialen Dienst V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Arbeit der Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) gehört zu einer der wichtigsten Tätigkeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Das besonders breite Aufgabenportfolio vereint Maßnahmen zur Prävention, Partizipation , Integration und zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Dieses komplexe Spektrum kann dabei die organisatorischen Zuständigkeiten des Jugendamtes , des Sozialamtes und des Gesundheitsamtes einschließen. Entscheidend ist, dass die Menschen, die im Rahmen ihrer Arbeit im ASD dieser bedeutenden Verantwortung nachkommen, die dafür notwendigen Voraussetzungen vorfinden, um ihre Aufgaben gut ausüben zu können. Die im Mai 2018 erschienene Studie „Berufliche Realität im ASD“ von Prof. Dr. Kathinka Beckmann, Thora Ehlting und Sophie Klaes (2018) basiert auf stichprobenartige Befragungen der Mitarbeiter von insgesamt 175 der 563 Jugendämter in Deutschland durch Fragebögen und Interviews. Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass die aktuellen Rahmenbedingungen im ASD, wie personelle und finanzielle Ausstattung, Büroausstattung und Verwaltungsaufwand, „eine professionelle sozialpädagogische Arbeit“ behindern (vgl. Beckmann, 2018: 39). 1. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Arbeit im Allgemeinen Sozialen Dienst bei? Der Allgemeine Sozialdienst (ASD) mit seiner breiten Aufgabenstellung ist der umfassendste, größte und bedeutendste Dienst sozialer Grundversorgung der Kommunen. Es handelt sich dabei um einen bezirklich organisierten Basisdienst für die Versorgung einer Region mit sozialen Hilfeleistungen im Allgemeinen. Die ASD sind – als Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen – nicht einheitlich ausgestaltet; dies gilt z. B. hinsichtlich der organisatorischen Verankerung des Dienstes in der Kommunalverwaltung, der Zuständigkeiten etwa in den Bereichen Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfe oder der Gesundheitsfürsorge sowie des konkreten Aufgaben- und Leistungsspektrums. Gemeinsam ist den ASD, dass ihre Leistungen und Hilfen insbesondere ausgerichtet sind auf die Unterstützung und Stärkung von Familien sowie erzieherische Aufgaben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5217 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im Tätigkeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe kommt dem ASD eine Schlüsselfunktion in der Kommune zu. Der ASD setzt Aufgaben und Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) um. Als Teil des kommunalen Jugendamtes übernimmt er im Rahmen der Gesamtverantwortung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe eine „Wächteramtsfunktion “; damit ist er für den institutionellen Kinderschutz von wesentlicher Bedeutung . Aber auch bei der Förderung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien leistet der ASD einen zentralen Beitrag – sei es in der Einzelfallarbeit oder auch in der Sozialraumarbeit. Für die Organisation einer örtlich funktionalen Kinder- und Jugendhilfe ist das Vorhandensein eines ASD notwendig. Bereits für Mitte der 2000er-Jahre hatte eine Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts herausgearbeitet, dass 99 Prozent der Kommunen einen solchen Dienst eingerichtet haben (vgl. Kreft, D. (2013): Der Allgemeine Soziale Dienst. Ein Überblick zum Stand von Praxis und Theorie des kommunalen Basisdienstes Sozialer Arbeit und eine Einladung zum Weiterlesen. In: unsere jugend, 65. Jg., H. 5, S. 194-197; Pluto, L./Gragert, N./van Santen, E./ Seckinger, M. (2007): Kinder- und Jugendhilfe im Wandel. Eine empirische Strukturanalyse. München, DJI). 2. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Arbeit der Jugendämter bei? Die Kinder- und Jugendhilfe und damit das Jugendamt als zuständige Behörde des verantwortlichen Leistungsträgers hat eine große Bedeutung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Der Bundesregierung ist daher die Gewährleistung einer zukunftsfähigen Kinder- und Jugendhilfe und eines zukunfts- und leistungsfähigen Jugendamts ein zentrales Anliegen. Der 14. Kinder- und Jugendbericht stellt hierzu fest: „Die kommunalen Jugendämter sind die wichtigste Institution für Fragen der Förderung und Hilfe für Kinder, Jugendliche und Familien in Deutschland. Sie sind gemäß § 85 Absatz 1 i. V. m. § 69 Absatz 1 und 3 SGB VIII grundsätzlich für alle örtlichen und regionalen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe sachlich zuständig und tragen insoweit nahezu allumfassend öffentliche Verantwortung für ein gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich. Die Jugendämter sind zugleich der institutionelle Kern, das organisatorische „Herzstück“ der deutschen Kinder- und Jugendhilfe : Sie sind „nicht weniger als gleichzeitig Agentur des Helfens, Instanz sozialer Kontrolle, Akteur im Sozialraum, aber auch Dienstleister für junge Menschen und Familien“ (Bundestagsdrucksache 17/12200, S. 290). 3. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung den Leistungen nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) und anderen Aufgaben nach § 2 Absatz 3 SGB VIII des Jugendamtes zum präventiven Schutz von Kindern und Jugendlichen bei? Die Vorschrift des § 2 SGB VIII konkretisiert die Zielbestimmung der Kinderund Jugendhilfe des § 1 SGB VIII. Danach soll die Kinder- und Jugendhilfe zur Verwirklichung des Rechts eines jeden Mensch auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beitragen. Die individuelle und soziale Entwicklung junger Menschen soll gefördert werden; ferner sollen Benachteiligungen vermieden oder abgebaut werden. Zudem sind Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung zu unterstützen, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen und es soll ein Beitrag Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5217 zur Schaffung bzw. zum Erhalt positiver Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt geleistet werden. § 2 Absatz 2 und Absatz 3 SGB VIII weist der Kinder- und Jugendhilfe hierzu bestimmte Leistungen und andere Aufgaben zu. Die vorgesehenen Angebote , Leistungen und Maßnahmen schützen und stärken Kinder und Jugendliche von Anfang an und wenden Gefahren und Risiken im Sinne einer wirkungsvollen Prävention ab. Dem Leistungs- und Aufgabenspektrum liegt ein präventiv ausgerichteter Handlungsauftrag zugrunde, der im Hinblick auf Zielbestimmung und Prinzipien einer modernen Kinder- und Jugendhilfe wesensbestimmend ist. So ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen in einem umfassenden, d. h. insbesondere auch vorbeugenden Sinne durchgängiges Prinzip der Kinder- und Jugendhilfe und gilt für alle Leistungen und Angebote. 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die Arbeit der Jugendämter in Deutschland maßgeblich von der finanziellen Situation der Kommunen beeinflusst wird? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Die Ausführung der bundesgesetzlichen Grundlagen für die Arbeit der Jugendämter im SGB VIII und damit auch die Finanzierungsverantwortung für die Umsetzung der darin geregelten Aufgaben obliegt gemäß Artikel 83 des Grundgesetzes den Ländern und wird dort als Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung wahrgenommen. Der Bundesgesetzgeber sichert mit dem SGB VIII einen verbindlichen Rahmen für Kinder- und Jugendhilfe. So gewährleistet das SGB VIII explizit Rechtsansprüche auf bedarfsgerechte Hilfen und verpflichtet den öffentlichen Träger der Jugendhilfe zur Vorhaltung von Angeboten sowie zur Durchführung von Maßnahmen . Dies wurde auch in der Gesetzesbegründung zur Einführung des SGB VIII besonders deutlich benannt, dort heißt es z. B.: „Die Auswahl der einzelnen Hilfeart hat sich ausschließlich an pädagogischen Gesichtspunkten, insbesondere dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall, zu orientieren.“ (Bundestagsdrucksache 11/5948, S. 67). Innerhalb dieses bundesgesetzlichen Rahmens sind die Kommunen frei in der Umsetzung und Ausgestaltung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe (Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes). 5. Hat die Bundesregierung einen Überblick über die finanzielle Situation im Bereich des Allgemeinen Sozialen Dienstes in den einzelnen Kommunen, oder ergreift die Bundesregierung ggf. Maßnahmen, um einen Überblick über die finanzielle Situation und damit ggf. Kenntnis über finanzielle Notstände im Allgemeinen Sozialen Dienst in den einzelnen Kommunen zu erhalten ? Wenn nicht, warum nicht? Einen Überblick über die finanziellen Aufwendungen der öffentlichen Gebietskörperschaften zu den Leistungen und Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe gibt die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik. Sie erfasst die Ausgaben und Einnahmen für die Kinder- und Jugendhilfe, auch auf der kommunalen Ebene. Die dokumentierte Höhe der Ausgaben gibt rückblickend Auskunft über das Volumen der finanziellen Ressourcen, die örtlich für Aufgaben der Kinder- und Ju- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5217 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode gendhilfe aufgewendet wurden. Eine Bewertung, inwieweit die Höhe dieser Ausgaben bedarfsangemessen ist, ist auf Grundlage dieser Statistik nicht möglich. Darüber hinaus geht aus diesen Daten nicht hervor, welche finanziellen Mittel den Allgemeinen Sozialen Diensten zur Verfügung gestellt werden und in welcher Weise eine Steuerung der Ausgaben erfolgt. 6. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass im Fall finanzieller Notstände einer Kommune die Leistungen und andere Aufgaben, die nicht durch einen Rechtsanspruch hinterlegt sind, aber oftmals Leistungen im Bereich der Prävention darstellen, den Betroffenen deshalb nicht angeboten werden können? 7. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, dass den Jugendämtern in Deutschland je nach Region unterschiedliche finanzielle Kapazitäten zur Verfügung stehen und die Gewährleistung der Hilfeleistungen für Kinder und Jugendliche demnach abhängig von ihrem Wohnort sind? Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Abhängigkeit vom Wohnort? 8. Wie schätzt die Bundesregierung die unterschiedlichen Kassenlagen und deren Auswirkungen auf die Gewährleistung der Hilfeleistungen für Kinder und Jugendliche ein? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 6, 7 und 8 gemeinsam beantwortet . Grundsätzlich gilt: Die Ausstattung von Behörden zur Ausführung von Bundesgesetzen obliegt den Ländern bzw. Kommunen, soweit Landesbehörden oder kommunale Behörden zuständig sind. Regionalanalysen der Kinder- und Jugendhilfestatistik zeigen, dass erhebliche Unterschiede hinsichtlich der finanziellen Aufwendungen, der vorhandenen Einrichtungen , der Zahl der Hilfen und der Zahl der sonstigen von der Statistik erfassten Maßnahmen zwischen den Zuständigkeitsbezirken der Jugendämter bestehen . Diese hängen nur teilweise mit den vorhandenen Daten über sozialstrukturelle Unterschiede der jeweiligen Bevölkerung zusammen, was darauf hindeutet , dass Jugendämter die bundesgesetzlichen Vorgaben in unterschiedlicher Weise umsetzen (vgl. Mühlmann, T./Müller, S.: So nah und doch so fern – Möglichkeiten und Grenzen kommunaler Datenauswertungen. In: KomDat Jugendhilfe , Heft 1/2018, S. 31-35). Insgesamt reicht der empirische Forschungsstand jedoch zu einer Bewertung der vorliegenden Unterschiede und deren Ursachen nicht aus. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wird am 6. November 2018 einen breiten Beteiligungsprozess zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe mit relevanten Akteuren aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe, der Behindertenhilfe, den Ländern und Kommunen starten. In den Prozess sollen auch Erfahrungen von Beteiligten und Betroffenen mit der Kinder- und Jugendhilfe und der Familiengerichtsbarkeit einbezogen werden. Daneben sollen aber auch die Fachkräfte in den Jugendämtern, bei freien Trägern, Pflegeeltern und die in den Familiengerichten beteiligten Professionen eingebunden werden. Ihre Erfahrungen sollen wissenschaftlich ausgewertet werden und in den Prozess mit Blick auf systemische und strukturelle Veränderungsbedarfe einfließen . Auf der Grundlage der Ergebnisse dieses Beteiligungsprozesses wird das BMFSFJ weitere notwendige Schritte und Verbesserungen prüfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5217 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Studie „Berufliche Realität im ASD“ (2018), die zeigen, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen im Allgemeinen Sozialen Dienst negative Auswirkungen auf die sozialpädagogische Arbeit der Mitarbeiter haben? Im Hinblick auf die Ergebnisse der Studie zur personellen Ausstattung des ASD wird auf die Antwort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3011 verwiesen. Die Studie enthält weitere Befunde zu strukturellen Rahmenbedingungen zur Arbeit im ASD, wie der Ausstattung von Arbeitsplätzen, der Einarbeitung neuer Mitarbeiter/-innen oder der Personalfluktuation. Insgesamt deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass in einigen Jugendämtern strukturelle Defizite bestehen . Diese Befunde lassen sich jedoch nicht verallgemeinern. Grundlage der Studie ist zwar eine hinsichtlich der regionalen Verteilung repräsentative, insgesamt aber nur kleine Befragung von Fachkräften des ASD. 10. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf, den Bürokratieaufwand, der sich für Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialen Dienst laut der Studie „Berufliche Realität im ASD“ (2018) mit der Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes (BKiSchG) im Jahr 2012 erhöht hat, zu verringern und somit die zeitliche Kapazität für die Arbeit mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen sowie beteiligten Personen positiv zu verändern? Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, und welche Maßnahmen wurden bereits eingeleitet bzw. umgesetzt? Die Studie ist keine geeignete Grundlage, um die Verteilung der Arbeitszeit im ASD valide einzuschätzen und darauf aufbauend zu bewerten. So ist die im Rahmen der Studie erfolgte Darstellung, dass 63 Prozent der Arbeitszeit des ASD- Personals für die Dokumentation und 37 Prozent für den Klientenkontakt genutzt werde, methodisch nicht nachvollziehbar dargelegt. Das verwendete Erhebungsinstrument erfasst zwar von jeder befragten Person eine Selbsteinschätzung zum prozentualen Anteil der täglichen Arbeitszeit für „Klientenkontakt“ sowie „Dokumentation “, allerdings werden andere Aufgaben wie beispielsweise Fallbesprechungen , Sozialraumarbeit und ähnliches nicht erfragt. Wie aus diesen Angaben ein Gesamtwert ermittelt wurde, der in der Summe genau 100 Prozent ergibt, wird nicht beschrieben. Auch der in der Studie enthaltene Verweis, dass der Evaluationsbericht der Bundesregierung zum Bundeskinderschutzgesetz sowie der Ergebnisbericht zu den wissenschaftlichen Grundlagen für die Evaluation den Befund enthielten, dass eine „Verschiebung der Zeitkapazitäten der ASD-Fachkräfte zulasten der Adressatinnen in Richtung mehr Dokumentation“ stattgefunden habe, ist nicht nachvollziehbar. Eine entsprechende Aussage ist in diesen Berichten nicht enthalten. 11. Welches Potential sieht die Bundesregierung in der Digitalisierung von Arbeitsprozessen , um den Arbeitsalltag von Mitarbeitern im Allgemeinen Sozialen Dienst zu verbessern, und welche Arbeitsprozesse wären das? 12. Welche Maßnahmen werden derzeit geplant, und welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen, um die Chancen der Digitalisierung dafür zu nutzen, die Arbeitsabläufe im Bereich Verwaltung und Dokumentation in den Jugendämtern effizienter und damit für die Mitarbeiter weniger zeit- und arbeitsintensiv zu gestalten? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5217 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Hat die Bundesregierung Kenntnis über den aktuellen Status der digitalen Transformation von Arbeitsabläufen, Verwaltungs- und Dokumentationsverfahren im Allgemeinen Sozialen Dienst? Wenn ja, bewertet die Bundesregierung die aktuelle Arbeitsweise im Allgemeinen Sozialen Dienst als zeitgemäß, effizient und angemessen für die Bedürfnisse der Klienten und Mitarbeiter? Wenn nein, warum nicht, und wie bewertet sie die Unkenntnis über die Arbeitsweise im Allgemeinen Sozialen Dienst? 14. Was verzögert nach Kenntnis der Bundesregierung die digitale Transformation von Arbeitsabläufen sowie Verwaltungs- und Dokumentationsverfahren im Allgemeinen Sozialen Dienst? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 11 bis 14 und 16 bis 19 zusammen beantwortet. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung im Allgemeinen wie auch der Jugendämter im Besonderen ist ein notwendiger Fortschritts- und Weiterentwicklungsprozess . Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen im Jugendamt bietet zweifelsohne Chancen, aber es sind auch zahlreiche Risiken – nicht zuletzt auch Kostenrisiken – damit verbunden. Für den sozialen Sektor und hier auch für die Kinder- und Jugendhilfe gibt es zahlreiche verschiedene Anbieter entsprechender Softwarelösungen. Die empirische Datenbasis zur digitalen Transformation bzw. zur Digitalisierung von Arbeitsprozessen in Jugendämtern ist wenig belastbar. Auch gibt es kein systematisch aufbereitetes Wissen über den Einsatz digitaler Lösungen im Jugendamt . Es liegen nur sporadische Erkenntnisse vor. So ist der in der vorliegenden Anfrage zitierten ASD-Studie der Hochschule Koblenz zu entnehmen, dass fast alle der dort Befragten über einen PC verfügen. Weitaus seltener sind Diensthandys verbreitet. Das Wissen über Digitalisierungsprozesse in Jugendämtern speist sich daher insbesondere aus in der Regel nicht veröffentlichten Erfahrungsberichten aus Jugendämtern . Hiernach ist die Situation in den Jugendämtern äußerst unterschiedlich . Unter anderem ist Erfahrungsberichten von Jugendämtern Folgendes zu entnehmen : Vielfach scheinen individuelle Softwarelösungen für einzelne Jugendämter eingesetzt zu werden, die über einen unterschiedlichen Funktionsumfang verfügen . Zwar wären auf der einen Seite übergreifende Lösungen für die Jugendämter prinzipiell wünschenswert, auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen , dass die Aufgabenprofile der ASD sich ebenso wie die interne Organisation der Jugendämter stark unterscheiden, so dass mitunter für die lokalen Gegebenheiten vor Ort individuelle Lösungen gefunden werden müssen. Für ASD-Mitarbeiter ist es von zentraler Bedeutung, dass technische Hilfsmittel im Rahmen der eigenen fachlichen Tätigkeit leicht bedienbar sind. Einige Erfahrungsberichte deuten aber auf Beispiele hin, in denen im Gegenteil die Software aufgrund unpraktikabler Vorgaben Einfluss auf die Praxis nimmt oder in denen die Software schlecht zur Fachpraxis passt. Teilweise werden aufgrund nicht funktionaler Software auch parallel Papierakten geführt, um eine Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Erfahrungsberichten ist ebenfalls zu entnehmen, dass für ASD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere für den Außendienst leicht bedienbare und vernetzte Tablet-Computer hilfreich wären, um mobil Informationen eingeben Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/5217 und abrufen zu können, aber auch für beispielsweise Terminplanungen. Immer wieder gewünscht wird außerdem eine gut funktionierende Spracherkennungssoftware für die Falldokumentation. Nach aktuellem Diskussions- und Wissensstand ist ein Softwareeinsatz bzw. sind Änderungen beim Softwareeinsatz – beispielsweise ein Wechsel der Fachsoftware – wichtige und aufwändige Organisationsentwicklungsprozesse. Die Planung und Bereitstellung von Software, die den Anforderungen der Arbeitserleichterung genügt, ist darüber hinaus auch eine ausgesprochen anspruchsvolle Aufgabe . Das heißt, die technische Ausstattung respektive entsprechende Veränderungen sollten immer in entsprechende Organisationsentwicklungsprozesse eingebettet sein. Beispielsweise muss technischer Support schnell verfügbar sein. Auch sollten neue Softwarelösungen es ermöglichen, Aufgaben innerhalb der Organisation effizienter zu verteilen. Notwendig erscheinen auch explizite Aus- und Fortbildung zur korrekten und gleichzeitig zeitsparenden Dokumentation, da diese teilweise unnötig ausführlich ausfallen. Ein wichtiges Ziel jeglicher technischen Weiterentwicklung und damit verbundener Organisationsentwicklungsprozesse sollte es sein, dass sozialpädagogische Fachkräfte ihre Arbeitszeit möglichst ausschließlich für solche Tätigkeiten einsetzen können, die ihrer Qualifikation entsprechen. Vor diesem Hintergrund sollten Digitalisierungsprozesse Synergien schaffen, beispielsweise: Ein Vorteil von in diesem Sinne funktionaler Software bestünde beispielsweise in der Vermeidung von Doppelerfassungen und dass gleiche Daten zu verschiedenen Zwecken nicht mehrfach eingegeben werden müssten. Zu den Vorteilen einer adäquaten Fachsoftware sowie effektiven Digitalisierungsprozessen gehört aber auch die Ermöglichung einer fachlich adäquaten Dokumentation ohne einfache Schreibarbeiten oder die Lösung technischer Probleme schlecht funktionierender Software. Häufig wünschen sich ASD- Fachkräfte daher weniger Veränderungen bei der eingesetzten Technik, sondern vielmehr die Schaffung zusätzlicher Stellen für Verwaltungsfachkräfte, die sie bei diesen Aufgaben unterstützen. 15. Wie schätzt die Bundesregierung den Einsatz digitaler Lösungen für eine vernetzte und effizientere Verwaltungsstruktur im Allgemeinen Sozialen Dienst ein, um die Dauer für Fallübergaben zu verkürzen, die bei einem Wohnortwechsel der leiblichen Eltern von vom Jugendamt betreuten Kindern und Jugendlichen durch den Wechsel der Zuständigkeit des verantwortlichen Jugendamtes bis zu mehreren Monaten andauern kann? Die bei einem Zuständigkeitswechsel erforderliche Fallübergabe birgt grundsätzlich Risiken für die Kontinuität des Hilfe- bzw. Schutzprozesses. Insbesondere im Kontext einer Kindeswohlgefährdung gilt es - im Sinne eines fortdauernden Schutzauftrags - zu verhindern, dass vorhandene Informationen über die Gefährdungssituation eines Kindes oder Jugendlichen verloren gehen und deshalb ein rechtzeitiges und wirkungsvolles Tätigwerden zum Schutz des Kindes oder Jugendlichen unterbleibt. Entscheidende Voraussetzung für eine gelingende Übergabe (das Gesetz spricht von „qualifizierter“ Übergabe) sind möglichst (bundes)einheitliche Verfahrensschritte – hierzu hat der Bundesgesetzgeber zum einen insbesondere mit den §§ 8a Absatz 5, 86c SGB VIII bundesrechtliche Vorgaben gemacht. Die Bundes- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5217 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode arbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAGLJÄ) und die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) haben hierzu konkretisierende Empfehlungen entwickelt (BAGLJÄ/ AGJ „Handlungsempfehlungen zum Bundeskinderschutzgesetz -Orientierungsrahmen und erste Hinweise zur Umsetzung“ Juni 2012). Wichtig für eine gelingende Übergabe ist u.a. eine hinreichende Dokumentation – es soll aber vermieden werden, dass Informationen ausschließlich schriftlich übermittelt werden und dabei wesentliche Informationsbestandteile verloren gehen oder zwischen den Fachkräften eventuelle Missverständnisse bei der Rezeption der schriftlichen Informationen entstehen. Daher hat der Bundesgesetzgeber mit dem Bundeskinderschutzgesetz eine „qualifizierte Fallübergabe“ in § 8a Absatz 5 SGB VIII verankert, die ein Gespräch zwischen den Fachkräften und im Regelfall mit der Familie fordert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 11 bis 14 und 16 bis 19 verwiesen . 16. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob Fallakten im Jugendamt digitalisiert oder in Papierform verwaltet werden? Wenn ja, wie lauten diese Kenntnisse, und wie bewertet die Bundesregierung die Situation? 17. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der Austausch von Informationen und Fallakten digital oder postalisch erfolgt? Wenn ja, welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung vor, und wie bewertet sie die Situation? 18. In welchen Bundesländern existieren nach Kenntnis der Bundesregierung standardisierte IT-Arbeitsplätze für die Mitarbeiter von Behörden und Verwaltung im Allgemeinen und im Speziellen für die Mitarbeiter in den Jugendämtern , wie sie in verschiedenen Landesregierungen im Laufe der vergangenen Jahre für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden und Verwaltung mit dem Ziel, diese Standards in der Praxis umzusetzen, definiert wurden? 19. Wie genau stellt sich die Bundesregierung einen technisch ausreichend ausgestatteten Arbeitsplatz eines Mitarbeiters im Jugendamt vor, und welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Einhaltung dieser Ausstattung als Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung der täglichen Arbeit bei (bitte die technischen Geräte einzeln auflisten)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 11 bis 14 und 16 bis 19 verwiesen. 20. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsetzung der Standards für IT-Arbeitsplätze von Behörden und Verwaltung im Allgemeinen und von Jugendämtern im Speziellen kontrolliert? Wenn ja, in welchen Bundesländern, und zu welchen Ergebnissen kommen diese Kontrollen, d. h., wie oft werden Standards eingehalten, wie oft werden sie nicht eingehalten, und wie beurteilt die Bundesregierung die Situation? Die Jugendämter unterliegen der Rechtsaufsicht der durch Landesrecht bestimmten Aufsichtsbehörden. Darüber hinaus bestehen verschiedene Instrumente kommunaler Aufsicht. Die Aufgabenwahrnehmung liegt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und ist einer bundesbehördlichen Aufsicht nicht zugänglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333