Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 16. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5226 19. Wahlperiode 19.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuela Rottmann, Luise Amtsberg, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/4713 – Whistleblowing als Beitrag zur Rechtsdurchsetzung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Wenn Verstöße gegen Recht und Gesetz in Unternehmen, Behörden und anderen Institutionen deswegen jahrelang ungeahndet bleiben, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Beamte sich nicht trauen, ihr Wissen darüber weiterzugeben aus Angst vor Konsequenzen, schwächt das den Rechtsstaat. Es nützt denjenigen, die ihre Machtstellung ausnutzen, um Rechtsbrüche zu begehen . Es schadet ihren ehrlichen Mitbewerbern. Es schadet aber auch den betroffenen Institutionen und Unternehmen, denn die wirtschaftlichen Folgen eines jahrelangen, viel zu spät bekannt gewordenen Fehlverhaltens gehen zu Lasten von Öffentlichkeit, Umwelt, Mitbewerbern oder Verbrauchern und sind oft existenzbedrohend. Ein guter Schutz von Hinweisgebern stärkt das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland. Er gibt auch Unternehmen und Behörden Rechtssicherheit im Umgang mit internen Hinweisen. Menschen, die sich dafür einsetzen, Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die dem öffentlichen Interesse und dem Allgemeinwohl dienen, müssen dabei unterstützt und vor Strafverfolgung und dienst- oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Kündigung geschützt werden. Whistleblowing als Beitrag zur Rechtsdurchsetzung (Transparenzhinweis: Die Überschrift ist Titel der Schrift von Simona Kreis, Whistleblowing als Beitrag zur Rechtsdurchsetzung . Das öffentliche Informationsinteresse im Arbeitsrecht – Beiträge zum Arbeitsrecht 3, 2017) bedarf wirksamer gesetzlicher Regulierung. Skandale wie der CumEx-Steuerbetrug und massenweise Abgasmanipulation bei Diesel-PKW wären längst aufgeklärt oder hätte es vermutlich so nicht gegeben , wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Angst vor Jobverlust, ohne Angst vor existenzvernichtender Schadensersatzfolge oder gar Strafverfolgung zunächst betriebs- oder behördenintern (bei tatsächlich funktionierendem Compliance -System), dann gegenüber zuständigen (anderen) Behörden und notfalls öffentlich über diesen Betrug hätten informieren können. Der Gammelfleischskandal oder Missstände im Pflegebereich, abenteuerliche Steuervermeidungskonstruktionen in Luxemburg oder der NSA-Überwachungs- und Geheim- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5226 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode dienstskandal wären ohne Hinweise nicht aufgedeckt worden. Eine Altenpflegerin , die Missstände aufdeckte, musste bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen, um ihr Recht zu bekommen. Aus dieser Entscheidung aus dem Jahr 2011 hat der Gesetzgeber bis heute keine Konsequenzen gezogen. Gleichwohl enthält der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages nicht einmal mehr einen Prüfauftrag zum Hinweisgeberschutz. Dabei mangelt es nicht an Ideen, an Regulierungsentwürfen , es fehlt allein am nötigen Handlungswillen von Bundesregierung und sie tragender CDU/CSU/SPD-Koalition. Dies wird sich nun ändern müssen, weil die Europäische Kommission am 23. April 2018 einen – noch zu verhandelnden – Richtlinienvorschlag zum Schutze von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (COM(2018)218 final: Ratsdok. 8713/18), vorgelegt hat. Die Bundesregierung hat begrüßt, dass der Hinweisgeberschutz durch die Vorschläge der EU-Kommission gestärkt werden soll (Bundestagsdrucksache 19/3546, Antwort zu Frage 1). Wer ein Interesse am Zusammenhalt und der Entwicklung der Demokratie in Europa hat, muss dieses Vorhaben der EU-Kommission unterstützen. Gerade dort, wo junge Demokratien in Europa gegen Korruption und Vetternwirtschaft zwischen Politik und großen, oft staatsnahen Unternehmen kämpfen, brauchen die Menschen einen europäischen Schutzstandard für Hinweisgeber. Wir erwarten daher von der Bundesregierung, dass sie sich dafür einsetzen wird, der Zivilgesellschaft in der EU diesen wichtigen Schutz so schnell wie möglich zu gewähren. Die spätere Umsetzung einer solchen Richtlinie in nationales Recht wird sich angesichts der Verflechtung von nationalem Recht und EU-Recht schon rein tatsächlich nicht auf den Schutz von Personen, die Verstöße gegen EU-Recht melden, beschränken lassen, sondern eines konsistenten allgemeinen Gesetzes zum Schutze von Hinweisgerberinnen und Hinweisgebern in Deutschland bedürfen . Bis auf unzureichende punktuelle Reaktionen in § 8 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes (PKGrG – 2016) sowie auf EU-Vorgaben in § 4d des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (2016), in § 3b des Börsengesetzes (2017) und 2018 im Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (Bundesratsdrucksache 382/18) sind Koalition und Bundesregierung bisher untätig geblieben. Im Entwurf des Geschäftsgeheimnisgesetzes macht die Bundesregierung das Whistleblowing entgegen der umzusetzenden diesbezüglichen Richtlinie (RL (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung) von einer Ausnahme zu einem bloßen Rechtfertigungsgrund und bleibt der ideologischen Fehlvorstellung verhaftet, für die Frage, ob Whistleblowing berechtigt ist, komme es auf die Motivation der Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber (und nicht allein auf den Gegenstand der Informationsweitergabe) an. Die bisherigen sektoral begrenzten und sehr unterschiedlichen Regelungen (§ 612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 17 des Arbeitsschutzgesetzes, § 84 des Betriebsverfassungsgesetzes, § 13 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes , § 25a Absatz 1 Satz 6 Nummer 3 des Kreditwesengesetzes, § 4d des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes , § 3b des Börsengesetzes, § 53 Absatz 5 des Geldwäschegesetzes, § 7 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, § 8 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes, Artikel 77 der Datenschutz-Grundverordnung) reichen nicht aus. Der Rechtsprechung ist es deswegen nicht gelungen, einen hinreichend klaren und einheitlichen Schutz zugunsten von Whistleblowern zu schaffen. Eine Regelung z. B. im Finanzmarktrecht nützt dem, der hinreichend geschützt intern oder extern auf Missstände in anderen Bereichen, etwa in der Pflege, im Gesundheitswesen, in Be- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5226 hörden und anderen Unternehmen (aktuell etwa: KFZ-Hersteller in Sachen Abgasmanipulation ) hinweisen wollte, gar nichts. Die bestehende unbillige rechtliche Schieflage zeigt auch folgendes Beispiel: Wer chemische Stoffe in Gewässer ableitet, wird wegen Gewässerverunreinigung nach § 324 des Strafgesetzbuchs (StGB) bestraft. Keine Beachtung findet hingegen der Umstand, dass diejenige Insiderin oder derjenige Insider, die oder der diese Straftat publik gemacht hat, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sowie mit Schadenersatzforderungen seitens des betreffenden Unternehmens rechnen muss. Gleiches gilt für Beschäftigte, die z. B. organisierte Schwarzarbeit, das Unterlaufen von Mindestlöhnen und Sozialversicherungsbeiträgen aufdecken. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Verhandlungen zu dem Richtlinienvorschlag der Kommission zum Schutze von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Ratsdok.-Nr. 8713/18- im Folgenden Richtlinienvorschlag) stehen noch am Anfang. Im September 2018 konnte in der zuständigen Arbeitsgruppe des Rates der EU ein erster Durchgang abgeschlossen werden. Die Kommission hat hier die vorgeschlagenen Regelungen erläutert, durch Nachfragen der Mitgliedstaaten konnte der Inhalt des sehr komplexen Vorschlags weiter geklärt werden. Auf der Grundlage dieser Erläuterungen wird derzeit die Meinungsbildung in der Bundesregierung fortgeführt . Die Diskussionen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Hinsichtlich der Ausführungen der Fragesteller in der Einleitung ist klarzustellen, dass hinweisgebende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits nach der aktuellen deutschen Rechtslage nicht schutzlos sind. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den zuständigen Behörden tatsächliche oder vermeintliche Gesetzesverstöße melden, werden durch die allgemeinen kündigungsrechtlichen Vorschriften (§ 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –, § 1 des Kündigungsschutzgesetzes – KSchG –), das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) und durch die verfassungsrechtlichen Vorschriften (Artikel 2 Absatz 1 GG allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 GG Rechtsstaatsprinzip, Artikel 5 GG Meinungsfreiheit) in Verbindung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts geschützt. Auch die von den Fragestellern erwähnte Entscheidung des EGMR vom 21. Juli 2011 – 28274/08 muss von den deutschen Gerichten berücksichtigt werden und fließt damit in diese Rechtsprechung ein. Dementsprechend sind Hinweisgeber, die Gewässerverunreinigung , organisierte Schwarzarbeit usw. melden, nicht schutzlos gegenüber arbeitsrechtlichen Konsequenzen bzw. Schadensersatzforderungen seitens des Arbeitgebers . 1. Unterstützt die Bundesregierung den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zum Schutze von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Ratsdok.-Nr.: 8713/18)? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung begrüßt das mit dem Richtlinienvorschlag verfolgte Ziel, den Hinweisgeberschutz in der gesamten Union zu verbessern und so die Durchsetzung des EU-Rechts zu fördern. Damit dieses Ziel auch erreicht wird, bedürfen allerdings zahlreiche Punkte des Vorschlags noch weiterer Klärung und Aussprache . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5226 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie wird die Bundesregierung die EU-Kommission dabei unterstützen, das Gesetzgebungsverfahren noch innerhalb dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments abzuschließen? Die Bundesregierung begleitet die Behandlung des Richtlinienvorschlags in der zuständigen Arbeitsgruppe des Rates der EU konstruktiv. 3. Hält die Bundesregierung ein allgemeines Gesetz zum Hinweisgeberschutz in Deutschland für erforderlich, und wenn nein, warum nicht? Derzeit konzentriert sich die Bundesregierung auf die Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen bleiben abzuwarten. 4. Warum hat sich die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen dazu entschieden, Whisteleblowing in § 5 Ziffer 2 von einer nach der EU-Richtlinie 2016/943 vorgegebenen Ausnahme zu einem bloßen Rechtfertigungsgrund herabzustufen? Die Einordnung als Rechtfertigungsgrund entspricht nach Ansicht der Bundesregierung am besten dem Gedanken der Wahrnehmung berechtigter Interessen. Eine Herabstufung oder Schlechterstellung von Whistleblowern ist hiermit nicht verbunden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser Rechtfertigungsgrund auch auf einschlägige Regelungen zum Geheimnisschutz in anderen Rechtsgebieten ausstrahlen kann und eine umfassende Interessenbewertung ermöglicht. 5. Ist nach Einschätzung der Bundesregierung ein allgemeines Gesetz zum Hinweisgeberschutz zugleich ein ausreichender Beitrag, Unternehmen und Behörden in ihrem eigenen Interesse an Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Produktsicherheit, Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Mitarbeitermotivation und guter Reputation zu vielfach fehlenden effektiven internen Hinweisgebersystemen und damit einhergehender Fehlerkultur zu bewegen, und wenn nicht, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Sieht die Bundesregierung die bisherige Rechtsprechung zum Hinweisgeberschutz im Bereich des Arbeitsrechts als ausreichenden Schutz an, und wenn ja, warum, und wenn nein, welche gesetzlichen Veränderungen gedenkt sie wann vorzunehmen? Zu geltenden Rechtslage wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Im Übrigen bleiben die Ergebnisse der Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag abzuwarten. 7. Wie können Hinweisgeber nach Kenntnis und Einschätzung der Bundesregierung durch internes oder externes Melden von erheblichen Rechtsverstößen und Missständen zur Rechtsdurchsetzung und zu ordnungsgemäßer öffentlicher Verwaltung beitragen und so das Gemeinwohl schützen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5226 8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ausführungen von Koalitionsvertretern in der Plenardebatte 2014/2015, wonach Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber eine Zivilcourage an den Tag legten, die nicht hoch genug gelobt und anerkannt werden könne, sie ein hohes Risiko eingingen und für das hohe Gut der Gerechtigkeit gar ihren Ruf und ihre Existenz aufs Spiel setzten, diesen Menschen auch im Namen der CDU/CSU-Fraktion großer Respekt auszusprechen sei, es keinen Automatismus geben dürfe nach dem Motto „Jeder Hinweisgeber ist ein Verräter, ein Denunziant oder ein Nestbeschmutzer“ und Hinweisgeber die Chance auf Transparenz, die Chance auf kostbare Hinweise eröffneten (7. November 2014 Plenarprotokoll 18/64, S. 6020 Abgeordneter Wilfried Oellers, S. 6026 Abgeordneter Alexander Hoffmann, 18. Juni 2015 Plenarprotokoll 18/112, S. 10822 Abgeordneter Wilfried Oellers)? Hinweisgeber können Informationen in einer Vielzahl von Fallgestaltungen und aus unterschiedlichen Motiven weitergeben. Eine pauschale Bewertung dieses Handelns ist daher nicht möglich. 9. Hält die Bundesregierung ein gesetzliches innerbetriebliches Melderecht für Arbeitnehmer in Fällen für erforderlich, bei denen im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit rechtliche, d. h. gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Pflichten verletzt werden oder eine solche Verletzung droht, und wenn nein, warum nicht? 10. Hält die Bundesregierung im Falle erfolgloser innerbetrieblicher Meldung (Frage 9) ein gesetzliches Melderecht gegenüber einer zuständigen außerbetrieblichen Stelle in Fällen für erforderlich, bei denen im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben , die körperliche Unversehrtheit, die Gesundheit, das Persönlichkeitsrecht , die Freiheit der Person, die Stabilität des Finanzsystems oder die Umwelt droht oder im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eine erhebliche Straftat begangen worden ist oder eine solche droht, und wenn nein, warum nicht? 11. Sollten nach Auffassung der Bundesregierung Arbeitnehmer das gesetzliche Recht haben, sich in Fällen der Frage 10 unmittelbar an die Öffentlichkeit zu wenden, wenn das öffentliche Interesse am Bekanntwerden der Information das betriebliche Interesse an deren Geheimhaltung erheblich überwiegt und dabei ein solches überwiegendes öffentliches Interesse insbesondere gegeben ist, wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte annimmt, dass im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Gesundheit , das Persönlichkeitsrecht, die Freiheit der Person, die Stabilität des Finanzsystems, die Umwelt oder die Begehung von erheblichen Straftaten droht, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 9 bis 11 werden zusammen beantwortet. Diese Fragen sind Gegenstand der Beratung des Richtlinienvorschlags. Die Meinungsbildung in der Bundesregierung hierzu ist noch nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5226 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Teilt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates (Bundesratsdrucksache 173/18 Ziff. 13 ff.), wonach im Beamtenrecht ein hinreichender Hinweisgeberschutz bereits bestehe, und wenn ja, warum, und wenn nein, welche Veränderungen gedenkt sie wann vorzunehmen? 13. Hält die Bundesregierung eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht im öffentlichen Dienst über Meldungen bei Verdacht einer Korruptionsstraftat nach §§ 331 bis 337 StGB und der Jederfrau-Pflicht bzw. Jedermann- Pflicht zur Anzeige der Katalogstraftaten des § 138 StGB hinaus für erforderlich , wenn im Zusammenhang mit der behördlichen Tätigkeit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Gesundheit, das Persönlichkeitsrecht, die Freiheit der Person, die Stabilität des Finanzsystems, die Umwelt oder die Begehung von erheblichen anderen Straftaten droht, und wenn nein, warum nicht? 14. Hält die Bundesregierung im Zusammenhang eines allgemeinen Gesetzes zum Hinweisgeberschutz eine gesetzliche Regelung für erforderlich, nach der sich Beamtinnen und Beamte zuerst an ihre Vorgesetzten oder eine dafür vorgesehene innerdienstliche Stelle zu wenden haben, wenn sie bei oder bei Gelegenheit ihrer dienstlichen Tätigkeit einen nach ihrer Auffassung durch konkrete Anhaltspunkte begründeten Verdacht gewonnen haben, dass eine Angehörige oder ein Angehöriger einer Behörde oder Dienststelle im Zusammenhang mit der behördlichen Tätigkeit eine erhebliche Straftat begangen hat, erhebliche Straftaten Dritter wissentlich in Kauf genommen hat oder im Zusammenhang mit der behördlichen Tätigkeit eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Gesundheit, das Persönlichkeitsrecht, die Freiheit der Person, die Stabilität des Finanzsystems oder die Umwelt droht, und wenn nein, warum nicht? 15. Hält die Bundesregierung im Zusammenhang eines allgemeinen Gesetzes zum Hinweisgeberschutz eine gesetzliche Regelung für erforderlich, nach der Beamtinnen und Beamte das Recht haben, sich unmittelbar an die Öffentlichkeit zu wenden, wenn das öffentliche Interesse am Bekanntwerden der Information das behördliche Interesse an deren Geheimhaltung erheblich überwiegt und ein solches überwiegendes öffentliches Interesse insbesondere gegeben ist, wenn Beamtinnen und Beamte bei oder bei Gelegenheit ihrer dienstlichen Tätigkeit einen nach ihrer Auffassung durch konkrete Anhaltspunkte begründeten Verdacht gewonnen haben, dass durch oder infolge rechtswidriger dienstlicher Handlungen oder Unterlassungen eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, die Gesundheit, das Persönlichkeitsrecht , die Freiheit der Person, die Stabilität des Finanzsystems oder die Umwelt oder die Begehung von erheblichen Straftaten droht und nach ihrer Auffassung konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei einem Vorgehen entsprechend Frage 14 keine oder keine rechtzeitige Abhilfe zu erwarten ist, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 12 bis 15 werden zusammen beantwortet. Die Meinungsbildung der Bundesregierung zu diesen Fragen ist noch nicht abgeschlossen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/5226 16. Hält die Bundesregierung im Zusammenhang eines allgemeinen Gesetzes zum Hinweisgeberschutz eine Reform des Begriffes des Staatsgeheimnisses in § 93 StGB, wie sie auf Bundestagsdrucksache 18/10036 zu Ziffer II.1 wegen der im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes) problematischen Weite der Staatsgeheimnisdefinition vorgeschlagen ist, für erforderlich, und wenn nein, warum nicht? Unter Ziffer II. 1 des in Frage 16 zitierten Antrags wird zum einen vorgeschlagen, sich vom überkommenen Begriff des materiellen Staatsgeheimnisses zu lösen und in den Begriff des Staatsgeheimnisses in § 93 Absatz 1 StGB formelle Kriterien aufzunehmen. Eine derartige Umgestaltung des Staatsgeheimnisbegriffes hält die Bundesregierung nicht für erforderlich. Der in § 93 Absatz 1 StGB zugrundeliegende Begriff des materiellen Staatsgeheimnisses hat sich bewährt und sollte nicht durch Aufnahme formeller Kriterien verändert werden. Die Qualifikation als Staatsgeheimnis ergibt sich – entsprechend dem Schutzzeck der Vorschrift – aus der Bedeutsamkeit des in Frage stehenden Sachverhalts für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und nicht daraus, ob der Vorgang als geheimhaltungspflichtig deklariert wurde. Die Vorschrift ist zudem durch die Rechtsprechung der Strafgerichte hinreichend präzisiert worden. Auch für die unter Ziffer II. 1 des zitierten Antrags vorgeschlagene Erweiterung des Begriffs des illegalen Staatsgeheimnisses in § 93 Absatz 2 StGB besteht kein Bedürfnis. Nach der gesetzlichen Grundentscheidung in § 93 Absatz 2 StGB sind nicht bereits einfache Rechtsverstöße vom Begriff des Staatsgeheimnisses ausgeschlossen , sondern lediglich Verstöße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen zwischenstaatlich vereinbarte Rüstungsbeschränkungen . Diese hohen Hürden rechtfertigen sich daraus, dass die Illegalität derartiger Geheimnisse zum Tatbestandsausschluss führt und die Offenbarung derartiger Geheimnisse damit – abgesehen von den engen Ausnahmen der §§ 97a und 97b StGB – straflos gestellt wird. Es sollte sorgfältig überlegt werden, ob bereits einfache Rechtsverstößen – mögen diese auch in im Antrag aufgeführten schweren Straftaten liegen – dem Anwendungsbereich der §§ 93 ff. StGB entzogen werden sollten, ohne dass eine Abwägung zwischen dem auf die äußere Sicherheit ausgerichteten Geheimhaltungsinteresse auf der einen Seite und dem Offenbarungsinteresse auf der anderen Seite möglich ist. Soweit es um die Preisgabe von Geheimnissen geht, die nicht unter den Begriff des illegalen Geheimnisses fallen, ist es bereits nach derzeitigem Recht möglich, den Schutz von Staatsgeheimnissen mit gegenläufigen Interessen abzuwägen. Dies kann auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen, z. B. auf Tatbestandsebene, etwa weil der Mitteilungsempfänger zur Entgegennahme des Staatsgeheimnisses befugt ist oder weil das nach einzelnen Tatbeständen erforderliche Merkmal der Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit nicht besteht. Darüber hinaus kommen – wenn auch in engen Grenzen – Rechtfertigungs-, Entschuldigungs- und Strafausschließungsgründe in Betracht (vgl. dazu Schmidt im Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage, § 93 Rn 26 ff.). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5226 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Hält die Bundesregierung im Zusammenhang eines allgemeinen Gesetzes zum Hinweisgeberschutz eine Ergänzung des StGB für erforderlich, nach der wie auf Bundestagsdrucksache 18/10036 zu Ziffer II.5 vorgeschlagen das Offenbaren eines Geheimnisses unter bestimmten strengen Voraussetzungen befugt ist, und wenn nein, warum nicht? Das bisherige strafrechtliche Gefüge in Bezug auf den Schutz von Geheimnissen und Dienstgeheimnissen hat sich bewährt und es wird derzeit kein Anlass gesehen , zusätzliche Befugnis- oder Rechtfertigungsgründe zu schaffen. Ob der Richtlinienvorschlag zum Hinweisgeberschutz in diesem Bereich Gesetzesänderungen notwendig macht, kann erst nach dem Abschluss der Beratungen hierzu abgeschätzt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333