Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5243 19. Wahlperiode 24.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kay Gottschalk und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4780 – Auswirkungen des Negativzinses auf die private und betriebliche Altersvorsorge V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 30. Juli 2018 titelte „ZEIT ONLINE“: „Negativzinsen belasten Rentenversicherungen und Sozialkassen“ (www.zeit.de/news/2018-07/30/negativzinsenbelasten -rentenversicherung-und-sozialkassen-180730-99-354998). Im Klartext geht es darum, dass die „Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank“ Rentenversicherungen und andere Sozialkassen belaste. Anstatt Zinsen auf Anlagen zu bekommen, müssen diese aufgrund des niedrigen bis negativen Zinses sogar bezahlt werden. „So wies die Gesetzliche Rentenversicherung für 2017 negative Vermögenswerte von 49 Millionen Euro aus“ (www.zeit.de/news/2018-07/ 30/negativzinsen-belasten-rentenversicherung-und-sozialkassen-180730-99- 354998). In „SPIEGEL ONLINE“ war am 6. Juni 2018 ein Artikel mit der Überschrift „Der langsame Zerfall der privaten Altersversorge“ zu lesen (www. spiegel.de/wirtschaft/service/generali-verkauft-lebensversicherungen-der-zerfallder -privaten-altersvorsorge-a-1216920.html). In dem Artikel ist die Rede davon, dass der italienische Versicherer Generali den deutschen Ableger mit rund 4 Millionen Lebensversicherungskunden verkauft. Der Grund hierfür wird mit den niedrigen Zinsen angegeben. Weiter heißt es: „34 von 84 Lebensversicherern stehen bereits unter „intensivierter Aufsicht“ der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), von den 137 Pensionskassen rund ein Drittel (www.spiegel.de/wirtschaft/service/generali-verkauft-lebensversicherungen-derzerfall -der-privaten-altersvorsorge-a-1216920.html). Etliche Versicherer haben deshalb entschieden, künftig keine klassischen Lebensversicherungen mehr anzubieten . Stattdessen haben sie nach Ansicht der Fragesteller allerlei neue Produkte erfunden, die chancenreicher für die Kunden sein sollen, die aber eben auch riskanter sind – und vor allem oft noch intransparenter. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5243 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie bewertet die Bundesregierung das aktuelle Zinsumfeld vor allem mit Blick auf den deutschen Sparer und auf die Auswirkungen für die Versicherungen und Sozialkassen? Was sagt die Bundesregierung zum Zerfall der privaten und betrieblichen Altersvorsorge? Infolge des Niedrigzinsumfelds können in der privaten und betrieblichen Altersversorgung derzeit nicht die Renditen früherer Jahre erreicht werden. In der Sozialversicherung werden die Ausgaben eines Kalenderjahres hingegen durch die Einnahmen desselben Kalenderjahres gedeckt (Umlageverfahren). Die bei den Versicherungsträgern eingehenden Beiträge werden also sogleich für die Finanzierung der Ausgaben verwendet, d. h. die eingezahlten Beiträge werden unmittelbar zur Finanzierung der Leistungsberechtigten herangezogen und an diese wieder ausbezahlt. Niedrigzinsphasen sind für Sozialversicherungsträger weniger schwierig. Im System des Umlageverfahrens können Sozialversicherungsträger allerdings in bestimmtem Umfang Rücklagen bilden, die dem Ausgleich möglicher Einnahmeschwankungen dienen. Diese Rücklagen können überwiegend nur kurzfristig angelegt werden. Zudem ist die Anlagesicherheit von größter Bedeutung. Beispielsweise erfolgt die Geldanlage durch die Träger der allgemeinen Rentenversicherung aus Sicherheitsgründen gestreut auf verschiedene Geldinstitute und unterschiedliche Sicherungssysteme. In dem derzeit schwierigen Marktumfeld für entsprechende Anlagen können die Renditen früher Jahre derzeit nicht erreicht und unter Umständen auch Negativzinsen nicht immer vermieden werden. Insbesondere für die benötigten kurzfristigen liquiditätsnahen Anlagen und Sichtguthaben bieten die Geldinstitute zurzeit im Wesentlichen nur negative Zinsen. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt die kapitalgedeckte zusätzliche Altersvorsorge – auch in der derzeitigen Niedrigzinsphase – als zweite und dritte Säule unserer Alterssicherung unverzichtbar. Altersvorsorge ist ein sehr langfristiger Prozess. Gerade weil die systembedingten Vor- und Nachteile von umlagefinanzierter und kapitalgedeckter Vorsorge im Zeitverlauf jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt sein können, ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ein ausgewogener Mix die beste Strategie. An dieser grundlegenden Erkenntnis ändert auch das aktuell niedrige Zinsumfeld nichts. Anzeichen für einen „Zerfall der privaten und betrieblichen Altersvorsorge“ sieht die Bundesregierung nicht. Die entsprechenden Verbreitungszahlen befinden sich seit einigen Jahren auf einem konstanten Niveau. 2. Hat die Bundesregierung konkrete Notfallpläne, sollte sich das Zinsumfeld weiter negativ entwickeln oder auf diesem Niveau verharren? Das Niedrigzinsumfeld stellt alle Finanzmarktteilnehmer vor Herausforderungen. Das ist vor allem im Bereich der Lebensversicherung der Fall. Die Bundesregierung hat entschlossen gehandelt, damit die Versicherten auch im anhaltenden Niedrigzinsumfeld die garantierten Leistungen zuverlässig erhalten. Insbesondere wurde im Jahr 2011 die Zinszusatzreserve eingeführt und im Jahr 2014 mit dem Lebensversicherungsreformgesetz die Regulierung umfassend an die Erfordernisse im Niedrigzinsumfeld angepasst. Die Evaluierung des Lebensversicherungsreformgesetzes hat gezeigt, dass sich die getroffenen Maßnahmen überwiegend bewährt haben, um das System der Lebensversicherung langfristig auf eine stabile Grundlage zu stellen. Auch als Reaktion auf das aktuelle Niedrigzinsum- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5243 feld ist dem Evaluierungsbericht ein Eckpunktepapier mit Vorschlägen für weitere Anpassungen der Regulierung beigefügt (www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Downloads/Finanzmarktpolitik/2018-06-28_Evaluierungsberichtzum -Lebensversicherungsreformgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=1). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat ihre Aufsicht auf die Herausforderungen durch das Niedrigzinsumfeld ausgerichtet. 3. Welche konkreten Punkte müssen erfüllt sein, damit die BaFin einem Verkauf , wie beispielsweise bei Generali Deutschland zustimmt? Wie viele solcher Verkäufe wurden in den letzten fünf Jahren zugestimmt, und wie viele wurden abgelehnt (bitte tabellarisch mit Name der Versicherung , mit dem Volumen, mit dem Jahr und mit den möglichen Gründen einer Zustimmung oder Ablehnung auflisten)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf den Erwerb eines Lebensversicherungsunternehmens oder einer Pensionskasse durch eine sogenannte Run-Off-Plattform bezieht. Es gab bislang acht solcher Fälle des Erwerbs eines Versicherungsunternehmens oder einer Pensionskasse. In der folgenden Tabelle sind für jeden einzelnen Fall das Jahr des Erwerbs, der damalige Name des erworbenen Unternehmens, die heutige Firmierung sowie die Bilanzsumme angegeben: Die Inhaberkontrollverfahren zu den beiden letzten Fällen sind abgeschlossen, der Erwerb ist aber noch nicht vollzogen. In den letzten fünf Jahren wurde kein Erwerb untersagt. Möchte eine Run-Off-Plattform ein Lebensversicherungsunternehmen oder eine Pensionskasse (ganz oder teilweise) erwerben, wird ein aufsichtsrechtliches Inhaberkontrollverfahren durchgeführt. Ziel des Verfahrens ist insbesondere der Schutz der Versicherungsnehmer und der versicherten Personen. Zu den näheren Anforderungen an die Durchführung der Transaktion wird verwiesen auf das Jahr erworbenes Unternehmen firmiert jetzt als Bilanzsumme in Millionen Euro 2014 Heidelberger Lebensversicherung AG Heidelberger Lebensversiche-rung AG 7.947 2014 Skandia Lebensversicherung AG  Skandia Lebensversicherung AG 3.506 2015 Delta Lloyd Lebensversicherung AG Athora Lebensversicherung AG 4.433 2015 Delta Lloyd Pensionskasse AG Athora Pensionskasse AG 37 2016 - - - 2017 Arag Lebensversicherungs-AG  Frankfurt Münchener Lebens-versicherung AG 2.990 2017 Protektor Lebensversicherungs-AG/Salvamus Lebensversicherung AG  Entis Lebensversicherung AG 1.884 2018 Pro bAV Pensionskasse AG offen 3.222 2018 Prudentia Pensionskasse AG offen 1.639 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5243 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Merkblatt der BaFin (www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/ Merkblatt/mb_151123_inhaberkontrolle.html) und (www.bafin.de/SharedDocs/ Veroeffentlichungen/DE/Pressemitteilung/2018/pm_180705_generali.html). Der Lebensversicherer bzw. die Pensionskasse unterliegt auch nach dem Erwerb weiterhin vollständig der Versicherungsaufsicht. 4. Würde die Bundesregierung die betriebliche Altersvorsorge und private Altersvorsorge im Worst-Case-Szenario retten und stabilisieren oder unter Inkaufnahme von Massenaltersarmut den Euro der Nullzinspolitik retten? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333