Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 17. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5259 19. Wahlperiode 24.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bettina Stark-Watzinger, Alexander Müller, Dr. Stefan Ruppert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/4587 – Ultranet-Trasse in Hessen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die vorhandenen Netzengpässe (www.iwd.de/artikel/teure-engpaesse-im-stromnetz- 397063/) erfordern einen Ausbau der Übertragungsnetze für Strom. Dabei müssen neben den Kosten auch die Akzeptanz der betroffenen Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden. Ultranet ist eine geplante Hochspannungs-Gleichstrom -Übertragungsleitung. Strom soll über eine Strecke von etwa 340 Kilometern transportiert werden und die Stromversorgung in Süddeutschland sicherstellen . Dabei durchquert die geplante Trasse u. a. hessische Regionen. Federführend ist die Amprion GmbH als zuständiger Übertragungsnetzbetreiber (www.amprion.net/Netzausbau/Aktuelle-Projekte/Ultranet/). Insbesondere im Rheingau-Taunus und im Main-Taunus-Kreis wächst Widerstand gegen die Planung (vgl. www.faz.net/aktuell/rhein-main/widerstand-gegen-ultranet-trasseder -bundesnetzagentur-15754706.html). 1. Wie ist es aus Sicht der Bundesregierung zu rechtfertigen, dass Gleichstrom- Hochspannungs-Leitungen in Deutschland grundsätzlich in Erdverkabelung ausgeführt werden sollen, die Ultranet-Leitung (Vorhaben Nummer 2 der Bundesfachplanung) jedoch oberirdisch verlegt werden soll? Ob und inwieweit eine Höchstspannungsleitung als Erdkabel errichtet oder geändert werden kann, richtet sich nach den Regelungen des Bundesbedarfsplangesetzes . Hierin ist der Einsatz von Erdkabeln nur für diejenigen Gleichstrom-Vorhaben vorgesehen, welche in der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz mit „E“ gekennzeichnet sind. Dies ist bei Vorhaben Nummer 2 der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesbegründung bei diesem Vorhaben ganz bewusst von einer entsprechenden Kennzeichnung abgesehen, „um das bereits fortgeschrittene Genehmigungsverfahren nicht zu verzögern und zügig Erfahrungen mit der Hybridtechnologie zu sammeln (…). Eine Verkabelung würde dem Ziel der Erprobung der Hybridtechnologie entgegenstehen und wäre auch aus netzbetrieblichen Gründen problema- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5259 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode tisch. Letzteres gilt, da vorgesehen ist, dass die Stromkreise im Falle der Nichtverfügbarkeit des Gleichstrombetriebs (z.B. Errichtungsphase; Ausfall eines Konverters) auch mit Drehstrom betrieben werden sollen. Eine solche Möglichkeit würde bei Erdverkabelung nicht mehr bestehen, da die Erdkabelsysteme für Dreh- und Gleichstrom nicht umgekehrt nutzbar sind“ (Bundestagsdrucksache 18/6909). 2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die für die Verwendung von Ultranet geplante Alttrasse sehr dicht an bestehender Wohnbebauung verläuft und an einigen Stellen einen Abstand von weniger als 20 Meter zu Wohnräumen hat? Falls dies der Bundesregierung nicht bekannt war und sie dies durch Nachprüfung feststellen wird, hat dies Auswirkungen auf die weitere Bundesfachplanung ? Der Umstand, dass die von der Vorhabenträgerin zur Umsetzung des Vorhabens vorgesehene Bestandstrasse in der Nähe von Wohnbebauung verläuft und teilweise Wohngebäude auch überspannt, ist bekannt. 3. Wie beurteilt die Bundesregierung den Bau der Ultranet-Trasse mit Blick auf die Belastung der Menschen durch elektromagnetische Strahlung? Liegen der Bundesregierung hierzu Studien vor, die eventuelle gesundheitliche Schäden infolge gleichzeitigen Betriebs von Wechsel- und Gleichstrom in Hochspannung untersucht haben? Kann die Bundesregierung eine gesundheitliche Gefährdung der Anwohner gesichert ausschließen? Das Vorhaben Nummer 2 stellt wie alle Hybridleitungen aus Sicht des Strahlenschutzes keine außergewöhnliche Expositionssituation dar. Auch hier müssen die Grenzwerte der Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV selbst bei höchster Anlagenauslastung eingehalten werden, wobei Immissionsbeiträge benachbarter Stromanlagen zu berücksichtigen sind. In der Literaturdatenbank „EMF-Portal“ (www.emf-portal.org/de) sind mehr als 1000 Studien zu den Wirkungen von Gleich- und Wechselfeldern aufgeführt. Da die Untersuchungen zu Wirkungen von Wechselfeldern üblicherweise unter Erdmagnetfeldbedingungen durchgeführt wurden, spiegeln diese Untersuchungen auch Aspekte der in der Nähe von Hybridleitungen zu erwartenden Expositionssituationen wider. Basierend auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand können daher Gesundheitswirkungen ausgeschlossen werden, sofern die Grenzwerte eingehalten werden. Bei Durchführung der Planungs- und Genehmigungsverfahren achtet die Bundesnetzagentur ganz gezielt darauf, dass eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch das in Rede stehende Vorhaben ausgeschlossen ist. Ohne diesen Nachweis , der insbesondere auf die Einhaltung der geltenden Grenzwerte abzielt, ist das Vorhaben nicht genehmigungsfähig. Die Grenzwerte sind so festgelegt, dass nachgewiesene gesundheitsrelevante Wirkungen sicher vermieden werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5259 4. Wie beurteilt die Bundesregierung den Bau der Ultranet-Trasse mit Blick auf die Belastung der Menschen durch Lärm (Dauerbrummen, Knistern)? Liegen der Bundesregierung hierzu Studien vor, die Lärmauswirkungen infolge gleichzeitigen Betriebs von Wechsel- und Gleichstrom in Hochspannung untersucht haben? Kann die Bundesregierung eine gesundheitliche Gefährdung der Anwohner gesichert ausschließen? Die grundlegenden Anforderungen an den Lärmschutz von immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen sind in den §§ 22 ff. des Bundes -Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) festgelegt. Konkretisiert werden diese gesetzlichen Anforderungen durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Die Anforderungen der TA Lärm gelten unabhängig von spezifischen technischen Merkmalen von Hochspannungsleitungen. Die rechtliche Beurteilung von Geräuschimmissionen im Sinne der TA Lärm knüpft üblicherweise bereits an der Frage des Vorhandenseins „erheblicher Belästigungen“ an. Sie kommt damit zu Grenzziehungen, die unterhalb der Schwelle anzunehmender Gesundheitsgefahren liegen. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Wie beurteilt die Bundesregierung im Zusammenhang mit den vorhergehenden Fragen die Tatsache, dass für den Neubau von Trassen ein Mindestabstand von 400 Metern zu Wohnbebauung vorgesehen ist (www.hessen.de/ presse/pressemitteilung/landesentwicklungsplan-geaendert-0), dies bei der Bestandstrasse jedoch nicht gilt und deshalb auch keine Verschwenkung der Trasse geplant ist? Haben die 400 Meter Mindestabstand aus Sicht der Bundesregierung außer dem Schutz der Anwohner noch einen anderen Grund? Falls nein, warum bekommen die Anwohner der Bestandstrasse diesen Schutz nicht zugestanden? Soweit die Frage die im Landesentwicklungsplan Hessen 2000 enthaltenen zielförmigen Vorgaben zur Einhaltung von Mindestabständen für Höchstspannungsfreileitungen betrifft, ist für die Beantwortung der Plangeber, die Hessische Landesregierung , zuständig. Die im Bundesbedarfsplangesetz bei Neubau von Höchstspannungsleitungen in bestimmten Fällen vorgesehenen Abstände dienen dem Schutz des Wohnumfeldes , aber nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Sie gelten nur für die in der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz als Vorhaben mit Erdverkabelung gekennzeichneten Vorhaben. Im Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . 6. Sind die Abstandsvorgaben des hessischen Landesentwicklungsplans nach Auffassung der Bundesregierung für die Planung von Ultranet-Trassen verbindlich ? Die Bundesnetzagentur befindet sich derzeit mit der hessischen Landesregierung in Gesprächen, inwieweit die Abstandsvorgaben des kürzlich in Kraft getretenen Landesentwicklungsplans auch für die Planung von Vorhaben Nummer 2 der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz gelten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5259 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Vermögen Abstände von 200 Metern bzw. 400 Metern zwischen Trasse und Bebauung nach Ansicht der Bundesregierung einen Beitrag zum Gesundheitsschutz zu leisten? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zum Schutz vor den nachgewiesenen Gesundheitswirkungen elektrischer und magnetischer Felder ist die Einhaltung der in der Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte ausschlaggebend. Darüber hinaus legt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetischer Felder (26. BImSchVVwV) Anforderungen an Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen bei der Errichtung und wesentlichen Änderung fest, um die von der jeweiligen Anlage ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder nach dem Stand der Technik unter Berücksichtigung von Gegebenheiten im Einwirkungsbereich der Anlagen zu minimieren. Dies kann im Wesentlichen durch technische Maßnahmen, aber auch durch Vergrößerung von Abständen erreicht werden. Eine Minimierung entspricht den Grundsätzen des Strahlenschutzes und trägt dem Vorsorgegedanken bezüglicher wissenschaftlicher Unsicherheiten möglicherweise existenter, bislang aber noch unerkannter oder noch nicht nachgewiesene Risiken Rechnung. 8. Weshalb liegen die von der Bundesregierung finanzierten Bürgerbüros in Hessen mit den Standorten Kassel und Fulda ausschließlich dort, wo zumindest derzeit keine größeren räumlichen Konflikte im Zusammenhang mit Trassenbau erkennbar sind? Aus welchen Erwägungen heraus hat die Bundesregierung entlang des hessischen Ultranet-Trassenabschnitts auf ein entsprechendes Angebot und die Einrichtung solcher Bürgerbüros verzichtet? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Frage auf die Initiative Bürgerdialog Stromnetz abstellt. Die Bürgerbüros der Initiative Bürgerdialog Stromnetz wurden im Jahr 2015 an Orten eingerichtet, die aus damaliger Perspektive einen potenziell besonders großen Dialog- und Informationsbedarf entwickeln konnten. Da nicht alle vom Netzausbau betroffenen Regionen über feste Bürgerbüros erschlossen werden können, deckt die Initiative Bürgerdialog Stromnetz Regionen außerhalb der unmittelbaren Einzugsgebiete der Bürgerbüros mit einem Dialogmobil ab und führt auch in diesen Regionen Dialogveranstaltungen durch. Der Bürgerdialog Stromnetz war mit dem Dialogmobil und mit Dialogveranstaltungen auch entlang des hessischen Ultranet-Trassen-Abschnitts mit einem umfassenden Informations- und Dialogangebot vor Ort präsent. 9. Hat die hessische Landesregierung im Rahmen der Beteiligung öffentlicher Stellen durch die Bundesfachplanung bzw. Bundesnetzagentur zur Unterschreitung der 200 m- bzw. 400 m-Mindestabstandsgrenze Stellung genommen , einen besseren Schutz der Anwohner verlangt oder Einwände im Rahmen der Planung vorgebracht? Dies ist der Fall. In der entsprechenden Stellungnahme wird verlangt, alle in das Verfahren eingebrachten Vorschläge konstruktiv und lösungsorientiert zu prüfen und sämtliche dem Gesundheitsschutz dienenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5259 10. Hat die hessische Landesregierung sich in den Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die in Hessen verlaufende Ultranet-Trasse für eine Erdverkabelung, wie dies auf Drängen der bayerischen Landesregierung bei Gleichstromleitungen in Bayern geschieht (www.energieatlas.bayern.de/thema_energie/stromnetz/uebertragung/ gleichstromleitungen.html), eingesetzt? Wenn ja, warum ist eine Erdverkabelung nicht berücksichtigt worden? Die hessische Landesregierung hat sich mit Schreiben vom 15. September 2014 an die Bundesregierung gewandt, um im Zuge der avisierten EnLAG-Novellierung auch eine entsprechende Änderung im Bundesbedarfsplangesetz anzuregen. Begründet wurde diese Anregung damit, dass bei einer Öffnung der Verkabelungsmöglichkeiten auch für Leitungen in bestehender Trasse das Kriterium der Abstandsregelung zur Wohnbebauung Gültigkeit erlangen würde, was wiederrum eine spürbar höhere Akzeptanz für die jeweilige Infrastrukturmaßnahme erzielen könne. Dem Gedanken des NOVA-Prinzips folgend, wird die Umsetzung des Vorhabens Nummer 2 in erheblichem Umfang aus bestehenden, bereits zugelassenen oder in Planfeststellungsverfahren befindlichen Freileitungen mitgeführt. Die Nutzung der bestehenden Masten in gleichzeitiger Führung von Gleich- und Drehstrom (Hy-bridführung) erfordert voraussichtlich nur sehr geringe bautechnische Maßnahmen . Diese Technologie weist daher „eine deutlich geringere Eingriffsintensität auf als die Errichtung neuer Erdkabel- oder Freileitungstrassen“ und stellt daher einen „wichtigen Baustein des zukünftigen Netzausbaus in Deutschland“ dar (Bundestagsdrucksache 18/6909). Im Übrigen wird auf die Beantwortung zur Frage 1 verwiesen. 11. Ist es aus Sicht der Bundesregierung aufgrund des fehlenden „E“ in der Bundesfachplanung („E“ steht für durchgängige Erdverkabelung) rein rechtlich ausgeschlossen, dass kleinräumige Umgehungsleitungen in Erdverkabelung durchgeführt werden können? Aufgrund der fehlenden Kennzeichnung mit „E“ in der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz – nicht in der Bundesfachplanung – ist eine Erdverkabelung beim Vorhaben Nummer 2 der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz nicht vorgesehen . 12. Ist es richtig, dass die Bundesnetzagentur im Rahmen der Bundesfachplanung für das Vorhaben Nummer 2 nach eigener Aussage eine linksrheinische Alternativtrasse nicht ernsthaft geprüft hat, weil aus Sicht der Bundesnetzagentur der Gesetzgeber seine Absicht ausgedrückt habe, die Ultranet-Trasse müsse auf der bestehenden Drehstromleitung aufgelegt werden? War dies tatsächlich die Absicht der Bundesregierung? Falls ja, wie ist dies mit dem eigentlichen Auftrag der Bundesfachplanung vereinbar? Falls nein, ist der Bundesregierung bekannt, dass die Bundesnetzagentur diese Auffassung öffentlich vertritt? Wenn ja, macht die Bundesnetzagentur damit aus Sicht der Bundesregierung das ganze Vorhaben juristisch angreifbar? Die Bundesregierung einschließlich der Bundesnetzagentur hat eine derartige Aussage nicht getätigt. Im Rahmen der Bundesfachplanung für das Vorhaben Nummer 2 der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz hat sie der Vorhabenträge- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5259 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rin ausdrücklich die Prüfung eines linksrheinischen Alternativ-Trassenkorridors in den jeweiligen Festlegungen des Untersuchungsrahmens für die jeweiligen Abschnitte aufgegeben. Die in der Frage enthaltenen Ausführungen können daher so nicht bestätigt werden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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