Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 25. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5348 19. Wahlperiode 29.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten René Springer, Lars Herrmann, Dr. Christian Wirth und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4507 – Überprüfung von Asylentscheidungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r „Mehr als 99 Prozent der BAMF-Entscheidungen ohne Beanstandung“, so betitelt die „ZEIT ONLINE“ am 20. August 2018 einen Bericht über die Prüfung von Asylentscheidungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im ersten Halbjahr 2018. Nach den Erkenntnissen von „ZEIT ONLINE“, die sich auf eine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat beruft, seien im ersten Halbjahr 2018 43 000 Prüfverfahren abgeschlossen worden. Dabei hätten nur 0,7 Prozent (307) Prüfverfahren dazu geführt, dass Geflüchteten der bereits gewährte Schutzstatus wieder entzogen wurde. In dem Bericht heißt es weiter, dass 33 213 Identitätsdokumente von den Ausländerbehörden dem BAMF „nachträglich “ zur Überprüfung übersandt wurden. In 211 Fällen seien Fälschungen entdeckt worden und 219 Dokumente befänden sich noch in Prüfung. „ZEIT ONLINE“ zitiert die Abgeordnete Ulla Jelpke so, dass die geringe Zahl von widerrufenen bzw. zurückgenommenen Entscheidungen sowie entdeckten Dokumentenfälschungen ein Beleg dafür sei, dass es beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine Sicherheitsmängel gebe bzw. gegeben habe (www.zeit.de/gesellschaft/2018-08/bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlingebleiberecht -asylentscheidungen-ueberpruefung). Eine Pflicht zur Mitwirkung – wie im Asylverfahren – besteht für die Betroffenen im Rahmen des Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahrens nicht. Eine Mitwirkungspflicht soll nach Vorstellung der Bundesregierung zukünftig im Gesetz verankert werden (www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/gesetztestexte/ gesetztesentwuerfe/entwurf-aenderung-asylgesetz.pdf?__blob=publicationFile& v=1; Bundesratsdrucksache 381/18). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5348 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viele Prüfverfahren (Vorprüfung zur Klärung der Frage, ob ein Widerrufs -bzw. Rücknahmeverfahren eingeleitet wird) wurden in den Jahren 2014 bis 2018 (für 2018 zum Stichtag 31. Juli) abgeschlossen (bitte nach Jahren getrennt aufführen und zwischen Regelüberprüfungen bzw. vorgezogenen Regelüberprüfungen unterscheiden)? 2. In wie vielen Prüfverfahren der Jahre 2014 bis 2018 (bitte nach Jahren getrennt aufführen, für 2018 zum Stichtag 31. Juli) lagen nach Prüfung des Sachverhalts die Voraussetzungen für die Einleitung eines Aufhebungsverfahrens (Widerruf bzw. Rücknahme) vor? Die Fragen 1 und 2 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Antwort kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Jahr Anzahl abgeschlossener Prüfverfahren (Vorprüfung zur Klärung der Frage, ob ein Wider-rufs-/Rücknahmeverfahren eingeleitet wird) davon lagen nach Prüfung des Sachverhalts die Voraussetzungen für die Einleitung eines Aufhebungsverfahrens (Widerruf/Rücknahme ) vor 2014 15.946 750 2015 9.900 333 2016 2.334 535 2017 2.694 643 2018 (bis 31.07.2018) 49.768 1.544 Vorgezogene Regelüberprüfungen gibt es erst seit August 2017. Im Zeitraum vom 1. August 2017 bis 31. Juli 2018 wurden 10 708 Prüfverfahren abgeschlossen , davon 242 mit der Entscheidung, dass ein Widerrufsverfahren durchgeführt wird. Planmäßige Regelüberprüfungen werden als solche erst seit Januar 2018 statistisch erfasst. Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Juli 2018 wurden in dieser Gruppe 28 869 Prüfverfahren abgeschlossen, davon 244 mit der Entscheidung, dass ein Widerrufsverfahren durchgeführt wird. 3. Was waren in den Jahren 2014 bis 2018 (bitte nach Jahren getrennt aufführen , für 2018 zum Stichtag 31. Juli) jeweils die Gründe für die Einleitung eines Aufhebungsverfahrens (Widerruf bzw. Rücknahme)? Eine Aussage hierzu ist nicht möglich. Entscheidungsgründe werden statistisch nicht erfasst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5348 4. Wie lange dauert durchschnittlich ein Aufhebungsverfahren (Widerruf bzw. Rücknahme) bis zur Rechts- bzw. Bestandskraft? Daten über die Dauer von Widerrufsverfahren bis zur Bestands-/Rechtskraft werden statistisch nicht erhoben. Die durchschnittliche Dauer bis zu einer Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über ein Widerrufsverfahren kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Durchschnittliche Dauer in Monaten Verfahrensdauer Widerrufe: 2014 4,7 2015 5,2 2016 5,3 2017 5,4 2018 (bis 31.07.2018) 3,1 5. Wie viele Aufhebungsverfahren wurden in den Jahren 2014 bis 2018 – mit welchem Ergebnis – rechts- bzw. bestandskräftig beendet (bitte nach Jahren getrennt angeben, für 2018 zum Stichtag 31. Juli)? Daten über bestands-/rechtskräftige Widerrufsverfahren werden statistisch nicht erhoben. Angaben über BAMF-Entscheidungen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Jahr ENTSCHEIDUNGEN über Widerrufsprüfverfahren gesamt Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/Rücknahme Abschiebungsverbot kein Widerruf /keine Rücknahme 2014 16.061 357 257 44 110 15.293 2015 9.894 140 101 28 34 9.591 2016 2.207 83 157 38 117 1.812 2017 2.527 61 214 34 112 2106 2018 (bis 31.07.) 48.768 9 224 63 88 48.384 6. Wie viele Asylentscheidungen der Jahre 2014 bis 2018 (für 2018 zum Stichtag 31. Juli) wurden auf Basis des schriftlichen (vereinfachten) Verfahrens nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes (AsylG) getroffen, d. h. ohne persönliche Anhörung entsprechend § 25 AsylG der Asylantragsteller (bitte nach Jahren getrennt angeben, für 2018 zum Stichtag 31. Juli)? Schriftliche Verfahren gab es nur in den Jahren 2015 und 2016. Die Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Jahr Anzahl schriftl. Verfahren 2015 105.947 2016 142.873 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5348 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie viele Asylentscheidungen im Sinne der Frage 6 wurden in den Jahren 2014 bis 2018 (für 2018 zum Stichtag 31. Juli) getroffen, ohne dass von den Asylantragstellern einer Überprüfung zugängliche Identitätspapiere (z. B. Reisepass oder Personalausweis) im Original vorgelegt wurden? Diese Daten werden statistisch nicht erhoben. 8. Wie viele Asylentscheidungen im Sinne der Frage 6 wurden in den Jahren 2014 bis 2018 (für 2018 zum Stichtag 31. Juli) getroffen, in denen einer Überprüfung zugängliche Identitätspapiere (z. B. Reisepass oder Personalausweis ) im Original vorgelegt, aber das Ergebnis der physikalisch-technischen Untersuchung (PTU) vor Zustellung des Bescheides nicht abgewartet wurde (bitte nach Jahren getrennt angeben)? Diese Daten werden statistisch nicht erhoben. 9. In wie vielen Fällen im Sinne der Frage 8 wurden im Rahmen der PTU Hinweise auf Manipulationen bzw. (Total-)Fälschungen festgestellt? Eine separate Auswertung der Dokumentenprüfungen nur für die schriftlichen Verfahren ist nicht möglich. 10. Wie viele Mitarbeiter (bitte Angaben in VZÄ – Vollzeitäquivalenten) waren in den Jahren 2015 bis 2018 (bitte nach Jahren getrennt angeben; 2018: bis zum Stichtag 31. August) im BAMF in der urkundenfachlichen Prüfung eingesetzt ? Bundesweit sind mit Stand zum 27. September 2018 im BAMF 143,7 Vollzeitäquivalente in der urkundenfachlichen Prüfung eingesetzt. Rückwirkende Zahlen liegen nicht vor. 11. Wie wurden die mit der Urkundenprüfung im BAMF beauftragten Mitarbeiter für diesen Auftrag qualifiziert bzw. geschult (bitte Qualifizierungs- bzw. Schulungsmaßnahmen nach Dauer und Inhalt benennen)? Die Dokumentenprüfung beim BAMF erfolgt in drei Prüfebenen. Die erste Prüfebene bilden die Außenstellen des BAMF. Die Prüfzentren Berlin, Leipzig und Bamberg bilden die zweite Prüfebene. Die Physikalisch-Technische Urkundenuntersuchung (PTU) erfolgt in der BAMF-Zentrale in Nürnberg (Prüfebene 3). Im Jahr 2015 erhielten die mit der Vorprüfung der Dokumente betrauten Mitarbeitenden der Außenstellen (Prüfebene 1) durch Urkundensachverständige eine zweitägige Schulung zur Dokumentenprüfung für die wichtigsten Herkunftsländer . In der Schulung wurden die Grundlagen der für die Untersuchung relevanten Druckarten (z. B. Hochdruck, Flachdruck, Stichtiefdruck) sowie die Merkmale von verschiedenen Bürokopierverfahren (Laserdruck, Tintendruck, Thermodruck ) vermittelt. Ein weiterer Bestandteil der Schulung war die Informationsvermittlung über Identitätsdokumente der jeweiligen Herkunftsstaaten. Relevante Sicherheitsmerkmale der betreffenden Dokumente wurden dargestellt und besprochen . Auch wurden die Mitarbeitenden darin geschult, Fälschungsmerkmale zu erkennen. Auf Grundlage eines mit dem Bundeskriminalamt (BKA) sowie der Bundespolizei (BPol) erarbeiteten Schulungskonzeptes wurde ab Januar 2017 im Ankunftszentrum Leipzig ein Schulungszentrum für Urkundenschulungen eingerichtet (betreffend Prüfebene 1 und 2). Hier wird die flächendeckende kontinuierliche Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5348 Schulung der in der Urkundenprüfung tätigen Mitarbeitenden durch einen Urkundensachverständigen fortgeführt. In einer 4-tägigen Schulung werden den Mitarbeitenden die Grundlagen der Urkundenprüfung vermittelt (Dokumentenmaterial , Drucktechnik, Kopierschutzelemente und Ausstellungstechniken). Des Weiteren bekommen die Mitarbeitenden eine vertiefte Einweisung in die Untersuchungsgerätschaften (Mikroskop, Beleuchtungseinrichtungen, Passscanner). Es werden die Identitätsdokumente der zu prüfenden Staaten in Bezug auf ihre Echtheitsmerkmale sowie deren mögliche Fälschungsmerkmale besprochen. Die Schulung enthält Praxisteile, in deren Rahmen Dokumente geprüft und die Prüfergebnisse erläutert werden. Im Jahr 2019 beginnen die Aufbauschulungen, welche für die folgenden drei Jahre bereits thematisch im Schulungskonzept festgehalten sind. Des Weiteren arbeiten im BAMF fünf Urkundensachverständige (Prüfebene 3), welche eine mehrjährige Ausbildung (bei BKA und BPol) absolviert haben. Weitere Mitarbeiter sind momentan in der Ausbildung zum Urkundensachverständigen , welche unter der Federführung des BKA läuft. 12. Wie viele Strafanzeigen wurden durch das BAMF in den Jahren 2015 bis 2018 (bitte nach Jahren getrennt angeben; 2018: bis zum Stichtag 31. August ) wegen § 267 des Strafgesetzbuchs (StGB – Urkundenfälschung) und § 281 StGB (Missbrauch von Ausweispapieren) nach der PTU gestellt? Das BAMF stellt selbst keine Strafanzeigen wegen Urkundenfälschung oder Missbrauch von Ausweispapieren, sondern meldet im Asylverfahren eingebrachte und beanstandete Dokumente über ein etabliertes Zentralstellenverfahren dem jeweilig zuständigen Landeskriminalamt. Dieses Verfahren wurde im Bericht der Bund-Länder-Projektgruppe „Zuwanderung“ vom 29. November 2016 festgelegt, in der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 12. bis 14. Juni 2017 beschlossen und am 1. August 2017 im BAMF implementiert. 13. Welche Möglichkeiten zur Einleitung bzw. Durchführung eines Aufhebungsverfahrens (Widerruf bzw. Rücknahme) bestehen nach Ansicht der Bundesregierung hinsichtlich positiver Asylentscheidungen, die ohne Vorlage einer Dokumentenprüfung zugänglicher Identitätspapiere sowie persönlicher Anhörung getroffen wurden und bei denen auf Sicht der nächsten Jahre nicht von einer erheblichen und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland – die u. a. eine individuelle Prüfung des Sachverhalts voraussetzen würde – ausgegangen werden kann? Ausländer sind grundsätzlich verpflichtet, den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden ihren Pass oder Passersatz vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen. Ziel der Regelung ist die Feststellung der Identität und Herkunft von Ausländern. Diese setzt in einem ersten Schritt die Überprüfung der Echtheit des Dokuments voraus. Mitwirkungspflichten im Rahmen des Widerrufs-/Rücknahmeverfahrens sind derzeit noch nicht speziell geregelt. Das BAMF hat sich vor diesem Hintergrund entschlossen, Ausländer, bei denen eine Anhörung im Anerkennungsverfahren unterblieben war, zu einem freiwilligen Gespräch einzuladen. Ziel dieser Gespräche ist es neben der Klärung der Identität und Herkunft auch, den Ausländern die Gelegenheit zu eröffnen, für die Prüfenden deutlich zu machen, dass die damalige Entscheidung des BAMF zu Recht ergangen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5348 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Aufgrund der großen Bedeutung der Mitwirkung der Betroffenen bei der Überprüfung ihrer Asylbescheide plant die Bundesregierung, Mitwirkungspflichten auch für die Widerrufs- und Rücknahmeverfahren zu statuieren. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren ist im Gange. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333