Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 25. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5359 19. Wahlperiode 29.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Kurth, Sven Lehmann, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/4903 – Aktuelle Rentenpläne der Bundesregierung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut der Bundesregierung ist das Ziel des jüngsten Rentenpakets der „Erhalt von verlässlichen Rahmenbedingungen in der gesetzlichen Rentenversicherung “ (Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung – RV-Leistungsverbesserungsund Stabilisierungsgesetz –, Kabinettsbeschluss, S. 19). Nach Auffassung der fragenstellenden Fraktion wird der Gesetzentwurf diesem unterstützenswerten Anliegen allerdings in weiten Teilen nicht gerecht. Die von der Koalition vorgesehenen Reformen belasten die gesetzliche Rentenversicherung mit insgesamt mehr als 32 Mrd. Euro bis zum Jahr 2025. Mehr als vier Fünftel davon summieren sich auf die sogenannte Mütterrente II. Bereits im Rahmen der Anhörung zum Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz am 5. Mai 2014 sprach sich die übergroße Mehrheit der Sachverständigen für eine vollständige Steuerfinanzierung der damals eingeführten Mütterrente I aus. Die Kosten für die Verlängerung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder werden mit dem „Rentenpakt“ nun sogar noch einmal deutlich angehoben. Da die rentensystemwidrige Finanzierung dieser Maßnahme nach den Planungen der Bundesregierung nur bis 2025 über zusätzliche Bundesmittel refinanziert werden soll, sinkt das Rentenniveau nach Auffassung der Fragesteller nach diesem Zeitpunkt schneller als nach geltendem Recht. Gleichzeitig sind erheblich beschleunigte Beitragssatzerhöhungen zu erwarten. Einen Beitrag dazu leistet auch die Einführung des sogenannten Übergangsbereiches zwischen geringfügiger und voll sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung , die mit jährlichen Mindereinnahmen in Höhe von 200 Mio. Euro für die Rentenversicherung einhergeht. Angesichts dieser Destabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ nach Auffassung der fragestellenden Fraktion besonders gefordert, unter erschwerten Bedingungen ein tragfähiges Konzept zum langfristigen Erhalt der hohen Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung vorzulegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5359 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung teilt die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage enthaltenen Ausführungen zur „rentensystemwidrigen Finanzierung“ der sogenannten Mütterrente nicht. Für die Finanzierung der Verbesserungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23. Juni 2014, mit dem u. a. auch die Verbesserung bei den Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder – die sogenannte Mütterrente I – beschlossen wurde, ist eine zusätzliche Bundesbeteiligung ab dem Jahr 2019 eingeführt worden, die bis zum Jahr 2022 auf rund 2 Mrd. Euro jährlich aufwachsen wird. Auch nach dem Entwurf eines RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetzes , mit dem eine weitere Verbesserung bei den Kindererziehungszeiten für vor dem Jahr 1992 geborene Kinder zum 1. Januar 2019 eingeführt werden soll, werden die an die Rentenversicherung fließenden Bundesmittel erhöht. Die Finanzierung der in diesem Gesetz vorgesehenen Verbesserungen erfolgt für alle Maßnahmen zusammen und ist bis zum Jahr 2025 sichergestellt. Kerngedanke für die Ausgestaltung der Finanzierung ist die Einhaltung der doppelten Haltelinie für das Rentenniveau und den Beitragssatz bis zum Jahr 2025. Dies wird durch zusätzliche Bundesmittel sichergestellt. Die Belastung der Beitragszahlerinnen und der Beitragszahler beim Rentenversicherungsbeitrag wird bis zum Jahr 2025 auf 20 Prozent begrenzt. Mit der Obergrenze für den Beitragssatz und der Niveauschutzklausel bei der Rentenanpassung wird unter Rückgriff auf Steuermittel eine doppelte Haltelinie festgelegt, mit der die Verlässlichkeit und Stabilität der allgemeinen Rentenversicherung für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sowie für die Rentnerinnen und Rentner gestärkt werden. 1. Wie viele zusätzliche Bundesmittel sind nach Kenntnis der Bundesregierung notwendig, um die im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetzes geplanten einzelnen Maßnahmen zwischen 2026 und 2040 zu finanzieren (bitte maßnahmenspezifische Einzelangaben sowie Gesamtangaben pro Jahr auflisten)? Die nachstehenden Angaben sind dem Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV- Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) entnommen. Die Berechnungen reichen allerdings nicht über das Jahr 2030 hinaus. Eine Ausweisung von maßnahmenspezifischen Einzelangaben ist nicht möglich, da sich die Maßnahmen einerseits gegenseitig beeinflussen und sich andererseits auch auf die Höhe der Rentenanpassung auswirken. Finanzwirkung auf den Bundeshaushalt (+=Belastung,-=Entlastung): Jahr 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Beiträge Kindererziehung 0,25 0,26 0,28 0,28 -0,10 0,30 0,20 0,83 0,63 0,75 0,55 0,78 allg. Bundeszuschuss 0,66 0,68 0,70 0,72 -0,30 0,76 0,50 2,26 1,73 2,09 1,51 2,21 Sonderzahlung 0,00 0,00 0,00 0,50 0,53 0,57 0,58 - - - - - Beitragssatzgarantie 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 4,90 - - - - - Knappschaft. Rentenvers. -0,05 -0,09 -0,12 -0,11 -0,03 -0,05 0,06 -0,03 -0,02 -0,07 -0,03 -0,08 Bundesmittel insgesamt 0,85 0,85 0,85 1,38 0,10 1,58 6,25 3,06 2,34 2,77 2,03 2,91 in Mrd. Euro Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5359 2. Welche Mehrausgaben bzw. Mindereinnahmen für die gesetzliche Rentenversicherung gehen nach Kenntnis der Bundesregierung mit den im Rahmen dieses Gesetzes geplanten einzelnen Maßnahmen zwischen 2026 und 2040 jeweils einher (bitte maßnahmenspezifische Einzelangaben sowie Gesamtangaben pro Jahr auflisten)? Im Entwurf des RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetzes sind die Mehrausgaben bzw. Mindereinnahmen bis zum Jahr 2025 ausgewiesen. Die entsprechenden Werte bis zum Jahr 2030 sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen . Mehrausgaben (Leistungsausweitungen) beziehungsweise Mindereinahmen (Übergangsbereich) in der allgemeinen Rentenversicherung in Milliarden Euro, heutige Werte: Mehrausgaben einschließlich Beitragszuschuss zur Krankenversicherung der Rentner Bezüglich der angefragten Werte nach 2030 wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . 3. Wie würden sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Rentenniveau und der Rentenbeitragssatz in den Jahren zwischen 2026 und 2040 voraussichtlich entwickeln, würden die geplanten Maßnahmen umgesetzt, auf eine Fortführung der „Haltelinien“ aber verzichtet (vgl. Kabinettsbeschluss, S. 26)? Die nachstehenden Angaben sind dem Entwurf des RV-Leistungsverbesserungsund -Stabilisierungsgesetz entnommen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vergleich der Beitragssätze sowie des Sicherungsniveaus in der allgemeinen Rentenversicherung ohne und mit den Maßnahmen dieses Gesetzentwurfs: 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 geltendes Recht Beitragssatz 18,3% 18,3% 18,3% 18,3% 19,4% 19,6% 19,8% 20,1% 20,6% 20,8% 21,2% 21,5% Sicherungsniveau 48,2% 48,4% 48,5% 48,3% 48,5% 48,0% 47,4% 47,0% 46,7% 46,2% 45,7% 45,3% mit Maßnahmen Beitragssatz 18,6% 18,6% 18,6% 18,6% 19,2% 20,0% 20,0% 20,9% 21,2% 21,5% 21,7% 22,2% Sicherungsniveau 48,4% 48,2% 48,1% 48,0% 48,1% 48,0% 48,0% 47,9% 47,1% 46,6% 46,2% 45,9% Jahr 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Kindererziehungszeiten 3,8 3,8 3,8 3,8 3,8 3,8 3,8 3,8 3,7 3,7 3,6 3,5 Zurechnungszeiten 0,1 0,3 0,5 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Übergangsbereich 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 Summe 4,1 4,3 4,5 4,7 4,8 4,9 5,0 5,1 5,1 5,2 5,2 5,2 in Mrd. Euro Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5359 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie wird sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Nachhaltigkeitsrücklage der gesetzlichen Rentenversicherung in den einzelnen kommenden Jahren bis 2025 entwickeln (bitte zudem Zahlen zur Entwicklung der Nachhaltigkeitsrücklage im genannten Zeitraum unter der Annahme einer vollständigen Steuerfinanzierung der Mütterrente II sowie des Übergangsbereiches angeben)? Die Entwicklung der Nachhaltigkeitsrücklage bis zum Jahr 2025 ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Dargestellt ist jeweils der Wert zum 31. Dezember (Rechenstand Gesetzentwurf). Entwicklung der Nachhaltigkeitsrücklage bis zum Jahr 2025 Berechnungen zu einer „vollständigen Steuerfinanzierung der Mütterrente II“ sowie des Übergangsbereichs liegen nicht vor. 5. Inwiefern evaluiert die Bundesregierung vor dem Hintergrund von Frage 4 die Möglichkeit, zumindest einen Teil der Mütterrente II – wie die Mütterrente I – aus Steuermitteln zu finanzieren? Welche Gründe sprechen nach Auffassung der Bundesregierung für eine (teilweise) Steuerfinanzierung, welche dagegen? Bei der Finanzierung der Verbesserungen des RV-Leistungsverbesserungs- und - Stabilisierungsgesetzes wird auf die Einhaltung der Haltelinien abgestellt und nicht auf die konkrete Gegenfinanzierung einzelner Maßnahmen wie z. B. der sogenannten Mütterrente II. Die Finanzierung der in diesem Gesetz vorgesehenen Verbesserungen erfolgt somit für alle Maßnahmen zusammen und ist bis zum Jahr 2025 sichergestellt. Kerngedanke für die Ausgestaltung der Finanzierung ist die Einhaltung der doppelten Haltelinie für das Rentenniveau und den Beitragssatz bis zum Jahr 2025. Dies wird durch zusätzliche Bundesmittel sichergestellt. Die Belastung der Beitragszahlerinnen und der Beitragszahler beim Rentenversicherungsbeitrag wird bis zum Jahr 2025 auf 20 Prozent begrenzt. Im Hinblick auf die Forderung nach einer höheren Steuerfinanzierung der sogenannten Mütterrente II ist schließlich auch zu beachten, dass sich der Bund bereits in erheblichem Umfang an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung beteiligt. Im Jahr 2019 sind dies rund 98 Mrd. Euro gemäß Entwurf zum Haushaltsgesetz 2019. Dies entspricht fast einem Drittel der Gesamtausgaben. Jahr 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 in Mrd. Euro 37,3 34,7 29,8 22,9 12,3 8,0 7,7 5,9 in Monatsausgaben 1,74 1,52 1,25 0,92 0,45 0,26 0,22 0,20 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5359 6. Welche Mehrkosten wären nach Kenntnis der Bundesregierung in den einzelnen Jahren bis 2030 zu erwarten, würde künftig – über die geplanten Maßnahmen des genannten Gesetzentwurfs hinaus – für Mütter und Väter von vor 1992 geborenen Kindern ein zusätzlicher halber Entgeltpunkt bei der Rente anerkannt (Hannoversche Allgemeine Zeitung, 4. September 2018, S. 4, „CSU will Mütterrente ausweiten“), und welche Auswirkungen hätte dies für die Entwicklung des Rentenbeitragssatzes sowie des Rentenniveaus, insofern die „Mütterrente III“ über Mittel der Rentenversicherung finanziert würde? Die Mehrausgaben für eine Verbesserung der rentenrechtlichen Bewertung von Kindererziehungszeiten um einen halben Entgeltpunkt je vor dem Jahr 1992 geborenem Kind sind der Antwort zu Frage 2 zu entnehmen. Eine weitere Ausweitung um einen zusätzlichen halben Entgeltpunkt würde Mehrausgaben in gleicher Höhe verursachen. Berechnungen zu den Auswirkungen auf Beitragssatz und Sicherungsniveau liegen nicht vor. 7. Wie bewertet die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund der aufgrund des Rentenpakets zunehmenden finanziellen Belastungen, die Entschließung der Bundesvertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Bund, zur Sicherung der Liquidität der Rentenversicherung, die Mindestrücklage beispielsweise auf 0,4 Monatsausgaben anzuheben, und wann wird sie ggf. entsprechende Schritte ergreifen? Die Sicherstellung der unterjährigen Liquidität der Rentenversicherung ist von zentraler Bedeutung. Mit den bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen, die sowohl das Vorziehen der Zahlung der Bundesmittel als auch die Leistung einer sogenannten Liquiditätshilfe durch den Bund vorsehen, ist die pünktliche Rentenzahlung bereits heute abgesichert. Die allgemeine Rentenversicherung verfügt auf mittlere Sicht über ausreichende Finanzmittel. Unterjährige Liquiditätsengpässe in der allgemeinen Rentenversicherung sind damit in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Die von der Bundesregierung im Mai 2018 eingesetzte Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag “, die sich mit der nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung und der beiden weiteren Rentensäulen für die Zeit nach dem Jahr 2025 befasst, soll – ausdrücklich im Koalitionsvertrag festgehalten – auch einen Vorschlag unterbreiten, welche Mindestrücklage erforderlich ist, um die unterjährige Liquidität der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. 8. Aus welchen Gründen weicht die Koalition mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vom Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ab und verzichtet darauf, „in 2018 die Rentenformel [zu] ändern“ (S. 92), um stattdessen eine bis 2025 befristete „Niveauschutzklausel“ einzuführen? Die Regelungen des Entwurfs eines RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetzes weichen nicht vom Koalitionsvertrag ab. Die Sicherung des Sicherungsniveaus vor Steuern (sog. Rentenniveau) von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 wird unmittelbarer Bestandteil der Rentenanpassungsformel, da diese durch eine Niveauschutzklausel ergänzt wird. Diese greift, wenn sich nach der geltenden Anpassungsformel ein aktueller Rentenwert ergeben würde, mit dem ein Rentenniveau von 48 Prozent unterschritten wird. Dann wird der aktuelle Rentenwert so festgelegt, dass mindestens ein Niveau von 48 Prozent erreicht wird. Damit ist die Einhaltung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 über die durch eine Niveauschutzklausel ergänzte Rentenanpassungsformel gesetzlich abgesichert . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5359 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wie viele Personen hätten nach Einschätzung der Bundesregierung einen Anspruch auf die sogenannte Mütterrente II, und wie viele dieser Personen hätten weiterhin einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw. bezögen durch den gestiegenen Rentenzahlbetrag eine Rente oberhalb des Grundsicherungsbezugs? Von der Anrechnung eines weiteren halben Jahres Kindererziehungszeit (entspricht rund einem halben Entgeltpunkt) profitieren knapp zehn Millionen Elternteile , die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben und schon Rente beziehen. Zur Anzahl der Frauen oder Männer, die aufgrund der Verlängerung der Kindererziehungszeiten nicht länger auf Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung und im Alter angewiesen sind, liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Die amtliche Sozialhilfestatistik erfasst bei den Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII eine Vielzahl anrechenbarer Einkommen, u. a. auch Altersrenten , allerdings ohne weitere Differenzierung. Insofern liegen der Bundesregierung keine Informationen vor, wie viele Rentnerinnen und Rentner, die bei ihrer Altersrente einen Zuschlag an Kindererziehungszeiten („Mütterrente“) erhalten, diesen auf die Grundsicherung im Alter angerechnet bekommen bzw. nicht länger auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen wären. 10. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ergreifen, um sicherzustellen, dass nicht nur diejenigen Menschen profitieren , die vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Erwerbsminderungsrente erhalten, sondern auch diejenigen besonders belasteten Beschäftigten, die die Bedingungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente nicht erfüllen? Mit dem Flexirentengesetz vom 8. Dezember 2016 hat die Bundesregierung die Präventions- und Teilhabeleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung neu strukturiert und als Pflichtleistungen ausgestaltet. Zugleich entfiel die gesonderte Begrenzung der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung für die Leistungen zur Prävention. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbringen somit für ihre Versicherten bereits umfassende Leistungen zur Prävention, Rehabilitation und Teilhabe, um den Eintritt einer Erwerbsminderung zu verhindern. Insbesondere haben danach Versicherte – bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen – einen Anspruch auf Leistungen zur Prävention, wenn sie erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden. Dabei können sich die gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus dem Arbeitsumfeld, aber auch aus anderen Faktoren, zum Beispiel personenbezogenen oder familiären Einflüssen, ergeben. Zusätzlich sollen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in Modellprojekten einen Gesundheitscheck für Versicherte ab Vollendung des 45. Lebensjahres trägerübergreifend erproben, um rechtzeitig Präventions- und Rehabilitationsbedarfe erkennen und entsprechende Leistungen zur Verfügung stellen zu können . In der aktuellen Legislaturperiode obliegt es nun den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, den gesetzlichen Auftrag weiter umzusetzen, erforderliche Strukturen aufzubauen und Erfahrungen, die in künftige Gesetzgebungsvorhaben einfließen sollen, zu sammeln. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/5359 11. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund Gundula Roßbach, nach der die geplanten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente dazu führen können , dass „die Erwerbsminderungsrente in vielen Fällen höher ausfallen [wird] als eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen“ (Leipziger Volkszeitung , 1. September 2018, S. 2), und mit wie vielen derartigen Fällen rechnet die Bundesregierung gegebenenfalls? Die Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos ist eine der Kernaufgaben der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht oder nicht mehr vollständig erwerbstätig sein können, sind in besonderem Maße auf die Solidarität der Versichertengemeinschaft angewiesen. Der Entwurf des RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetzes sieht daher, entsprechend der Festlegung im Koalitionsvertrag, die Verbesserung der Leistungen bei Erwerbsminderung der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Dazu soll zum 1. Januar 2019 das Ende der Zurechnungszeit auf das Alter von 65 Jahren und acht Monaten verlängert werden. Anschließend wird ab dem Jahr 2020 das Ende der Zurechnungszeit schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr angehoben. Durch die Zurechnungszeit werden erwerbsminderte Personen so gestellt, als ob sie über den Eintritt der Erwerbsminderung hinaus entsprechend ihres bisherigen Erwerbslebens länger gearbeitet hätten. Der Vergleich der Höhe einer Erwerbsminderungsrente mit der Höhe eines Rentenanspruchs aus einer möglichen vorzeitigen Altersrente ist nicht sachgerecht, weil die Erwerbsminderungsrente nicht freiwillig in Anspruch genommen wird. Sofern eine Erwerbsminderungsrente aufgrund der in Anlehnung an die Regelaltersgrenze verlängerten Zurechnungszeit höher ausfällt als eine mögliche vorzeitige Altersrente, teilt die Bundesregierung die von der Deutschen Rentenversicherung in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des RV-Leistungsverbesserungs - und -Stabilisierungsgesetzes geäußerte Auffassung, dass der Unterschied in der Rentenhöhe sozialpolitisch gerechtfertigt ist. Denn der Bezieher einer Erwerbsminderungsrente ist – anders als der nicht Erwerbsgeminderte – aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen gerade nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und weitere Rentenanwartschaften zu erwerben . Durch die Zurechnungszeit wird das Erwerbsleben erwerbsgeminderter Personen bei der Rentenberechnung fiktiv verlängert, damit ihnen aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung kein Nachteil entsteht. Der Bezieher einer vorzeitigen Altersrente hat sich dagegen freiwillig für einen Rentenzugang vor der Regelaltersgrenze entschieden. Bei gleichen Erwerbsverläufen ist somit bei gleichen Zugangsaltern die Erwerbsminderungsrente zwangsläufig immer höher. Denn das Erwerbsleben des Beziehers einer Erwerbsminderungsrente wird durch die Zurechnungszeit über den Beginn der Rente hinaus verlängert, während das Erwerbsleben des Beziehers einer Altersrente mit dem Beginn der vorzeitigen Altersrente endet. Eine vorgezogene Altersrente kann allerdings im Regelfall erst ab Alter 63 in Anspruch genommen werden. Im Rentenzugang 2017 sind über 97 Prozent der Erwerbsminderungsrentner im Alter vor 63 Jahren zugegangen, so dass derartige Fälle quantitativ unbedeutend sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5359 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Plant die Bundesregierung in dieser Legislatur, die Verbesserungen im Bereich der Erwerbsminderungsrente auf den Rentenbestand auszuweiten, etwa über einen Zuschlag? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Mütterrente II auch Bestandsrentnerinnen und Bestandsrentner zugutekommen soll und insofern eine Ungleichbehandlung bestünde? Die Bundesregierung hat mit dem Entwurf eines RV-Leistungsverbesserungsund -Stabilisierungsgesetzes die Vorgaben des Koalitionsvertrags umgesetzt. Dieser sieht keine Verbesserungen für bereits laufende Erwerbsminderungsrenten vor. Dies entspricht dem Gedanken, dass Rechtsänderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen, so wie auch Leistungsverschlechterungen nicht auf bereits laufende Renten übertragen werden. Zudem wären zur Einbeziehung des Bestandes weitere erhebliche finanzielle Mittel erforderlich. Vom RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz werden aber auch Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner profitieren, die bereits eine Rente beziehen. Denn mit dem Gesetz soll eine Haltelinie eingeführt werden, die sicherstellt , dass das Rentenniveau bis zum Jahr 2025 mindestens 48 Prozent beträgt. Hiervon werden alle Rentnerinnen und Rentner gleichermaßen erfasst. 13. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag des Bundesministers der Finanzen Olaf Scholz, die sog. Standardrente künftig auf Grundlage von 47 Beitragsjahren statt wie bisher auf Grundlage von 45 Beitragsjahren zu berechnen (BILD, 5. September 2018, S. 2)? Herr Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat keinen Vorschlag unterbreitet, die Standardrente neu zu berechnen. In der Sache: Das Sicherungsniveau vor Steuern (sog. Rentenniveau) ist der Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt. Die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge auf die Rente und den Lohn werden dabei abgezogen. Die sogenannte Standardrente entspricht einer Rente nach 45 Beitragsjahren als Durchschnittsverdiener (45 Entgeltpunkte). Laut Koalitionsvertrag soll die gesetzliche Rente auf heutigem Niveau von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 abgesichert werden. Würde die Standardrente hingegen anstelle von 45 Beitragsjahren mit 47 Beitragsjahren berechnet , würde die Standardrente und damit auch das Sicherungsniveau vor Steuern damit lediglich rechnerisch höher ausfallen. Eine lediglich rechnerische Anhebung des Niveaus würde aber der Zielstellung des Koalitionsvertrages, das Rentenniveau auf dem heutigen Niveau bis zum Jahr 2025 abzusichern, nicht genügen . 14. Wann wird die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen, um die Rentenansprüche von Geringverdienenden über das Niveau der Grundsicherung im Alter anzuheben, und welcher Anteil der Rentnerinnen und Rentner soll dadurch erreicht werden? Die Bundesregierung beabsichtigt die Lebensleistung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben, zu honorieren und ihnen über eine „Grundrente“ ein regelmäßiges Alterseinkommen zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs zu ermöglichen. Voraussetzung für den Bezug dieser „Grundrente“ soll außerdem eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung sein. Dazu, wie diese „Grundrente“ konkret ausgestaltet werden soll, gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Festlegungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/5359 15. Zu welchem Zeitpunkt plant die Bundesregierung die Einbeziehung von nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung , wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vorgesehen , und mit wie vielen neu versicherten Selbständigen rechnet die Bundesregierung in den auf die Einbeziehung folgenden Jahren? Die gesetzlichen Änderungen zur Einbeziehung von nicht anderweitig abgesicherten Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung ist bislang im Rahmen der im nächsten Jahr zum Rentenrecht geplanten Gesetzgebung vorgesehen. Von daher können noch keine Aussagen dazu getroffen werden, wie viele Selbstständige in den ersten Jahren versichert sein werden; dies hängt insbesondere mit der Ausgestaltung des Übergangsrechts zusammen, d. h. damit, ob und in welchem Umfang auch schon heute selbstständig Tätige von den neuen Regelungen erfasst werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333