Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5370 19. Wahlperiode 29.10.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kay Gottschalk und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4980 – Aggressive Steuervermeidung zulasten Deutschlands V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Spätestens nach Bekanntwerden der so genannten Panama-Papers ist aggressive Steuervermeidung oder Steuerdumping ein tagespolitisches Thema. Seitdem ist eine Bagatellisierung des Themas nicht mehr möglich, weshalb bereits 2017 mehrere Anträge zu dem Thema gestellt wurden, die dann schlussendlich in den Hauptausschuss verwiesen wurden. Wie wichtig das Thema ist, zeigt das Europäische Parlament, welches laut offiziellen Angaben davon ausgeht, dass die jährlichen Einnahmeverluste für die EU-Mitgliedstaaten aufgrund von Steuervermeidung bei ca. 160 bis 190 Mrd. Euro liegen (www.europarl.europa.eu/news/de/ headlines/economy/20160530STO29669/steuervermeidung-durch-unternehmenbekampfung -aggressiver-steuerplanung). Auf europäischer Ebene gibt es nach Ansicht der Fragesteller eine Palette an Vorschlägen, für deren Umsetzung die nationalen Parlamente zuständig sind. 1. Welche legalen und illegalen Mechanismen sind der Bundesregierung bekannt , um Steuern zu vermeiden (bitte die bekannten Mechanismen tabellarisch angeben und die einzelnen Mechanismen kurz definieren)? Die Strategien der Steuervermeidung beruhen auf den Unterschieden bei den Steuersystemen, der Interaktion von verschiedenen steuerlichen Anreizsystemen sowie dem Ausnutzen bestehender Besteuerungslücken. Auf internationaler Ebene gilt es somit einen Konsens zu erzielen, um Besteuerungslücken nachhaltig zu schließen und unerwünschte Verwerfungen zu eliminieren . Durch die dynamischen Entwicklungen der verschiedenen nationalen Steuersysteme gerät die Konsensfindung zur Daueraufgabe. Die Dynamik des Prozesses sowie die Vielfalt und Komplexität der Steuersysteme machen es allerdings nicht möglich, einen Bestand der „Mechanismen zur Steuervermeidung“ abschließend zu bestimmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5370 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie hoch ist nach Schätzung der Bundesregierung der jährliche Einnahmeverlust durch Steuervermeidung für Deutschland? Auf welchen Annahmen oder Erkenntnissen beruht diese Schätzung (bitte diese Annahmen bzw. Erkenntnisse konkretisieren)? Der Bundesregierung liegen keine Schätzungen zur Höhe der jährlichen Einnahmeverluste durch Steuervermeidung für Deutschland vor. 3. Welche Konzepte hat die Bundesregierung, um zukünftig faire Spielregeln im Steuerbereich zu gewährleisten und Schlupflöcher oder andere Verzerrungen zu beseitigen? Welche Regularien sollen laut Bundesregierung geschaffen werden, um die Einhaltung von Steuergesetzen durchzusetzen? Die Bundesregierung unterstützt von Beginn an das von OECD und G20 initiierte Projekt gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung („Base Erosion and Profit Shifting“-BEPS), im Rahmen dessen im Jahr 2015 konkrete Maßnahmenbündel zu 15 Aktionspunkten, insbesondere zur Vermeidung unfairen Steuerwettbewerbs , bestimmter Missbrauchskonstellationen und der Verbesserung der Informationserlangung durch die Staaten beschlossen wurden. Steuervermeidung unter Ausnutzung legaler Gestaltungsmöglichkeiten soll vermieden werden. Die Arbeit auf OECD-Ebene verfolgt das Ziel, dass eine angemessene Einmalbesteuerung dort stattfindet, wo die Wertschöpfung erfolgt und sich die unternehmerische Aktivität abspielt. Zur Überwachung der BEPS-Implementierung wurde das „Inclusive Framework on BEPS“ bei der OECD eingerichtet, dem aktuell (Stand: Oktober 2018) alle 122 Staaten angehören, die sich zum BEPS-Kompromiss bekennen. Die Mehrzahl der Mitglieder im „Inklusive Framework“ sind keine OECD-Mitglieder. Eine einheitliche Umsetzung verschiedener OECD-BEPS-Empfehlungen in europäisches Recht erfolgte durch Richtlinien, wie beispielsweise durch die Anti- BEPS-Richtlinie (Anti-Tax Avoidance Directive – ATAD) oder den von den Mitgliedstaaten verabschiedeten Erweiterungen der gegenseitigen Amtshilfe im Zuge mehrerer Überarbeitungen der Amtshilferichtlinie. Diese wurden zum Teil bereits in nationales Recht umgesetzt bzw. werden es im Rahmen der jeweiligen Umsetzungsfrist noch. Des Weiteren beteiligt sich Deutschland auf OECD-Ebene (Forum on Harmful Tax Practices) und EU-Ebene (Gruppe Verhaltenskodex Unternehmensbesteuerung ) an der Überprüfung von schädlichen Steuerpraktiken anderer Staaten bei der Unternehmensbesteuerung. Aufgrund des öffentlichen Drucks haben bereits zahlreiche Staaten ihre Steuersysteme angepasst, so dass internationale Unternehmen zur Steuervermeidung nicht mehr auf diese ausweichen können. Aus Sicht der Bundesregierung ist die Vertiefung und Erweiterung der internationalen Zusammenarbeit essentiell, um die Spielräume für Steuervermeidung weiter einzuengen. Daher setzt sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene für die Weiterentwicklung des OECD-BEPS-Projektes und anderer Initiativen ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5370 4. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass auf europäischer Ebene gerade solche Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als „legitime und neutrale Berater“ in Steuerfragen gelten, die nach Ansicht von Lobbycontrol ausgefeilte Steuersparmodelle für Unternehmen anbieten (www.lobbycontrol. de/2018/07/steuervermeidung-eu-macht-den-bock-zum-gaertner/)? Es gibt in der Öffentlichkeit verschiedene Einschätzungen zur Rolle von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in diesem Bereich. Die Bundesregierung beteiligt sich nicht an dieser Diskussion. 5. Was meinte der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz am 19. September 2018 im Finanzausschuss unter Tagesordnungspunkt 1 „Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz, über aktuelle finanzpolitische Themen mit anschließender Diskussion“ (www.bundestag.de/blob/ 569548/a53027fb0b131f172f02f60ed36f738d/015--sitz--data.pdf) mit den Worten „Arbitrage-Geschäfte“ im Zusammenhang mit Steuervermeidung? Ein Arbitrage-Geschäft im Steuerbereich zielt auf die Ausnutzung der unterschiedlichen Besteuerungsniveaus in den verschiedenen Steuerjurisdiktionen ab. Verschiebt ein Unternehmen seine Gewinne zum Zwecke der Steueroptimierung in eine Steuerjurisdiktion, in der deren Gewinne einem geringeren Steuersatz oder keinerlei Unternehmensbesteuerung unterliegen, so spricht man von einem „Arbitrage -Geschäft“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333