Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 30. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5438 19. Wahlperiode 01.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Roman Müller-Böhm, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5004 –– Legal Tech – Rechtsgrundlagen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Digitalisierung erreicht immer mehr Branchen und Geschäftsbereiche. Diese Vielfältigkeit findet sich nach und nach auch im Rechtsbereich wieder. Ein aktuelles Beispiel ist der Bereich der Legal Techs, in dem es sich Unternehmen zur Aufgabe gemacht haben, Prozesse neu zu definieren und Recht schneller durchzusetzen. Die aktuelle Rechtslage legt dieser Branche zurzeit jedoch noch rechtliche Steine in den Weg. Die hohen Bürden schränken nicht nur die Innovationskraft dieser Branche ein, sondern treffen dadurch auch den Verbraucher, welcher von den Chancen der Legal Techs profitieren kann. Insbesondere die aktuellen Regelungen zur Finanzierung von Rechtsanwaltsgesellschaften, aber auch Fragen der Inkassotätigkeit, stellen große Herausforderungen dar. 1. Welche konkreten Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, um die Digitalisierung im Rechtswesen zu fördern? Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Digitalisierung im Rechtswesen nachdrücklich zu fördern. So ist die Digitalisierung beispielsweise ein Schwerpunkt des im Koalitionsvertrag beschlossenen Pakts für den Rechtsstaat . Weit gediehen ist die Digitalisierung bereits im Bereich der Normen- und Rechtsprechungsdokumentation. So stellt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf der Internetseite www.gesetze-im-internet.de nahezu das gesamte aktuelle Bundesrecht kostenlos im Internet bereit. Zudem werden ausgewählte Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, der obersten Gerichtshöfe des Bundes sowie des Bundespatentgerichts über die Internetseite www.rechtsprechung-im-internet.de kostenlos zur Verfügung gestellt. Diese Angebote werden laufend aktualisiert. Seit dem 1. Januar 2018 ist zudem der elektronische Rechtsverkehr in Strafsachen eröffnet. Ebenso ist seit diesem Zeitpunkt in den übrigen Verfahrensordnungen der elektronische Rechtsverkehr grundsätzlich bei allen Gerichten des Bundes und der Länder eröffnet. Zukünftig sollen die Möglichkeiten, mit der Justiz sicher elektronisch kommunizieren zu können, über die bereits eingerichteten besonderen elektronischen Postfächer hinaus noch weiter Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5438 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode verbessert werden. Über einen Verbund der Onlineportale des Bundes und der Länder sollen fachlich geeignete Justizdienstleistungen den Bürgerinnen und Bürgern auch über das Internet zugänglich gemacht werden. Eine weitere Maßnahme in der Digitalisierung ist schließlich die beschlossene verbindliche Einführung der elektronischen Akte in allen Verfahrensordnungen spätestens zum 1. Januar 2026. 2. Welche konkrete Förderung sieht sie dabei in besonderem Maße für den Bereich der Legal Techs vor? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die Digitalisierung der Arbeitsabläufe bei selbständig tätigen Rechtsdienstleistern und die Entwicklung neuer technisch basierter Prozesse, die von selbständig tätigen Rechtsdienstleistern eingesetzt werden können, grundsätzlich nicht zu den Kernaufgaben der Bundesregierung gehört. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 3, 4 bis 6 verwiesen. 3. Hat die Bundesregierung einen langfristigen Plan zur Förderung von Legal Techs als Instrument der Verbraucherrechtedurchsetzung? Wenn ja, wie sieht dieser aus? Wenn nein, wieso nicht? Die Förderung des Einsatzes von Legal Tech zur Verbesserung der Verbraucherrechtsdurchsetzung ist integraler Bestandteil der Verbraucherpolitik der Bundesregierung . So wurde zum Beispiel im Rahmen der Förderung der sechzehn Verbraucherzentralen im Bereich des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes als Instrument der interaktiven Informationsvermittlung ein Legal-Tech-Tool zum Thema Inkassoforderungen entwickelt; die Veröffentlichung der Online-Anwendung „Inkasso-Check“ erfolgte am 27. Februar 2018. Im Koalitionsvertrag zischen CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, gemeinsam mit den Bundesländern und ehrenamtlichen Akteurinnen und Akteuren die Unterstützungsangebote für Verbraucher in ländlichen Regionen auszubauen und zu verbessern. Auch in diesem Rahmen werden die Möglichkeiten des Einsatzes von Legal Tech Instrumenten geprüft. Die Bundesregierung hat darüber hinaus in den am 18. Juli 2018 beschlossenen Eckpunkten für eine Strategie Künstliche Intelligenz unter Punkt 3.9, 3. Spiegelstrich, die „Förderung der Entwicklung von innovativen Anwendungen, die die Selbstbestimmung, die soziale Teilhabe und die Privatheit der Bürgerinnen und Bürger unterstützen" als ein Handlungsfeld ihrer Aktivitäten im Bereich Künstliche Intelligenz festgelegt. 4. Sieht die Bundesregierung ein Problem darin, dass Rechtsanwaltsgesellschaften durch den § 59e der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) die Gewinnung von externem Kapital untersagt ist, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass damit Rechtsanwälten, die Legal Techs nutzen, welche hohe Investitionen erfordern und damit häufig auf externes Kapital angewiesen sind, die Form der Rechtsanwaltsgesellschaft faktisch vorenthalten bleibt? 5. Plant die Bundesregierung den § 59e BRAO dahingehend anzupassen, dass externes Kapital für Rechtsanwaltsgesellschaften möglich wird, auch wenn die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht Rechtsanwälten zusteht? Wenn ja, unter welchen Kriterien soll dies möglich sein? Wenn nein, wieso nicht? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5438 6. Sieht die Bundesregierung den Bedarf einer gesetzlichen Änderung, die es „Legal Tech“-Unternehmen – auch solchen mit mehrheitlichem Fremdkapital durch Nicht-Rechtsanwälte – ermöglicht, auch ohne den Umweg über die Zulassung als Inkassounternehmen nach §§ 2 Absatz 2 Satz 1, 10 Absatz 1 Nummer 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), tätig zu werden? Die Fragen 4 bis 6 werden wegen des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Verbot reiner Kapitalbeteiligungen an anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften , das der Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit dient, kann die Finanzierung von erforderlichen Investitionen in die Ausstattung von Anwaltskanzleien erschweren. Die Bundesregierung prüft, ob das Verbot gelockert werden kann, wenn die Unabhängigkeit und die Einhaltung der Berufspflichten gewährleistet werden können (siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP zur Modernisierung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts auf Bundestagsdrucksache 19/3014, S. 3). 7. Welche Tätigkeiten umfasst nach Ansicht der Bundesregierung das „Einziehen fremder Forderungen“ in § 2 Absatz 2 RDG? 8. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung „fremde Forderungen“ nach § 2 Absatz 2 RDG? 9. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Zurverfügungstellung eines Online -Fragetools (mit oder ohne Mitteilung des „Prüfungsergebnisses“) bereits eine Rechtsdienstleistung nach RDG, die, jedenfalls in Bezug auf Interessenten , die noch keinen Inkassoauftrag erteilt haben, unzulässig ist? 10. Sind nach Ansicht der Bundesregierung neben Geldforderungen auch weitere Ansprüche inkassofähig, wie zum Beispiel Auskunftsansprüche oder Ansprüche auf Abgabe von Erklärungen? 11. Zu welchem Zeitpunkt muss nach Auffassung der Bundesregierung eine einzuziehende Forderung bestehen, um in einem Inkassoverfahren berücksichtigt werden zu können, schon bei Erteilung eines Inkassoauftrags oder genügt späteres Entstehen im Laufe eines bestehenden Inkassoauftrags? 12. Ist nach Ansicht der Bundesregierung von der Inkassotätigkeit die Ausübung von Gestaltungsrechten erfasst? Ist die Ausübung von Gestaltungsrechten überhaupt als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren? 13. Inwieweit ist nach Ansicht der Bundesregierung von einer Inkassolizenz die Abwehr von Ansprüchen erfasst? 14. Lässt sich nach Ansicht der Bundesregierung unter die Durchsetzung eines Anspruches nach § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auf vertragsgemäße Zurverfügungstellung der Wohnung auch die Abwehr der Duldungspflicht eines Mieters aus § 555d BGB subsumieren und wäre damit inkassofähig ? Die Fragen 7 bis 14 werden gemeinsam beantwortet. Alle Fragen betreffen die Auslegung von Rechtsnormen. Es wird daher darauf hingewiesen, dass über die verbindliche Auslegung der genannten Rechtsnormen die unabhängigen Gerichte entscheiden, nicht die Bundesregierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5438 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 15. Hält die Bundesregierung eine Konkretisierung durch Änderung des § 5 Absatz 2 Ziffer 2 RDG dahingehend für sinnvoll, dass nicht nur Haus- und Wohnungsverwaltung und damit vorwiegend vermieterseitige Dienstleistungen , sondern auch mieterseitige Dienstleistungen, erfasst werden? Im Mieterinteresse liegende Rechtsdienstleistungen können nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz derzeit insbesondere als Nebenleistungen im Sinne des § 5 Absatz 1 RDG, unentgeltlich im Rahmen des § 6 RDG, durch Interessenvereinigungen (z. B. Mietervereine) im Sinne des § 7 RDG und durch öffentlich anerkannte Stellen (z. B. Verbraucherzentralen) im Sinne des § 8 RDG erbracht werden . In Anbetracht dieser vielschichtigen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung derzeit keine konkrete Veranlassung, § 5 Absatz 2 RDG zu ändern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333