Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 31. Oktober 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5453 19. Wahlperiode 02.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Lisa Badum, Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/5064 – Thunfischbestände unter Druck V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Fischbestände sind weltweit massiv unter Druck, sie leiden unter den Folgen von Habitatzerstörung, Klimakrise und der Verschmutzung der Weltmeere. Die größte Bedrohung bleibt jedoch die Überfischung. 33 Prozent der Weltmeere gelten als überfischt, weitere 60 Prozent werden bis an die Grenze der Nachhaltigkeit bewirtschaftet. Lediglich 7 Prozent der Weltmeere gelten als wenig befischt (www.fao.org/news/story/en/item/1144274/icode/). Trotz zahlreicher internationaler Zielmarken – wie dem Nachhaltigkeitsziel 14 (SDG14), in dem sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, bis zum Jahr 2020 die Überfischung der Weltmeere zu beenden – ist eine Trendwende nicht in Sicht. Die überfischten Gewässer haben über die vergangenen Jahrzehnte vielmehr weiter zugenommen und drohen, einen nicht umzukehrenden Kippunkt zu erreichen. Darüber hinaus gibt es bisher kaum Schutzgebiete, in denen sich die Fischpopulationen geschützt vor der Fischerei erholen können. Die Hohe See, d. h. Gewässer außerhalb von nationalen Gebietsansprüchen, verfügt bisher über keinerlei Schutzgebiete . Durch fehlende Rückzugsorte droht der Verlust zahlreicher Fischbestände . Der atlantische Großaugenthunfisch ist einer der begehrtesten Fische im Atlantik und seine Bestände sind enorm unter Druck. Die Großaugenthunfischerei hat einen jährlichen Wert von mehreren hundert Millionen Euro. Seit vielen Jahren ist der Großaugenthunfisch überfischt und seine Bestände werden dezimiert. Das Management der atlantischen Großaugenthunfischerei wird von der intergouvernementalen „International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas“ (ICCAT) durchgeführt. Trotz warnender Bestandsbewertung durch das wissenschaftliche Komitee der ICCAT, dass sich die Situation des Großaugenthunfisches weiter verschlechtert hat, werden weiterhin zu hohe Fangquoten von den Fischereinationen durchgesetzt (www.iccat.int/Documents/BienRep/REP_ EN_16-17_II-2.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5453 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der eigens für den Großaugenthunfisch entworfene Plan zur Rehabilitation seiner Bestände verfehlt bislang seine Wirkung und Naturschützer prangern die laxe Umsetzung des Plans und eine Missachtung der Fangbeschränkungen an (www.pewtrusts.org/en/research-and-analysis/issue-briefs/2018/07/the-story-ofatlantic -bigeye-tuna). Der alarmierende Rückgang von Großaugenthun ist unter anderem auf die kombinierte Wirkung asiatischer Langleinenfischer seit den 1950er Jahren und einen dramatischen Anstieg der industriellen Ringwadenfange seit den 1990er Jahren zurückzuführen. Die alarmierende Bestandsentwicklung des Großaugenthunfisches ist eine der großen Herausforderungen für das diesjährige Treffen der ICCAT. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Trends und Erkenntnisse des neuen FAO-Reports (FAO = Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) zum Status der weltweiten Fischerei (siehe Vorbemerkung der Fragesteller), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus für ihre Positionen in internationalen Fischereiorganisationen ? Die Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO, verwendet für die Angabe des Zustandes der weltweiten Fischbestände etwa 400 Bestände. Es gehen für den aktuellen Report (SOFIA 2018) Daten bis ins Jahr 2015 ein. Laut aktuellem Report sind 33.1 Prozent der Bestände, für die ausreichend Daten vorliegen, überfischt. Der Anteil überfischter Bestände nimmt seit den 1970er Jahren kontinuierlich zu. Der Prozess hat sich aber seit dem Jahr 2008 deutlich verlangsamt. Die neuesten Zahlen zeigen im Vergleich zur letzten Erhebung der FAO aus dem Jahr 2013 eine leichte Verschlechterung der Situation (31.4 Prozent ). Ungeachtet dieser globalen Entwicklung gibt es auf regionaler Ebene erhebliche Erfolge. Der Anteil von Beständen, die im Rahmen sicherer biologischer Grenzen befischt werden, stieg in den USA von 53 Prozent im Jahr 2005 auf 74 Prozent im Jahr 2016 und in Australien von 27 Prozent im Jahr 2004 auf 69 Prozent im Jahr 2015. Im Nordostatlantik stieg der Anteil von Beständen mit einer nachhaltigen fischereilichen Sterblichkeit von 34 Prozent im Jahr 2003 auf 60 Prozent im Jahr 2015. Aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit der EU für die Fischerei ist regelmäßig nicht Deutschland Mitglied von internationalen Fischereiorganisationen, sondern die EU. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Fortschritte für die Erreichung des SDG14.4 bis 2020 unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des FAO-Reports , dass die Überfischung internationaler Gewässer weiter zunimmt? Die „Agenda for Sustainable Development“ mit ihren 17 Sustainable Development Goals (SDG) wurde im September 2015 angenommen, und ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Der aktuelle FAO-Report zum „State of world fisheries and aquaculture“ (SOFIA 2018) begutachtet Daten bis einschließlich im Jahr 2015. Da noch keine Daten der FAO für die Zeit nach Inkrafttreten der Agenda for Sustainable Development vorliegen, lassen sich hier noch keine Aussagen ableiten . Die FAO stellt in SOFIA 2018 zum Erreichen der SDG 14 fest, dass sich der Abwärtstrend seit dem Jahr 2008 verlangsamt hat, dass aber auf globaler Ebene nur ein geringer Fortschritt in der Erreichung des SDG14.4-Zieles erreicht wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5453 Die Bundesregierung sieht daher die Notwendigkeit, die Anstrengungen auf internationaler Ebene für eine bessere Fischereibewirtschaftung weiter zu intensivieren . Sie verweist aber für den Nordostatlantik auch auf die unter der Antwort zu Frage 1 dargestellte bessere Bewirtschaftung der Fischbestände. 3. Wie entwickeln sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Bestände des atlantischen Großaugenthunfischs, und welche Ursachen liegen diesem Trend zu Grunde? Der Bestand gilt seit einigen Jahren als überfischt bei anhaltender Überfischung sowohl hinsichtlich der für eine nachhaltige Bewirtschaftung erforderlichen Biomasse als auch hinsichtlich einer nachhaltigen Fischereisterblichkeit. Ein Managementplan ist in Kraft. Dieser sieht eine Beschränkung der erlaubten Fangmenge auf 65 000 t und weitere Maßnahmen vor, die sich auf Flottenreduktion, Verbotszeiten für Fischsammelgeräte (fish aggregating devices – FADs) im wichtigsten Aufwuchsgebiet und weitere Regulierungen für FADs erstrecken. Nach einem Assessment aus dem Jahr 2018 geht der Bestand trotz des Managementplans weiter zurück. Dass der Managementplan nicht den erwünschten Erfolg zeigt, liegt vor allem an der deutlichen Überschreitung der Gesamtfangmenge in den letzten Jahren, 2017 um rund 20 Prozent. Auch wenn Langleiner der großen Fangnationen (China, Japan, Korea, Taiwan, Frankreich und Spanien) den überwiegenden Anteil zum Rückgang des Bestands in den 1990er Jahren beitrugen , so ist deren Anteil am Misserfolg des Managementplans eher gering. Die großen Nationen halten ihre Quoten strikt ein. Insbesondere sind es die hohen fischereilichen Sterblichkeiten der juvenilen Großaugenthune, die eine Bestandserholung verhindern. Diese werden aber überwiegend in der handwerklichen Fischerei der westafrikanischen Staaten erbeutet. So blieb die Ausweisung der Schutzzone im Aufwuchsgebiet im Golf von Guinea (Verbot von FADs von Januar bis Februar) praktisch ohne Wirkung, da der fischereiliche Aufwand außerhalb aber in die Nähe der Schutzzone verlegt und die Anzahl der Fangfahrzeuge erhöht wurde. Zudem scheint die Verfolgung der Anlandungen juveniler Großaugenthune besonders problematisch, da große Mengen dieser Fänge mit anderen kleinen Thunfischen auf Märkten in Westafrika verkauft werden. 4. Wie positioniert sich die Bundesregierung und nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Union bei der diesjährigen ICCAT-Sitzung, um die Überfischung von Großaugenthun zu stoppen, um die Ziele von Artikel 2 und 29.2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik zu erreichen? Die Gemeinsame Fischereipolitik liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit der EU. Deutschland ist daher kein eigenständiges Mitglied der Internationalen Kommission für die Erhaltung des Atlantischen Thuns (ICCAT) und kann daher dort keine eigenständigen Positionen vertreten. Innerhalb der EU unterstützt die Bundesregierung die Position der EU-Kommission, soweit damit die Überfischung des Großaugenthuns reduziert bzw. gestoppt werden kann. Die EU selbst richtet sich in internationalen Fischereiorganisationen allgemein am Nachhaltigkeitsgrundsatz aus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5453 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen der ICCAT, dass der Großaugenthunfisch trotz eines eigens entworfenen Maßnahmenprogrammes weiter eine schlechte Bestandsentwicklung hat (www.iccat.int/Documents/BienRep/REP_EN_16- 17_II-2.pdf), und welche Forderungen wird die Bundesregierung auf der nächsten ICCAT-Tagung formulieren, um eine bessere Umsetzung des Tuna-Schutzes zu gewährleisten? Die Bundesregierung teilt die Analyse des Ausschusses für Forschung und Statistik (Standing Committee Research and Statistics, SCRS der ICCAT). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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