Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 2. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5514 19. Wahlperiode 06.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/5173 – Einsatz des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums am 8. und 9. Juni 2018 im Irak V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Internationale Personenfahndungen einschließlich aller erforderlichen Maßnahmen , um gesuchte Person aufzuspüren, werden in der Regel vom Bundeskriminalamt (BKA) gemeinsam mit den zuständigen in- und ausländischen Polizeien und der Justiz veranlasst (www.bka.de/DE/DasBKA/OrganisationAufbau/ Fachabteilungen/ZentralesInformationsmanagementUndFahndungen/zentrales Informationsmanagement_node.html). Für das Auslieferungsverfahren ist dabei in erster Linie das Bundesamt für Justiz (BfJ) zuständig, dessen hohe Erfolgsquote jährlich durch die Auslieferungsstatistik dokumentiert wird (vgl. zuletzt Bekanntmachung der Auslieferungsstatistik für das Jahr 2016 vom 29. Januar 2018). Nach Auffassung der fragestellenden Fraktion ist es für den Rechtsfrieden und die Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland essentiell, dass Tatverdächtige , die der Strafbarkeit nach deutschen Gesetzen unterliegen, grundsätzlich auch der deutschen Justiz und den ermittelnden Behörden unverzüglich zugeführt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedoch auch ein Verfahren im Ausland in Betracht kommen. Das System internationaler justizieller und polizeilicher Zusammenarbeit hat sich dabei nach Einschätzung der fragestellenden Fraktion bewährt und für die deutsche Strafrechtspflege große Bedeutung. Dies gilt auch für die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem BKA und der Bundespolizei (BPol) als Teil der deutschen Sicherheitsarchitektur. Am 9. Juni 2018 hat der Präsident des Bundespolizeipräsidiums den Tatverdächtigen Ali B. persönlich aus dem Ausland zurückgeholt (BILD-Zeitung, 11. Juni 2018, „Auf eigene Faust!“). Ob der Einsatz tatsächlich im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen abgelaufen ist, ist zweifelhaft. Gegen den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums läuft deshalb auch seit inzwischen einigen Monaten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren (dpa, 27. September 2018, „Staatsanwalt ermittelt gegen Bundespolizei-Chef Romann“). Offen ist außerdem, welche Auswirkungen das Vorgehen auf die Effektivität der eingangs beschriebenen Aufgabenerfüllung durch das BKA und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat. Somit besteht hinsichtlich des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5514 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Verfahrens und der Vorgehensweise im konkreten Fall Aufklärungsbedarf, auch wenn die fragestellende Fraktion grundsätzlich begrüßt, dass Tatverdächtige wie Ali. B. sich vor der deutschen Justiz zu verantworten haben. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung hat sich zur Abschiebung des Ali B. durch Behörden der Region Kurdistan-Irak nach Deutschland bereits mehrfach und umfassend geäußert . Insofern wird diesbezüglich auf die Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 39 bis 41 des Abgeordneten Sebastian Münzenmaier auf Bundestagsdrucksache 19/2922 und die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 32 des Abgeordneten Stephan Brandner auf Bundestagsdrucksache 19/3384 verwiesen. 1. Wie sieht hinsichtlich der Zielfahndung nach einer Person im Ausland, die in Deutschland wegen Mordes gesucht wird, die übliche Zuständigkeitsverteilung zwischen BKA und BPol aus? Die Zuständigkeit für Ermittlungsverfahren – und damit auch der Fahndungsmaßnahmen – wegen Mordes liegt grundsätzlich bei den Strafverfolgungsbehörden der Länder. Dem BKA obliegt dabei aufgrund seiner Zentralstellenfunktion der erforderliche internationale Dienstverkehr (§ 3 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKA-Gesetz)). Zielfahndungen übernimmt das BKA in derartigen Fällen unter den Voraussetzungen des § 4 Absatz 2 BKA-Gesetz selbst. Für die Bundespolizei bestehen für Zielfahndungen keine vergleichbaren Zuständigkeiten. 2. Wie bewertete die Bundesregierung die Erfolgsaussichten einer Zielfahndung nach einer Person, deren Aufenthaltsort im Ausland bekannt ist, und die vom BKA durchgeführt wird? Die Bundesregierung kann keine pauschale Bewertung über die Erfolgsaussichten einer Zielfahndung treffen, da diese von einer Vielzahl von Faktoren abhängen , u.a. ob eine operative Zusammenarbeit im Bereich der Polizei und/oder der Justiz aus tatsächlichen, politischen oder verfassungsrechtlichen Gründen mit den relevanten Regionen oder Staaten möglich ist. 3. Inwiefern war a) das BKA und b) das BfJ im Vorfeld an der Rückholung des Ali B. bzw. an der Aktion vom 8. bzw. 9. Juni 2018 beteiligt? Die Landesjustizverwaltung Hessen hat am 8. Juni 2018 an das Bundesamt für Justiz (BfJ) eine Anfrage auf Vorprüfung eines möglichen Auslieferungsersuchens übermittelt. Weder das BfJ noch das BKA waren an der Rückkehr des Ali B. am 8./9. Juni 2018 beteiligt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5514 4. Welche Gründe sprachen nach Kenntnis der Bundesregierung dagegen, im Fall des Ali B. eine Zielfahndung durch das BKA zu veranlassen, und welche Gründe sprachen dafür? Die Entscheidung über Zielfahndungsmaßnahmen obliegt grundsätzlich der zuständigen Landesjustiz. Herrin des Ermittlungsverfahrens war die Staatsanwaltschaft (StA) Wiesbaden, zuständig für die Durchführung der Ermittlungen und der Fahndungsmaßnahmen war das Polizeipräsidium (PP) Westhessen. 5. Welche Gründe sprachen nach Kenntnis der Bundesregierung dagegen, im Fall des Ali B. die Auslieferung durch das BfJ betreiben zu lassen, und welche Gründe sprachen dafür? Ein Ersuchen der zuständigen Landesjustizbehörde um Auslieferung des Verfolgten Ali B. lag dem BfJ nicht vor. Die in der Antwort zu Frage 3b) erwähnte Anfrage vom 8. Juni 2018 auf Vorprüfung eines möglichen Auslieferungsersuchens konnte bis zur Rückkehr des Verfolgten Ali B. am 9. Juni 2018 nicht eingehender bearbeitet werden. 6. Inwiefern bewertet die Bundesregierung den Auslandseinsatz des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums vom 8. bzw. 9. Juni 2018 als ungewöhnlich ? Ein Auslandseinsatz (§ 8 Bundespolizeigesetz) des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums hat nicht stattgefunden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Verfügte der Präsident des Bundespolizeipräsidiums bei seiner Reise am 8. bzw. 9. Juni 2018 in den Irak über a) einen Dienstpass und b) ein Visum, oder falls nein, aus welchen Gründen war dies nicht erforderlich? Der Präsident des Bundespolizeipräsidiums verfügte über seinen Dienstpass. Ein Visum war nicht erforderlich, weil keine Einreise in den Irak bezweckt war. 8. Inwiefern war die Reise des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums bereits vor Reiseantritt als Dienstreise a) beantragt und b) genehmigt worden, oder aus welchen Gründen war dies nicht geschehen, und wie bewertet die Bundesregierung dies? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 41 des Abgeordneten Sebastian Münzenmaier auf Bundestagsdrucksache 19/2922 wird verwiesen . Die dort dargestellte Information an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ist als Dienstanreiseantrag bewertet und nicht abgelehnt worden. 9. Wie viele Beschäftigte der Bundespolizei sind zusammen mit dem Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums in den Irak geflogen? Der Präsident des Bundespolizeipräsidiums wurde von 10 Angehörigen der Bundespolizei begleitet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5514 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie viele der mitreisenden Beschäftigten der Bundespolizei verfügten über a) einen Dienstpass und b) ein Visum, oder falls nein, aus welchen Gründen war dies nicht erforderlich? Alle den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums begleitenden Angehörigen der Bundespolizei verfügten über einen Dienstpass. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 11. Stehen Dienstreisen in den Irak grundsätzlich unter einem bestimmten Vorbehalt , beziehungsweise inwiefern ist bei Dienstreisen in den Irak grundsätzlich a) das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, b) das Auswärtige Amt und/oder c) das BfJ einzubeziehen, und inwiefern ist dies im vorliegenden Fall erfolgt, oder aus welchen Gründen war dies nicht geschehen, und wie bewertet die Bundesregierung dies? Für die zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat gehörenden Dienststellen gilt für Dienstreisen in den Irak grundsätzlich ein Genehmigungsvorbehalt durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Ausnahmen gelten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKA, der Bundespolizei und des Technischen Hilfswerks (THW). Das Auswärtige Amt ist von den jeweiligen öffentlichen Stellen grundsätzlich bei Auslandsdienstreisen von außenpolitischer Bedeutung einzubinden. Für Irak besteht eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts. Dies gilt mit Einschränkungen auch für die Region Kurdistan-Irak. Aufenthalte sollten in dieser Region nur nach sorgfältiger Prüfung der aktuellen örtlichen Sicherheitslage und mit den dann jeweils notwendigen Sicherheitsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Für Dienstreisen in den Irak gelten die allgemeinen dienstrechtlichen Bestimmungen . Das BfJ kann zusätzlich beteiligt sein, wenn Amtshandlungen im Ausland im Rahmen eines justiziellen Ersuchens beabsichtigt sind, vgl. Nr. 140, 141 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt). Das BfJ war im vorliegenden Fall nicht in Entscheidungen über die Rückführung des Verfolgten einschließlich in diesem Zusammenhang durchgeführter Dienstreisen eingebunden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 12. Hat sich die Praxis der Vergabe von Arbeitsvisa insbesondere für Beschäftigte des BKA nach dem Irakeinsatz des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums am 8. bzw. 9. Juni 2018 geändert? Für den Irak werden alle zur Aufgabenerledigung des BKA notwendigen Visa direkt durch das BKA oder über die jeweils zuständigen Ministerien beantragt. Für alle Zwecke des BKA wurden die hierfür notwendigen Visa erteilt. In der neuen Praxis fordert die irakische Botschaft jedoch die Beantragung durch das zuständige Ministerium. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5514 a) Wie viele Arbeitsvisa wurden seitens des BKA in den Jahren 2015, 2016 und 2017 für den Irak beantragt und wie viele wurden erteilt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Im Jahr 2015 wurden 23 Visa unmittelbar durch das BKA beantragt und bewilligt . Im Jahr 2016 wurden acht Visa unmittelbar durch das BKA beantragt und bewilligt. Im Jahr 2017 wurden neun Visa unmittelbar durch das BKA beantragt und bewilligt. b) Wie viele Arbeitsvisa wurden seitens des BKA im Jahr 2018 für den Irak bisher beantragt und wie viele wurden erteilt? Im Jahr 2018 wurden vom BKA insgesamt 38 Visa beantragt, 18 der unmittelbar beantragten Visa wurden von der Botschaft der Republik Irak bewilligt, die weiteren zur Arbeitserledigung des BKA erforderlichen Visa wurden nach Beantragung über Ministerien bewilligt, auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen. 13. Welche Kosten sind typischerweise mit einer Zielfahndung nach einer Person im Ausland durch das BKA verbunden? Im Rahmen eines Zielfahndungsverfahrens entstehen üblicherweise neben den Personal- und Reisekosten vor allem Kosten im Rahmen der Durchführung strafprozessualer Maßnahmen und erforderlichenfalls Dolmetscher-/Übersetzungskosten . Da diese von der Dauer und dem Umfang der Maßnahmen abhängen, ist eine allgemeine Aussage über die Höhe nicht möglich. 14. Welche Kosten sind typischerweise mit der Durchführung eines Auslieferungsverfahrens verbunden? Es fallen allgemeine Personal- und Sachkosten bei Polizei, Generalstaatsanwaltschaft , Amtsgericht und Oberlandesgericht, ggfls. auch Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Transportkosten innerhalb Deutschlands, Haftkosten der vorläufigen Auslieferungshaft und (endgültigen) Auslieferungshaft, Kosten des Rechtsbeistandes , Dolmetscher- und Übersetzerkosten sowie allgemeine Personal- und Sachkosten der Landesjustizverwaltungen, des BfJ, des BMJV und des AA an. Diese Kosten sind einzelfallabhängig und können nicht allgemein beziffert werden . 15. Inwiefern und mit welchem Ergebnis wurde im Zusammenhang mit dem Auslandseinsatz des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums vom 8. bzw. 9. Juni 2018 § 17 des Bundesdisziplinargesetzes geprüft? Es bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333