Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 2. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5515 19. Wahlperiode 06.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Waldemar Herdt, Jürgen Braun, Dietmar Friedhoff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/4970 – Menschenrechtslage der Russlanddeutschen auf der Krim und im Donbass V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Lage der Menschenrechte auf der Krim und im Donbass ist seit vielen Jahren prekär. Die Russlanddeutschen auf der Halbinsel Krim und im Donbass sind aufgrund der politischen Situation besonders großen Benachteiligungen ausgesetzt (www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/alarmierende-menschen rechtsverletzungen-auf-der-krim/; www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/krimreferendum -eu-sanktionen-russland). Nach dem Anschluss der Krim an Russland und seit dem Kriegsausbruch im Donbass hat sich die humanitäre Lage nochmals drastisch verschlechtert. Es sind zusätzlich gravierende Nachteile für alte, kranke und bereits in der UdSSR politisch verfolgte Menschen zu beobachten. Die schlechte Versorgungslage, die sich z. B. durch Stromausfälle, Trinkwasserknappheit, Mangel an Krankenhauspersonal und Medikamenten (http://uacrisis.org/de/29619-free-crimea-3) manifestiert, trifft diese Gruppen besonders hart, denn es fehlt jede staatliche humanitäre Hilfe. Laut dem Artikel des Infodienstes „Ornis Press“ aus dem Jahr 2014 haben seit 2001 im Rahmen der deutsch-ukrainischen Regierungskommission keine bilateralen Gespräche mehr über die Lage der Russlanddeutschen auf der Krim und im Donbass stattgefunden (www.ornis-press.de/humanitaere-hilfefuer -die-deutschen-auf-der-krim.1615.0.html). Nach Ansicht der Fragesteller sind die Visa-Bestimmungen für die Russlanddeutschen auf der Krim ein für die Menschen enorm belastendes strukturelles Defizit. Im Zuge des Krimanschlusses wurden diese Menschen kollektiv als russische Staatsbürger anerkannt. Ihre ukrainischen Pässe wurden gegen russische Papiere getauscht (www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/russland-krim-ukrainepaesse -duma). Damit kollidiert diese Verfahrensweise mit dem im Artikel 15 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formulierten Grundsatz: „Niemand darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, seine Staatsangehörigkeit zu wechseln.“ Daraus resultiert eine deutlich erhöhte Ablehnungsrate bei Visa-Anträgen für den Schengen-Raum sowie vermehrte Ablehnungsbescheide bei Kurzzeitvisa zu Besuchszwecken (https://euobserver.com/justice/137859), welche nach Ansicht der Fragesteller auch die Russlanddeutschen auf der Krim beeinträchtigt. Die russischen Pässe von der Krim werden zudem von Deutschland und anderen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5515 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode EU-Ländern nicht anerkannt (https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/ 5313636/Russland-wirft-Oesterreich-Blockade-wegen-Visaverweigerung-vor). Der Grund hierfür ist, dass die Europäische Union seit 2014 restriktive Maßnahmen für Einreisende aus der Krim verhängt hat (www.europarl.europa.eu/ sides/getDoc.do?pubRef=//EP//TEXT+WQ+P-2017-004812+0+DOC+XML+ V0//EN). Wenn deutsche Konsulate die Visavergabe an Krimeinwohner verweigern, bedeutet dies nach Ansicht der Fragesteller große menschenrechtliche Einschränkungen , weil viele der Betroffenen Familienangehörige in Deutschland haben. In vielen Fällen handelt es sich um Kinder oder Enkel. Diese Fälle stellen nach Auffassung der Fragesteller einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben der Betroffenen dar und sind mit Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte „Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens “ nicht vereinbar. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung versteht die vorliegende Kleine Anfrage dahingehend, dass sie auf die Menschenrechtslage der deutschstämmigen Minderheit in der ukrainischen Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol sowie in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teilen der Verwaltungsgebiete Donezk und Luhansk abzielt. Die Bundesregierung betont die Nichtanerkennung der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol durch die Russische Föderation und unterstreicht ihr Engagement für die Souveränität und die vollständige Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine . 1. Wie viele Deutschstämmige leben nach Kenntnis der Bundesregierung auf der Krim und im Donbass im Zeitraum von 2010 bis heute (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Falls keine Daten vorliegen, warum liegen der Bundesregierung diese Erkenntnisse nicht vor? Die letzte Volkszählung fand in der Ukraine im Jahr 2001 statt. Damals bezeichneten sich insgesamt 33 302 ukrainische Staatsangehörige als ethnisch deutsch, davon lebten 2 536 auf der Krim, 4 620 im Gebiet Donezk sowie 1 555 im Gebiet Luhansk. Weitere Details können der Webseite des Rats der Deutschen in der Ukraine entnommen werden: http://deutsche.in.ua/de/cms/census_data.html. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 2. Gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, Ausnahmeregelungen zu schaffen, die es Russlanddeutschen von der Krim und aus dem Donbass ermöglichen , ein Besuchervisum (Schengen-Visum) nach Deutschland und die EU zu erhalten. Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Die Kompetenz zur Regelung, wer für Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen visumfrei einreisen kann und hierfür kein Schengen-Visum benötigt, wurde der Europäischen Union (EU) übertragen. Die dementsprechend erlassene Verordnung (EG) Nr. 539/2001 stellt europarechtlich vereinheitlicht auf die Staatsangehörigkeit der Reisenden ab. Ausnahmeregelungen für deutschstämmige Bewohner der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5515 Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und aus den Verwaltungsgebieten Donezk und Luhansk sind durch die Bundesregierung nicht geplant. Wie alle ukrainischen Staatsangehörigen können Angehörige der deutschen Minderheit in der Ukraine, die auf der völkerrechtswidrig durch Russland annektierten Krim oder in den nicht-regierungskontrollierten Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk leben, mit einem biometrischen ukrainischen Reisepass für Kurzaufenthalte visumfrei in den Schengen-Raum und damit nach Deutschland einreisen. Sofern sie nicht über einen solchen Reisepass verfügen und daher ein Schengen- Visum benötigen, können sie dies kurzfristig bei der Botschaft Kiew oder den fünf Visaantragzentren in der Ukraine (Lemberg, Kiew, Dnipro, Odessa und Charkiw) beantragen. Wartezeiten bei der Beantragung von Schengen-Visa bestehen derzeit nicht. 3. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, wie viele Visa-Anträge von Russlanddeutschen Krim und Donbass-Einwohnern vor und nach 2014 gestellt wurden? Wie viele sind davon genehmigt worden? Wie viele wurden davon abgelehnt? Informationen zur Anzahl der gestellten Visa-Anträge durch deutschstämmige Bewohnerinnen und Bewohner der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und aus den Verwaltungsgebieten Donezk und Luhansk und zu den Entscheidungen liegen nicht vor, da die ethnische Zugehörigkeit statistisch nicht erfasst wird. 4. Welche Mechanismen in puncto Visa-Erleichterung für die Russlanddeutschen auf der Krim (und im Donbass) schlägt die Bundesregierung vor? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 5. Sind nach Sicht der Bundesregierung humanitär begründete Sonderregelungen für die Aufnahme der Angehörigen der Russlanddeutschen auf der Krim und im Donbass gerechtfertigt? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, warum nicht? Sonderregelungen für die Aufnahme deutschstämmiger Bewohnerinnen und Bewohner der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und der Verwaltungsgebiete Donezk und Luhansk sind durch die Bundesregierung nicht geplant . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 6. Sind Erleichterungen bei den Sprachtests für die Russlanddeutschen – Nachweis der Kenntnisse erst zwölf Monate nach der Einreise – möglich? Gibt es andere Gruppen, bei denen dies möglich ist? Sofern sich die Frage auf Sprachtests im Rahmen des Spätaussiedleraufnahmeverfahrens bezieht, wird auf § 6 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) verwiesen . Das im BVFG geregelte Spätaussiedleraufnahmeverfahren dient dem Ausgleich des Kriegsfolgenschicksals nach dem Zweiten Weltkrieg. Aktuelle Krisen erfasst es nach seinem Regelungsgehalt nicht. Dementsprechend sind keine Erleichterungen vorgesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5515 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, wie viele Anträge auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft vor und nach 2014 von der Russlanddeutschen aus der Krim und dem Donbass und den anderen Volksgruppen gestellt wurden? Wie viele davon wurden genehmigt? Wie viele davon wurden abgelehnt? Anträge auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband werden von der Gruppe der Spätaussiedler grundsätzlich nicht mehr gestellt. Vielmehr stellt das Bundesverwaltungsamt gemäß § 15 BVFG Spätaussiedlern auf Antrag zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Mit Ausstellung dieser Bescheinigung erwerben Spätaussiedler gemäß § 7 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Bundesregierung liegen keine gesonderten statistischen Erhebungen zu Spätaussiedleranträgen aus der Krim und dem Donbass vor, da Spätaussiedleranträge in der Ukraine nicht nach Regionen erfasst werden. 8. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie viele Russlanddeutsche seit 2014 auf die Krim rückgewandert sind? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 9. Ist humanitäre Hilfe für die Russlanddeutschen auf der Krim und im Donbass von der Seite der Bundesregierung vorgesehen? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, warum nicht? Die Bereitstellung von humanitärer Hilfe speziell für deutschstämmige Bewohner der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und der Verwaltungsgebiete Donezk und Luhansk durch die Bundesregierung ist nicht geplant. Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe auf der Basis der humanitären Prinzipien , also unabhängig von der ethnischen, religiösen oder sonstigen Zugehörigkeit der betroffenen Menschen, sowie auf Grundlage von durch die Vereinten Nationen (VN) oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erstellten Bedarfsplänen. Solche humanitären Hilfspläne liegen für die Krim nicht vor. In der Ostukraine leistet die Bundesregierung humanitäre Hilfe für die konfliktbetroffene Bevölkerung auf beiden Seiten der Kontaktlinie. Grundlage sind der „Ukraine Humanitarian Response Plan 2018“ der VN und der Hilfsplan des IKRK. 10. Liegen der Bundesregierung Zahlen darüber vor, wie viele Krankenhäuser, Pflegeheime, Pflegestationen es auf der Krim und im Donbass gibt und wie viele Personen dort untergebracht sind? Eine Liste der in der Ukraine zugelassenen medizinischen Versorgungseinrichtungen , einschließlich Privatkliniken und Ärzten, können der Webseite des ukrainischen Gesundheitsministeriums unter http://moz.gov.ua/uploads/0/1537- entities_20170101.pdf entnommen werden. Details zur Zahl der dort untergebrachten Personen liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5515 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Menschenrechtslage der russlanddeutschen Minderheit auf der Krim und im Donbass? Die Menschenrechtslage der Angehörigen der deutschen Minderheit in der Ukraine , die auf der völkerrechtswidrig durch Russland annektierten Krim oder in den nicht-regierungskontrollierten Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk leben, unterscheidet sich generell nicht von der Situation anderer dort lebender Personen. Die dortige Menschenrechtslage ist Gegenstand regelmäßiger Berichterstattung der Menschenrechtsbeobachtungsmission des Büros der Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) in der Ukraine (HRMMU), zuletzt mit dem 23. Bericht zur Menschenrechtslage in der Ukraine vom 19. September 2018 (www.ohchr.org/Documents/Countries/UA/ReportUkraineMay- August2018_EN.docx) und dem Bericht zur Menschenrechtslage in der zeitweise besetzen Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol vom 13. September 2018 (ww.ohchr.org/Documents/Countries/UA/CrimeaThematicReport10Sept 2018_EN.pdf). Die Bundesregierung teilt die Einschätzungen dieser Berichte. 12. Hat die Bundesregierung eine Unterstützung der Ombudsstellen für Menschenrechte auf der Krim und im Donbass in Erwägung gezogen? Die Bundesregierung pflegt einen engen Austausch mit dem Büro der Ombudsfrau für Menschenrechte des ukrainischen Parlaments. Der Träger des deutschfranzösischen Menschenrechtspreises 2017, Pavlo Lysianskyi, ist Beauftragter der Ombudsfrau für die Situation in den Gebieten Donezk und Luhansk. Darüber hinaus bestehen enge Kontakte zu Nichtregierungsorganisationen, die sich mit der Lage der Menschenrechte auf der Krim und im Donbass beschäftigen. Die Bundesregierung fördert in diesem Zusammenhang zahlreiche Projekte. 13. Hält die Bundesregierung einen Austausch auf der zivilgesellschaftlichen Ebene beider Länder für sinnvoll, und inwieweit besteht die Bereitschaft, dies über eine humanitäre Projektzusammenarbeit zu unterstützen? Die Bundesregierung steht in einem engen und intensiven Austausch mit der ukrainischen Zivilgesellschaft und setzt sich zusammen mit der EU mittels zahlreicher Projekte für die Stärkung des deutsch-ukrainischen und EU-ukrainischen zivilgesellschaftlichen Austauschs ein. Die Bundesregierung ist der größte humanitäre Geber in der Ukraine. Darüber hinaus fördert die Bundesregierung zahlreiche Projekte im Rahmen des Programms „Ausbau der Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland“. Damit soll den engagierten Akteurinnen und Akteuren der ukrainischen Zivilgesellschaft die Gelegenheit gegeben werden, den sozialen Zusammenhalt und den Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen in der Region zu stärken, um den europäischen Gedanken zu festigen, die Grundlagen einer freiheitlich-demokratischen und pluralistischen Grundordnung zu fördern und zum friedvollen Miteinander der Völker in Europa in Zukunft beizutragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333