Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 26. Januar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/571 19. Wahlperiode 30.01.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/321 – Evakuierungsplan von Flüchtlingen aus Libyen auf dem EU-Afrika-Gipfel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Auf dem EU-Afrika-Gipfel von Abidjan wurden am 29. November 2017 sogenannte Notfallevakuierungen von in Libyen „von Menschenhändlern“ festgehaltenen Schutzsuchenden beschlossen. In diesem Rahmen hatten die Vereinten Nationen, die EU und die Afrikanische Union angekündigt, die „beschleunigte“ Rückführung von Migrantinnen und Migranten in ihre Heimatländer „auf freiwilliger Basis“ aus Libyen zu forcieren. Flüchtlinge, die internationalen Schutz benötigen, sollten zunächst unter Federführung des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in den Tschad oder Niger gebracht werden und von dort durch sogenannte Resettlement-Programme in „sichere Staaten“ verteilt werden (www.derwesten.de/politik/frankreich-erwaegt-militaereinsatzgegen -schlepper-in-afrika-id212691837.html). Dieser Neuansiedlungsmechanismus ist schon zuvor u. a. von der EU-Kommission in einer Erklärung vom 28. August 2017 vorgeschlagen worden. Dort hieß es, dass dieser Neuansiedlungsmechanismus aus Identifizierung durch den UNHCR und Registrierung durch die Behörden des Erstaufnahmelandes bestehen solle. Im Rahmen der Kriterien ist nicht nur von asylpolitischen Gründen, sondern auch von ökonomischen Aspekten wie auch Sicherheitsaspekten die Rede (http://europa.eu/ rapid/press-release_STATEMENT-17-2981_fr.htm). Weiterhin habe man mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajis as-Sarradsch vereinbart, dass der UN- HCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) Zugang zu den Lagern in seinem Machtbereich erhielten. Der französische Ministerpräsident Emmanuel Macron hatte angekündigt, im Rahmen eines „Evakuierungsplans“ „konkrete militärische und polizeiliche Aktionen vor Ort zu starten“ (www. derwesten.de/politik/frankreich-erwaegt-militaereinsatz-gegen-schlepper-in-afrikaid 212691837.html). Der UNHCR hat den sog. Merkel-Macron-Plan zur „Evakuierung “ der in Libyen festsitzenden Migrantinnen und Migranten in afrikanische Drittländer wie den Tschad und Niger kritisiert. Dieses Verfahren komme „weiterhin nur für eine Handvoll Flüchtlinge in Frage“ und man müsse vielmehr in Libyen selbst „Schutzgründe prüfen und das Resettlement von dort nach Europa ermöglichen“ (www.zeit.de/politik/deutschland/2017-12/eu-afrika-gipfelevakuierung -fluechtlinge-lager-libyen-reaktionen). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/571 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die flüchtlingspolitische Nichtregierungsorganisation „PRO ASYL e. V.“ erklärte : „Europa hat dieses menschenrechtliche Desaster in Libyen mitverursacht . Die EU-Staaten spielen mit ihrem Libyen-Deal mit dem Menschenleben zehntausender Flüchtlinge und Migranten. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben finanzielle Deals mit Schleppern, Menschenhändlern, Gangstern und Milizen im zerfallenen Libyen gemacht, waren aber nicht bereit, die inhaftierten Flüchtlinge und Migranten frei zu kaufen.“ Aus dieser politischen Verantwortung leitet „PRO ASYL“ die Forderung ab: „Eine Rettungsaktion ist das Gebot der Stunde. Das bedeutet: Zehntausende Opfer müssen schnell und unbürokratisch nach Europa ausgeflogen werden“ (www.proasyl.de/news/fluechtlings martyrium-in-libyen-europa-muss-handeln/). Das Bundesministerium der Finanzen teilte in der Unterrichtung durch die Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 19/143) zur Haushaltsführung 2017 mit, dass 20 Mio. Euro genehmigt worden seien, um „die humanitäre Notsituation von Flüchtlingen und anderen humanitär Hilfsbedürftigen in Libyen zu lindern“, und auf Bundestagsdrucksache 19/142 zur Haushaltsführung 2017, dass das Bundesfinanzministerium eine überplanmäßige Ausgabe im Bereich „Unterstützung von internationalen Maßnahmen, auf den Gebieten Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung“ von 100 Mio. Euro genehmigt habe. Diese Mittel sollten demnach dazu beitragen, „für Schutz, Versorgung und freiwillige Rückkehr von Migranten, Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in und aus Libyen zu sorgen sowie bei der Unterstützung zur Stabilisierung aufnehmender Gemeinden zu helfen“. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Bei Gesprächen am Rande des Gipfels der Afrikanischen Union und Europäischen Union (AU-EU-Gipfel) in Abidjan am 29. und 30. November 2017 haben Vertreter europäischer und afrikanischer Staaten, der EU, der AU und der Vereinten Nationen (VN) einen 9-Punkte Plan vereinbart, insbesondere um den Schutz und die Versorgung von Flüchtlingen und Migranten in Libyen zu verbessern und freiwillige Rückkehr zu erleichtern. Der Vorsitzende des libyschen Präsidialrates Sarraj hat in diesen Gesprächen Zugang zu Lagern für Flüchtlinge und Migranten für internationale Organisationen zugesagt. Die AU hat ihrerseits Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr von Migranten in ihre Heimatländer zugesagt. Für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge sollen Plätze für „Resettlement “ auch nach Europa bereitgestellt werden. Bereits vor dem AU-EU-Gipfel hat das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) einen entsprechenden Nottransitmechanismus („Emergency Transit Mechanism“/ETM) etabliert , über den schutzbedürftige Flüchtlinge zunächst nach Niamey verbracht und von dort aus von Drittstaaten aufgenommen werden können. EU und AU wollen ferner beim Informationsaustausch zu kriminellen Schleusernetzwerken zusammenarbeiten . Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von EU, AU und VN soll für eine zeitnahe Umsetzung der Vereinbarung sorgen, erste Treffen haben bereits stattgefunden . Diese Maßnahmen dienen dazu, die humanitäre Lage von Tausenden von Migranten und Flüchtlingen in Libyen zu verbessern. Die Bundesregierung unterstützt die Internationale Organisation für Migration (IOM) bei den inzwischen deutlich ausgeweiteten Programmen zur freiwilligen Rückkehr von Migranten in ihre Heimatländer. Sie stellt auch umfangreiche Mittel für UNHCR und andere internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zur Verfügung, um eine bessere Versorgung von Migranten und Flüchtlingen in Libyen zu unterstützen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/571 1. Welche Pläne welcher internationalen Institutionen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zur Evakuierung welcher Flüchtlinge aus Libyen? Nach Kenntnis der Bundesregierung plant UNHCR weitere Evakuierungsmaßnahmen besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus Libyen in Drittländer im Rahmen des ETM. Bislang wurden nach Auskunft des UNHCR rund 400 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Libyen evakuiert. Die Evakuierung von weiteren besonders schutzbedürftigen 900 Flüchtlingen, die in Libyen als besonders gefährdet angesehen werden, ist nach Angaben des UNHCR geplant. Die bislang evakuierten Flüchtlinge stammten u. a. aus Äthiopien, Eritrea, Jemen und Somalia. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 2. Welche substanziellen Veränderungen in Libyen haben nach Kenntnis der Bundesregierung zu den Evakuierungsplänen geführt? Aufgrund der in Teilen Libyens verbesserten Sicherheitslage haben internationale Organisationen wie UNHCR und IOM ihre Präsenz und Kapazitäten im Land im Jahr 2017 verstärken können und verfügen inzwischen über einen verbesserten Zugang zu Migranten und Flüchtlingen in Libyen. 3. Inwiefern wirkt sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Bekanntwerden der Zustände in Libyen auf die Zusammenarbeit und Ausbildungsmission mit libyschen Behörden im Rahmen der Operation SOPHIA und insbesondere mit der libyschen Küstenwache aus? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 13. Dezember 2017 auf Bundestagsdrucksache 19/253 sowie die Antworten zu den Fragen 5 und 8 wird verwiesen. 4. Inwiefern stellt nach Auffassung der Bundesregierung Libyen einen „sicheren Hafen“ dar im Sinne des Seerechts, an den Schiffbrüchige gebracht werden können (www.welt.de/politik/ausland/article166782186/Diese-Regelnsieht -der-Verhaltenskodex-fuer-NGOs-vor.html)? Weder das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) noch das Internationale Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See oder das Internationale Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See verwenden den Begriff eines „sicheren Hafens“. Der Begriff eines Ortes, an dem auch ausgeschifft werden kann, wird in der Resolution MSC.167(78) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation behandelt. Er legt die allgemeine Verpflichtung zur Seenotrettung nach Artikel 98 SRÜ aus und ist ausgerichtet auf die praktische Beendigung der jeweiligen Gefahrenlage für Schiffbrüchige auf See sowie der jeweiligen Rettungsmaßnahmen. Entsprechende Orte sind auch in Libyen gegeben. 5. Was ist der Bundesregierung über das Schicksal von Flüchtlingen, die von der libyschen Küstenwache aufgegriffen und nach Libyen zurückverbracht wurden, bekannt, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Flüchtlinge und Migranten, die von der libyschen Küstenwache im Mittelmeer auf Schiffe übernommen werden, werden an Anlandepunkten von UNHCR sowie IOM erstversorgt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/571 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die meisten Flüchtlinge und Migranten werden danach in Einrichtungen der staatliche Behörde für Migrationsbekämpfung (“Department for Combating Illegal Migration“ – DCIM), sogenannte „Detention Centers“, gebracht. Die libyschen Behörden sind verstärkt bestrebt, mit Hilfe von IOM, von dort Migranten in ihre afrikanischen Heimatländer im Rahmen der freiwilligen Rückkehr zurückzuführen . Allein im Jahr 2017 sind rund 19 000 Migranten überwiegend aus Subsaharaafrika freiwillig per Flugzeug in ihre Heimatländer zurückgekehrt. UN- HCR hat bislang rund 400 Flüchtlinge im Rahmen des ETM evakuiert. 6. Auf welche in Libyen aufhältigen Schutzsuchenden trifft der auf dem EU- Afrika-Gipfel im November 2017 vereinbarte „Evakuierungsplan“ nach Kenntnis der Bundesregierung zu? Der Evakuierungsmechanismus betrifft zuvorderst die freiwillige humanitäre Evakuierung von Migranten durch IOM in ihre Herkunftsländer. Der Nottransitmechanismus (ETM) trifft auf jene Flüchtlinge zu, die vom UNHCR als besonders schutzbedürftig und als in Libyen besonders gefährdet angesehen werden. 7. Inwiefern wurde nach Kenntnis der Bundesregierung darüber diskutiert, die betroffenen Schutzsuchenden aus Libyen nach Europa zu evakuieren, und warum wurden möglicherweise derartige Vorschläge abgelehnt (bitte ausführlich benennen)? Unmittelbare Evakuierungen aus Libyen nach Europa werden von UNHCR abhängig von der Sicherheitslage bereits durchgeführt, erstmalig am 23. Dezember 2017 nach Rom. 8. Betrachtet die Bundesregierung ihr vergangenes Engagement für Menschenrechte von Schutzsuchenden in Libyen als ausreichend (bitte ausführlich begründen )? Die Bundesregierung misst ebenso wie ihre Partner innerhalb der Europäischen Union der flächendeckenden Durchsetzung internationaler Menschenrechtsstandards zugunsten von Flüchtlingen und Migranten in Libyen hohe Priorität zu. Bereits vor dem Gipfel in Abidjan hat die Bundesregierung anlässlich des Treffens der Bundeskanzlerin mit UNHCR-Hochkommissar Grandi und IOM-Generaldirektor Swing am 11. August 2017 die „Initiative für eine Verbesserung der humanitären Infrastruktur für Flüchtlinge und Migranten in Libyen“ eingesetzt. Mit substanzieller finanzieller Unterstützung der Bundesregierung arbeiten internationale Organisationen wie UNHCR, IOM und das IKRK in Libyen an der Verbesserung der Situation von Flüchtlingen und Migranten. Gleichzeitig spricht die Bundesregierung gegenüber der libyschen Einheitsregierung regelmäßig hochrangig an, dass diese die primäre Verantwortung dafür trägt, eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen und Migranten sicherzustellen. Dies gilt auch für die Verbesserung der Zustände in staatlichen „Detention Centers“. Am Rande des AU-EU-Gipfels hat die libysche Einheitsregierung in Ergänzung zu den in der Vorbemerkung dargelegten Maßnahmen dem Aufbau einer offenen Unterbringungseinrichtung für schutzbedürftige Flüchtlinge in Libyen unter Leitung des UNHCR zugestimmt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/571 9. Wofür wurde bisher die auf Bundestagsdrucksache 19/142 erwähnte überplanmäßige Ausgabe in Libyen von 100 Mio. Euro, u. a. für „Konfliktbewältigung “, konkret verwendet, und welche Ausgaben stehen in diesem Zusammenhang noch an? Die überplanmäßigen Mittel in Höhe von. 100 Mio. Euro werden zur Finanzierung des Programms „Bewältigung gemischter Migrationsströme in Libyen durch die Ausweitung von Schutzangeboten und Unterstützung der lokalen sozio-ökonomischen Entwicklung“ über den EU-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) eingesetzt . Dies entspricht den Ratsschlussfolgerungen des Europäischen Rats vom 19. Oktober 2017, bei dem sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet haben, eine ausreichende und gezielte Finanzierung von Projekten auch über das Nordafrika- Fenster des EUTF Afrika sicherzustellen. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/246 wird verwiesen. Das Programm besteht aus zwei Komponenten, die jeweils von mehreren Durchführern umgesetzt werden. Die Komponente „Protection “ dient dem Schutz und der Unterstützung besonders vulnerabler Gruppen, vor allem Migranten, Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in Libyen, inbesondere in „Detention Centers“, an Landungsplätzen und in städtischen Gebieten. In diesem Rahmen wird zudem die freiwillige Rückkehr von Migranten in ihre Heimatländer gefördert. Die Komponente „Socio-economic Development at Municipal Level and Local Governance“ befasst sich mit der Unterstützung der lokalen Autoritäten und Verwaltungen bei der Ausübung ihrer Aufgaben und Pflichten für die lokale Bevölkerung, der Verbesserung von Basisdienstleistungen auf lokaler Ebene sowie den verbesserten Zugang zu diesen Leistungen für gefährdete Gruppen, insbesondere Flüchtlinge und Migranten. Weitere Ausgaben stehen in diesem Zusammenhang derzeit nicht an. 10. Wofür wurden bisher die auf Bundestagsdrucksache 19/143 erwähnten 20 Mio. Euro für als „humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland“ ausgewiesene überplanmäßige Ausgabe, „um die die humanitäre Notsituation von Flüchtlingen und anderen humanitär Hilfsbedürftigen in Libyen zu lindern“, konkret verwendet, und welche Ausgaben stehen in diesem Zusammenhang noch an? Mit den genannten überplanmäßigen Haushaltsmitteln wurden vom UNHCR durchgeführte Hilfsmaßnahmen finanziert, unter anderem die Versorgung von 75 000 Hilfsbedürftigen mit grundlegenden Hilfsgütern (etwa Kleidung, Decken ), Versorgung von 20 000 Frauen und Mädchen mit grundlegenden Hygieneartikeln , Erstversorgung für Flüchtlinge an Anlandestellen, mobile Versorgung und Beratung von Hilfsbedürftigen in Gemeindezentren und medizinische Versorgung für Hilfsbedürftige innerhalb und außerhalb von „Detention Centers“. Diese Mittel sind 2017 vollständig abgeflossen. 11. Was ist der vereinbarte „Machtbereich“ des libyschen Ministerpräsidenten Fajis as-Sarradsch (bitte genauer bezeichnen), in welchen anderen Machtbereichen welcher anderen Machthaber befinden sich ebenfalls Flüchtlingslager in Libyen, und welche Absprachen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die EU mit diesen getroffen? Präsidialrat und Einheitsregierung wurden durch das Libysche Politische Abkommen von 2015 für den gesamten Staat Libyen zur obersten Staats- bzw. Regierungsgewalt berufen. Das Abkommen wurde mit Resolution 2259 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen indossiert. Faktisch üben diese Organe die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/571 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Staatsgewalt bisher aber nicht auf dem gesamten libyschen Staatsgebiet aus. Es gibt informelle „Detention Centers“, die nicht unter der Kontrolle des DCIM stehen . Die weitergehende Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Bundesnachrichtendienstes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Ebenso schutzbedürftig sind in diesem besonderen Einzelfall Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Eine Veröffentlichung von solchen Einzelheiten würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf die Aufklärungsschwerpunkte, Methoden der Erkenntnisgewinnung und Kooperationen mit anderen Nachrichtendiensten zu. Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes Nachteile zur Folge haben. Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch “ eingestuft.* 12. Inwiefern und wann haben sich die Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung Vertreter der EU um einen „Direktzugang“ zu den von Fajis as Sarradsch benannten Flüchtlingslagern in Libyen bemüht, und wie wurde auf etwaige Ersuchen von libyscher Seite reagiert? Zugang zu „Detention Centers“ wird in erster Linie von internationalen Organisationen wahrgenommen. Auch Vertreter der Bundesregierung und der EU erhalten regelmäßig Zugang zu „Detention Centers“. Der Bundesminister des Auswärtigen , Sigmar Gabriel, besuchte im Juni 2017 ein „Detention Center“ in Tripolis. 13. Aus welchem Grund waren die Flüchtlingslager im Machtbereich von Fajis as Sarradsch in Libyen zuvor internationalen Institutionen verschlossen, und welche Anstrengungen hat die Bundesregierung bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung die EU unternommen, um diese Situation zu ändern? Internationale Organisationen hatten zunächst aufgrund der volatilen Sicherheitslage in Libyen sowie administrativer Hürden eingeschränkten Zugang zu „Detention Centers“. Die Bundesregierung und die EU setzten sich jedoch mit Erfolg kontinuierlich dafür ein, ihnen den Zugang zu „Detention Centers“ zu erleichtern. 14. Welche Neuerungen bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung im in Abidjan vereinbarten „Evakuierungsplan“ gegenüber dem in der Erklärung der Europäischen Kommission vom 28. August 2017 vorgestellten Plan zur Überstellung von Schutzbedürftigen aus Libyen nach Tschad und Niger und der Möglichkeit, von dort aus an Resettlement-Programmen in Drittstaaten teilzunehmen? Die Gemeinsame Erklärung des Paris-Treffens vom 28. August 2017 (Deutschland , Frankreich, Italien, Spanien, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, Libyen, Niger und Tschad) sieht die Ausweitung von „Resettlement“ für Personen mit Anspruch auf internationalen * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/571 Schutz, die sich in Niger und Tschad befinden, zusammen mit UNHCR vor, abhängig von der Sicherheitslage auch von Libyen aus. Die Gemeinsame Erklärung des AU-EU-Gipfels bekräftigt das Bekenntnis zu raschem „Resettlement“. In diesen Kontext fällt auch der Nottransitmechanismus des UNHCR, der Evakuierungen von schutzbedürftigen Personen aus Libyen nach Niger mit der Perspektive eines folgenden „Resettlements“ vorsieht. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 15. Welche Staaten gelten nach Kenntnis der Bundesregierung nach dem auf dem EU-Afrika-Gipfel vereinbarten „Evakuierungsplan“ als mögliche sichere Drittstaaten, in denen Resettlement-Programme betrieben werden könnten, und gibt es schon Zusicherungen zur Übernahme von vom „Evakuierungsplan “ betroffenen Schutzsuchenden in Europa (falls ja, bitte Umfang der geplanten Übernahme und entsprechende Länder anführen)? Im Rahmen des AU-EU-Gipfels wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Nottransitmechanismus keine möglichen Drittstaaten, in denen „Resettlement“-Programme betrieben werden könnten, genannt. In der Praxis wird „Resettlement“ derzeit im Rahmen des Nottransitmechanismus aus Niger durchgeführt. Bislang haben Frankreich, Italien und die Schweiz sich bereit erklärt, Flüchtlinge, die aus Libyen evakuiert wurden, aufzunehmen. Die Bundesregierung hat darüber hinaus keine Kenntnis über bereits erfolgte Zusicherungen zur Übernahme von weiteren evakuierten Flüchtlingen. 16. Wie soll nach Kenntnis der Bundesregierung die „Evakuierung“ von Schutzsuchenden aus Libyen in den Tschad und Niger konkret umgesetzt werden? UNHCR soll in Frage kommende, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge identifizieren und in Absprache mit den beteiligten Regierungen evakuieren. a) Wie viele Schutzsuchende sind von der „Evakuierungsmaßnahme“ betroffen ? Es ist unmittelbares Ziel des UNHCR, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge und vor allem auch Flüchtlinge, die in „Detention Centers“ festgehalten werden, aus Libyen zu evakuieren und die Gesamtzahl der evakuierten Flüchtlinge von derzeit rund 400 zeitnah auf insgesamt rund 1 300 im Rahmen des ETM zu erhöhen . b) Wie und nach welchen Kriterien soll die Schutzbedürftigkeit der evakuierten oder zu evakuierenden Schutzsuchenden festgestellt und ihr Rechnung getragen werden? Zur Feststellung der Schutzbedürftigkeit zieht UNHCR etablierte internationale Standards, wie fehlende Aussicht auf Integration im Erstaufnahmeland, besondere rechtliche und physische Schutzbedürfnisse, die sich beispielsweise für Überlebende von Folter und sexueller Gewalt ergeben, oder besondere medizinische Bedürfnisse heran. Die konkrete Auswahl erfolgt darüber hinaus in Zusammenarbeit mit den Aufnahmeländern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/571 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) Inwieweit gibt es Überlegungen, Anhörungen bzw. Screeningverfahren im Tschad oder im Niger durch wen durchzuführen? Nach Kenntnis der Bundesregierung führt UNHCR außerdem in Niger zur Vorbereitung von „Resettlement“ derzeit Screenings sowie Statusdeterminierung und für Minderjährige „Best Interest Assessments/Determinations“ durch. d) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Unterbringung bzw. Vorbereitung der Unterbringung von aus Libyen evakuierten Schutzsuchenden im Niger und im Tschad, bzw. welche Absprachen wurden im Kontext des Abidjan-Gipfels diesbezüglich getroffen? UNHCR bringt nach eigener Aussage aus Libyen nach Niger evakuierte Flüchtlinge derzeit vor allem in Gästehäusern in Niamey unter. In den Tschad werden derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung keine Flüchtlinge aus Libyen evakuiert . Nach Kenntnis der Bundesregierung ist UNHCR in Gesprächen mit der Regierung von Tschad, um Unterbringungsmöglichkeiten zu eruieren für etwaige zukünftig zu evakuierende Flüchtlinge. Der Bundesregierung liegen keine Informationen über konkrete Absprachen hierzu im Kontext des Abidjan-Gipfels vor. e) Wie groß sollen die zu schaffenden Unterbringungskapazitäten im Niger und im Tschad sein? Zu den zu schaffenden Unterbringungskapazitäten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, es wird auf die Antwort zu Frage 16d verwiesen. f) Wo sollen die Unterbringungen für die „Evakuierten“ genau entstehen? Sollen bereits bestehende Flüchtlingslager genutzt werden, und falls ja, welche? Nach Auskunft des UNHCR ist derzeit keine Unterbringung der evakuierten Flüchtlinge in bestehenden Flüchtlingslagern geplant. Es wird außerdem auf die Antwort zu Frage 16d verwiesen. 17. Mit welchen Behörden im Tschad arbeiten die Bundesregierung und nach ihrer Kenntnis die EU migrationspolitisch zusammen? Migrationsfragen werden auf nationaler und EU-Ebene im Rahmen politischer Gespräche thematisiert. Eine konkrete bilaterale Zusammenarbeit deutscher und tschadischer Stellen besteht bisher nicht. Über den EU-Treuhandfonds EUTF wird Projektarbeit im Tschad finanziert. 18. Mit welchen Behörden im Niger arbeiten die Bundesregierung und nach ihrer Kenntnis die EU migrationspolitisch zusammen? Die migrationspolitische Zusammenarbeit der Bundesregierung und der EU mit Niger erfolgt im Rahmen des umfassenden EU-Ansatzes zu Migration. Die Umsetzung dieses Engagements wird von EU-Seite durch regelmäßige Sherpa-Treffen und von Seiten der Bundesregierung durch hochrangige bilaterale Besuche nachgehalten. Dabei werden Gespräche mit Regierungsstellen und Vertretern der Regionalebene in Niger geführt. Eine Zusammenarbeit besteht insbesondere mit dem Außen- und dem Entwicklungsministerium sowie mit Ministerien und Verwaltungen im Bildungs-, Ernährungs-, Gesundheits- und im Bereich des Inneren, der Dezentralisierung und der Sicherheit. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/571 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation von Geflüchteten im Niger? In Niger haben laut dem Büro zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UNOCHA, Stand 7. Dezember 2017) ca. 183 000 Flüchtlinge Aufnahme gefunden, davon 127 000 Flüchtlinge aus Nigeria und etwa 56 000 aus Mali. Da diese Gruppen jeweils grenzüberschreitenden Ethnien angehören, leben sie meist in und mit den grenznahen Gemeinden zu Mali bzw. Nigeria. Einzelne haben ein formelles nigrisches Asylverfahren durchlaufen und verfügen über eine individuelle Anerkennung. Sie leben weitgehend unter ähnlichen Bedingungen wie die einheimisch-ansässige Bevölkerung und erhalten humanitäre Hilfeleistungen internationaler Geber und der Bundesregierung. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation von Geflüchteten im Tschad? In Tschad haben laut UNHCR Stand November 2017 insgesamt ca. 410 000 Flüchtlinge aus Sudan (323 000), Zentralafrikanische Republik (76 400) und Nigeria (9 800) Aufnahme gefunden. Zusätzlich gibt es ca. 102 000 Binnenvertriebene . Im Mai 2017 haben Tschad, Sudan und UNHCR ein Abkommen zur freiwilligen Rückkehr der sudanesischen Flüchtlinge in ihre Heimat unterschrieben . Die Flüchtlinge leben unter ähnlichen Bedingungen wie die einheimischansässige Bevölkerung und erhalten humanitäre Hilfeleistungen internationaler Geber und der Bundesregierung. 21. Hat die Bundesregierung Kenntnis von EU-Plänen, Anhörungs- oder Screeningprozeduren in Libyen oder anderen Staaten außerhalb der EU durchzuführen bzw. durchführen zu lassen, und falls ja, welche Haltung nimmt sie diesen Plänen gegenüber ein? Auf Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 24 und 25 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/433 vom 15. Januar 2018 wird verwiesen. In Libyen werden – soweit möglich – durch den UNHCR bereits Flüchtlingsstatusbestimmungen durchgeführt. Das beschriebene Vorgehen dient der verstärkten Durchführung von „Resettlements“, die die Bundesregierung unterstützt . Weitere Pläne sind der Bundesregierung nicht bekannt. 22. Welche Pläne oder Überlegungen gibt es, bzw. von welchen hat die Bundesregierung im EU-Kontext Kenntnis, Lager, Detention Centers oder Reception Centers oder andere Formen der Unterbringung in den G5-Staaten aufzubauen ? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über Pläne für den Aufbau derartiger Einrichtungen. IOM unterhält bereits seit Jahren sieben offene Transitzentren in Niger und auch UNHCR ist in den G5-Ländern präsent und betreibt Flüchtlingslager . 23. Wie soll nach Kenntnis der Bundesregierung garantiert werden, dass die aus Libyen evakuierten Schutzsuchenden in den neuen Aufnahmeländern nicht ebenfalls in eine verzweifelte Notlage geraten? Nach der Evakuierung nach Niger und zukünftig möglicherweise auch Tschad wählt UNHCR Aufnahmeländer für „Resettlement“ unter Einbeziehung zahlreicher Kriterien aus. Bei der Auswahl sind für UNHCR etwa die Verfügbarkeit von Serviceleistungen zur Deckung der besonderen Bedürfnisse der evakuierten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/571 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Flüchtlinge (z. B. Zugang zu besonderen medizinischen Leistungen) oder die zu erwartende Unterstützung der aufnehmenden Gemeinschaft, die den Schutz und die Versorgung der evakuierten Flüchtlinge gewährleisten sollen, ausschlaggebende Kriterien. 24. Sind seitens der Bundesregierung oder nach deren Kenntnis seitens der EU mit G5-Staaten Rückführungsabkommen nach dem Vorbild des EU-Türkei- Abkommens geplant oder diskutiert worden, und wenn ja, in welchem Rahmen und mit welchem Ergebnis? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von derartigen Planungen oder Diskussionen . 25. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Umsetzung der Forderung des UNHCR vom Februar 2017 nach 40 000 Resettlement-Plätzen entlang der Libyen-Route (www.news24.com/Africa/News/un-says-libya-toset -up-migrant-transfer-centre-20171130)? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat UNHCR bislang Zusicherungen für die Übernahme von 13 000 „Resettlement“-Plätzen entlang der zentralen Mittelmeerroute über die kommenden zwei Jahre erhalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333