Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 25. Januar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/573 19. Wahlperiode 26.01.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Petr Bystron, Nicole Höchst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion AfD – Drucksache 19/410 – Bau eines Holocaust-Mahnmals in Sichtweite des Hauses eines Mandatsträgers der AfD durch das Künstlerkollektiv Zentrum für politische Schönheit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 22. November 2017 enthüllte das in Berlin ansässige Künstlerkollektiv Zentrum für politische Schönheit (ZPS) 24 Stelen auf einem gepachteten Nachbargrundstück in Sichtweite des Hauses eines Mandatsträgers der AfD im Thüringer Landtag. Die Installation versteht sich als verkleinerter Nachbau des Holocaust -Mahnmals in Berlin. Mit dieser Kunstaktion will das ZPS gegen eine Rede des AfD-Politikers protestieren, die er im Januar 2017 hielt (www.mdr.de/ kultur/zentrum-fuer-politische-schoenheit-aktion-bjoern-hoecke-holocaust-mahnmal- 100.html). Das ZPS hat überdies einen „Zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutz Thüringen“ gegründet, weil, so die Begründung, das Bundesamt für Verfassungsschutz den AfD-Politiker nicht beobachte (https://deine-stele.de). Mit dieser Kunstaktion war offenbar auch eine zehnmonatige Überwachung des Hauses verbunden, in dem der AfD-Politiker mit seiner Familie lebt (www. thueringen24.de/thueringen/article212705691/Aktivisten-veroeffentlichen-Detailszur -Hoecke-Observation.html). Das ZPS drohte offenbar damit, ausgespähte Details aus dem privaten Umfeld des AfD-Politikers öffentlich zu machen, wenn er nicht Abbitte für seine oben angesprochene Rede leiste und vor dem Holocaust-Mahnmal des ZPS niederkniee (www.n-tv.de/politik/Holocaust- Mahnmal-vor-Hoeckes-Haus-gebaut-article20145118.html). Die Fragesteller sehen in dieser Aktion die Grenzen der Kunstfreiheit überschritten, weil hier aus ihrer Sicht die Persönlichkeitsrechte eines Mandatsträgers verletzt worden sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/573 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Inwieweit teilt die Bundesregierung diese Auffassung, dass es sich bei dieser Kunstaktion des ZPS gegen einen Mandatsträger der AfD im Thüringer Landtag um einen Angriff auf die Freiheit des Mandats und die Unversehrtheit der Familie handelt? 2. Erwägt die Bundesregierung Maßnahmen, um derartige aus Sicht der Fragesteller als Angriffe auf die Freiheit des Mandats zu wertende Aktionen in Zukunft zu erschweren? a) Falls ja, welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen? b) Falls nein, warum erwägt die Bundesregierung keine Maßnahmen? 3. Sieht die Bundesregierung im konkreten Fall die Grenzen der Freiheit der Kunst überschritten, weil hier andere im Grundgesetz (GG) garantierte Rechte wie zum Beispiel das Persönlichkeitsrecht, das die Privatsphäre schützen soll, die persönliche Freiheit eines Parlamentsmitglieds (Artikel 46 Absatz 3 und 4 GG) oder der Schutz der Menschenwürde beeinträchtigt worden sind? a) Falls ja, erwägt die Bundesregierung Maßnahmen, um die Persönlichkeitsrechte von Abgeordneten im Hinblick auf Grenzüberschreitungen, die mit der Freiheit der Kunst begründet werden, in Zukunft umfassender zu schützen? b) Falls nein, warum sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf? Die Fragen 1, 2 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Frage, ob es sich bei der von den Fragestellern erwähnten oder ähnlichen Aktionen um eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten handelt, ist grundsätzlich einer gerichtlichen Klärung durch den Betroffenen zugänglich. Die Bundesregierung bewertet solche konkreten Einzelfälle, wie sie in den Fragen angesprochen werden, nicht. Die Bundesregierung erwägt deshalb auch keine Maßnahmen im Sinne der Fragestellung. 4. Kann die Bundesregierung Kriterien dafür angeben, wann die Freiheit der Kunst aus ihrer Sicht an ihre Grenzen stößt? a) Kann die Bundesregierung hierfür Beispiele nennen? b) Welche Konsequenzen wurden aus diesen Fällen ggf. gezogen? Die Kunstfreiheit ist nicht mit einem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt versehen. Sie ist aber nicht schrankenlos gewährleistet, sondern findet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ihre Grenzen unmittelbar in anderen Bestimmungen der Verfassung, die ein in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ebenfalls wesentliches Rechtsgut schützen. Bei einem Konflikt von Persönlichkeitsrecht und Kunstfreiheit ist dem durch eine umfassende Abwägung Rechnung zu tragen, die alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt . Maßgeblich ist aus Sicht der Bundesregierung daher die verfassungsrechtliche Kasuistik, die bei Bedarf für die Beurteilung des Einzelfalls durch Verwaltung und ggf. Gerichte zu beachten ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/573 5. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob Aktivisten des ZPS mit öffentlichen Geldern, zum Beispiel aus dem Hauptstadtkulturfonds, gefördert werden oder wurden? a) Falls ja, hat die Bundesregierung Kenntnis von der Verwendung dieser öffentlichen Gelder? b) Wurden diese öffentlichen Gelder ggf. zurückgefordert? Der Hauptstadtkulturfonds, der Einzelprojekte aus Mitteln des Bundes unterstützt , gewährte im Jahr 2014 auf der Grundlage einer Juryempfehlung dem Maxim -Gorki-Theater Berlin als Zuwendungsempfänger eine Förderung für das spartenübergreifende Projekt „Voicing Resistance“. Im Rahmen dieses Projektes hat auch das „Zentrum für politische Schönheit“ ein Vorhaben durchgeführt. Die gewährten Fördermittel wurden nicht zurückgefordert. 6. Wie beurteilt die Bundesregierung die wiederholte Kooperation des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, dessen Projekte immer wieder auch mit Mitteln des Hauptstadtkulturfonds gefördert werden, mit dem ZPS (www.morgenpost.de vom 8. November 2014)? Das Maxim-Gorki-Theater ist eine gemeinnützige nichtrechtsfähige Anstalt, die vom Land Berlin gem. § 26 LHO institutionell gefördert wird und der Aufsicht des Senators für Kultur und Europa unterliegt. Das Theater hat in der Vergangenheit für verschiedene Projekte erfolgreich Drittmittel eingeworben, u. a. Mittel des Hauptstadtkulturfonds. Die Verteilung der Mittel des Hauptstadtkulturfonds erfolgt auf der Grundlage der Empfehlungen einer unabhängigen Jury. Zudem können nur solche Projekte gefördert werden, die die Förderkriterien erfüllen. Das Theater ist in der Ausgestaltung seiner Kooperationen frei und unabhängig von der Einschätzung der Bundesregierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333