Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5732 19. Wahlperiode 12.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5297 – Notwendigkeit der Letztsicherung nach Äußerungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Systemrelevanz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In einem Interview am 8. Oktober 2018 erklärte der Exekutivdirektor der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Dr. Thorsten Pötzsch, für Bankenpleiten müsse der deutsche Steuerzahler nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin nicht mehr geradestehen (vgl. zu allem: https://de.reuters.com/ article/deutschland-banken-bafin-idDEKCN1MI0FW?il=0). Dank der neuen Abwicklungsmechanismen sei es inzwischen möglich, auch ein großes Geldhaus abzuwickeln, ohne die Steuerzahler zur Kasse zu bitten oder an den Finanzmärkten Verwerfungen auszulösen. Pötzsch kommt zu dem Schluss, zehn Jahre nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers sei das Problem zu großer Banken („Too-big-to-fail“) weitgehend gelöst. „Alle an den Finanzmärkten wissen : Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.“ Trotz dieses Befundes gehen die Beratungen auf europäischer Ebene zu einer Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und insbesondere darüber unvermindert weiter, wie der ESM künftig für den Bankenabwicklungsfonds (Single Resolution Fund – SRF) eine sogenannte Letztsicherung (SRF Backstop) übernehmen könne oder gar müsse. Die Finanzminister der Eurozone haben sich 2016 darauf verständigt, einen solchen SRF Backstop einzuführen, also in letzter Konsequenz doch das Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger für Bankenrettungen bzw. -abwicklungen (zumindest übergangsweise) einzusetzen . 1. Kann die Bundesregierung garantieren, dass die Aussage von BaFin-Exekutivdirektor Dr. Thorsten Pötzsch, „alle an den Finanzmärkten wissen: man kann nicht mehr davon ausgehen, dass der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird“ (https://de.reuters.com/article/deutschland-banken-bafin-idDEKCN 1MI0FW?il=0), tatsächlich auch eingehalten wird? Durch den einheitlichen europäischen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM) und die Einrichtung des Single Resolution Fund (SBF) wurde im Rahmen der Bankenunion ein Mechanismus geschaffen, der es ermöglicht, Banken geordnet Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5732 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode abzuwickeln. Die Richtlinie 2014/59/EU vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (BRRD), und die Verordnung (EU) 806/2014 vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds (SRM-VO) liefern dafür die geeigneten Werkzeuge, insbesondere durch die Möglichkeit des Bail-in. Hierdurch werden in einer Bankenschieflage die Eigentümer und Gläubiger in die Verantwortung genommen. Gleichzeitig wurden in den Jahren nach der Finanzkrise die Anforderungen an Kapitalausstattung , Liquidität und Risikomanagement der Banken stetig gesteigert und damit Ansteckungsrisiken verringert. Zusammengenommen führt dies dazu, dass sich keiner mehr darauf verlassen kann, dass der Staat Banken auf Kosten der Steuerzahler rettet. In diesem Sinne ist auch die Aussage von Exekutivdirektor Pötzsch zu verstehen. 2. Und wenn diese Aussage sowie die weitere Aussage des BaFin-Exekutivdirektors zutrifft, wonach es dank der neuen Abwicklungsmechanismen inzwischen möglich sei, auch ein großes Geldhaus abzuwickeln, ohne die Steuerzahler zur Kasse zu bitten oder an den Finanzmärkten Verwerfungen auszulösen (https://de.reuters.com/article/deutschland-banken-bafin-idDEKCN1 MI0FW?il=0), aus welchen Gründen hält die Bundesregierung bzw. aus welchen Gründen halten die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die europäischen Institutionen dann noch eine Letztsicherung für den Single Resolution Fund (SRF) für erforderlich? Die ECOFIN-Minister haben sich im Dezember 2013 auf die Einführung einer gemeinsamen Letztsicherung bis spätestens zum Jahr 2024 verständigt. Dies hat der ECOFIN-Rat im Fahrplan zur Vollendung der Bankenunion vom Juni 2016 bestätigt. Eine gemeinsame Letztsicherung ist sinnvoll für den Fall, dass der SRF noch nicht vollständig bzw. nicht hinreichend befüllt ist und nicht rechtzeitig außerordentliche , nachträgliche Beiträge von den Banken erhoben werden können, um die Kosten einer Abwicklung zu finanzieren. Die gemeinsame Letztsicherung wird mittelfristig haushaltsneutral sein, weil die in Anspruch genommenen Mittel durch außerordentliche, nachträgliche Beiträge der Banken zurückgeführt werden . 3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagen des BaFin-Exekutivdirektors im Hinblick auf die 2017 durch den italienischen Staat und damit mit Steuergeld durchgeführte Rettung der italienischen Banken Monte dei Paschi di Siena, Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza? Bei der Maßnahme im Fall der Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) wurde von einer Ausnahmeregelung in der Bankenabwicklungsrichtlinie (Artikel 32 Absatz 4 Buchstabe d) Ziffer iii) BRRD) bzw. der SRM-Verordnung (Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe d) Ziffer iii) SRM-VO) Gebrauch gemacht. BRRD/SRM-VO sehen vor, dass eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln unter sehr engen Voraussetzungen zur Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft eines Mitgliedstaates und zur Wahrung der Finanzstabilität gewährt werden kann. Die Prüfung dieser Voraussetzungen erfolgt durch die EU-Kommission und die zuständige Aufsichtsbehörde, im Fall der MPS die Europäische Zentralbank. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5732 Bei den Banken Veneto Banca und Banca Populare di Vicenza wurde das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Abwicklung von der europäischen Bankenabwicklungsbehörde (Single Resolution Board – SRB) verneint. Liegt ein öffentliches Interesse an einer Abwicklung nicht vor, da das Institut beispielsweise keine kritischen Funktionen erbringt oder ein Ausfall des Instituts keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die Stabilität des Finanzmarktes hat, so wird ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet. Daher fanden die Bestimmungen des italienischen Insolvenzrechts in Verbindung mit einer Liquidationsbeihilfe Anwendung . Die EU-Kommission überwacht die Rechtmäßigkeit der nationalen Maßnahmen im Hinblick auf deren Vereinbarkeit mit den europäischen Beihilferegelungen . 4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagen des BaFin-Exekutivdirektors im Hinblick auf die anscheinend derzeit stattfindenden Gespräche über eine mögliche Rettung griechischer Banken unter Verwendung staatlicher Garantien (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/einbruchgriechischer -bankaktien-regierungs-hilfsplan-15820870.html)? Die Bundesregierung kommentiert keine Pressemeldungen über etwaige Pläne der griechischen Regierung zur Stützung heimischer Banken. 5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagen des BaFin-Exekutivdirektors im Hinblick auf legislative Bestrebungen in Slowenien, von einem Bailin (Gläubigerbeteiligung) betroffene Investoren zu entschädigen (www. bloomberg.com/news/articles/2018-09-09/investors-trying-to-rewrite-bailoutfive -years-on-risk-eu-clash)? Ein Gesetz oder abgeschlossenes Gesetzgebungsverfahren liegt nach Kenntnis der Bundesregierung nicht vor. Die Bundesregierung nimmt keine Stellung zu Spekulationen im Hinblick auf mögliche Gesetzesinitiativen anderer Mitgliedstaaten . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333