Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 9. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5754 19. Wahlperiode 13.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Benjamin Strasser, Stephan Thomae, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5310 – Wachsende Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Mordserie des rechtsterroristischen sog. Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) hat Deutschland im Mark erschüttert und massive Defizite in der deutschen Sicherheitsarchitektur offenbart. Seit dem Auffliegen des Trios am 4. November 2011 in Eisenach sind weitere gewaltbereite rechtsextreme Strukturen in Deutschland bekannt geworden. So haben rechtsterroristische Gruppierungen wie „Oldschool Society (OSS)“ und die „Gruppe Freital“ Anschläge auf bekannte Salafisten, Moscheen, Kirchen, Kindergärten, Asylbewerber- und Behindertenheime geplant und in Teilen auch ausgeführt. Die jüngsten Ereignisse haben die Diskussionen über ein mögliches Erstarken der gewaltbereiten rechtsextremen Szene neu entfacht. Unmittelbar vor dem Tag der Deutschen Einheit wurden Mitglieder der Gruppierung „Revolution Chemnitz“ festgenommen. Die Tatverdächtigen sollen am 14. September 2018 in Chemnitz Menschen mit Migrationshintergrund attackiert und für den 3. Oktober 2018 einen „Angriff auf die Mediendiktatur und ihre Sklaven“ geplant haben. Die genannten Gruppen beziehen sich in ihrem Handeln teilweise explizit auf die Taten des NSU. Dem Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, zufolge muss mit einer wachsenden Gewaltbereitschaft und Radikalisierung der rechtsextremen Szene gerechnet werden. (vgl. WELT AM SONN- TAG vom 7. Oktober 2018, www.welt.de/politik/deutschland/article181787860/ Rechtsterrorismus-Uebungen-an-scharfen-Waffen-im-Ausland.html). Stephan Kramer sieht Tendenzen für einen neuen Rechtsterrorismus in Deutschland (vgl. FAZ vom 4. Oktober 2018, www.faz.net/aktuell/politik/inland/verfassungsschuetzerkramer -warnt-vor-rechtsterrorismus-15820387.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5754 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, hinsichtlich einer zunehmenden Gewaltbereitschaft und Radikalisierung der rechtsextremen Szene sowie entstehenden Strukturen eines neuen Rechtsterrorismus in Deutschland? Falls ja, welche politischen Konsequenzen zieht die Bundesregierung hieraus ? Falls nein, weshalb nicht? Trotz eines Rückgangs der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten seit dem Jahr 2017 ist die Gewaltorientierung in der rechtsextremistischen Szene nach wie vor unverändert hoch. Sinkende Gewalttatenzahlen dürfen nicht über das anhaltend hohe Gefährdungspotenzial im Rechtsextremismus hinwegtäuschen. Insofern ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass es zur Entwicklung rechtsterroristischer Ansätze kommen kann. Rechtsterroristische Ansätze und Gruppierungen formieren sich vermehrt am Rande der organisierten rechtsextremistischen Szene. Dabei handelt es sich oft um eine Mischung aus bislang nicht oder lediglich erst seit kurzer Zeit in der rechtsextremistischen Szene aktiven Personen und langjährig aktiven, oftmals gewaltorientierten Rechtsextremisten. Auch schwerste Straftaten von radikalisierten Einzeltätern, die keiner festen Organisationsstruktur zugehörig sind („Lone Wolf“-Prinzip), bleiben ein schwer zu kalkulierendes Risiko und bilden ein hohes Gefährdungsmoment im Rechtsextremismus . Da die Übergänge von gewaltorientiertem Rechtsextremismus in den Rechtsterrorismus fließend sein können, ist die Beobachtung des gewaltorientierten Rechtsextremismus für die Verfassungsschutzbehörden von besonderer Bedeutung . Zeigen sich Ansätze für eine rechtsterroristische Ausprägung, etwa konkrete Anzeichen für die Planung einer schweren Gewalttat oder eines terroristischen Anschlags, erfolgt eine intensive engmaschige Bearbeitung im Verfassungsschutzverbund . 2. Auf welche vorhandenen Strukturen, Organisationen und Netzwerke bauten nach Erkenntnissen der Bundesregierung neuere rechtsterroristische Gruppierungen wie beispielsweise die „Oldschool Society (OSS)“ und die „Gruppe Freital“ auf? Wurden hier Konzepte wie das des sog. führerlosen Widerstands des Rechtsextremisten Louis Beam aufgegriffen und umgesetzt? Die „Oldschool Society“ (OSS) ging aus einer WhatsApp-Gruppe hervor, die im Frühjahr 2014 ins Leben gerufen worden war. Deren Mitglieder traten vor allem virtuell in Kontakt. Insofern baute die „OSS“ nicht auf vorhandene rechtsextremistische Strukturen, Organisationen oder Netzwerke auf. Die Angehörigen der „Gruppe Freital“ waren den Verfassungsschutzbehörden im Vorfeld der Exekutivmaßnahmen des Generalbundesanwalts am 19. April 2016 hauptsächlich im Zusammenhang mit rechtsextremistisch motivierten Straftaten bekannt geworden. Sie gehörten der rechtsextremistischen Szene in Freital (Sachsen) an. Zudem unterhielt die „Gruppe Freital“ Verbindungen zur neonazistischen Gruppierung „Freie Kameradschaft Dresden“. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber vor, dass diese beiden Gruppierungen Konzepte wie das des sog. führerlosen Widerstandes des Rechtsextremisten Louis Beam aufgegriffen und umgesetzt haben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5754 3. Welche aktiven Gruppierungen sind der Bundesregierung bekannt, die das Gewaltmonopol des Staates aktiv in Frage stellen, vor Ausübung von Gewalt gegen Andersdenkende nicht zurückschrecken und im Ergebnis dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind (bitte einzeln nach Bundesland aufschlüsseln )? 4. Wie hat sich die Anzahl dieser Gruppierungen in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2012 entwickelt (bitte nach Jahr und Bundesland aufschlüsseln)? Die Fragen 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die zuständigen Behörden des Bundes sammeln im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse Informationen über gewaltorientierte rechtsextremistische Organisationen und werten diese aus. Durch eine Stellungnahme zum Beobachtungsstatus von Organisationen außerhalb der Verfassungsschutzberichte könnten jedoch Rückschlüsse auf den Aufklärungsbedarf, den Erkenntnisstand sowie die generelle Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden des Bundes gezogen werden, was deren Funktionsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen würde. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland folgt, dass auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre, ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie hält die Bundesregierung die Informationen der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. 5. Welche Aktionen sogenannter Bürgerwehren seit dem Jahr 2012 sind der Bundesregierung in Deutschland bekannt (bitte nach Jahr und Bundesland aufschlüsseln)? Eine allgemeingültige Definition des Begriffs „Bürgerwehr“ existiert nicht. Dessen ungeachtet kann eine „Bürgerwehr“ als Personenzusammenschluss verstanden werden, der sich abseits staatlicher Strukturen und ohne gesetzliche Legitimation formiert, um für die Wahrung von „Sicherheit und Ordnung“ nach eigenen Maßstäben einzutreten und diese punktuell im öffentlichen Raum durchzusetzen. Da der Begriff „Bürgerwehr“ kein Katalogwert im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes – Politisch Motivierte Kriminalität“ (KPMD-PMK) und darüber hinaus auch kein recherchefähiges Kriterium in der zentralen Fallzahlendatei LAPOS des Bundeskriminalamtes (BKA) ist, ist eine belastbare statistische Auswertung nicht möglich. In der zentralen Fallzahlendatei LAPOS konnten anhand von Sachverhaltsdarstellungen die nachfolgenden strafrechtlich relevanten Fälle im Zusammenhang mit „Bürgerwehren“ seit 2012 herausgefiltert werden (die Aufstellung erfolgt nach Bundesländern geordnet): Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5754 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tatzeit Tatort Land PMK Delikt 21.09.2014 Halle/Saale AN Rechts § 86a StGB 04.11.2015 Wolmirstedt AN Rechts § 185 StGB 03.09.2014 Frankfurt/Oder BB Rechts § 111 StGB 15.09.2015 Bernau bei Berlin BB Rechts § 130 StGB 15.12.2014 Angermünde BB Rechts Verstoß VersG 20.11.2014 Berlin BR Rechts § 242 StGB 25.07.2015 Berlin BR Rechts § 130 StGB 14.01.2016 Weidenberg BY Rechts § 86a StGB 18.01.2016 Stockstadt am Main BY Links § 111 StGB 12.04.2015 Lichtenfels BY Rechts § 130 StGB 21.04.2018 Steinhöring BY Rechts § 130 StGB 11.01.2016 Hamburg HH Rechts § 130 StGB 31.03.2015 Güstrow MV Rechts § 130 StGB 29.01.2016 Langenhagen NI Rechts § 111 StGB 19.03.2016 Hannover NI Nicht zuzuordnen § 185 StGB 03.07.2016 Hannover NI Nicht zuzuordnen § 185 StGB 20.08.2015 Damnatz NI Rechts § 130 StGB 14.12.2015 Dahlem NW Rechts § 303 StGB 20.01.2016 Soest NW Rechts § 130 StGB 20.01.2016 Wesel NW Rechts § 185 StGB 16.02.2016 Görlitz SN Rechts § 130 StGB 19.09.2015 Freital SN Rechts § 185 StGB 21.12.2015 Pirna SN Nicht zuzuordnen § 126 StGB 02.06.2015 Berka/Werra TH Rechts § 130 StGB 23.10.2014 Hildburghausen TH Nicht zuzuordnen § 240 StGB 6. Über welches Personenpotential verfügen sogenannte Bürgerwehren nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland seit 2012 (bitte nach Bundesländern und Jahren aufschlüsseln)? a) Wie viele dieser Personen sind im Besitz legaler Waffen? b) Von welchem zahlenmäßigen Dunkelfeld des Besitzes illegaler Waffen geht die Bundesregierung aus? Der Bundesregierung liegen aus den o. g. Gründen keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/5754 7. Welche Verbindungen sind der Bundesregierung zwischen „Bürgerwehren“ und rechtsextremistischen Organisationen und Parteien bekannt? Die überwiegende Anzahl der in den letzten Jahren in Erscheinung getretenen sog. „Bürgerwehren“ kann der rechten Szene zugeordnet werden. Rechtsextremisten haben in der Vergangenheit immer wieder auf die vermeintliche Notwendigkeit von „Bürgerwehren“ hingewiesen, zu deren Bildung aufgerufen oder entsprechende Gruppierungen gebildet. So fordern Rechtsextremisten im Nachgang zu Straftaten, die – tatsächlich oder mutmaßlich – von Migranten begangen wurden , zu „Gegenwehr“ aus der Bevölkerung und zur Formierung entsprechender „Bürgerwehren“ auf; teilweise initiieren sie diese auch. Bereits 2014 betätigten sich Mitglieder des Kreis-verbandes Dortmund (Nordrhein-Westfalen) der Partei „DIE RECHTE“ im Rahmen eines sogenannten „Stadtschutzes“. Seit Herbst 2016 führen Angehörige der Partei „Der III. Weg“ regelmäßig sogenannte „nationale Streifen“ durch, um einer vermeintlich grassierenden Ausländergewalt Einhalt zu gebieten. Auch die NPD wirbt aktuell im Rahmen ihrer „Schutzzonen“- Kampagnen für die Bildung von „Bürgerwehren“ und für ein eigenmächtiges Eintreten für Sicherheit und Ordnung abseits des staatlichen Gewaltmonopols. 8. Wie hat sich die Personenanzahl gewaltbereiter sogenannter Reichsbürger nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2012 bundesweit bis heute entwickelt (bitte nach Bundesländern und Jahren aufschlüsseln)? a) Wie viele dieser Personen sind im Besitz legaler Waffen? b) Von welchem zahlenmäßigen Dunkelfeld des Besitzes illegaler Waffen geht die Bundesregierung aus? Die Fragen 8, 8a und 8b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zahlenangaben zu „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ werden erst seit 2016 erhoben. Bezüglich des Personenpotentials von „Reichsbürgern und Selbstverwaltern “ wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 15 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/5397 verwiesen. Danach hat sich das Personenpotential von bundesweit rund 10 000 Personen im Jahr 2016 über rund 16 500 Personen im Jahr 2017 auf rund 19 000 Personen, davon 950 Rechtsextremisten, zum Ende des dritten Quartals 2018 (Stichtag 30. September 2018) erhöht. Zur Frage der Gewaltbereitschaft der sog. Reichsbürger liegen der Bundesregierung keine belastbaren Zahlen und Erkenntnisse vor. Bezüglich der Zahlen zu waffenrechtlichen Erlaubnissen von „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 18 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/5397 verwiesen. Danach verfügten zum Ende des dritten Quartals 2018 (Stichtag 30. September 2018) insgesamt 940 „Reichsbürger und Selbstverwalter “ über eine oder mehrere waffenrechtliche Erlaubnisse. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse zum zahlenmäßigen Dunkelfeld des Besitzes illegaler Waffen von sog. Reichsbürgern vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5754 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Sind der Bundesregierung die Probleme bei der flächendeckenden Entwaffnung militanter Reichsbürger in den Ländern und Kommunen bekannt? Durch welche konkreten Maßnahmen gedenkt sie, hier unterstützend tätig zu werden (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 9. Oktober 2018, www.sueddeutsche. de/politik/reichsbuerger-die-grossflaechige-entwaffnung-laeuft-allenfallsschleppend -1.4163474)? Der Bundesregierung sind die Schwierigkeiten, insbesondere die lange Dauer der Verwaltungsverfahren, die tatsächliche Nachweisbarkeit der Umstände, auf denen der Entzug basiert sowie die rechtlichen Hürden für den Entzug einer waffenrechtlichen Erlaubnis bekannt. Unterstützend übermittelt das Bundesamt für Verfassungsschutz den Landesbehörden für Verfassungsschutz rechtliche Hinweise zu Entzugsmöglichkeiten waffenrechtlicher Erlaubnisse und zur aktuellen Rechtsprechung. Möglichkeiten und Probleme beim Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse bei „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ werden zudem regelmäßig in Bund-Länder -Tagungen der Verfassungsschutzbehörden thematisiert. Zur Verbesserung der Beweislage dient u. a. ein Rahmenersuchen des Bundesamtes für Verfassungsschutz an die obersten Bundesbehörden sowie deren nachgeordnete Geschäftsbereichsbehörden , mit dem um Übermittlung von Unterlagen über „Reichsbürger und Selbstverwalter“ gebeten wurde. Eingehende Unterlagen werden an die zuständigen Landesbehörden gesteuert und stehen somit auch als Beweismittel für Entzugsmaßnahmen zur Verfügung. 10. Welche Erkenntnisse über rechtsextreme Waffenschulungen, Kampfsportwettbewerbe und Survival-Trainings in Deutschland hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2012 (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln )? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde die ganz überwiegende Anzahl der bekannt gewordenen Schusswaffentrainings von Rechtsextremisten auf legalem Wege an kommerziell betriebenen, öffentlich zugänglichen Schießanlagen in Deutschland und im umliegenden europäischen Ausland durchgeführt. Bekannt geworden sind sowohl Schusswaffentrainings von Gruppen als auch von einzelnen Rechtsextremisten, sowohl in Kooperation mit ausländischen Rechtsextremisten als auch in eigener Regie deutscher Teilnehmer. Weitergehende Erkenntnisse hierzu kann die Bundesregierung aus Gründen des Staatswohls nicht offenbaren , da andernfalls Rückschlüsse auf den Aufklärungsbedarf, den Erkenntnisstand sowie die generelle Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden des Bundes gezogen werden könnten, was deren Funktionsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen würde. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland folgt, dass auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre, ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie hält die Bundesregierung die Informationen der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. Seit 2013 organisiert die rechtsextremistische Szene jährlich die Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/5754 Diese fand in 2013 und 2014 in Vettelschoß (Rheinland-Pfalz), 2015 in Hamm (Nordrhein-Westfalen), 2016 in Gemünden (Hessen), 2017 in Kirchhundem (Nordrhein-Westfalen) und in 2018 mit Ostritz (Sachsen) erstmals in den östlichen Bundesländern statt. Eine Vorführung des „Kampfes der Nibelungen“ wurde in 2018 zudem im Rahmen des rechtsextremistischen „Schild- und Schwert“-Festivals vom 20. bis 21. April 2018 in Ostritz (Sachsen) gezeigt. Außerhalb dieser Veranstaltungsreihe führte die rechtsextremistische Szene in diesem Jahr ein weiteres Kampfsportturnier unter der Bezeichnung „TIWAZ – Kampf der freien Männer“ in Grünhain-Beierfeld (SN) durch. 11. Welche Erkenntnisse über rechtsextreme Waffenschulungen, Kampfsportwettbewerbe und Survival-Trainings im europäischen Ausland hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2012 (bitte nach Jahren und Ländern aufschlüsseln )? Welche rechtsextremen Organisationen (bspw. Blood and Honour, Combat 18 etc.) spielen hierbei eine Rolle? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden Schusswaffentrainings von Rechtsextremisten auf legalem Wege an kommerziell betriebenen, öffentlich zugänglichen Schießanlagen teilweise auch im umliegenden europäischen Ausland durchgeführt . Erkenntnisse darüber, dass bestimmte rechtsextremistische Organisationen hierbei eine besondere Rolle einnehmen, liegen der Bundesregierung nicht vor. In den vergangenen Jahren haben Rechtsextremisten aus Deutschland vereinzelt an Kampfsportwettbewerben u. a. in Frankreich, Russland, Italien und der Schweiz teilgenommen. Eine besondere Präferenz für eine organisatorische Anbindung dieser Personen an rechtsextremistische Gruppierungen ist hierbei nicht zu erkennen. Zu weitergehenden Erkenntnissen kann die Bundesregierung aus den in der Antwort zu Frage 10 genannten Gründen keine Stellung nehmen. 12. Welche Schlussfolgerungen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass sich rechtsextremistische Gruppierungen inzwischen meist aus Einzelpersonen zusammensetzen, die sich über das Internet selbst radikalisiert haben und zuvor bei den Behörden nicht in Erscheinung getreten sind (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2193, Antwort zu Frage 31)? Das Internet und insbesondere Soziale Netzwerke spielen bei der Radikalisierung von bisher nicht mit rechtsextremistischen Aktivitäten in Erscheinung getretenen Personen angesichts der im virtuellen Raum einfachen Kontaktaufnahme eine bedeutende Rolle. Der Austausch extremistischer Ansichten im Internet erfährt gemessen an dem kommunikationswissenschaftlichen Prinzip der „Echokammer“ eine Beschleunigung und ermöglicht zudem überregionale Vernetzungen. So erfolgen die Anbahnung, Kontaktaufnahme und Festlegung von Gruppenzielen vorrangig in virtuellen Räumen, noch bevor ein reales Kennverhältnis zwischen den späteren Mitgliedern besteht. Die Bundesregierung beobachtet diese Entwicklungen sehr genau und verfolgt entsprechende Hinweise konsequent. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333