Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 14. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5865 19. Wahlperiode 20.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukas Köhler, Frank Sitta, Jens Beeck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5434 – Nationale Klimaschutzmaßnahmen, freiwillige Löschung von Zertifikaten und die Marktstabilitätsreserve im EU-ETS V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zukünftig soll die neue EU-Richtlinie zum Europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) den Wechselwirkungen zwischen dem EU-ETS und nationalen Energie- und Klimapolitiken Rechnung tragen. Unter den derzeitigen Bedingungen sinkt bei zusätzlichen nationalen Maßnahmen die Nachfrage nach Emissionsberechtigungen , mit der Folge eines preisdämpfenden Effekts. Dadurch können Marktakteure in anderen Ländern vermehrt Emissionsberechtigungen kaufen und zusätzliche Mengen emittieren. Die nationale Maßnahme wird unter der derzeitigen EU-Richtlinie zum EU-ETS durch Mehremissionen in anderen Mitgliedstaaten neutralisiert (sog. Wasserbetteffekt, siehe www.bmwi.de/ Redaktion/DE/Artikel/Energie/emissionshandel.html). Um diesen Effekt zu vermeiden, können Mitgliedstaaten gemäß der Anfang des Jahres geänderten EU-Richtlinie zum EU-ETS aus ihrem Auktionsanteil alle oder zumindest einen Teil der durch die nationale Maßnahme freigewordenen Emissionsberechtigungen löschen (Artikel 12 Absatz 4), maximal in Höhe der durchschnittlichen Emissionen der stillgelegten Anlagen in den letzten fünf Jahren vor Stilllegung (vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri= CELEX:02003L0087-20180408&from=EN#E0002 [Artikel 12 Absatz 4]). Eine Anwendung dieser Möglichkeit wird im Zusammenhang mit dem geplanten Ausstieg aus der Verstromung von Kohle in Kraftwerken gefordert. Übersehen wurde dabei jedoch, dass mit der EU-ETS-Richtlinie gleichzeitig auch die Regelungen zu der Marktstabilitätsreserve (MSR) geändert worden sind. Danach werden die jährlichen Zuführungen von Emissionsberechtigungen aus den eigentlich zur Versteigerung durch die Mitgliedsstaaten vorgesehen Mengen in die MSR bis 2023 von 12 auf 24 Prozent der jeweiligen Umlaufmengen an Emissionsberechtigungen erhöht. Des Weiteren werden ab 2023 die in der MSR angesammelten Emissionsberechtigungen um die Menge ungültig gemacht, um die diese die Gesamtzahl aller im vorangegangen Jahr EU-weit versteigerten Emissionsberechtigungen übersteigen (www.cep.eu/monitor/cep/ emissionshandelssystem-ab-2021-richtlinie.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/5865 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eine Löschung von Emissionsberechtigungen aufgrund einer Stilllegung von Kohlekraftwerken als deutsche Sondermaßnahme würde die Umlaufmenge an Emissionsberechtigungen und folglich auch die Zuführung in die MSR sowie ab 2023 die Anzahl der ungültig gemachten Emissionsberechtigungen reduzieren . Dementsprechend wäre auch die Klimaschutzwirkung der ggf. von Deutschland gelöschten Emissionsberechtigungen teilweise wieder aufgehoben . Nach den Fragestellern vorliegenden Berechnungen des Bundesverbandes Emissionshandel und Klimaschutz (bvek) e. V. würde dieser Effekt mit 47,5 Prozent fast die Hälfte der gesamten Klimaschutzwirkung der gelöschten Emissionsberechtigungen für ab 2019 stillgelegte Kohlekraftwerke ausmachen. 1. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass eine Löschung von Emissionsberechtigungen aus dem nationalen Auktionsanteil auch zu einer Minderung der Menge an in die MSR überführte Zertifikate führt? 2. Welche Wirkung auf die europäische Gesamtmenge der Zertifikate erwartet die Bundesregierung unter Mitberücksichtigung der Wechselwirkungen mit der MSR? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Dass eine freiwillige Löschung von Zertifikaten aus dem nationalen Auktionsanteil zu einer Verminderung des Umfangs an Zertifikaten führt, die in die Marktstabilitätsreserve (MSR) überführt werden, trifft nur dann zu, wenn die EU-weite Überschussmenge den nach Artikel 1 Absatz 5 der Entscheidung des Europäischen Parlamentes und des Europäischen Rates über die MSR genannten oberen Schwellenwert überschreitet, sodass Auktionsmengen gekürzt und in die MSR überführt werden. Eine allgemeingültige Aussage über den quantitativen Wirkungszusammenhang zwischen der MSR und der Löschung von Zertifikaten ist nicht möglich. In wieweit eine Löschung von Emissionszertifikaten zu einer Minderung der Menge an in die MSR überführte Zertifikate führt, hängt insbesondere davon ab, ob, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang die in Artikel 1 Absatz 5 der Entscheidung des Europäischen Parlamentes und des Europäischen Rates über die Marktstabilitätsreserve genannten Schwellenwerte überschritten werden. Dies hängt wiederum von der Emissionsentwicklung in den Mitgliedstaaten ab sowie von dem Umfang, in dem Mitgliedstaaten von der Möglichkeit des Artikels 12 Absatz 4 der Richtlinie 2003/87/EG („Emissionshandelsrichtlinie“) Gebrauch machen. Der Bundesregierung liegen derzeit keine Angaben darüber vor, ob und in welchem Umfang Mitgliedstaaten planen, Zertifikate aus ihrem Auktionsanteil zu löschen. 3. Plant die Bundesregierung die oben beschriebene Möglichkeit zur Löschung von Emissionsberechtigungen im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg in Anspruch zu nehmen? Wenn ja, a) in welchem Umfang? b) wie beabsichtigt die Bundesregierung den damit verbundenen Wegfall der Einnahmen aus der Versteigerung der Emissionsberechtigungen zu kompensieren ? Es gibt derzeit keine Entscheidung der Bundesregierung, ob sie von der Möglichkeit zur Löschung von Emissionszertifikaten Gebrauch macht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/5865 4. Wäre die nationale Sondermaßnahme „Kohleausstieg“ aus Sicht der Bundesregierung unter o. g. Bedingungen mit den Grundsätzen der Bundeshaushaltsordnung über den sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln vereinbar? Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ wird Ende des Jahres 2018 einen Bericht mit Empfehlungen für Maßnahmen zur Reduzierung der Kohleverstromung in Deutschland vorlegen. Erst auf dieser Grundlage wird die Bundesregierung prüfen können, ob und inwieweit diese Empfehlungen haushaltsrechtlichen Bedenken begegnen. Mit der vom Bundestag am 9. November 2018 beschlossenen Novelle des Treibhausgas -Emissionshandelsgesetzes (TEHG) wird die Rechtsgrundlage geschaffen , dass die Bundesregierung im Fall der Stilllegung von Stromerzeugungskapazitäten aufgrund zusätzlicher nationaler Maßnahmen festlegen kann, dass Berechtigungen aus der zu versteigernden Menge an Berechtigungen gelöscht werden, soweit dies den Vorgaben nach Artikel 12 Absatz 4 der Emissionshandelsrichtlinie entspricht. Bei der Entscheidung der Bundesregierung über die Löschung von Zertifikaten sind die einschlägigen haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen (siehe § 8 TEHG-Entwurf). 5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die EU-Richtlinie zum EU- ETS wirksamere und kostengünstigere Alternativen zur geplanten Stilllegung von Kohlekraftwerken ermöglicht (bitte begründen)? Der Emissionshandel garantiert, dass ein vorher festgelegtes Mengenziel über alle einbezogenen Unternehmen und Sektoren EU-weit sicher und kosteneffizient erreicht wird. Der Emissionshandel ist hingegen nicht auf die Erreichung nationaler Ziele ausgelegt, wie sie im Koalitionsvertrag festgelegt und im Mandat der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ enthalten sind. Insofern ermöglicht der EU-Emissionshandel keine gleich zuverlässige Alternative. Bei der schrittweisen Reduzierung der Kohleverstromung sollten die Planungssicherheit erhöht und Strukturbrüche vermieden werden. Auch diese Aspekte werden im Rahmen der Arbeit der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung “ betrachtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333