Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 30. Januar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/599 19. Wahlperiode 01.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beatrix von Storch, Stephan Brandner, Jochen Haug, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/428 – Beobachtung von Migrationsbewegungen und präventive Maßnahmen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Von Mitgliedern der Bundesregierung wurde erklärt, dass sich ein Zustand wie im Herbst 2015 nicht wiederholen dürfe (vgl. www.spiegel.de/politik/ deutschland/angela-merkel-bei-cdu-parteitag-fluechtlingskrise-darf-sich-nichtwiederholen -a-1124599.html). Die Umsetzung dieser Erklärung setzt voraus, dass Migrationsbewegungen beobachtet werden und auf diese Entwicklungen rechtzeitig und transparent reagiert wird. Nach der Weltjahresstatistik Global Trends des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) gab es Ende 2016 insgesamt 65,6 Millionen Menschen, die von Flucht und Vertreibung betroffen waren. Syrien ist nach Aussage des UNHCR das größte Herkunftsland von Flüchtlingen. Die Gesamtzahl wird von ihr auf 5,5 Millionen Flüchtlingen geschätzt. Von den 5,5 Millionen syrischen Flüchtlingen fanden die meisten bis zum Jahr 2015 in den Nachbarländern Zuflucht (vgl.www.unhcr.org/5943e8a34.pdf). Die für die Betroffenen unbefriedigende Lage in den syrischen Nachbarländern und den Flüchtlingslagern waren ein wichtiger Faktor, der zu dem Migrationsstrom über die Balkanroute führte (vgl. www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/wie-derfluechtlingsandrang -aus-syrien-ausgeloest-wurde-13900101.html). Eine frühzeitige und umfassende Unterstützung der Nachbarländer und eine bessere Ausstattung der Flüchtlingslager hätte mit großer Wahrscheinlichkeit die Migrationsbewegung über die Balkanroute verhindern oder wenigstens abschwächen können. Der deutsche Beitrag zur Unterstützung syrischer Flüchtlingslager blieb in den Jahren zwischen 2012 und 2015 hinter den Möglichkeiten zurück. Das wird im Vergleich zu den Leistungen des Vereinigten Königreichs deutlich, das in den Jahren 2012 bis 2015 trotz geringerer Einwohnerzahl und Bruttoinlandsprodukt einen höheren Beitrag für die Finanzierung syrischer Flüchtlingslager leistete (vgl. www.dailymail.co.uk/news/article-3222250/ How-Britain-given-aid-refugees-Germany-Netherlands-France-Italy-Hungary- Austria-Poland-COMBINED.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/599 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung leistet einen aktiven Beitrag für einen nachhaltigen Frieden in Syrien. Sie unterstützt den Friedensprozess der Vereinten Nationen in Genf, der eine politische Lösung für den Konflikt in Syrien in Verhandlungen zwischen dem syrischen Regime und der syrischen Opposition erreichen soll. Die Bundesregierung hat seit dem Jahr 2014 110,5 Mio. Euro für Stabilisierungsmaßnahmen v. a. zur Unterstützung der politischen Gespräche und für Basisdienstleistungen und zivile Selbstverwaltung in Gebieten der moderaten Opposition bereitgestellt. Die Bundesregierung hat außerdem im Rahmen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit seit Beginn der Syrienkrise einen erheblichen Beitrag geleistet. Seit Ausbruch des Konflikts stellt die Syrienkrise den Schwerpunkt der deutschen humanitären Hilfe mit dem größten und einem stetig steigenden Anteil am Mittelvolumen dar. Seit dem Jahr 2012 hat die Bundesregierung insgesamt 2,165 Mrd. Euro für Maßnahmen der humanitären Hilfe in Syrien und den Flüchtlingsaufnahmeländern der Region, insbesondere Libanon und Jordanien, sowie 3 Mrd. Euro für Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit1 zur Verfügung gestellt. Bei den Geberkonferenzen in London 2016 und Brüssel 2017 hat Deutschland jeweils die größte bilaterale Mittelzusage gemacht und zeitnah übererfüllt. Mit rund 720 Mio. Euro humanitärer Hilfe und knapp 1 Mrd. Euro der Entwicklungszusammenarbeit ist die Bundesregierung 2017 hinter den USA der zweitgrößte Geber im Kontext der Syrienkrise gewesen. Durch die substanzielle deutsche Unterstützung des Welternährungsprogramms (WEP) konnte das WEP auch im letzten Jahr die Nahrungsmittelversorgung für rund vier Millionen Menschen in Syrien und weit über eine Million Menschen in den Nachbarstaaten sicherstellen. Durch die „Beschäftigungsoffensive Nahost“ konnten 2016 über 60 000 und 2017 über 85 000 Flüchtlinge und Menschen aus aufnehmenden Gemeinden in der Region um Syrien beschäftigt werden. Die signifikante deutsche Förderung des VN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) hat für Hunderttausende von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen in der Region die Schaffung menschenwürdigen Wohnraums, die Ausstattung mit dringend benötigten Hilfsgütern und Schutzmaßnahmen für besonders hilfsbedürftige Menschen wie Kinder, alleinerziehende Frauen, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung ermöglicht. Hunderttausende syrische Kinder können in den Aufnahmeländern in der Region mit deutscher Unterstützung zur Schule gehen. Die Bundesregierung setzt sich aktiv für eine Verbesserung des humanitären Zugangs in Syrien ein, damit die Menschen vor Ort menschenwürdige Lebensbedingungen vorfinden und ihnen der Verbleib in der Heimat ermöglicht wird. In diesem Jahr hat die Bundesregierung durch die Förderung mehrjähriger Programme bereits wieder knapp 200 Mio. Euro für humanitäre Hilfsmaßnahmen in Syrien und den Nachbarländern bereitgestellt. 1 Im Gegensatz zu Jordanien, Libanon, Irak und Türkei erfolgt in Syrien keine staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit der dortigen Regierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/599 1. Welche Bundesministerien und welche Abteilungen beobachten die Entwicklung globaler Fluchtbewegungen und Flüchtlingsströme? Folgende Bundesministerien und Abteilungen beobachten die Entwicklung globaler Fluchtbewegungen und Flüchtlingsströme: Bundesministerium Abteilung Bundeskanzleramt Koordinierungsstab Flüchtlingspolitik Abteilung 2 (Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik ) Abteilung 6 (Bundesnachrichtendienst; Koordinierung der Nachrichtendienste des Bundes) Bundesministerium des Innern B (Angelegenheiten der Bundespolizei) E (EU- und internationale Angelegenheiten) M (Migration, Flüchtlinge, Rückkehrpolitik) Auswärtiges Amt Koordinierungsstab Flucht und Migration, dem als Matrix-Organisation alle Arbeitseinheiten der Rechtsabteilung, der Europaabteilung, der Abteilung für Krisenprävention, Stabilisierung, Konfliktnachsorge und Humanitäre Hilfe, der Politischen Abteilungen (2 und 3), der Abteilung für Asien und Pazifik , der Abteilung für Kultur und Kommunikation und der Abteilung für internationale Ordnung, Vereinte Nationen und Rüstungskontrolle angehören, die mit dem Thema Flucht und Migration befasst sind. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Abteilung 3 – Globale Zukunftsaufgaben - Sektoren Abteilung 2 – Entwicklungszusammenarbeit weltweit – Länderabteilung 2. Welche Bundesministerien und welche Abteilungen stehen dazu im informationellen Austausch mit a) den Vereinten Nationen und ihren Einrichtungen, b) der EU und ihren Einrichtungen, c) den Nachbarstaaten Deutschlands und d) den Schengen-Staaten? Die Fragen 2 bis 2d werden gemeinsam beantwortet. Alle in der Antwort zu Frage 1 erwähnten Bundesministerien und Abteilungen stehen im regelmäßigen informationellen Kontakt mit den unter 2a bis 2d genannten Organisationen und Staaten. 3. Welches Bundesministerium und welche Abteilung koordinieren die verfügbaren Informationen? Relevante Informationen werden unter den Bundesministerien im Rahmen der Zusammenarbeit ausgetauscht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/599 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie erfolgen der Informationsaustausch und die Informationsweitergabe zwischen den Bundesministerien und ihren Abteilungen? Der Informationsaustausch und die Informationsweitergabe zwischen den Bundesministerien und ihren Abteilungen erfolgen durch relevante Berichte, Dokumente , Publikationen und entsprechende Gesprächsformate. 5. Welche Abteilungen sind mit der Analyse der Flüchtlingsströme befasst? Im Rahmen ihrer jeweiligen Fachzuständigkeit sind alle in der Antwort zu Frage 1 genannten Abteilungen mit Analysen von Flucht- und Migrationsbewegungen befasst. 6. a) Werden Analysen regelmäßig erstellt? b) Falls ja, wann? c) Wer sind die Empfänger? Die Fragen 6a bis 6c werden gemeinsam beantwortet. Der Migrationsbericht der Bundesregierung, der einen umfassenden statistischen Überblick über die Entwicklung der Zu- und Abwanderung unter Einbeziehung aller Zuwanderergruppen gibt, wird jährlich in Erfüllung des Auftrags des Deutschen Bundestags vom 8. Juni 2000 erstellt. Nach Beschluss des Kabinetts wird er jeweils an den Deutschen Bundestag übersandt. Er ist öffentlich (u. a. als Bundestagsdrucksache ) und steht damit allgemein zur Verfügung. 7. Welche Analysen wurden in den Jahren ab 2010 bis heute erstellt? Der Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Auftrag der Bundesregierung wird jährlich im Kabinett beschlossen: Migrationsbericht 2008 - 3. Februar 2010 Migrationsbericht 2009 - 19. Januar 2011 Migrationsbericht 2010 - 14. Dezember 2011 Migrationsbericht 2011 - 16. Januar 2013 Migrationsbericht 2012 - 8. Januar 2014 Migrationsbericht 2013 - 21. Januar 2015 Migrationsbericht 2014 - 6. Januar 2016 Migrationsbericht 2015 - 14. Dezember 2016 Einschlägige Studien des Forschungszentrums des BAMF, die auch auf Fluchtbewegungen eingehen, sind: Vor den Toren Europas? Das Potenzial der Migration aus Afrika (2010) Das Migrationspotenzial aus der GUS in die Europäische Union (2012) Klimamigration – Definitionen, Ausmaß und politische Instrumente in der Diskussion (2012) Migrationsprofil Westbalkan. Ursachen, Herausforderungen und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/599 Lösungsansätze (2015). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 8. Gab es vor dem Herbst 2015 Analysen, die von einem Anschwellen der Flüchtlingsströme in die EU ausgegangen sind, falls ja, wann, und von welcher Abteilung wurden sie erstellt, und wem wurden diese Analysen unmittelbar nach Erstellung zur Verfügung gestellt? Migrations- und Flüchtlingspolitik war auch vor 2015 ein Thema der deutschen und europäischen Politik. Mit dem Schiffsunglück vor Lampedusa im Oktober 2013 und der Migrationsentwicklung im zentralen Mittelmeer wurden die europäischen Bemühungen noch einmal intensiviert, u.a. durch die Einrichtung einer EU-Task Force Mittelmeer unter Beteiligung der Bundesregierung. Im Herbst 2014 richtete die Bundesregierung eine Staatssekretärs-Arbeitsgruppe Internationale Migration ein. Im Kontext dieser Aktivitäten wurden jeweils auch Analysen erstellt. Ferner wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 9. Wurden die Analysen im Kabinett besprochen, und falls ja, wann und in welcher Sitzung? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 10. Welche Beschlüsse hat das Kabinett aufgrund der Analysen zu veränderten, insbesondere ansteigenden Flüchtlingszuströmen gefasst? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 11. Falls das Kabinett nicht befasst war, welchen Bundesministern wurden Analysen zu Flüchtlingsströmen vorgelegt, und wann geschah dies? Welche Beschlüsse haben die Bundesministerien auf Ministerebene dazu gefasst ? Die in der Antwort zu Frage 7 erwähnten Berichte und Studien wurden im jeweiligen Veröffentlichungsjahr dem Bundesminister des Innern vorgelegt und im Ressortkreis geteilt. 12. Haben die Analysen dazu geführt, Maßnahmen hinsichtlich der Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu ergreifen? Falls ja, wann, und welche? Der Bedarf von Geschäftsbereichsbehörden in den jeweiligen Haushaltsjahren orientiert sich an einer Vielzahl von Faktoren und basiert grundsätzlich auf angemessenen Methoden der Personal- und Mittelbedarfsermittlung. Die tatsächlichen finanziellen Zuweisungen an das BMAF erfolgten im Rahmen der durch das Parlament verabschiedeten Haushaltsgesetze. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333