Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 20. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6025 19. Wahlperiode 27.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theuer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5559 – Endvergütungsregeln des Weltpostvereins V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit seiner Gründung 1874 regelt der Weltpostverein (Universal Postal Union – UPU) die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der nationalen Postbehörden, insbesondere den internationalen Postverkehr. Der Weltpostverein zählt zu den ältesten internationalen Organisationen der Welt. 1947 wurde er eine Unterorganisation der Vereinten Nationen. Am 17. Oktober 2018 hat die Regierung der Vereinigten Staaten, eines Gründungsmitglieds des Weltpostvereins, angekündigt, sich aus der Organisation zurückziehen zu wollen. Vorausgegangen war eine gescheiterte Initiative der Vereinigten Staaten beim Zweiten Außerordentlichen Weltpostkongress in Addis Abeba im September 2018, das UPU-Endvergütungssystem zu überarbeiten. Die Vereinigten Staaten kritisieren hierbei insbesondere eine Übervorteilung durch die Volksrepublik China. Der chinesische Versandhandel profitiert enorm von den UPU-Endvergütungen beim Export etwa nach Europa oder in die Vereinigten Staaten. Dies betrifft insbesondere den stark wachsenden E-Commerce-Markt. Aufgrund der sehr geringen Vergütungen ist der postalische Versand aus China oft günstiger als der Versand innerhalb der Empfängerstaaten. Für großformatige Sendungen decken die Endvergütungen nur 30 Prozent des vergleichbaren deutschen Inlandspreises . Oft erfolgt die Zustellung daher trotz des weiten Transportweges sogar versandkostenfrei . Die Studie „UPU-Endvergütungen und internationaler E-Commerce“ des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste kam im September 2016 zu dem Ergebnis, dass der Deutschen Post AG jährlich einen Verlust von ca. 120 Mio. Euro durch die Kostenunterdeckung chinesischer Warensendungen entsteht. Für deutsche Händler ist das niedrige Niveau der UPU- Endvergütungen grundsätzlich von Nachteil. Ambivalent sind die Wirkungen für Verbraucher in Deutschland. Einerseits profitiere man von niedrigeren Preisen , Versandkosten und Einfuhrabgaben, andererseits entstünden höhere Risiken und Nachteile beim Verbraucherschutz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6025 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Volkswirtschaftlich relevant ist außerdem die Lieferkette. Die niedrigen Versandkosten ermöglichen es, neben der Produktion auch Vertrieb und Lagerung in China abzuwickeln. Wertschöpfung in Deutschland findet in diesem Fall nahezu nicht mehr statt. Der Wettbewerbsvorteil chinesischer Onlinehändler beruht auch auf Defiziten des deutschen Umsatzsteuerrechts. Derzeit berät der Deutsche Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Bundestagsdrucksache 19/4455). Ziel dieses Gesetzentwurfes der Bundesregierung ist es, Umsatzsteuerhinterziehungen beim Handel mit Waren aus Drittländern über das Internet unter Nutzung von elektronischen Marktplätzen zu verhindern. Zur Sicherstellung dieser Umsatzsteuereinnahmen, zum Schutz vor weiteren Umsatzsteuerausfällen sowie zum Schutz und zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit von steuerehrlichen Unternehmen bestehe dringender Handlungsbedarf . 1. Ist die von der Bundesregierung angestrebte Anpassung des Umsatzsteuerrechts aus Sicht der Bundesregierung ausreichend, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Online-Händler gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten nachhaltig zu stärken? Durch die von der Bundesregierung mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vorgelegten Regelungen zur Anpassung des Umsatzsteuerrechts , denen der Deutsche Bundestag zugestimmt hat, werden Wettbewerbsverzerrungen beim Handel von Waren über das Internet unter Einbindung elektronischer Marktplätze vermieden. Konkret wird verhindert, dass sich steuerlich unehrliche Unternehmer – unabhängig von deren Ansässigkeit – durch die Nichtentrichtung von Umsatzsteuer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber steuerlich ehrlichen Unternehmern verschaffen können. Die in dem Gesetz enthaltenen Regelungen sind sicherlich ein Beitrag, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Onlinehändler gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten zu stärken. Grundsätzlich ist aber darauf hinzuweisen, dass Änderungen im Umsatzsteuerrecht nicht vordergründig der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Onlinehändler gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten dienen. Die o. g. Anpassungen im Umsatzsteuerrecht wurden insbesondere auch zur Sicherung des Steueraufkommens und damit im Interesse der Allgemeinheit vorgenommen. 2. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Forscher des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, dass insgesamt die volkswirtschaftlichen Nachteile der niedrigen Endvergütungen in Deutschland überwiegen würden? Diese Ansicht teilt die Bundesregierung nicht. Die Studie kommt in der Zusammenfassung grundsätzlich zu folgender volkswirtschaftlicher Bewertung: „Insgesamt überwiegen die volkswirtschaftlichen Nachteile der niedrigen Endvergütungen in Deutschland. Den relativ geringen Vorteilen der Verbraucher stehen hohe Kosten bei Postunternehmen und Verluste für Staatshaushalt, Handel und Logistik gegenüber“. Allerdings kommt die Studie in der Detailanalyse dann zu dem Ergebnis, dass die niedrigen Endvergütungen aufgrund des niedrigen Preisniveaus chinesischer Onlineshops nur geringe Auswirkungen auf den deutschen (Online-)Handel und den deutschen Staatshaushalt haben. Darüber hinaus stammt die Analyse aus dem Herbst 2016 und untersuchte damit die Situation vor Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6025 dem Weltpostkongress 2016. Während dieses Weltpostkongresses wurden Änderungen am Vergütungssystem beschlossen; seit 1. Januar 2018 gelten daher insbesondere für Industrieländer verbesserte Konditionen. Die zitierte Studie wurde anlässlich des Weltpostkongresses im September 2016 erstellt. Der Weltpostverein unterteilt die Länder vorwiegend auf der Basis des „Bruttoinlandsproduktes (BIP) pro Kopf“ in vier Gruppen. 2016 waren die Unterschiede der Endvergütungen zwischen Industrieländern (Länder der Gruppe I) und weniger entwickelten Ländern wie China (Gruppe III) noch recht hoch. Allerdings wurden durch den Weltpostkongress 2016 neue Endvergütungsraten für Sendungen mit Wareninhalt, die zwischen Ländern der Gruppe I bis III ausgetauscht werden, eingeführt. Diese sind seit dem 1. Januar 2018 gültig. Dies führt zu Preiserhöhungen für leichtgewichtige Sendungen unter 375 Gramm. Zusätzlich werden sukzessive bis 2021 die Endvergütungsraten für Sendungen mit Wareninhalt , die in Länder der Gruppe I (Deutschland) gesendet werden, harmonisiert . Dies führt zu einer Erhöhung der Endvergütungen für Warensendungen aus China nach Deutschland von 2018 bis 2021 in Höhe von 13 Prozent pro Jahr. Hierdurch können – abhängig von der Kostenentwicklung in Deutschland – voraussichtlich bis 2020 kostendeckende Endvergütungen für die genannten Sendungen erzielt werden. Zusätzlich verdoppelte der Weltpostkongress 2016 die Vergütungen für Einschreiben von 2017 bis 2021. Da im Onlinehandel für Sendungen mit geringwertigen Gütern ohnehin ein reiner Zustellnachweis ohne Unterschrift („Tracking“) bevorzugt wird, führte diese Maßnahme zu einer Verschiebung von eingeschriebenen Sendungen zu Sendungen mit Sendungsverfolgung. Der Weltpostverein hat hier keine Endvergütungen festgelegt, so dass diese bilateral verhandelt werden und bereits jetzt zu kostendeckenden Erlösen führen. 3. Teilt die Bundesregierung die Kritik der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika an den aktuell geltenden UPU-Endvergütungen für Postsendungen aus der Volksrepublik China? Die Kritik der Vereinigten Staaten bezieht sich vor allem auf die für eine landesweite Zustellung innerhalb der USA nicht kostendeckenden Endvergütungsraten für den United States Postal Service (USPS), aber auch auf die im Vergleich zu den von nationalen Inlandsversendern an den USPS und Logistikunternehmen (FedEx, UPS) zu zahlenden Tarifen niedrigen Endvergütungen. Aufgrund der Landesgröße Deutschlands sowie einer anderen Wettbewerbslandschaft ist diese Situation mit der Deutschlands nicht vergleichbar. 4. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass sich die Klassifizierung der UPU- Mitgliedstaaten nach ihrem Entwicklungsstand bei der Bemessung der Endvergütungen bewährt hat und diese den heutigen Verhältnissen entsprechen? Grundsätzlich hat sich die Klassifizierung der Mitgliedsstaaten des Weltpostvereins bewährt, um Änderungen der Regularien durchsetzen zu können. In der UN- Sonderorganisation gilt bei Abstimmungen das Prinzip „one country one vote“. Bei 192 Mitgliedsländern des Weltpostvereins sind nur 28 Länder in Gruppe I, dagegen z. B. 101 Länder in Gruppe IV. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6025 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesregierung setzt sich bei den Verhandlungen in den Gremien des Weltpostvereins aber dafür ein, dass die Endvergütungen für Sendungen mit Wareninhalt künftig angepasst werden, und zwar unabhängig vom Entwicklungsstand eines Mitgliedstaates, da es sich vornehmlich um kommerzielle und nicht um private Sendungen handelt. Dies ist auch ein erklärter Auftrag des Weltpostkongresses 2016 bis zum Weltpostkongress 2020. 5. Ist die speziell für Sendungen aus der Volksrepublik China geltende Landesklassifizierung und daraus die resultierende Endvergütung aus Sicht der Bundesregierung angemessen? Die Bundesregierung hält die für Sendungen aus der Volksrepublik China geltende Landesklassifizierung für nicht angemessen. Diese Sendungen mit Wareninhalt stammen vornehmlich aus dem Perlflussdelta. Diese Region weist ein deutlich höheres BIP pro Kopf auf, als der landesweite Durchschnitt Chinas. Beim Weltpostkongress 2016 wurden zwar bereits aus deutscher Sicht Verbesserungen erreicht, allerdings besteht nach Auffassung der Bundesregierung weiter Anpassungsbedarf , dem beim nächsten Weltpostkongress Rechnung getragen werden soll. 6. Wird die Bundesregierung eine Initiative zur Überarbeitung der geltenden Endvergütungen beim Weltpostverein initiieren? Die Bundesregierung hält es nicht für erforderlich, eine Initiative zur Überarbeitung der geltenden Endvergütungen beim Weltpostverein zu initiieren. Der Weltpostkongress 2016 hat entsprechende Anpassungen mit Wirkung ab 1. Januar 2018 beschlossen und gleichzeitig den Arbeitsauftrag zur weiteren Überarbeitung des Endvergütungssystems erteilt. An diesen Verhandlungen nimmt die Bundesregierung teil und sie wird sich weiterhin für Verbesserungen einsetzen. 7. Wann und bei welchen Gelegenheiten haben Vertreter der Bundesregierung gegenüber Vertretern der Volksrepublik China das aktuelle UPU-Endvergütungssystem thematisiert? Das aktuelle Endvergütungssystem des Weltpostvereins wurde von der Bundesregierung regelmäßig im Rahmen der Gremiensitzungen des Weltpostvereins mit Vertretern der Volksrepublik China diskutiert, wobei auch Ungleichgewichte thematisiert wurden. 8. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der internationalen Briefsendungen, der internationalen Einschreiben und der Warenimporte aus der Volksrepublik China nach Deutschland entwickelt? Hierüber liegen der Bundesregierung keine genauen Kenntnisse vor. Konkrete Angaben hierzu werden von der Deutschen Post AG als dem von Deutschland gegenüber dem Weltpostverein mit der Erbringung des internationalen Postverkehrs benannten Betreibers (sog. Designated Operator) aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nur bedingt veröffentlicht. Bis Ende 2018 dürfte sich die Zahl der internationalen Briefsendungen und der Warensendungen gegenüber 2008 aber um ein Vielfaches erhöht haben. Während sich die Zahl der Briefe von 2008 bis 2012 mehr als verdoppelt haben dürfte, wird erwartet, dass sich die Zahl der Sendungen von 2012 bis Ende 2018 voraussichtlich verzehnfachen wird. Von den Sendungen beinhalten geschätzt ca. 98 Prozent Waren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6025 Die Anzahl der eingeschriebenen Briefe schwankte nach Kenntnis der Bundesregierung von 2008 bis 2016 um ca. 20 Prozent. Ab Mitte 2017 wurden durch die o. g. Anpassungen der Endvergütungsraten die eingeschriebenen Sendungen durch Sendungen mit Sendungsverfolgung substituiert. Es wird erwartet, dass die Zahl der Einschreiben auf unter 1 Prozent der Sendungsmenge abfallen wird. 9. Wie haben sich, nach Kenntnis der Bundesregierung, die Einnahmen der Deutschen Post AG aus der Zustellung chinesischer Briefsendungen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Auch hierüber liegen der Bundesregierung keine genauen Angaben vor. Es ist aber davon auszugehen, dass, entsprechend der Volumenentwicklung, die Zahlungen , welche die Deutsche Post AG für die Zustellungen von Sendungen aus China erhält, in der Periode 2008 bis Ende 2018 deutlich steigen werden. Die Einnahmen in der Zeit von 2008 bis 2012 dürften durch kontinuierliche Steigerungen der Sendungsmengen und der Endvergütungsraten bereits deutlich gestiegen sein. Es wird erwartet, dass sich die Einnahmen von 2012 bis Ende 2018 darüber hinaus um ein Vielfaches erhöhen werden. Diese Entwicklung ist die Folge der Beschlüsse des Weltpostvereins, durch Erhöhung der für Sendungen aus China geltenden Endvergütungen eine Kostendeckung zu erreichen (siehe die Antworten zu den Fragen 5 und 6). 10. Wie haben sich, nach Kenntnis der Bundesregierung, die jährlichen Kosten der Deutschen Post AG für die Zustellung chinesischer Briefsendungen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Soweit der Bundesregierung bekannt, sind die Gesamtkosten aufgrund steigender Volumina und geänderter Sendungsstruktur in den vergangenen Jahre gestiegen. Genaue Angaben werden von der Deutschen Post AG aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht bekannt gegeben. 11. Stellen die geltenden UPU-Endvergütungen aus Sicht der Bundesregierung ein Wettbewerbshindernis für europäische Händler beim Export in die Volksrepublik China dar? Die Endvergütungen gelten für Sendungen bis zu einem Gewicht von 2 Kilogramm sowie bis zu den Maximaldimensionen Länge + Breite + Höhe ≤ 900 Millimeter , jedoch keine Seite größer als 600 Millimeter. Deutsche Kunden versenden tendenziell schwerere Sendungen nach China, für die aufgrund der Ratenstruktur verhältnismäßig niedrige Raten bezahlt werden. Deshalb stellt die Struktur der Endvergütungsraten für europäische Händler beim Export in die Volksrepublik China kein Hindernis dar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333