Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6035 19. Wahlperiode 27.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Föst, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5718 – Unterstützende Maßnahmen für Bereitschaftspflegefamilien und Kinder in Bereitschaftspflegeverhältnissen bzw. Inobhutnahmen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Krisensituationen, in denen Kinder zu ihrem eigenen Schutz aus ihrer Familie in Obhut genommen werden müssen, stehen Bereitschaftspflegefamilien bzw. Inobhutnahme-Einrichtungen bereit, diesen Kindern ad hoc eine vorübergehende Bleibe zu bieten. Dies geschieht so lange, bis festgestellt worden ist, ob die Kinder in ihre Familien zurückkehren können oder dauerhaft fremduntergebracht werden müssen. Für die Kinder ist die Bereitschaftspflege bzw. Inobhutnahme ein Schutzraum, um schnell aus einem kindeswohlgefährdenden Elternhaus herauszukönnen. Den Bereitschaftspflegeeltern wiederum verlangt dies eine hohe Flexibilität und ein hohes Anpassungsvermögen ab (Büttner, P., Fegert, J. M., Meysen, T., Petermann, F. & Rücker, S. (2018). Bereitschaftspflege im Blick (BiB) – erste Eindrücke über die Sicht von Bereitschaftspflegeeltern . PFAD, 1, S. 10-13). Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD haben diese bekräftigt, dass „im Interesse von fremduntergebrachten Kindern die Elternarbeit und die Qualifizierung und Unterstützung von Pflegeeltern gestärkt und gefördert werden“ soll (Koalitionsvertrag, S. 21). Aufgrund der seit etwa 2005 stark angestiegenen Zahlen von Inobhutnahmen (Kindschützende Maßnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VIII –; dies trifft auch auf die ab 2015 bereinigten Zahlen ohne minderjährige , unbegleitete Flüchtlinge zu), stehen alle involvierten Akteure vor verschiedenen wachsenden Herausforderungen. Nicht nur die Fallzahlen, auch die durchschnittliche Verweildauer der Kinder in den Bereitschaftspflegefamilien und Inobhutnahme-Einrichtungen hat sich massiv erhöht. So wird als Richtwert für den Verbleib eines Kindes in einem Bereitschaftspflegeverhältnis eine maximale Dauer von sechs Monaten empfohlen. Gerade bei unter Dreijährigen ist dies aber schon ein beträchtlicher Zeitraum in ihrem bisherigen Leben; in der Praxis ziehen sich die Unterbringungen manchmal zudem über Jahre hin (Rücker, Stefan und Büttner, Peter. Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII): Dynamik, Herausforderungen und Praxisentwicklung, www.sgbviii.de/s167.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6035 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Insbesondere Verzögerungen in der Klärung des Verbleibs der Kinder, beispielsweise durch Erstellung von Gutachten, Überlastung der Jugendämter oder der Familiengerichte, führen zu einem längeren Aufenthalt. Dadurch ergeben sich mit Blick auf die bindungs- und beziehungsrelevanten Bedürfnisse der untergebrachten Kinder weitere Belastungen (Rücker, S. (2016). Belastungen und Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in der Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) – ein Beitrag zum Kinderschutz. Kindesmisshandlung und -vernachlässigung, 1, S. 6-13). Aus Sicht der Fragesteller bedarf es deshalb einer Analyse der Praxisentwicklungsbedarfe der Bereitschaftspflege bzw. Inobhutnahme und der Einführung einheitlicher Standards zum Wohle der Kinder, aber auch der Unterstützung der Bereitschaftspflege-Leistenden. 1. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD explizit genannte Förderung und Unterstützung von Bereitschaftspflegeeltern umzusetzen (vgl. Koalitionsvertrag, S. 21)? a) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung auf Bundesebene? b) Welche Maßnahmen plant das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)? c) Falls keine Maßnahmen auf Bundesebene geplant sind, warum nicht, und wie wird die Bundesregierung die Länder und Kommunen unterstützen? 2. Wie plant die Bundesregierung, die Qualifizierung und Unterstützung von Bereitschaftspflegefamilien sicherzustellen? 3. Falls die Bundesregierung keine Möglichkeiten auf Bundesebene für eine direkte Förderung und Unterstützung sieht, welche flankierenden Maßnahmen zur Hilfe bei einer Umsetzung durch Länder und Kommunen sieht die Bundesregierung? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In ihrem Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode haben CDU, CSU und SPD vereinbart, die Kinder- und Jugendhilfe weiterzuentwickeln, den Kinderschutz zu verbessern und die Familien zu unterstützen. Hierzu soll das Kinderund Jugendhilferecht auf Basis des in der letzten Legislaturperiode beschlossenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes weiterentwickelt werden. Dazu gehört nach der Vereinbarung im Koalitionsvertrag auch, dass im Interesse von fremduntergebrachten Kindern die Elternarbeit und die Qualifizierung und Unterstützung von Pflegeeltern gestärkt und gefördert werden. Auf Grundlage dieser Vereinbarungen hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) am 6. November 2018 mit der Auftaktveranstaltung für den Dialogprozess „Mitreden – Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder und Jugendhilfe“ einen breiten Beteiligungsprozess zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe mit relevanten Akteuren aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe und den Ländern und Kommunen begonnen. Der Prozess sieht vor, auch Erfahrungen von Beteiligten und Betroffenen mit der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Familiengerichtsbarkeit zu sammeln und systematisch auszuwerten. Im Rahmen dieser unabhängigen wissenschaftlichen Begleitung sollen sich unter anderem Eltern, Pflegeeltern, Kinder und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sowie Familienrichter und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6035 -richterinnen vertraulich äußern können. Die Auswertung wird mit Blick auf systemische und strukturelle Veränderungsbedarfe in das weitere Verfahren mit aufgenommen . Im Mittelpunkt der Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe steht insbesondere auch ein besserer Kinderschutz, z. B. durch wirksamere Hilfen für Familien, Stärkung der Prävention und eine engere Kooperation aller relevanten Akteure. Die besonderen Belange von Kindern in Bereitschaftspflegeverhältnissen und Möglichkeiten zur Förderung und Unterstützung von Bereitschaftspflegeeltern und Bereitschaftspflegeeinrichtungen werden dabei mit einbezogen. Nach Beendigung des Dialog- und Beteiligungsprozesses werden die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer Gesetzesinitiative aufgegriffen. Auf der Grundlage der Ergebnisse wird das BMFSFJ auch den Bedarf für Verbesserungen im Bereich der Bereitschaftspflege als eine familienorientierte Form der Krisenintervention im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen prüfen . 4. Wie erklärt sich die Bundesregierung, basierend auf den Zahlen des Statistischen Bundesamtes (abgesehen und bereits herausgerechnet der stark angestiegenen Zahlen unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge), den starken Anstieg von Aufnahmen in die Bereitschaftspflege bzw. Inobhutnahme seit etwa zehn Jahren? Bezogen auf die Entwicklung der Inobhutnahmen ohne die Fälle aufgrund einer unbegleiteten Einreise kann die Entwicklung der Fallzahlen in zwei Phasen unterteilt werden (vgl. Kaufhold, G.; Pothmann, J.: Aus dem Schatten der Dienstleistungsorientierung – der Kinderschutz und seine Wiederentdeckung. In: KomDat Jugendhilfe, H. 1/2018, S. 22 – 26): So fand zwischen 2006 und 2011 eine Bedeutungszunahme von Aufgaben im Kinderschutz statt. In diesem Zeitraum, in dem zugleich eine breite öffentliche Debatte über Verbesserungen im Kinderschutz geführt wurde, stieg die Zahl der Inobhutnahmen deutlich an. Überproportional waren bei diesem Zuwachs die Schutzmaßnahmen für Kinder unter drei Jahren sowie Inobhutnahmen aufgrund einer Vernachlässigung (vgl. Bange, D.: Haben sich die Eingriffsschwellen beim Kinderschutz verändert? Eine Analyse der Kinder- und Jugendhilfestatistik und einschlägiger Untersuchungen. In: Neue Praxis, H. 4/2018, S. 325 – 341). Im Zeitraum von 2012 bis 2015 ist die Fallzahl stabil geblieben. Diese Entwicklungen sprechen dafür, dass sich in diesem Zeitraum nicht die tatsächlichen Gefährdungssituationen für Kinder und Jugendliche vermehrt haben, sondern andere Gründe, wie beispielsweise eine erhöhte Sensibilität für Gefährdungen , eine verbesserte Kommunikation und Kooperation zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen sowie die Weiterentwicklung von entsprechenden Verfahren in Jugendämtern die Ursache für den Fallzahlenanstieg sind. Eine eindeutige Bewertung der Gründe ist auf Grundlage des derzeitigen Forschungsstandes jedoch nicht möglich (vgl. ebd. sowie die Antwort zu Frage 7). Im Jahr 2016 wurde erneut ein deutlicher Anstieg verzeichnet, und das hohe Niveau wurde annähernd auch 2017 wieder erreicht. Für den Zuwachs ab 2016 liegen bisher keine empirischen Erklärungen vor (vgl. Mühlmann, T.: Inobhutnahmen ohne unbegleitete ausländische Minderjährige bleiben auf hohem Niveau. In: KomDat Jugendhilfe, H. 2/2018, S. 10 – 14). Bezüglich der Entwicklung der Bereitschaftspflege wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6035 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um Bereitschaftspflegefamilien bzw. Inobhutnahme-Einrichtungen, Jugendämter, Kommunen und Länder gezielt zu unterstützen (bitte nach den genannten Kategorien aufschlüsseln )? 6. Falls die Bundesregierung keine Unterstützungsmöglichkeiten sieht, wie verhält sie sich zu der Einführung von deutschlandweit einheitlichen Standards auf der Basis wissenschaftlicher Studien, um eine (weitere) Traumatisierung der in Bereitschaftspflege bzw. in Obhut genommenen Kinder zu verhindern oder zu verringern? Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Ausführung der bundesgesetzlichen Grundlagen für die Arbeit der Jugendämter im Achten Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe – SGB VIII) obliegt gemäß Artikel 83 des Grundgesetzes den Ländern und wird dort als Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung wahrgenommen. Der Bundesgesetzgeber sichert mit dem SGB VIII einen verbindlichen Rahmen für die Kinderund Jugendhilfe. So gewährleistet das SGB VIII explizit Rechtsansprüche auf bedarfsgerechte Hilfen und verpflichtet den öffentlichen Träger der Jugendhilfe zur Vorhaltung von Angeboten sowie zur Durchführung von Maßnahmen. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist nach § 79a SGB VIII überdies verpflichtet , Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Diese Verpflichtung bezieht sich auch auf die Inobhutnahme (vgl. § 79a Satz 1 Nummer 2 SGB VIII) und damit auf die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Inobhutnahme oder Bereitschaftspflegefamilien . Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. 7. Ist die Bundesregierung davon überzeugt, dass ihr genügend wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse sowie belastbare Zahlen zur Verfügung stehen, um die Situation in Fällen von Inobhutnahme und Bereitschaftspflege angemessen zu beurteilen? a) Falls ja, auf welche Studien bezieht sich die Bundesregierung? b) Falls nein, hält die Bundesregierung es für notwendig, diese Erkenntnisse durch eine Studie zu erlangen? Familiäre Bereitschaftspflege verortet sich rechtlich sowohl im Kontext des § 33 SGB VIII als auch des § 42 SGB VIII. Eine eindeutige Zuordnung ist nicht möglich bzw. wird von Jugendämtern unterschiedlich vorgenommen. Eine wichtige Datengrundlage für die Hilfen zur Erziehung und die Inobhutnahmen ist die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik. Über diese stehen jedoch nur wenige belastbare Daten zur familiären Bereitschaftsbetreuung zur Verfügung. Denn zum einen erfasst die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik zwar Angaben zu der Zahl der Vollzeitpflegehilfen, doch liegen für die Hilfen zur Erziehung keine Angaben über die Zahl der Maßnahmen zur Bereitschaftspflege vor. Dies sieht das Erhebungsinstrument als Merkmalsausprägung nicht vor. Zum anderen wird bei den vorläufigen Schutzmaßnahmen zwar der Unterbringungsort während der Maßnahme erfasst. Erhoben werden also Angaben über die Unterbringung von in Obhut genommenen Kindern und Jugendlichen, die während der Maßnahme bei so genannten geeigneten Personen leben. Hierbei dürfte es sich überwiegend um eine Form der familiären Bereitschaftsbetreuung im Rahmen des § 42 SGB VIII Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6035 handeln. Da jedoch nicht alle Bereitschaftspflegeverhältnisse von den Jugendämtern als Teil der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII betrachtet werden, sondern sie teilweise statistisch als nachfolgende Hilfeform gemäß § 33 SGB VIII erfasst werden, bildet auch diese Zahl die Bereitschaftspflegeverhältnisse nicht erschöpfend ab. Bezüglich der Entwicklung der Inobhutnahmen insgesamt ermöglichen die Analysen der Kinder- und Jugendhilfestatistik eine valide Bewertung der quantitativen Entwicklung der Fallzahl insgesamt, der Altersverteilung, der Dauer der Maßnahmen, der Entscheidungen über eine Rückkehr des Kindes oder Jugendlichen sowie etwaiger Anschlusshilfen (vgl. Bange 2018, Mühlmann 2018). Der Bundesregierung ist bekannt, dass hinsichtlich einer qualitativen Bewertung der Gründe für die jeweiligen Entwicklungen der empirische Forschungsstand teilweise als nicht ausreichend angesehen wird (vgl. Bange 2018). Ob und in welcher Form diesem Umstand Rechnung getragen werden wird, wird im Rahmen des in der Antwort zu den Fragen 1 bis 3 beschriebenen Dialog- und Beteiligungsprozesses diskutiert werden. 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, welche Maßnahmen zu einer Verkürzung der Bleibedauer im Sinne des Kindeswohls von Bund, Ländern und Kommunen eingeführt werden können? 9. Welche weiteren Praxisbedarfe sieht die Bundesregierung im Bereich der Bereitschaftspflegeverhältnisse bzw. Inobhutnahmen? Zu den Fragen 8 und 9 wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. 10. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen, um den Verbleib von Kindern in Bereitschaftspflegefamilien bzw. Inobhutnahme-Einrichtungen kurz zu halten in Bezug auf Verzögerungen durch a) Erstellung von Gutachten, Zur Beschleunigung des Sachverständigenbeweises in gerichtlichen Verfahren hat der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und anderer Gesetze (BGBl. 2016 I S. 2222) wichtige Änderungen vorgenommen . In § 411 Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist verbindlich vorgesehen , dass bei schriftlicher Begutachtung das Gericht dem Sachverständigen eine Frist setzt, innerhalb derer er das Gutachten zu übermitteln hat. Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen, § 407a Absatz 1 ZPO. Versäumt der Sachverständige die Frist, soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, das bis zu 3 000 Euro betragen kann, § 411 Absatz 2 ZPO. Die Regelungen sind aufgrund § 30 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) auch im familiengerichtlichen Verfahren anwendbar. Den Familiengerichten stehen damit wichtige Instrumente zur Verfügung, um im Einzelfall Verfahrensverzögerungen durch eine erforderliche Sachverständigenbegutachtung zu vermeiden. Weitergehende Maßnahmen des Bundes im Verfahrensrecht sind zurzeit nicht geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6035 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Überlastung der Jugendämter, c) Finden einer Anschlussunterbringung und 11. Falls die Bundesregierung keine Maßnahmen plant, warum nicht? Zu den Fragen 10b, 10c und 11 wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen . Zu Frage 10b ergänzend: In den letzten Jahren wurden die Personalressourcen der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) massiv ausgebaut: Allein zwischen 2006 und 2016 haben die Kommunen die Personalressourcen der ASD fast verdoppelt. Wurden 2006 bundesweit noch rund 7 585 Vollzeitäquivalente (VZÄ) im ASD gezählt – damals noch einschließlich des Arbeitsbereichs „Förderung der Erziehung in der Familie “ –, waren es 2016 bereits 13 996 VZÄ im ASD. Dieser Ausbau steht im Zusammenhang mit wachsenden Aufgaben des ASD, unter anderem aufgrund steigender Fallzahlen bei Hilfen zur Erziehung (vgl. Fendrich, S./Pothmann, J./Tabel, A. (2018): Monitor Hilfen zur Erziehung 2018 [Online-Fassung]; veröffentlicht unter: www.hzemonitor.akjstat.tu-dortmund.de [Zugriff: 16. Oktober 2018]). d) familiengerichtliche Entscheidungen? Wie die Bundesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD, „Überlastung deutscher Gerichte“, auf Bundestagsdrucksache 19/1904 ausgeführt hat, arbeitet die deutsche Justiz – insgesamt betrachtet – zügig und qualitativ auf sehr hohem Niveau. Gerade familiengerichtliche Verfahren , die den Aufenthalt, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines Kindes betreffen , sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind nach § 155 Absatz 1 FamFG vorrangig und beschleunigt durchzuführen. Eine im Rahmen der rechtstatsächlichen Untersuchung „Evaluierung der FGG-Reform“ im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführte Praxisbefragung hat ergeben, dass mehr als 80 Prozent der Befragten bestätigen, dass § 155 Absatz 1 FamFG zu einer Beschleunigung von Kindschaftssachen beigetragen hat (Stefan Ekert/Bettina Heiderhoff, Die Evaluierung der FGG-Reform, 2018, S. 259; abrufbar unter www.bmjv.de). Mit den §§ 155b, 155c FamFG steht außerdem ein besonderer Rechtsbehelf zur Verfügung, um Verstöße gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Einzelfällen noch im anhängigen Verfahren zu korrigieren. 12. Stimmt die Bundesregierung dem Fragesteller in der grundsätzlichen Analyse der genannten Ursachen für Verzögerungen zu? Aus Sicht der Bundesregierung sind die Ursachen für nicht dem Kindeswohl entsprechende Verzögerungen im Rahmen von Inobhutnahmen und Anschlussunterbringungen vielfältig. Von besonderer Bedeutung in struktureller Hinsicht ist nach Auffassung der Bundesregierung auch im Bereich von Inobhutnahmen und Unterbringungen in Bereitschaftspflege eine gut funktionierende Kooperation und Kommunikation zwischen den im Bereich des Kinderschutzes tätigen Akteuren. Wesentliche Schritte auf dem Weg dahin wurden bereits mit dem Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG), das am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, verwirklicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6035 Teil des BKiSchG ist das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG). Darin wurden u. a. Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz definiert. Der Aufbau und die Weiterentwicklung verbindlicher Strukturen der Zusammenarbeit der zuständigen Leistungsträger und Institutionen im Kinderschutz verfolgt laut § 3 KKG das Ziel, sich gegenseitig über das jeweilige Angebots- und Aufgabenspektrum zu informieren, strukturelle Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung zu klären sowie Verfahren im Kinderschutz aufeinander abzustimmen. Neben Einrichtungen und Diensten der öffentlichen und freien Jugendhilfe sollen dabei u. a. auch Familiengerichte einbezogen werden. Die Umsetzung liegt in der Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Die Evaluation des BKiSchG hat gezeigt, dass Kooperationen und Netzwerke im Kinderschutz bereits ausgebaut und verbessert wurden. Die Evaluationsergebnisse weisen aber auch darauf hin, dass die Zusammenarbeit noch enger und intensiver werden muss. Wie dies im Einzelnen auch im Wege weiterer gesetzlicher Regelungen erreicht werden kann, wird im Rahmen des in der Antwort zu den Fragen 1 bis 3 beschriebenen Beteiligungsprozesses diskutiert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333