Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 22. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6044 19. Wahlperiode 26.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/5618 – Anerkennung von Berufskrankheiten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Berufskrankheiten sind Erkrankungen, die nachweislich auf berufliche Belastungen zurückzuführen sind. Dieses Kausalitätsprinzip schreibt das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) vor und umfasst die medizinische Begutachtung und Anerkennung von Berufskrankheiten. Es gilt als „Achillesferse“ der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Spellbrink 2013 und Hien 2013 in SozSich 12/2013). Denn nicht immer fällt es Beschäftigten leicht nachzuweisen, dass eine Erkrankung ihren Ursprung im Arbeitsleben hat. Todbringende Berufskrebserkrankungen zeigen sich beispielsweise erst nach bis zu 50 Jahren, was als Latenzzeit bezeichnet wird und deren Nachweis erschwert. Alle anerkannten Berufskrankheiten werden in der sogenannten Berufskrankheiten -Liste (BK-Liste) aufgeführt, der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Die BK-Liste enthält ausschließlich Krankheiten, für die von der medizinischen Wissenschaft festgestellt wurde, dass sie durch besondere Einwirkungen verursacht werden. Diesen müssen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein. Nur wenn eine Erkrankung in hohem Maße wahrscheinlich durch versicherte berufliche Tätigkeiten verursacht wurde, können Entschädigungen und Renten gewährt werden. Werden berufsbedingte Erkrankungen nicht als Berufskrankheiten anerkannt, müssen Kranken- oder Rentenversicherung für Behandlungs- oder Rehabilitationskosten aufkommen. Relevant ist dies insbesondere deshalb, weil die verschiedenen Sozialversicherungsträger unterschiedlich finanziert werden. Während die Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung alleine von den Arbeitgebern getragen werden, sind Kranken- und Rentenversicherung paritätisch durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile finanziert. Jede verweigerte Anerkennung von Berufskrankheiten geht nicht nur mit erheblichen individuellen Nachteilen für die Betroffenen einher, sondern bedeutet auch eine Umverteilung zu Lasten der Beschäftigten. In der Konsequenz fällt nach Ansicht der Fragesteller ein wichtiger finanzieller Anreiz für die Arbeitgeber weg, für Arbeitsbedingungen zu sorgen, die nicht krank machen. Es ist deshalb dringend geboten, transparent zu machen, wie es um die Anerkennung von Berufskrankheiten in Deutschland steht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viele Anzeigen mit Verdacht auf eine Berufskrankheit wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren von 1997 bis 2018 gestellt, und in wie vielen Fällen wurden diese bestätigt (bitte in Summe und prozentual darstellen)? Die Fragen zu statistischen Daten werden anhand der statistischen Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für die gewerblichen Unfallversicherungsträger und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sowie anhand der statistischen Angaben der Sozialversicherung für Landwirtschaft , Forsten und Gartenbau (SVLFG) für die landwirtschaftliche Unfallversicherung beantwortet. Verdachtsanzeigen zum Vorliegen einer Berufskrankheit können in jedem Fall einer möglichen oder (subjektiv) vermuteten berufsbedingten Verursachung einer Erkrankung abgegeben werden, nicht erst bei einem (sachlich) begründeten Verdacht . Dementsprechend ist die Qualität der Anzeigen sehr heterogen, sowohl nach Person der Anzeigenden als auch bei den unterschiedlichen Berufskrankheiten . Da aber jede Anzeige eine Chance zur Prävention bieten kann, ermuntert die gesetzliche Unfallversicherung zu großzügigem Anzeigeverhalten – auch wenn dadurch die Zahl der Ablehnungen potentiell überproportional steigt. Die bestätigten Fälle umfassen die anerkannten Berufskrankheiten und die Fälle, in denen zwar die berufliche Verursachung festgestellt wurde, besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt waren (z. B. weil die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben wurde). Der DGUV liegen die Daten zu den Verdachtsanzeigen und zu den bestätigten Fällen bis Ende 2017 vor. Eine prozentuale Darstellung, bei wie vielen Verdachtsanzeigen auf eine Berufskrankheit sich dieser Verdacht bestätigt hat oder die Anerkennung einer Berufskrankheit erfolgte, ist nicht möglich, da die statistischen Daten nicht bezogen auf den Verlauf einzelner Fälle, sondern bezogen auf Meldungen und Entscheidungen pro Jahr erfasst werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6044 Geschäfts- und Rechnungsergebnisse (GuR) der gewerblichen Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit Jahr Anzahl 1997 85.406 1998 82.376 1999 80.282 2000 78.029 2001 73.551 2002 68.196 2003 62.130 2004 60.965 2005 59.919 2006 61.457 2007 61.150 2008 60.736 2009 66.951 2010 70.277 2011 71.269 2012 70.566 2013 71.579 2014 71.685 2015 76.991 2016 75.491 2017 75.187 © DGUV Referat Statistik; erstellt am 8. November 2018 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Geschäfts- und Rechnungsergebnisse (GuR) der gewerblichen Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand Verdacht auf eine BK wurde bestätigt Jahr Anzahl 1997 29.646 1998 28.314 1999 27.254 2000 25.894 2001 25.442 2002 25.942 2003 24.877 2004 24.942 2005 25.022 2006 23.019 2007 23.663 2008 23.028 2009 25.570 2010 31.219 2011 34.573 2012 35.293 2013 36.202 2014 36.754 2015 37.149 2016 40.056 2017 38.080 Quelle: DGUV Referat Statistik; erstellt am 8. November 2018 Die Steigerungen wurden im Wesentlichen durch die Erweiterungen der Berufskrankheitenliste (Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung) und durch Änderungen in der Erfassung von Hautarztberichten verursacht. Die Datenlage der SVLFG ermöglicht eine valide statistische Auswertung erst ab dem Jahr 2013, dem Errichtungsjahr der SVLFG, in der die bis dahin selbständigen regionalen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften aufgegangen sind. Ab diesem Zeitpunkt steht für die landwirtschaftliche Unfallversicherung eine bundesweite einheitliche Datenbank zur Verfügung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6044 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit Jahr Anzahl 2013 3.199 2014 3.513 2015 4.798 2016 4.788 2017 4.701 Verdacht auf eine BK wurde bestätigt Jahr Anzahl 2013 950 2014 1.137 2015 1.492 2016 1.962 2017 2.144 2. Welche Kosten haben nach Kenntnis der Bundesregierung Berufskrankheiten in den Jahren von 1997 bis 2018 verursacht, und welchen Anteil davon tragen die gesetzlichen Krankenkassen bzw. die Berufsgenossenschaften (bitte einzeln und jährlich aufschlüsseln)? Die Gesamtausgaben für anerkannte Berufskrankheiten im Bereich der DGUV sind in der nachfolgenden Übersicht dargestellt: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Berufskrankheiten-Kostenerhebung* (BK-KOST) - Gewerbliche Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand** Kosten der BK-Leistungsfälle Geschäftsjahr Betrag in Mio. Euro 1997 1.152,5 1998 1.178,5 1999 1.169,9 2000 1.161,0 2001 1.205,2 2002 1.252,5 2003 1.270,9 2004 1.271,1 2005 1.264,5 2006 1.264,3 2007 1.221,4 2008 1.228,7 2009 1.417,3 2010 1.438,0 2011 1.413,0 2012 1.429,5 2013 1.428,0 2014 1.488,9 2015 1.513,1 2016 1.576,9 2017 1.597,4 * Ein Teil der Konten des Kontenrahmens für die UV-Träger sind nur auf aggregierter Ebene verfügbar und daher nicht Teil der Berufskrankheiten-Kostenerhebung. ** Erfassung der UV-Träger der öffentlichen Hand (UVTöH) ab 2010. © DGUV Referat Statistik; erstellt am 8. November 2018 Aufgrund der Bestandsführung der Berufskrankheiten-Kostenerhebung können sich Daten der Vorjahre nachträglich ändern. Die Gesamtausgaben für anerkannte Berufskrankheiten in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (LUV) in den Jahren 2013 bis 2017 sind in der nachfolgenden Übersicht dargestellt (gerundete Beträge in Euro): Jahr Betrag in Mio. Euro 2013 41,8 2014 43,2 2015 44,1 2016 44,5 2017 45,5 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6044 Bei Vorliegen einer Berufskrankheit hat die gesetzliche Krankenversicherung nach § 11 Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) keine Leistungspflicht . Insofern fallen dort keine Kosten an. 3. Welche Ausgaben sind nach Kenntnis der Bundesregierung auf die Verhütung von Berufskrankheiten in den Jahren von 1997 bis 2018 entfallen, und welche Leistungen wurden in diesem Zusammenhang im Einzelnen von Krankenkassen bzw. Berufsgenossenschaften übernommen (bitte einzeln und jährlich aufschlüsseln)? Für die gesetzlichen Unfallversicherungsträger besteht die Verpflichtung, mit allen geeigneten Mitteln Maßnahmen zu ergreifen, um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu verhüten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren abzuwehren. Nach Angaben der DGUV wurden folgende Mittel für die Verhütung von Berufskrankheiten aufgewendet: Geschäfts- und Rechnungsergebnisse (GuR) der gewerblichen Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand Kosten der Verhütung von Berufskrankheiten Geschäftsjahr Betrag in Mio. Euro 1997 239,7 1998 182,8 1999 186,3 2000 195,4 2001 197,5 2002 205,7 2003 212,9 2004 197,9 2005 188,8 2006 188,7 2007 185,5 2008 195,4 2009 197,4 2010 197,8 2011 182,6 2012 204,3 2013 209,6 2014 210,3 2015 216,0 2016 221,6 2017 227,1 © DGUV Referat Statistik; erstellt am 8. November 2018 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Nach Angaben der SVLFG wurden aufgewendet: Jahr Betrag in Mio. Euro 2013 63,29 2014 64,54 2015 61,41 2016 60,02 2017 62,73 Den gesetzlichen Krankenkassen liegen die Leistungsausgaben für Präventionsmaßnahmen nicht nach der Ursache einer möglichen Erkrankung vor. Daher kann der Anteil der von den gesetzlichen Krankenkassen geleisteten Ausgaben nicht angegeben werden. 4. Welche systematischen Früherkennungsverfahren für Berufserkrankungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in der Bundesrepublik Deutschland, und inwiefern ist beabsichtigt, weitere Früherkennungsverfahren einzuführen? Es existieren mehrere Verfahren zur Erkennung bzw. auch Früherkennung und Meldung von Berufskrankheiten. Nach § 202 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind alle Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte gesetzlich verpflichtet, einen begründeten Verdacht auf eine Berufskrankheit beim zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sowie bei der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle anzuzeigen. Jeder Arztbesuch bietet daher die Möglichkeit, Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen. Im Arbeitsschutzrecht gibt es die arbeitsmedizinische Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist unter anderem, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen (siehe § 1 Absatz 1 ArbMedVV). Die ArbMedVV unterscheidet gestuft nach dem Grad der Gesundheitsgefährdung zwischen Pflichtvorsorge (muss der Arbeitgeber für Beschäftigte veranlassen), Angebotsvorsorge (muss der Arbeitgeber Beschäftigten anbieten) und Wunschvorsorge (muss der Arbeitgeber Beschäftigten ermöglichen). Einen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge gewonnenen Verdacht auf eine Berufskrankheit hat die Ärztin oder der Arzt wie eingangs ausgeführt anzuzeigen. Auch für die Anerkennung einer Berufskrankheit können Ergebnisse, Befunde und Erkenntnisse arbeitsmedizinischer Vorsorge relevant sein. Außerdem bestehen weitere Anzeige- und Mitteilungspflichten, um die Früherkennung von Berufskrankheiten sicherzustellen: Sofern Unternehmer Anhaltspunkte für eine Berufskrankheit bei Beschäftigten haben, sind sie zur Meldung an den Unfallversicherungsträger verpflichtet (§ 193 Absatz 2 SGB VII). Ist anzunehmen, dass bei einem Versicherten eine berufsbedingte gesundheitliche Gefährdung oder eine Berufskrankheit vorliegt, hat die Krankenkasse dies nach § 20c Absatz 1 Satz 3 SGB V unverzüglich den für den Arbeitsschutz zuständigen Stellen und dem Unfallversicherungsträger mitzuteilen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6044 Im Fall einer BK Nr. 5101 („Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen , die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“) kann von Hautärzten ein besonderes Hautarztverfahren eingeleitet werden, wenn bei Versicherten mit krankhaften Hautveränderungen die Möglichkeit besteht, dass daraus eine Hauterkrankung durch eine berufliche Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheitenverordnung entsteht , wiederauflebt oder sich verschlimmert. In diesen Fällen wird ein Hautarztbericht erstattet. Daneben prüfen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung auch von Amts wegen und ohne gesonderte Antragsformalitäten ihnen auf sonstigen Wegen bekanntwerdende Hinweise auf mögliche Berufskrankheiten. Es ist nicht beabsichtigt, weitere Früherkennungsverfahren einzuführen. 5. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anerkennungsquote der Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit in den Jahren von 1997 bis 2018 entwickelt, und wie erklärt sich die Bundesregierung diese Entwicklung ? Zu der Entwicklung der Verdachtsanzeigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . Wie zu Frage 1 bereits erläutert ist die Bildung einer Quote aus statistischen Gründen nicht möglich. Die Entwicklung zu den Anerkennungen stellt sich im Bereich der DGUV wie folgt dar: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Geschäfts- und Rechnungsergebnisse (GuR) der gewerblichen Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand Anerkennungen Jahr Anzahl 1997 22.577 1998 19.976 1999 18.633 2000 18.000 2001 17.950 2002 17.722 2003 16.778 2004 16.784 2005 15.920 2006 14.156 2007 13.383 2008 12.972 2009 16.078 2010 15.461 2011 15.262 2012 15.291 2013 15.656 2014 16.112 2015 16.802 2016 20.539 2017 19.794 © DGUV Referat Statistik; erstellt am 08.11.2018 Die Anerkennungen im Bereich der SVLFG stellen sich wie folgt dar: Jahr Anerkennungen 2013 762 2014 867 2015 1.248 2016 1.807 2017 2.018 Der deutliche Anstieg der Anerkennungen in den Jahren 2015 bzw. 2016 ist im Wesentlichen auf die hohe Zahl der Anerkennungen bei der Berufskrankheit Nr. 5103 („Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“) zurückzuführen, die mit Wirkung zum 1. Januar 2015 in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/6044 6. Wie lange dauerte jeweils der Aufnahmeprozess der einzelnen Berufskrankheiten von den ersten begründeten Verdachtsfällen in der medizinischen Wissenschaft bis zur Aufnahme in die Anlage 1 der BK-Verordnung (bitte einzeln angeben)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 7. In wie vielen Fällen wurde für die Anerkennung als Berufskrankheit in den Jahren 1997 bis 2018 auf § 9 Absatz 2 SGB VII („Wie-BK“) zurückgegriffen (bitte jährlich angeben), und wie erklärt sich die Bundesregierung diese Zahlen? Die Anerkennung einer Erkrankung als „Wie-Berufskrankheit“ nach § 9 Absatz 2 SGB VII setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung der Erkrankung nach § 9 Absatz 1 Satz 2 SGB VII (sogenannte Listen-Berufskrankheit ) erfüllt sind. Insoweit überbrückt § 9 Absatz 2 SGB VII die Zeitdauer zwischen dem gesicherten Vorliegen medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse , die die Aufnahme einer Erkrankung in die Berufskrankheitenliste begründen , bis zum rechtlich wirksamen Abschluss dieses Verfahrens. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Anforderungen nach § 9 Absatz 2 SGB VII erfüllen, liegen vor allem dann vor, wenn es Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Aufnahme neuer Erkrankungen in die Berufskrankheiten- Verordnung gibt. Die Entwicklung zu den Anerkennungen nach § 9 Absatz 2 SGB VII stellt sich im Bereich der DGUV wie folgt dar: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Geschäfts- und Rechnungsergebnisse (GuR) der gewerblichen Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand Anerkennungen nach § 9 Absatz 2 SGB VII Jahr Anzahl 1997 1.263 1998 42 1999 38 2000 243 2001 49 2002 78 2003 27 2004 29 2005 817 2006 350 2007 76 2008 115 2009 1.064 2010 201 2011 136 2012 120 2013 344 2014 657 2015 211 2016 45 2017 32 © DGUV Referat Statistik; erstellt am 8. November 2018 Die Zahl der Anerkennungen nach § 9 Absatz 2 SGB VII in der LUV stellt sich für die Jahre 2013 bis 2017 wie folgt dar; valide Angaben für die Zeit vor 2013 sind nicht möglich (s. Antwort zu Frage 1): Jahr Anzahl Anerkennung 2013 155 2014 278 2015 99 2016 3 2017 1 Die zum Teil erheblichen Unterschiede bei der Anzahl der Anerkennungen pro Jahr begründen sich wie folgt: Mit der Veröffentlichung der Empfehlung des Sachverständigenbeirats im Gemeinsamen Ministerialblatt werden die Erkennt- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/6044 nisse einem breiteren Kreis bekannt und führen zu mehr Anzeigen und Anerkennungen der entsprechenden Erkrankungen als „Wie-Berufskrankheit“. Mit der späteren Aufnahme in die Berufskrankheiten-Verordnung werden diese Erkrankungen dann als sog. Listen-Berufskrankheit und nicht mehr nach § 9 Absatz 2 SGB VII anerkannt und die Zahl der „Wie-Berufskrankheiten“ geht wieder zurück , bis neue Empfehlungen vorliegen. 8. Wie viele Klagen gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren von 1997 bis 2018 aufgrund einer Ablehnung auf Anerkennung als Berufskrankheit , wie viele dieser Klagen waren für den Kläger bzw. die Klägerin erfolgreich, und wie erklärt sich die Bundesregierung die Ergebnisse (bitte jeweils nach Jahren aufschlüsseln)? Die Statistik der Sozialgerichtsbarkeit enthält nach Angaben der DGUV die folgenden Daten: Statistik der Sozialgerichtsbarkeit – Gewerbliche Berufsgenossenschaft und UV-Träger der öffentlichen Hand Jahr Erledigte Sozialgerichtsverfahren aufgrund von Erkrankungen Anteil der erledigten Sozialgerichtsverfahren aufgrund von Erkrankungen mit Erfolg für Versicherte/Hinterbliebene 1997 7.112 8,7 % 1998 7.562 8,2 % 1999 7.576 9,0 % 2000 7.509 8,3 % 2001 6.882 9,2 % 2002 6.917 8,6 % 2003 6.937 8,2 % 2004 6.561 7,9 % 2005 5.995 9,2 % 2006 5.362 10,6 % 2007 5.083 10,1 % 2008 4.518 11,2 % 2009 4.541 10,8 % 2010 4.662 12,0 % 2011 4.389 10,5 % 2012 4.312 10,6 % 2013 4.047 12,0 % 2014 4.418 11,0 % 2015 4.178 13,1 % 2016* 4.018 11,3 % 2017 4.098 11,0 % * Korrektur in 2018 für das Berichtsjahr 2016. © DGUV Referat Statistik; erstellt am 8. November 2018 Hinweis: Erfassung der UV-Träger der öffentlichen Hand ab 2010. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In den „Sozialgerichtsverfahren aufgrund von Erkrankungen“ sind nicht nur die Streitigkeiten, ob eine Krankheit anzuerkennen ist, enthalten, sondern auch z. B. Fragen zur Minderung der Erwerbsfähigkeit, zum Rentenbeginn, zum Umfang der Berufskrankheiten-Folgen, zur Höhe des Jahresarbeitsverdienstes oder zum Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder nach § 3 Absatz 2 der Berufskrankheiten-Verordnung (Minderverdienst). Von den 452 im Jahr 2017 mit Erfolg für Versicherte/Hinterbliebene erledigten Sozialgerichtsverfahren aufgrund von Erkrankungen führten 213 Verfahren zur Anerkennung des Versicherungsfalls (davon 56 mit und 157 ohne nachfolgende Rentengewährung). Bei den übrigen Fällen handelt es sich um erstmalige Feststellung von Rente, Abfindung oder Sterbegeld bei durch die Unfallversicherung bereits anerkannten Versicherungsfällen bzw. um sonstige Renten- oder Leistungsfeststellungen . Verfahren vor den Landessozialgerichten sind nicht Teil der obigen Tabelle. Im Jahr 2017 wurden 881 dieser Verfahren zu Erkrankungen wirksam abgeschlossen , davon 10,4 Prozent mit Erfolg für Versicherte bzw. deren Hinterbliebene. Nach Angaben der SVLFG ist die statistisch differenzierbare Auswertung von klageanhängigen Entscheidungen zu Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen technisch erst seit dem Jahr 2017 umgesetzt. Daher sind für die Vorjahre keine Aussagen zu klageanhängigen Verfahren möglich. In 2017 sind in der LUV 133 Klageverfahren neu erfasst und sieben Klageverfahren mit einer Anerkennung beendet worden. Die Daten belegen die insgesamt hohe Qualität der Entscheidungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger. 9. Wie viele dieser Klagen gingen nach Kenntnis der Bundesregierung bis vor das Bundessozialgericht (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 10. Wie lange dauerten die Anerkennungsverfahren für Berufskrankheiten nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich und im Median an (bitte für alle Berufskrankheit gesondert ausweisen)? Nach den statistischen Angaben der DGUV dauerte es im Jahr 2017 bis zur ersten versicherungsrechtlichen Entscheidung, die dem Versicherten mitgeteilt wird, durchschnittlich 4,7 Monate, im Median 2,6 Monate. In dieser Zeit sind die notwendigen medizinischen und technischen Ermittlungen durchzuführen und ggf. auch die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen gemäß § 4 der Berufskrankheiten-Verordnung zu beteiligen. Die folgende Tabelle enthält eine Übersicht zu der Verfahrensdauer der erstmals im Jahr 2017 entschiedenen Fälle nach BK-Nummer: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/6044 Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) - Gewerbliche Berufsgenossenschaften und UV-Träger der öffentlichen Hand Im Jahr 2017 erstmals entschiedene Fälle Berufskrankheiten Anzahl Verfahrensdauer in Monaten Durchschnitt Median 1101 Blei 48 7,3 7,1 1102 Quecksilber 20 6,5 6,2 1103 Chrom 188 6,5 5,0 1104 Cadmium 22 7,1 5,4 1105 Mangan 8 9,6 3,7 1106 Thallium 1 2,8 2,8 1108 Arsen 31 6,8 5,7 1109 Phosphor, anorganisch 4 1,2 0,4 1110 Beryllium 23 8,8 7,3 1201 Kohlenmonoxid 39 2,1 1,4 1202 Schwefelwasserstoff 5 5,5 5,0 1301 Harnblasenkrebs, aromatische Amine 1.409 7,4 5,7 1302 Halogenkohlenwasserstoffe 264 7,3 5,9 1303 Benzol 54 5,0 3,3 1304 Nitro-, Aminoverbindungen 8 2,2 0,8 1305 Schwefelkohlenstoff 4 3,8 3,6 1306 Methylalkohol 3 2,6 3,5 1307 Phosphor, organisch 7 9,5 7,5 1308 Fluor 8 5,5 2,3 1309 Salpetersäureester 4 3,7 3,6 1310 Alkyl-Aryl-Oxide 11 6,4 6,1 1311 Alkyl-Aryl-Sulfide 4 0,7 0,2 1312 Säuren (Zähne) 54 8,6 4,2 1314 para-tertiär Butylphenol 1 7,8 7,8 1315 Isocyanate 129 9,1 8,5 1316 Dimethylformamid 16 5,2 5,1 1317 Organische Lösungsmittel 138 10,6 6,8 1318 Benzol, Blut und lymphatisches System 1.206 7,1 5,7 1319 Larynxkarzinom, Schwefelsäure 45 4,5 2,1 1320 Leukämie, Butadien* 5 3,3 1,7 1321 Harnblasenkrebs, PAK* 78 2,7 1,4 2101 Sehnenscheiden 621 5,8 4,3 2102 Meniskusschäden 1.039 9,0 7,2 2103 Vibration (Druckluftwerkzeuge) 449 8,0 6,7 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Berufskrankheiten Anzahl Verfahrensdauer in Monaten Durchschnitt Median 2104 Vibration (Hände) 97 10,4 7,1 2105 Schleimbeutel 317 4,8 3,4 2106 Druckschädigung 75 8,3 6,1 2107 Wirbelfortsätze 2 5,0 5,0 2108 Lendenwirbelsäule, Heben und Tragen 4.925 4,8 0,8 2109 Halswirbelsäule 575 3,5 1,8 2110 Lendenwirbelsäule, Ganzkörperschw. 133 6,6 4,9 2111 Zahnabrasionen 7 7,4 6,8 2112 Gonarthrose 1.266 7,5 5,4 2113 Carpaltunnel-Syndrom 988 8,5 6,7 2114 Hypothenar-, Thenar-Hammer-Syndrom 58 8,1 6,2 2115 Fokale Dystonie* 2 38,3 38,3 2201 Arbeit in Druckluft 3 10,9 11,6 2301 Lärm 11.663 5,2 3,8 2401 Grauer Star 14 7,2 6,4 2402 Ionisierende Strahlen 287 6,6 4,4 3101 Infektionskrankheiten 1.860 5,4 2,9 3102 Zoonosen 604 4,4 2,1 3104 Tropenkrankheiten 294 4,8 3,9 4101 Silikose 1.085 7,9 5,7 4102 Siliko-Tuberkulose 12 7,2 6,8 4103 Asbestose 3.166 7,0 5,5 4104 Lungen-/Kehlkopf-/Eierstockkrebs, Asbest** 4.358 6,4 5,3 4105 Mesotheliom, Asbest 1.165 5,5 3,8 4106 Aluminium 50 8,0 5,4 4107 Lungenfibrose 85 7,3 4,5 4108 Thomasmehl 1 2,8 2,8 4109 Nickel 63 6,2 3,3 4110 Kokereirohgase 26 6,6 6,4 4111 Bronchitis/Emphysem der Bergleute 451 5,3 3,7 4112 Lungenkrebs, Quarz 443 4,9 4,0 4113 Lungen-/Kehlkopfkrebs, PAK** 283 5,2 3,9 4114 Lungenkrebs, Asbest und PAK 159 5,1 3,7 4115 Siderofibrose 106 6,8 6,0 4201 Alveolitis 134 8,3 6,7 4202 Byssinose 9 8,1 5,9 4203 Holzstaub 92 6,2 4,3 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/6044 Berufskrankheiten Anzahl Verfahrensdauer in Monaten Durchschnitt Median 4301 Atemwegserkrankung allergisch 1.453 6,8 4,8 4302 Atemwegserkrankung toxisch 1.390 7,8 6,1 5101 Hautkrankheiten 20.046 0,9 0,1 5102 Hautkrebs 212 8,4 6,4 5103 Hautkrebs, UV-Strahlung 5.949 6,9 5,2 Gesamt 69.854 4,7 2,6 © DGUV Referat Statistik; erstellt am 9. November 2018 * Die BK-Nummern 1320, 1321, 2115 wurden zum 1. August 2017 neu in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen, ein Vergleich mit anderen BK-Nummern ist daher nur eingeschränkt möglich. ** Die BK-Nummern 4104 und 4113 wurden zum 1. August 2017 um weitere anerkennungsfähige Erkrankungen ergänzt. Statistische Angaben aus dem Bereich der LUV liegen hierzu nicht vor. Die SVLFG ist derzeit damit befasst, die fachlichen Voraussetzungen für den Aufbau einer Laufzeitenstatistik zu schaffen. 11. Wie oft dauerte das Verfahren zur Anerkennung einer Berufskrankheit in den Jahren von 1997 bis 2018 nach Kenntnis der Bundesregierung unter einem Jahr, zwischen ein und zwei Jahren, zwischen zwei und fünf Jahren, zwischen fünf und zehn Jahren und über zehn Jahren bzw. ist noch offen (bitte auch nach Krankheiten aufschlüsseln und die entschiedenen Fälle in Bezug zu den gemeldeten Fällen setzen)? Nach den statistischen Angaben der DGUV lag der Anteil der erstmals im Jahr 2017 entschiedenen Fälle mit einer Verfahrensdauer von höchstens einem Jahr bei 90,9 Prozent. Im Jahr 2016 lag der Anteil bei 89,3 Prozent und im Jahr 2015 bei 88,6 Prozent. Darüber hinaus liegen der DGUV keine statistischen Daten vor. Wie bereits zu Frage 1 erläutert kann eine Beziehung zwischen gemeldeten und entschiedenen Fällen nicht hergestellt werden, da die statistischen Daten nicht bezogen auf den Verlauf einzelner Fälle, sondern bezogen auf Meldungen und Entscheidungen pro Jahr erfasst werden. Statistische Angaben der SVLFG für den Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung liegen nicht vor, siehe Antwort zu Frage 10. 12. Bei welchen drei Berufskrankheiten dauerte das Verfahren zur Anerkennung in den Jahren von 1997 bis 2018 nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich am längsten, und welches sind die Ursachen? Nach den statistischen Angaben der DGUV waren dies im Jahr 2017 die Berufskrankheit Nummer 2115 mit 38,3 Monaten, die Berufskrankheit Nummer 2201 mit 10,9 Monaten und die Berufskrankheit Nummer 1317 mit 10,6 Monaten durchschnittlicher Verfahrensdauer. Im Jahr 2016 handelte es sich um die Berufskrankheit Nummer 2107 mit 14,9 Monaten, die Berufskrankheit Nummer 1109 mit 12,3 Monaten und die Berufskrankheit Nummer 1315 mit 11,1 Monaten durchschnittlicher Verfahrensdauer. Im Jahr 2015 handelte es sich um die Berufskrankheiten Nummern 1311, 1308 und 1310 und im Jahr 2014 die Berufskrankheiten Nummern 1309, 4108 und 2104. Darüber hinaus liegen der DGUV hierzu keine statistischen Daten vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Berufskrankheiten, die besonders lange Bearbeitungszeiten haben, sind in der Regel relativ selten, d. h. pro Berufskrankheit erfolgen häufig deutlich weniger als 25 Anzeigen pro Jahr insgesamt, so dass schon Schwierigkeiten in wenigen Fällen bei den notwendigen Ermittlungen zu wesentlichen Änderungen bei der durchschnittlichen Laufzeit führen. Zu den Fällen der im Jahr 2017 in die Berufskrankheitenliste neu aufgenommenen BK-Nr. 2115 (Fokale Dystonie bei Instrumentalmusikern durch feinmotorische Tätigkeit hoher Intensität) ist darauf hinzuweisen, dass zum einen bei der Aufnahme bereits entsprechende Verdachtsanzeigen nach § 9 Absatz 2 SGB VII vorlagen, die in die Laufzeitstatistik verlängernd eingeflossen sind und zum anderen die Zahl der als sachverständige Gutachter in Betracht kommenden medizinischen Expertinnen und Experten für Musikermedizin bislang noch zahlenmäßig sehr eingeschränkt ist. Statistische Angaben der SVLFG für den Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung liegen nicht vor, siehe Antwort zu Frage 10. 13. Sieht die Bundesregierung an dieser Stelle Handlungsbedarf – insbesondere mit Blick auf § 17 Absatz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch „Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält“ (bitte begründen)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 14. Inwiefern hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, dass sehr strenge Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachweis einer Berufskrankheit (BK) gelten, wie die monokausale Verursachung einer BK und den Vollbeweis , obwohl das Gesetz in § 9 Absatz 1 Satz 2 SGB VII lediglich medizinische Erkenntnisse fordert (bitte jeweils begründen)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 15. Welcher genaue Wert wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Praxis für die gesetzliche Norm des gruppentypischen Erkrankungsrisikos „in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung“ (§ 9 Absatz 1 SGB VII) verwendet und warum? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 16. Welche Krankheiten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2007 bis 2018 bei welcher Berufsgruppe nicht anerkannt, weil das Erkrankungsrisiko nur 10 Prozent bzw. nur 20 Prozent über dem durchschnittlichen Wert lag? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/6044 17. Seit wann werden nach Kenntnis der Bundesregierung keine Merkblätter zur Begutachtung mehr erstellt, und warum? Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass eine Übertragung dieser Aufgabe auf die gesetzliche Unfallversicherung („Empfehlungen zu BK“) im Hinblick auf die Objektivität problematisch ist (bitte begründen ) und daher rückgängig gemacht werden sollte? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 18. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, eine Härtefallklausel, die das Listenprinzip ergänzt (vgl. Prof. Spellbrink in Soziales Recht 4/2014 und 1/2015), einzuführen, etwa um Arbeitnehmer, die in einem seltenen Beruf arbeiten oder solche mit einer höchst spezifischen Einzelfallkombination von Stoffen, für die es keine jeweils spezifische BK aufgrund von wissenschaftlichen Studien geben kann, nicht zu benachteiligen? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 19. Welche Überlegungen gibt es nach Erkenntnis der Bundesregierung, psychische Erkrankungen in die BK-Liste aufzunehmen (bitte begründen)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 18 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13543 verwiesen. 20. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Anerkennung psychischer Erkrankungen als „Wie-Berufskrankheit“ in den Jahren von 1997 bis 2018 nach § 9 Absatz 2 SGB VII vor? Für den Bereich der DGUV liegen derzeit keine Erkenntnisse zu Anerkennungen von psychischen Erkrankungen nach § 9 Absatz 2 SGB VII durch Berufsgenossenschaften und Unfallkassen vor. Im Bereich der LUV hat es keine Anerkennung von psychischen Erkrankungen als Wie-BK nach § 9 Absatz 2 SGB VII gegeben. Im Zeitraum ab Januar 2013 sind drei Verdachtsanzeigen erstattet worden. Die Anerkennung als Berufskrankheit wurde in diesen Fällen wegen fehlender beruflicher Kausalität abgelehnt. Sofern psychische Erkrankungen Folge von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten sind, werden sie als solche entschädigt. 21. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Entscheidungen der Sozialgerichte bezüglich der Anerkennung von psychischen Erkrankungen als „Wie-Berufskrankheit“ in den Jahren von 1997 bis 2018 vor? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6044 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Welche Überlegungen gibt es nach Erkenntnis der Bundesregierung, das Aerotoxische Syndrom in die BK-Liste aufzunehmen (bitte begründen)? Die Bundesregierung prüft kontinuierlich, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme neuer Berufskrankheiten in die Berufskrankheiten-Verordnung erfüllt sind. Dabei wird die Bundesregierung bei ihrer Entscheidungsfindung in medizinisch-wissenschaftlichen Fragen durch den Ärztlichen Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales beraten . Der Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ hat sich mit der Thematik des Aerotoxischen Syndroms (auch sogenannte Fume Events) befasst und sich in seiner Sitzung im September 2018 über die Erkenntnisse informiert, die an der „Fume Event Sprechstunde“ für Betroffene in der Ambulanz der Universität Göttingen gewonnen wurden. Zu diesem Zweck wurde auch eine externe Sachverständige gehört. Nach Prüfung der vorgetragenen Erkenntnisse sowie eingereichter Unterlagen kam der Sachverständigenbeirat zu dem Ergebnis, dass aktuell keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen, in eine vertiefte wissenschaftliche Prüfung einzutreten . Derzeit sei die Erkenntnislage noch unklar, es fehle an epidemiologischer Evidenz und weiterer „peer-reviewed literature“ zum Aerotoxischen Syndrom. Bei einem Peer Review handelt es sich um ein Verfahren zur Qualitätssicherung in der Wissenschaft, bei dem ein oder mehrere Experten des entsprechenden Gebietes eine zur Veröffentlichung vorgeschlagene Studie bewerten. Bislang wurden lediglich Kasuistiken publiziert. Des Weiteren werden unter den Begriff „Aerotoxisches Syndrom/Fume Event“ eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome und Beschwerden gefasst, die von Person zu Person in verschiedener Art und Intensität auftreten. Ein Krankheitsbild ist derzeit noch nicht abgrenzbar. Insgesamt sieht der Sachverständigenbeirat daher noch erheblichen weiteren Forschungsbedarf . Soweit das fliegende Personal Gesundheitsstörungen durch Fume Events beklagt, hat die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation ein standardisiertes Behandlungsverfahren installiert. Nach einem Fume Event kann jedes Crewmitglied flughafennahe, hierfür spezialisierte Ärzte zur Behandlung aufsuchen. Diese Fälle werden insoweit wie ein Arbeitsunfall behandelt . Die Betroffenen können dort auch an einem Bio-Monitoring teilzunehmen (Blut- und Urinprobe), um zeitnahe Daten über mögliche gesundheitsschädliche Stoffe zu gewinnen. Je nach individuellem Beschwerdebild werden weitere Fachärzte hingezogen. Um weitere Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang zwischen den Fume Events und den Gesundheitsbeschwerden der Betroffenen zu gewinnen, sollen die Daten wissenschaftlich ausgewertet werden. Der Sachverständigenbeirat wird den Fortgang der wissenschaftlichen Diskussion zum Aerotoxischen Syndrom weiter beobachten. 23. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über sogenannte Fume Events in Deutschland bzw. im deutschen Luftraum vor? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/4806 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/6044 24. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Anerkennung des Aerotoxischen Syndroms als „Wie-Berufskrankheit“ in den Jahren von 1997 bis 2018 nach § 9 Absatz 2 SGB VII vor? Aufgrund der derzeit fehlenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Anerkennung eines Aerotoxischen Syndroms als Wie-Berufskrankheit nach § 9 Absatz 2 SGB VII aktuell nicht möglich. Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 22 wird in diesem Zusammenhang verwiesen. 25. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Entscheidungen der Sozialgerichte bezüglich der Anerkennung des Aerotoxischen Syndroms insbesondere als Folge sogenannter Fume-Events als „Wie-Berufskrankheit“ in den Jahren von 1997 bis 2018 vor? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333