Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6070 19. Wahlperiode 28.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Joana Cotar, Uwe Kamann, Uwe Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/5691 – Risiko EU-Urheberrechtsreform: Einschränkung der Persönlichkeitsrechte V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 12. September 2018 hat das EU-Parlament dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt, COM(2016)0593 – C8-0383/2016 – 2016/0280(COD), zugestimmt, welcher nun in den EU-Trilog-Verhandlungen, unter anderem vom EU-Ministerrat, weiter beraten wird. Nach Ansicht der Fragesteller sind bei zwei wichtigen Bestandteilen des Richtlinienvorschlags großer Unmut und Rechtsunsicherheit bei den Rechtsanwendern entstanden: um das Leistungsschutzrecht für Verleger (Artikel 11) und um die Verantwortlichkeit von Onlineplattformen für Urheberrechtsverletzungen (Artikel 13). Bisher müssen Betreiber dann aktiv werden, wenn Nutzer oder Rechteinhaber einen Verstoß melden. Künftig sollen die Betreiber aber für Vorkehrungen sorgen, dass illegales Material gar nicht erst seinen Weg auf die Plattformen findet. So sieht der Gesetzentwurf vor, dass Onlineplattformen effektive Maßnahmen gegen verschiedene Inhalte ergreifen. Ob und welche Technologien hierbei zum Einsatz kommen sollen, ist noch nicht festgelegt, allerdings wird ohne Künstliche Intelligenz (KI) keine effiziente Selektierung möglich sein (https://netzpolitik.org/2018/wie-die-eu-urheberrechtsreform-die-entwicklungkuenstlicher -intelligenz-bedroht/). Deutschland setzte 2013 ein Leistungsschutzrecht in den §§ 87f bis 87h des Urheberschutzgesetzes in Kraft, welches schon zum damaligen Zeitpunkt zu großen Kritikdebatten (https://netzpolitik.org/2013/anhorung-zum-leistungsschutzrechtrealitatsverzerrung -bei-cducsu/) führte. Nun soll mit dem neuen EU-Richtlinienvorschlag in die gleiche Kerbe geschlagen werden, was natürlich wieder viele Kritiker auf den Plan ruft. Im Jahr 2014, knapp ein Jahr nach der deutschen Umsetzung des Leistungsschutzrechts, „erteilten etliche Verlage eine ,Gratiseinwilligung ‘ an Google, weil sie sonst nicht mehr mit Snippets dargestellt worden wären und Website-Traffic verloren hätten“ (www.heise.de/ct/ ausgabe/2018-21-EU-Verbrauchern-drohen-Upload-Filter-4172829.html). In diesem Zusammenhang wurde eine Verwertungsgesellschaft VG Media ins Leben gerufen, welche von Google eine Pauschale vom Gesamtumsatz in Deutschland verlangte. Diese Forderungen wurden allerdings von einer Schiedsstelle Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6070 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode wegen überhöhter Forderung abgelehnt. Dabei scheint noch kein Ende in Sicht zu sein, da die Verfahren noch nicht endgültig abgeschlossen sind. Google hat bis dato noch keine Zahlungen geleistet. Auch sehr umstritten und derzeit in allen Medien nachlesbar ist die Einführung und die geplante Umsetzung des Artikels 13 des Richtlinienvorschlags, „welcher eine durch Wiedergabe, Verschlagwortung, Verwahrung und Sequenzierung der hochgeladenen optimieren und zum Zwecke der Gewinnerzielung bewerben und folglich aktiv handeln. Darunter fallen zunächst alle Plattformen, die nutzergenerierte Inhalte mit Werbung vermischen sowie Inhalte kuratieren und damit in die Wiedergabe involviert sind – also beispielsweise YouTube und Facebook, aber auch viele kleinere Dienste“ (www.heise.de/ct/ausgabe/2018-21- EU-Verbrauchern-drohen-Upload-Filter-4172829.html). Die möglicherweise zum Einsatz kommenden Mechanismen und Technologien sollen ein erneutes Hochladen dieser Inhalte durch Wiederkennung verhindern. Ausnahmen von diesem Gesetz soll es nur für kleinste Plattformen geben. Am wahrscheinlichsten werden die Systeme eine aufwendige Kombination aus KI, Bilderkennungssoftware und Auswahlmechanismen sein, die auf eine gemeinsam betriebene Datenbank mit digitalen Fingerabdrücken zurückgreifen. Nach Ansicht der Fragesteller hat sich solch ein mögliches System in der Vergangenheit als unzuverlässig erwiesen, dies scheint die Verfasser des Gesetzentwurfs allerdings nicht zu beeindrucken (https://juliareda.eu/2017/10/fatalefilter -fehlentscheidungen/). Um die Einführung solch eines Filtersystems mit all seinen Folgen für die freie Meinungsäußerung in Europa zu verhindern, sollte nach Ansicht der Fragesteller die Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Die Bundesregierung unterstützt das Ziel, die Reform des europäischen Urheberrechts voranzutreiben. Der Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt, der derzeit im Trilog in Brüssel beraten wird, regelt komplexe Fragen des Urheberrechts in der digitalisierten Plattform-Ökonomie. Hierzu zählen ein unionsweites Leistungsschutzrecht für Presseverleger (Artikel 11) sowie die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Interessen von Rechteinhabern gegenüber bestimmten Plattformen gestärkt werden, die eine große Menge von Nutzern hochgeladener Inhalte im Internet der Öffentlichkeit zugänglich machen und dabei mit Gewinnerzielungsabsicht die Darstellung der hochgeladenen Inhalte optimieren und strukturieren (Artikel 13). 1. Wie bewertet die Bundesregierung den erstellten neuen Entwurf der EU-Urheberrechtsreform hinsichtlich des Artikels 13 und des Artikels 11? Mit Beschluss vom 12. September 2018 hat das Europäische Parlament Stellung zum Richtlinien-Vorschlag der Kommission genommen. Dieser Text wird – ebenso wie die Vorschläge des Rates vom 25. Mai 2018 und der ursprüngliche Vorschlag der Kommission vom 14. September 2016 – derzeit im Trilogverfahren beraten. Die Bundesregierung bringt sich hierbei konstruktiv im Sinne einer Lösung ein, um die Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6070 2. Welche Auswirkungen haben die in Frage 1 genannten Änderungen hinsichtlich des Abstimmungsverhaltens der Regierung im EU-Ministerrat? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Wie kann nach Kenntnis der Bundesregierung verhindert werden, dass die Einstufung filterrelevanter Inhalte mit intransparenten Algorithmen zu einer Gesetzesvollstreckung durch die Betreiber privater Internetplattformen führen wird, und in welcher Weise soll in solchen Fällen der Anspruch auf Korrektur bei fehlerhaften Entfernungen gewährleistet werden? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Richtlinie einen wirksamen Beschwerdemechanismus für die Nutzer von qualifizierten Upload-Plattformen vorsieht, bei dem eine neutrale Stelle über die Rechtmäßigkeit der von den Dienstleistern ergriffenen Maßnahmen entscheidet. 4. Wie kann verhindert werden, dass eigentlich unproblematische Inhalte sowie legitime Meinungsäußerungen blockiert werden (Overblocking)? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es zukünftig, wie im Richtlinienvorschlag (Artikel 13) festgeschrieben, zu Overblocking in der EU und in Deutschland – siehe Frage 5 – kommt? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 6. Sieht die Bundesregierung einen Rechtsanspruch auf finanzielle Kompensation bzw. Entschädigung für die fehlerhafte Entfernung legaler Inhalte für notwendig? Im Falle der unberechtigten Löschung von Inhalten können sich bereits nach geltender Rechtslage vertragliche Ansprüche der Nutzer von qualifizierten Upload- Plattformen auf Wiederherstellung, Unterlassung und Schadensersatz ergeben. 7. Wird es für kleine und mittlere Betreiber finanzielle Kompensationen für die zu erwartenden (Lizenz-)Aufwendungen zur Nutzung von Filterdatenbanken Dritter geben? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 20 Mio. Euro vom Anwendungsbereich der Vorschriften zur Plattformregulierung von vornherein ausgenommen werden. 8. Inwieweit sieht die Bundesregierung ein solches Pflichtfiltersystem im Einklang mit dem Verbot allgemeiner Überwachungspflichten für Plattformen (siehe Urteil des EU-Gerichtshofes, https://edri.org/sabam_netlog_win/)? Vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen lässt sich noch keine abschließende Aussage über das Verhältnis der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) und dem aktuell verhandelten Richtlinien- Vorschlag über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt treffen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass das Verhältnis der beiden Regelungskomplexe hinreichend klargestellt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6070 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wird die Bundesregierung, im Falle der Einführung von Upload-Filtern auf EU-Ebene, aufgrund der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD gemachten Charakterisierung solcher Filter als „unverhältnismäßig“, gegen diese vorgehen (www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_ 2018.pdf?file=1; Zeile 2212 – 2216)? Die Trilogverhandlungen über die Reichweite etwaiger Verpflichtungen von qualifizierten Plattformen bei urheberrechtlich relevanten Verstößen dauern an; der Ausgang ist ungewiss. Es ist daher derzeit nicht absehbar, ob und ggf. welcher Handlungsbedarf sich diesbezüglich für die Bundesregierung ergeben wird. 10. Wie beurteilt die Bundesregierung den Einsatz von Selektionsmechanismen unter dem Aspekt der europäischen E-Commerce-Richtlinie (Providerprivileg ), welche Hostanbieter von der Haftung freistellt, sofern sie nicht auf strafbare Inhalte aufmerksam gemacht werden? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. 11. Sollte der Gesetzesentwurf seinen Weg in die Gesetzgebung der EU-Länder finden, wie beurteilt die Bundesregierung das Risiko für Diensteanbieter, aufgrund von gravierenden Verstößen gegen EU-Filterregeln, ihre Dienste gänzlich einstellen zu müssen und dadurch legitime Meinungsäußerungen der Vergangenheit zensiert werden? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333