Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 26. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6072 19. Wahlperiode 28.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Föst, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5714 – Wohnen im Alter: Seniorengerechte Wohnumfelder, Maßnahmen auf kommunaler Ebene und Stadtentwicklung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Deutschland steht vor großen Herausforderungen, denn die Bevölkerungsstruktur verändert sich. Niedrige Geburtenraten und eine gleichzeitig steigende Lebenserwartung der Menschen wandeln unsere Gesellschaft. Diese Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen, auch in der Wohnraumversorgung. Es bedarf mehr innovativer Konzepte und zukunftsweisender Wohnformen. Bis zum Jahr 2030 werden ungefähr 2,9 Millionen altersgerechte Wohnungen benötigt (http://dserver.bundestag.btg/btd/19/025/1902590.pdf). Die Politik muss deshalb viel stärker als bisher das altersgerechte Wohnen in all seinen Möglichkeiten und Facetten unterstützen und fördern. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD nennen die Regierungsparteien verschiedene Ziele, ohne konkrete Maßnahmen zu deren Umsetzung zu formulieren. Aufgrund der massiven Veränderung der Altersstruktur in unserer Gesellschaft sehen die Fragesteller eine Verantwortung des Bundes, die Kommunen bei der Schaffung von altersgerechtem Wohnraum und seniorengerechten Strukturen zu unterstützen. 1. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, dass dem Bund eine Verantwortung zur Unterstützung der Kommunen in der Schaffung solcher Strukturen zufällt? Der demografische Wandel stellt für alle Städte und Gemeinden in Deutschland eine große und gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. Die Anzahl älterer Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und damit auch der Bedarf an adäquatem , altersgerechtem Wohnraum wird ansteigen. Die Bundesregierung sieht sich daher, im Rahmen der föderalen Zuständigkeit des Bundes, in der Verantwortung, die Kommunen bei ihren Anstrengungen zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen zu unterstützen. Gerade vor Ort, in den Kommunen, sind die Veränderungen in der Altersstruktur und sich daraus ergebende Konsequenzen deutlich spürbar. Die Folgen können Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6072 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sehr unterschiedlich sein und verlangen individuell angepasste Lösungen. Daher hat die Bundesregierung (BMFSFJ) im Jahr 2016 das Projekt Demografiewerkstatt Kommunen (DWK) ins Leben gerufen, das ausgewählten Kommunen, Gemeinden und Landkreise bei der Gestaltung des demografischen Wandels durch externe Beratungsteams begleitet und unterstützt. Die Prozessabläufe werden systematisch beschrieben und evaluiert. Auf dieser Basis sollen Handlungsempfehlungen und praktische Anregungen für einen großen Kreis von Kommunen entwickelt werden. Am Ende steht die Entwicklung eines methodischen „Werkzeugkoffers “, der auch für andere Kommunen anwendbar ist. Neben diesen Beratungsleistungen in den Kommunen vor Ort bietet die DWK mit Fachdiskursen und Webinaren Interessierten die Möglichkeit zur fachlichen Weiterbildung und zum Erfahrungsaustausch. a) Falls ja, wie werden Kommunen von der Bundesregierung dabei unterstützt , den demografischen Wandel zu bewältigen? Die Städtebauförderung des Bundes und der Länder hilft den Kommunen bei der Bewältigung des wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Wandels. Die Kommunen werden darin unterstützt, ihre städtebaulichen Strukturen an die sich ändernden Anforderungen durch den demografischen und wirtschaftlichen Strukturwandel anzupassen. Darüber hinaus unterstützt der Bund mit dem Förderprogramm Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ die Kommunen bei städtebaulichen Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Integration aller Bevölkerungsgruppen vor Ort. Die Arbeitsgruppe „Allianz für Menschen mit Demenz“, deren Bericht die Bundesregierung (BMFSFJ und BMG) im September 2018 veröffentlicht hat, hat vielfältige Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen entwickelt. Einen Schwerpunkt bildete das Handlungsfeld „Gesellschaftliche Verantwortung“. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung (BMFSFJ) von 2012 bis 2016 in ganz Deutschland 500 Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz gefördert, die vor Ort Unterstützung leisten. Themenschwerpunkte der Lokalen Allianzen sind die kommunale Vernetzung, Pflege und medizinische Versorgung, Migration und Demenz sowie Kultur und Demenz. Mit dem seit dem 1. Januar 2017 laufenden Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus (2017-2020) werden die seit dem Jahr 2006 vom Bund geförderten Mehrgenerationenhäuser (MGH) fortgeführt. Die bundesweit rund 540 MGH unterstützen die Kommunen in deren Koordinierungsfunktion für die Bewältigung des demografischen Wandels, der sozialen Daseinsvorsorge und Sicherstellung der sozialen Infrastruktur sowie kurzfristig anstehender Aufgaben, wie z. B. die Flüchtlingsintegration . b) Falls nein, warum hält die Bundesregierung dies nicht für notwendig? Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 1a wird verwiesen. 2. Welche konkreten Maßnahmen zur Anpassung der Infrastruktur, Stadtplanung , Mobilität an die sich verändernden Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft werden von der Bundesregierung gefördert, und wie ist die Förderung ausgestaltet? Mit den Bundesfinanzhilfen der Städtebauförderung sowie des Investitionspaktes „Soziale Integration im Quartier“ können die Kommunen auch in städtebauliche Maßnahmen entsprechend der Bedarfe einer alternden Bevölkerung investieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6072 So sind gemäß den jährlichen Verwaltungsvereinbarungen zur Städtebauförderung und des Investitionspaktes von Bund und Ländern die Investitionen der Kommunen zur Verbesserung der Barrierefreiheit und Barrierearmut explizit förderfähig , zum Beispiel im öffentlichen Straßenraum oder der Zugänglichkeit sozialer Infrastrukturen. Darüber hinaus können Maßnahmen zur Verbesserung von Gemeinbedarfseinrichtungen gefördert werden, die auch den Bedürfnissen älterer Bewohnerinnen und Bewohner entgegenkommen, zum Beispiel Stadtteilbibliotheken und Nachbarschaftstreffs als Begegnungs- und Beratungsstellen vor Ort. Das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ im Besonderen richtet seine Aufmerksamkeit auf benachteiligte Stadt- und Ortsteile, um dort städtebauliche Investitionen in das Wohnumfeld, in die Infrastrukturausstattung und in die Qualität des Wohnens zu ermöglichen und damit für mehr Generationengerechtigkeit, Familienfreundlichkeit sowie mehr Teilhabe und Integration der Bevölkerung zu sorgen. Ziel ist es vor allem, lebendige Nachbarschaften zu befördern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Ein zentrales Element des Programmes ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, unter anderem älterer Menschen im Quartier. Mit den Vor-Ort-Büros ist das Quartiersmanagement eine zentrale Anlaufstelle vor Ort und Bindeglied zwischen den Akteuren. Für die Umsetzung der Städtebauförderungsprogramme und des Investitionspaktes „Soziale Integration im Quartier“ stellt der Bund den Ländern Bundesfinanzhilfen zur Verfügung. Für die Städtebauförderung hat der Bund im Jahr 2018 insgesamt 790 Mio. Euro bereitgestellt, für den Investitionspakt insgesamt 200 Mio. Euro. Die Länder sind für die Umsetzung der Förderprogramme verantwortlich. Sie entscheiden über die Förderanträge der Kommunen sowie die Mittelverteilung . In der Städtebauförderung beträgt der Förderanteil des Bundes in der Regel ein Drittel der förderfähigen Kosten, im Programm Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ 75 Prozent. Die Umsetzung der konkreten Maßnahmen erfolgt dann auf kommunaler Ebene. Grundlegende Fördervoraussetzungen der Städtebauförderung sind die Vorlage eines integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) sowie die Lage der Maßnahmen in einem durch die Gemeinde festgelegten Fördergebietes. Die Fördermaßnahmen des Investitionspaktes sollen auf Basis des ISEK ebenfalls innerhalb von Städtebauförderkulissen umgesetzt werden, in Einzelfällen ist mit entsprechender Begründung auch die Lage außerhalb der Gebiete förderfähig. Für eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist die Herstellung von Barrierefreiheit beim Personenverkehr ein bedeutsamer Faktor. Das gilt für den Nah- und Fernverkehr. Barrierefreiheit muss deshalb ein wichtiges Kriterium bei allen Neu- und Umbauten von Verkehrsanlagen und bei Investitionen im öffentlichen Personenverkehr sein. Der Bundesgesetzgeber hat für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit dem Behindertengleichstellungsgesetz die rechtlichen Grundlagen geschaffen. In der Folge ist im Bereich Verkehr bereits wichtiges Bundesrecht zur Herstellung einer möglichst weitreichenden Barrierefreiheit geändert worden, namentlich das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), das Luftverkehrsgesetz und die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung . Die Umsetzung im Detail obliegt den jeweils Verantwortlichen, insbesondere den Verkehrsunternehmen. Auf Grund der im Jahr 2013 in Kraft getretenen Novelle des PBefG sind die Aufgabenträger in den Ländern verpflichtet , bis zum 1. Januar 2022 auf eine vollständige Barrierefreiheit hinzuwirken. Die Auswirkungen des demografischen Wandels sind in den Kommunen sehr verschieden und müssen jeweils unterschiedlich bewältigt werden. In enger Abstimmung mit ihren Kommunen richten z. B. die Mehrgenerationenhäuser ihre Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6072 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Angebote an den mit der jeweiligen demografischen Entwicklung vor Ort einhergehenden Bedarfen und den Wünschen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger aus. Sie sorgen in den Kommunen in ganz Deutschland für einen starken gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhalt, die Förderung des ehrenamtlichen Engagements und eine solidarische Gesellschaft und damit für gute Rahmenbedingungen für das Zusammenleben von Jung und Alt. Die Bundesregierung (BMFSFJ) fördert die Mehrgenerationenhäuser mit 30.000 Euro pro Jahr und Haus und begleitet sie fachlich in ihrer Arbeit. Das KfW-Eigenmittelprogramm „IKK-/IKU - Barrierearme Stadt“, das durch den Bund beauftragt wurde, dient der langfristigen und zinsgünstigen Finanzierung von Investitionen in den Abbau von Barrieren bei kommunalen und sozialen Gebäuden und Sportstätten, bei kommunalen Verkehrsanlagen und im öffentlichen Raum. Es ergänzt das für Wohngebäude bestehende Programm „Altersgerecht Umbauen“ um die über das Wohngrundstück hinausgehenden Bereiche der kommunalen und sozialen Infrastruktur. Hierdurch wird insbesondere der gewünschte möglichst lange Verbleib älterer Menschen im vertrauten Wohnumfeld unterstützt . Seit Bestehen des Programms wurden mehr als 250 Vorhaben mit Krediten über rund 137 Mio. Euro gefördert (Stand 09/2018). Die konkreten Förderbedingungen sind auf der Internetseite der KfW unter www.kfw.de/233 sowie www.kfw.de/234 abrufbar. Mit der laufenden Repräsentativbefragung zur „Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen“ wird die Bundesregierung (BMAS) die Datenlage den Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen deutlich verbessern und damit eine sichere Planungsgrundlage auch für die kommunale Ebene bieten können. Die Befragung wird von infas, Institut für angewandte Sozialwissenschaft, durchgeführt . Ziel der Befragung ist eine repräsentative Erhebung der Lebenslagen von Menschen mit und ohne Behinderungen und ihrer Möglichkeit der Teilhabe in verschiedenen Lebensbereichen. Alle wichtigen Lebensbereiche – z. B. Wohnen, Arbeiten oder Freizeit – werden daraufhin untersucht, wo Teilhabe gelingt und wo nicht. Die Befragung erfüllt eine Vorgabe der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die vorsieht, dass jedes Land „geeignete Informationen, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten“ sammelt, um die Durchführung des Übereinkommens zu prüfen. Die Befragung von Menschen mit und ohne Behinderungen“ findet im Zeitraum von 2018 bis 2020 statt. Es handelt sich um die erste in Deutschland bundesweit repräsentative Erhebung zu diesem Thema. Das Projekt ist äußerst anspruchsvoll. Befragt werden: • 21 000 Menschen mit und ohne Behinderungen in Privathaushalten, • 5 000 Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben sowie • schwer erreichbare und schwer befragbare Menschen (z. B. wohnungslose Menschen) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6072 3. Welche Konzepte unterstützt die Bundesregierung, damit in den Kommunen die Innenstädte für alle Altersschichten attraktiv bleiben? Im Rahmen städtebaulicher Gesamtmaßnahmen der Kommunen, die durch die Städtebauförderung von Bund und Ländern unterstützt werden, sind auch die integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepte der Programmgebiete förderfähig . Die Konzepte greifen die konkreten Rahmenbedingungen und Bedarfe der Bevölkerung vor Ort, unter anderem von Seniorinnen und Senioren, sowie weiterer Akteure auf und dienen als langfristig wirksame Planungsgrundlage der Stadtteilentwicklung. 4. Inwiefern ist die Alters-Gentrifizierung in urbanen und ländlichen Räumen problematisch? Der Begriff „Alters-Gentrifizierung“ ist nicht definiert. Der Bundesregierung ist keine gängige Definition bekannt. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, 2017) zum Wachstumsdruck in deutschen Großstädten sind die Gründe für den negativen großstädtischen Binnenwanderungssaldo von Älteren vielfältig. Wie der Dritte Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland und Wohngeld- und Mietenbericht 2016 aufzeigt, weisen Rentner/innen aufgrund der niedrigeren Einkommen mit 30,1 Prozent eine höhere Mietbelastung als der Durchschnitt in Deutschland (27,2 Prozent) auf. Individuell kann eine Mieterhöhung in den angespannten Märkten zu sozialen Härten führen. Fehlende Mietzahlungsfähigkeit von Älteren kann dann zu Verdrängungseffekten führen. 5. Kennt die Bundesregierung Studien oder Gutachten zum Umfang und den Auswirkungen der Alters-Gentrifizierung in Deutschland? Falls ja, um welche Studien oder Gutachten handelt es sich, und zu welchen Kernaussagen kommen diese Untersuchungen? Folgende Studien zum Thema Alters -Gentrifizierung sind der Bundesregierung bekannt: Seifert, Alexander (2012): Ältere Menschen als Benachteiligte der Gentrifizierung ? Welches Bild kann zur Abwanderung älterer Personen aus gentrifizierten Gebieten aus internationalen und Stadtzürcher Studien gezeichnet werden? Zentrum für Gerontologie an der Universität Zürich. Zürich Seifert, Alexander (2015): Alter und Gentrifizierung. Sind ältere Menschen Benachteiligte der Gentrifizierung – das Beispiel Zürich. In: PlanerIn 4_2015, S. 54f Üblacker, Jan (2015): Entwicklung der Gentrification-Forschung in Deutschland 1980-2014. Projektbericht für die Fritz Thyssen-Stiftung. Berlin /Bonn/Köln. Krings-Heckemeier, Marie-Therese; Braun, Reiner; Schmidt, Markus; Schwedt, Annamaria (2006): Die Generation 50+. Wohnsituation, Potenziale und Perspektiven. Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. (Hrsg.) Berlin. Die Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr. Helbrecht, hat für das Land Berlin Gentrifizierungsprozesse untersucht (https://www.geographie.huberlin.de/de/ Members/helbrecht_ilse). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6072 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung im Wohnungsbau und in der Stadtentwicklung einer Alters-Gentrifizierung entgegengewirkt werden? In erster Linie geht es darum, Faktoren einer demographisch ausgewogenen Stadtentwicklung im Blick zu behalten und innerstädtische Quartiere als Wohnstandorte und Erlebnisraum für alle Zielgruppen lebenswert zu gestalten. Es gilt, Bedingungen zu sichern oder zu schaffen, dass Familien in den Städten wohnen bleiben und ältere Menschen die Qualitäten städtischer Quartiere schätzen und neu entdecken. Die Erhaltung der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur und die Sicherung der Zugänglichkeit innerstädtischer Quartiere sind wichtige Aspekte, wie einer Gentrifizierung auch älter Menschen entgegengewirkt werden kann. Mit dem Wohngeld kann die Mietzahlungsfähigkeit auch von Älteren verbessert werden. Auf dem Wohngipfel am 21. September 2018 haben Bund und Länder beschlossen, das Wohngeld zum 1. Januar 2020 zu verbessern. Mit einer Wohngeldreform 2020 soll das Leistungsniveau und die Reichweite des Wohngeldes gestärkt werden. So können die Entlastungswirkungen des Wohngeldes erhalten und einkommensschwache Haushalte bei den Wohnkosten unterstützt werden. Die Kommunen sollten über ausreichende Informationsgrundlagen verfügen, um Gefährdungen durch Gentrifizierung rechtzeitig zu erkennen. Dazu bedarf es eines indikatorengestützten Frühwarnsystems, um problematische Veränderungsprozesse rechtzeitig aufspüren zu können. Maßnahmen der Kommunen können sein: Erhaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen , die Wahrnehmung kommunaler Vorkaufsrechte oder städtebauliche Verträge , die bei der Neubebauung von Brachflächen einen bestimmten Prozentsatz an Wohnungen des preisgebundenen Wohnungsbaus einfordern. 7. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „seniorengerechtes Wohnumfeld “, und welche Teilbereiche umfasst dieser Begriff? Es gibt keine einheitliche Definition zum Begriff „seniorengerechtes Wohnumfeld “. Folgende Teilbereiche können als zugehörig zugeordnet werden: Insbesondere Angebote der Nahversorgung, einer bedarfsgerechten (auch sozialen) Infrastruktur , der Kultur und des Sports. 8. Wie will die Bundesregierung seniorengerechte Wohnumfelder fördern (bitte zwischen Maßnahmen im öffentlichen Raum und im privaten Wohnumfeld differenzieren)? Das Programm „Anlaufstellen für ältere Menschen“, das im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung durchgeführt wurde, leistete einen wichtigen Beitrag für ein selbstbestimmtes Leben im Alter und zur Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe älterer Menschen. Ziel des Programms war es, im unmittelbaren Lebensumfeld, im Quartier, Angebote zu fördern und niedrigschwellige Hilfen aufzubauen, die Teilhabe und Engagement, aber im Bedarfsfall auch Hilfe, Betreuung und Unterstützung ermöglichen. Weitere Informationen siehe Dokumentation (www.serviceportal-zuhause-im-alter.de/programme/programmanlaufstellen -fuer-aeltere-menschen/abschlussdokumentation.html). Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6072 9. Welche Institutionen und mit welchen Mitteln fördert die Bundesregierung den Aufbau sogenannter Beratungs-, Bildungs- und Unterstützerangebote für altersgerechtes Wohnen? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Die Zuständigkeit für „Beratungs-, Bildungs- und Unterstützerangebote“ für altersgerechtes Wohnen liegt grundsätzlich bei Ländern und Kommunen (z. B. Einrichtung von Wohnberatungsstellen). 10. Wie findet die Unterstützung von Seiten der Bundesregierung beim Ausbau unterschiedlicher Wohnformen statt, um den vielfältigen Bedürfnissen und Wünschen älterer Menschen gerecht zu werden und die Selbstbestimmung im Alter zu ermöglichen? Mit dem Modellprogramm „Gemeinschaftlich wohnen, selbstbestimmt leben“ fördert die Bundesregierung bundesweit 29 Projekte des gemeinschaftlichen Wohnens. Schwerpunkte im Modellprogramm sind die selbstständige Lebensführung älterer Menschen, generationenübergreifende Wohnformen sowie gemeinschaftliche Wohnformen, die Zugänge auch für Menschen mit niedrigem Einkommen bieten. Die Integration von Gemeinschaftsräumen fördert das Miteinander , gegenseitige Unterstützung und soziale Teilhabe. Dies kommt nicht nur den Bewohnerinnen und Bewohnern zugute, sondern ermöglicht auch eine Öffnung ins Quartier. Aus den Erkenntnissen sollen Maßnahmen für die Weiterentwicklung neuer Wohn- und Versorgungsformen erarbeitet werden. Grundsätzlich können neue Wohnformen ein Angebot für Menschen aller Altersstufen und Lebenssituationen sein. Sie können familiäre Netzwerke ergänzen und Familien im Alltag entlasten. Im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau fördert die Bundesregierung (BMI) mit den Modellvorhaben Variowohnungen die schnelle Errichtung von nachhaltigen und bezahlbaren Wohnungen für Studenten und Auszubildende, die aufgrund ihrer Architektur und ihres Nutzungskonzepts zu einem späteren Zeitpunkt in altersgerechte Wohnungen umgewidmet werden können. Die Umsetzung des Konzepts zur Vorbereitung des barrierefreien Wohnens „ready“ oder zum barrierefreien Wohnen „ready-Plus“ wird gemäß der Förderrichtlinie als Förderkriterium definiert. So soll sichergestellt werden, dass zukünftige Anpassungen für das Wohnen im Alter baulich vorbereitet bzw. später räumlich realisierbar sind. Die Modellvorhaben werden wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Durch Forschung und Untersuchung sollen Grundlagen für die Weiterentwicklung und die nachhaltige Nutzung von Variowohnungen geschaffen und jedermann frei zur Verfügung gestellt werden. Hinweise für altersgerechtes und barrierefreies Planen und Bauen enthält auch der „Leitfaden Barrierefreies Bauen“, der seit dem Jahr 2014 für Baumaßnahmen des Bundes als praxisnahe Arbeitshilfe eingeführt wurde. Der Leitfaden zeigt auf, was unter diesen Aspekten konkret zu beachten ist, was ganzheitliche Planung bedeutet und wie genau individuelle, praxistaugliche Lösungen aussehen können. Der Leitfaden ist seit Januar 2017 barrierefrei zugänglich und unter dem Link www.leitfadenbarrierefreiesbauen.de verfügbar. Die Arbeitshilfen werden im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) kontinuierlich fortgeschrieben. Die 5. überarbeitete Auflage ist für Mai 2019 geplant. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann auch eine Förderung im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung in Betracht kommen. Die Zuständigkeit hierfür liegt seit der Föderalismusreform I im Jahre 2006 bei den Ländern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6072 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Als Ausgleich für den Wegfall früherer Bundesfinanzhilfen für die soziale Wohnraumförderung erhalten die Länder bis einschließlich 2019 Kompensationsmittel, die auf 1,5 Mrd. Euro jährlich aufgestockt wurden. Diese Mittel können die Länder auch für Investitionen einsetzen, mit denen älteren Menschen ein selbstbestimmtes Wohnen im Alter ermöglicht wird. Der Koalitionsvertrag sieht vor, das Wohnungseigentumsrecht zu reformieren. Eine dafür eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe prüft derzeit unter anderem, ob und auf welche Weise in Wohnungseigentumsanlagen Maßnahmen zum alters - und behindertengerechten Umbau im Interesse von Wohnungseigentümern rechtlich erleichtert werden können. 11. Wie und in welcher finanziellen Höhe wird das Programm „Demografiewerkstatt Kommune“ ausgebaut? Derzeit werden von der Bundesregierung (BMFSFJ) verschiedene Optionen geprüft , in welcher Art und Weise eine Ausweitung der DWK umgesetzt werden kann und welche Finanzen zur Verfügung stehen. Im Zusammenhang mit der Facharbeitsgruppe „Teilhabe und Zusammenhalt der Gesellschaft“ der Kommission für Gleichwertige Lebensverhältnisse wird das Thema demografischer Wandel als Querschnittsthema behandelt und die erfolgreich erprobten Handlungsansätze der DWK zur Unterstützung von Kommunen beim Umgang mit dem demografischen Wandel einbezogen. Inwieweit sich daraus evtl. strukturelle Ausbaumöglichkeiten ergeben, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzbar. 12. Wie will die Bundesregierung Seniorengenossenschaften stärken und fördern ? Das Engagement von Seniorengenossenschaften zur Selbstorganisation gegenseitiger Hilfe in unterschiedlichen Regionen ist zu begrüßen. Älteren Menschen kann so ein selbstbestimmtes Leben in ihrem vertrauten Wohnumfeld und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden. Es gibt verschiedene Seniorengenossenschaften in der Bundesrepublik Deutschland (Stand 2016 = insg. ca. 220), die sich seit Jahren erfolgreich auf vielfältige Weise vor Ort engagieren. Im Rahmen des von der Bundesregierung geförderten Forschungsprojekts „Seniorengenossenschaften“ (www.seniorengenossenschaft. info) sind die Bedingungen für eine erfolgreiche Gründung sowie den dauerhaften Betrieb einer „Seniorengenossenschaft“ untersucht worden. 13. Falls die Bundesregierung keine Stärkung und Unterstützung von Seniorengenossenschaften plant, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen. 14. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung in der Stadtentwicklung, auf altersgerechten Wohnraum und seniorengerechte Strukturen einzuwirken ? Die Bundesregierung unterstützt seit dem Jahr 2014 erneut mit Zuschüssen das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“. Das Programm kann von allen Altersgruppen in Anspruch genommen werden, es soll aber insbesondere älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben in der vertrauten Umgebung bis ins hohe Alter ermöglichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6072 Private Eigentümer und Mieter können im Rahmen des Programms – unabhängig von Einkommen und Alter – Zuschüsse beantragen, um Barrieren in Wohngebäuden abzubauen und bauliche Maßnahmen zur Einbruchsicherung vorzunehmen. In der Darlehensvariante des KfW-Programms können u. a. auch Wohnungsunternehmen und -genossenschaften oder kommunale Unternehmen Anträge stellen . Die Programmmittel konnten in den letzten Jahren aufgestockt werden – zuletzt auf 75 Mio. Euro im Jahr 2018. Seit dem Jahr 2015 ist es zudem möglich, unabhängig vom altersgerechten Umbau, Maßnahmen zum Schutz vor Wohnungseinbrüchen zu fördern, 2018 mit 65 Mio. Euro. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu den Fragen 1a und 2 verwiesen. 15. Welche Best-Practice-Modelle aus anderen Staaten sind nach Meinung der Bundesregierung für die Bundesrepublik Deutschland umsetzbar (bitte benennen und Hürden bei der Umsetzung darstellen)? Der Bundesregierung sind keine Best-Practice-Modelle aus anderen Staaten bekannt , die in der Bundesrepublik Deutschland umsetzbar sind. 16. Falls der Bundesregierung keine Modellprojekte bekannt sind, plant die Bundesregierung eine dahingehende Studie? Eine Untersuchung von Best-Practice-Modellen aus anderen Staaten durch die Bundesregierung ist nicht vorgesehen. 17. Plant die Bundesregierung Maßnahmen oder Projekte, die sich mit seniorengerechtem Wohnumfeld beschäftigen? a) Falls ja, welche, und wo? Wann werden diese der Öffentlichkeit präsentiert? b) Falls nein, warum nicht? Das Bundeskabinett hat im Jahr 2016 die Neuauflage des Nationalen Aktionsplans (NAP 2.0) zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verabschiedet. Der NAP ist die zentrale Strategie der Bundesregierung für eine inklusive Gesellschaft , an der sich alle Ressorts und Länder beteiligt haben. Ein Handlungsfeld nimmt Bezug auf „Ältere Menschen“. Hier ist es Ziel der Bundesregierung, die Selbstbestimmungsrechte und Teilhabemöglichkeiten auch gerade älterer Menschen mit Behinderungen und deren gesellschaftliche Teilhabe zu sichern. Wichtig ist bei den verankerten Maßnahmen auch der Abbau stereotypischer Altersbilder. Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist eine nachhaltige Veränderung der gesellschaftlichen Einstellung gegenüber „älteren Menschen“ eine wichtige Aufgabe. Grundlage ist u. a. Artikel 9 UN-BRK, der die Vertragsstaaten verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Artikel 9 UN-BRK zielt darauf, Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und selbstbestimmte Teilhabe zu ermöglichen. Nach Artikel 19 UN-BRK haben die Vertragsstaaten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6072 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen, also zu entscheiden, wo und mit wem sie leben möchten, Zugang zu gemeindenahen Unterstützungsdiensten, einschließlich persönlicher Assistenz, zu Hause und in Einrichtungen haben, und gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit gleichberechtigt und bedürfnisgerecht zur Verfügung stehen. Zwar werden ältere Menschen mit Behinderungen in diesen Artikeln nicht immer ausdrücklich erwähnt, dennoch sind sie hier aufgrund ihrer typischen Lebenssituation ausdrücklich auch im Fokus. Die Bundesregierung hat die „InitiativeSozialraumInklusiv – ISI“ initiiert, um mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es noch viele Entwicklungspotentiale für ein Leben ohne Barrieren gibt. Die Bedeutung der Landkreise, Städte und Gemeinden für die Gestaltung eines inklusiven Gemeinwesens soll hierbei betont werden. Es werden deswegen vor allem kommunale und zivilgesellschaftliche Akteure auf jährlich zwei Regionalkonferenzen, durchgeführt von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit, zusammengebracht. Gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen als „Expertinnen und Experten in eigener Sache“ sollen so Informationen und Anregungen ausgetauscht werden, aber auch Initiativen für einen barrierefreien Sozialraum entwickelt und diskutiert werden. Dabei geht es um Themen wie barrierefreie Mobilität, Bauen und Wohnen, aber auch barrierefreie Gesundheits-, Pflege- und Rehabilitationsleistungen, Kultur und Freizeit sowie ambulante Wohnformen. Die Auftaktveranstaltung fand am 11. Juli 2018, in Essen statt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333