Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 26. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6074 19. Wahlperiode 28.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Stefan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5725 – Haltung der Bundesregierung zum geplanten Musterpolizeigesetz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages haben die Koalitionspartner beschlossen, sich für die Erarbeitung eines gemeinsamen Musterpolizeigesetzes einzusetzen (vgl. Koalitionsvertrag, S. 17 und S. 126). Mit einem solchen Musterpolizeigesetz sollen „Zonen unterschiedlicher Sicherheit in Deutschland“ verhindert werden. Das Vorhaben soll in Form eines Beschlusses der Innenministerkonferenz ausgearbeitet werden. Die Ständige Konferenz der Innenminister und Senatoren der Länder hat auf ihrer 206. Sitzung vom 12. bis 14. Juni 2017 in Dresden beschlossen , dass der Arbeitskreis II beauftragt wird, zur Erarbeitung eines Musterpolizeigesetzes eine länderoffene Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Bundesministeriums des Innern einzurichten, „um hohe gemeinsame gesetzliche Standards und eine effektive Erhöhung der öffentlichen Sicherheit zu erreichen“ (Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse, TOP 52, S. 43). Auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Konstantin Kuhle auf Bundestagsdrucksache 19/4075, wann die zuständige Arbeitsgruppe einen Entwurf für ein Musterpolizeigesetz vorlegen würde, antwortete das Bundesministerium des Innern , für Bau und Heimat, dass nach derzeitiger Planung der zuständigen Gremien mit einer Einbringung der Ergebnisse in die Innenministerkonferenz nicht vor dem Jahr 2020 (Frühjahrs- oder Herbstinnenministerkonferenz) zu rechnen sei. Ausweislich des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD und des Beschlusses der Innenministerkonferenz soll mit einem Musterpolizeigesetz das Niveau der inneren Sicherheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland erhöht werden. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass bis zur Vorlage eines ersten Entwurfs an die Innenministerkonferenz bis zu zwei weitere Jahre vergehen können, besteht ein hohes Interesse des Deutschen Bundestages und der Öffentlichkeit an der Frage, welche Regelungsgegenstände in einem solchen Musterpolizeigesetz enthalten sein werden. Dies belegen die kontroversen Diskussionen über die Änderung der Polizeigesetze in einigen Bundesländern. Fer- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6074 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ner besteht ein hohes Interesse des Deutschen Bundestages und der Öffentlichkeit daran, welche Position die Bundesregierung im Rahmen der Erarbeitung des Entwurfs vertritt. Das Interesse des Parlaments am Inhalt eines Musterpolizeigesetzes und an der Position der Bundesregierung bei der Erarbeitung des Entwurfs besteht unabhängig davon, dass es sich bei einem Musterpolizeigesetz gerade nicht um ein Bundesgesetz handelt. Schließlich verfolgt das Gesetz das Ziel der Harmonisierung landesrechtlicher Regelungen. Und schließlich ist die Bundesregierung an der Erarbeitung des Musterpolizeigesetzes in der Innenministerkonferenz beteiligt. Gleichzeitig stellt sich mit Blick auf die bereits beendeten oder gerade stattfindenden Novellierungen der Polizeigesetze der Länder sowie unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit dem Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes die Frage, welchen konkreten Mehrwert sich die Bundesregierung von einem Musterpolizeigesetz verspricht. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Zunächst wird auf die Antwort des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat auf die Schriftliche Frage 27 des Abgeordneten Konstantin Kuhle auf Bundestagsdrucksache 19/4075 Bezug genommen. Die Erarbeitung des Musterpolizeigesetzes basiert auf einem Beschluss der Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK), die ihren Arbeitskreis Innere Sicherheit beauftragte, unter Beteiligung des Bundesministeriums des Innern , für Bau und Heimat ein Musterpolizeigesetz zu erarbeiten. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ist nicht reguläres Mitglied der IMK, sondern hat dort einen Gaststatus. In dieser Funktion sind Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums an den Diskussionen in den bei der IMK eingerichteten (Unter-)Arbeitsgruppen beteiligt. Entsprechend der Gremienstruktur wird es sich bei dem künftigen Musterpolizeigesetz um ein Produkt der IMK und folglich um ein Arbeitsergebnis der Länder handeln. Im Rahmen der Erarbeitung des Musterpolizeigesetzes werden in den (Unter-)Arbeitsgruppen alle bestehenden Polizeigesetze der Länder und des Bundes ausgewertet und – soweit sie nach Abschluss der Fachdiskussion als Musterregelung geeignet erscheinen – für die Musterformulierungen genutzt und erforderlichenfalls um aktuelle wie auch um künftig zu erwartende fachliche sowie rechtliche Aspekte ergänzt. Darüber hinaus erarbeitet das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat keinen eigenen oder gesonderten Entwurf eines Musterpolizeigesetzes. In den Gremien der IMK wiesen die Länder darauf hin, dass bei der Erarbeitung des Musterpolizeigesetzes zu berücksichtigen sei, dass bis zur planmäßigen endgültigen Abnahme des Musterpolizeigesetzes mit ersten Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts zu den jeweiligen derzeit novellierten Polizeigesetzen zu rechnen sei. Gerade in den kommenden zwei bis drei Jahren sei mit einer Vielzahl an derartigen Entscheidungen zu rechnen , die auf Jahre hinaus wegweisend für die Polizeigesetzgebung sein werden. Diese Entscheidungen müssten dann in eine gegebenenfalls gebotene Überarbeitung einfließen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6074 1. Welche Beteiligung des Deutschen Bundestages bzw. des Innenausschusses des Deutschen Bundestages ist bei der Erarbeitung und Diskussion eines Entwurfs für ein Musterpolizeigesetz vorgesehen? Vor dem Hintergrund der Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung ist eine Beteiligung des Deutschen Bundestages bzw. des Innenausschusses des Deutschen Bundestages nicht vorgesehen. 2. Für welche Eckpunkte zur Schaffung von hohen gemeinsamen gesetzlichen Standards und einer effektiven Erhöhung der öffentlichen Sicherheit in Deutschland setzt sich die Bundesregierung im Rahmen der Erarbeitung eines Musterpolizeigesetzes ein? Die Bundesregierung hält das Vorhandensein effektiver polizeilicher Befugnisse unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts für notwendig. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Welche Bestandteile der Novellen des Bundeskriminalamtsgesetzes (BKAG) seit dem Jahr 2008 sollen aus Sicht der Bundesregierung Teil eines Entwurfs für ein Musterpolizeigesetz sein? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. In erster Linie liegt es bei den Ländern zu entscheiden, welche Regelungsinhalte aus dem BKAG bzw. dessen Novellen übernommen werden sollen. 4. Welche Bestandteile des Entwurfs bzw. des beschlossenen Polizeiaufgabengesetzes in Bayern sollen Teil eines Entwurfs für ein Musterpolizeigesetz sein? Das Bayerische Polizeiaufgabengesetz fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Freistaats Bayern. Aufgrund der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern obliegt der Bundesregierung hierzu keine gesonderte Bewertung Im Rahmen der Erarbeitung des Musterpolizeigesetzes werden in den (Unter-)Arbeitsgruppen alle bestehenden Polizeigesetze der Länder und des Bundes ausgewertet und – soweit sie nach Abschluss der Fachdiskussion als Musterregelung geeignet erscheinen – für die Musterformulierungen genutzt und erforderlichenfalls um aktuelle wie auch um künftig zu erwartende fachliche sowie rechtliche Aspekte ergänzt. 5. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung hinsichtlich der Schaffung neuer Gefahrenbegriffe im Polizeirecht, beispielsweise dem Begriff der „drohenden Gefahr“ im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz? Eine Schaffung neuer Gefahrenbegriffe wurde in der relevanten (Unter-)Arbeitsgruppe für ein Musterpolizeigesetz bisher nicht thematisiert. Die Bundesregierung hat sich daher bislang dazu insoweit nicht positioniert. Zur Bewertung des Begriffs der „drohenden Gefahr“ im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6074 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Erarbeitung eines Musterpolizeigesetzes bei der Frage, wie viele Tage Präventivhaft durch die Polizei mit dem Grundgesetz vereinbar sind? Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind präventive Eingriffe in das Grundrecht auf Freiheit der Person zum Schutz hochwertiger Rechtsgüter und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig (BVerfGE 131, 268, 290 f.). Dies ist aus Sicht der Bundesregierung auch für die Dauer des polizeilichen Präventivgewahrsams maßgeblich. 7. Welche Maßnahmen werden in der zuständigen Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz unter Einbindung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat ergriffen, um eine verfassungsmäßige Höchstdauer von polizeilicher Präventivhaft in einem Musterpolizeigesetz festzuschreiben? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 verwiesen. Die Bundesregierung fordert keine konkrete Dauer. 8. Ist in diesem Zusammenhang eine Evaluation der Erfahrungen durch die jüngst erfolgten Novellen der Polizeigesetze in Baden-Württemberg, Hessen , Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern angedacht? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Jedem Land steht es frei, etwaige Erfahrungen in die Arbeit der (Unter-)Arbeitsgruppen einzubringen . 9. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung bei der Erarbeitung eines Musterpolizeigesetzes hinsichtlich der Festschreibung einer Ermächtigungsgrundlage zur Quellentelekommunikationsüberwachung? Aus Sicht der Bundesregierung kann die Quellentelekommunikationsüberwachung als eine Gefahrenabwehrbefugnis auch für die Landespolizeien sinnvoll sein. 10. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung hinsichtlich der Festschreibung einer Ermächtigungsgrundlage für die elektronische Aufenthaltsüberwachung im Musterpolizeigesetz? Aus Sicht der Bundesregierung kann die elektronische Aufenthaltsüberwachung als eine Gefahrenabwehrbefugnis auch für die Landespolizeien sinnvoll sein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6074 11. Wird die Bundesregierung mit der Erarbeitung eines Musterpolizeigesetzes abwarten, bis das Bundesverfassungsgericht über die Klage der FDP-Fraktion gegen das Bayerische Polizeiaufgabengesetz entschieden hat? 12. Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass die Innenministerkonferenz bei der Erarbeitung eines Musterpolizeigesetzes die zu erwartenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerden gegen den sog. Staatstrojaner im Strafprozessrecht berücksichtigt , um auch im Gefahrenabwehrrecht eine mit dem Grundgesetz vereinbare technische Lösung zu finden? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Wann mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen ist, ist nicht absehbar. Der Zeitplan zur Schaffung eines Musterpolizeigesetzes wird von den Gremien der IMK festgelegt. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird Bezug genommen. 13. Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass die Länder, denen die alleinige Gesetzgebungskompetenz im Polizeirecht zusteht, ihre Gesetze tatsächlich an das Musterpolizeigesetz des Bundes anpassen? Die Gesetzgebungskompetenz im Polizeirecht liegt grundsätzlich bei den Ländern . Das Grundgesetz sieht nur wenige Ausnahmen vor. Demzufolge kann die Bundesregierung eine Anpassung der Polizeigesetze der Länder nicht „gewährleisten “, die Entscheidung hierüber obliegt den Parlamenten der Länder als Landesgesetzgeber . Dennoch kann von einem Musterpolizeigesetz, welches die Innenmister und -senatoren der Länder einstimmig beschließen, eine positive Signalwirkung ausgehen, die die jeweiligen Landesgesetzgeber zu einer Vereinheitlichung des Polizeirechts bewegen könnte. Darüber hinaus ergibt sich der fachliche Mehrwert insbesondere durch eine Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten und Definitionen. Das Musterpolizeigesetz kann dabei als Orientierungsrahmen, aber auch als „Baukasten“ für künftige polizeirechtliche Gesetzgebungsvorhaben in Ländern und Bund dienen und auf diese Weise zu einer Vereinheitlichung der jeweiligen Regelungen beitragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333